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Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
{T 7} 
I 1077/06 
 
Urteil vom 5. Dezember 2007 
I. sozialrechtliche Abteilung 
 
Besetzung 
Bundesrichter Ursprung, Präsident, 
Bundesrichterinnen Widmer, Leuzinger, 
Gerichtsschreiber Jancar. 
 
Parteien 
K.________, 1949, Beschwerdeführerin, 
vertreten durch lic. iur. Susanne Vonwiller Bäbler, Hönggerstrasse 137, 8037 Zürich, 
 
gegen 
 
IV-Stelle des Kantons Zürich, Röntgenstrasse 17, 8005 Zürich, Beschwerdegegnerin. 
 
Gegenstand 
Invalidenversicherung, 
 
Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen den Entscheid des Sozialversicherungsgerichts des Kantons Zürich 
vom 31. Oktober 2006. 
 
Sachverhalt: 
A. 
Die 1949 geborene K.________ leidet an chronisch progredienter Multipler Sklerose mit spastischer Tetraparese (Erstsymptome im Jahre 1971) sowie Hypertonie. Am 27. September 2004 ersuchte sie die IV-Stelle des Kantons Zürich um Abgabe eines Rollstuhls. Diese holte diverse Arztberichte ein und veranlasste eine Abklärung in der Wohnung der Versicherten (Bericht vom 10. März 2005). Mit Verfügung vom 11. März 2005 übernahm die IV-Stelle die Kosten für die leihweise Abgabe eines Elektro-Rollstuhls Degonda Turbo Twist Junior im Betrage von Fr. 21'993.45 abzüglich die Kosten von Fr. 376.60 für die verstärkte Ausführung der Vorderradgabel. Die Kosten für den Sitz-Höhenlift von Fr. 3916.65 übernahm sie nicht mit der Begründung, die Steigerung der Arbeitsfähigkeit im Aufgabenbereich betrage lediglich 8,2 %. Die dagegen erhobene Einsprache mit dem Antrag auf Übernahme der Kosten für den Sitz-Höhenlift wies sie mit gleicher Begründung ab (Entscheid vom 21. Juni 2005). 
B. 
Die hiegegen eingereichte Beschwerde wies das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich mit Entscheid vom 31. Oktober 2006 ab. 
C. 
Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde beantragt die Versicherte, die IV-Stelle habe die Kosten für die leihweise Abgabe eines Sitz-Höhenlifts im Elektro-Rollstuhl Degonda Turbo Twist Junior im Betrage von Fr. 3916.65 zu übernehmen. 
Die IV-Stelle schliesst auf Abweisung der Verwaltungsgerichsbeschwerde, während das Bundesamt für Sozialversicherungen (BSV) auf eine Vernehmlassung verzichtet. 
 
Erwägungen: 
 
1. 
Am 1. Januar 2007 ist das Bundesgesetz über das Bundesgericht vom 17. Juni 2005 (BGG; SR 173.110) in Kraft getreten (AS 2006 1205, 1243). Damit wurden das Eidgenössische Versicherungsgericht und das Bundesgericht in Lausanne zu einem einheitlichen Bundesgericht (an zwei Standorten) zusammengefügt (Seiler/von Werdt/Güngerich, Bundesgerichtsgesetz [BGG], Bern 2007, S. 10 N 75). Dieses Gesetz ist auf die nach seinem Inkrafttreten eingeleiteten Verfahren des Bundesgerichts anwendbar, auf ein Beschwerdeverfahren jedoch nur dann, wenn auch der angefochtene Entscheid nach dem Inkrafttreten dieses Gesetzes ergangen ist (Art. 132 Abs. 1 BGG). Da der kantonale Entscheid am 31. Oktober 2006 erlassen wurde, richtet sich das Verfahren nach dem bis 31. Dezember 2006 in Kraft gestandenen Bundesgesetz über die Bundesrechtspflege (OG) vom 16. Dezember 1943 (vgl. BGE 132 V 393 E. 1.2 S. 395). 
2. 
2.1 Der angefochtene Entscheid betrifft Leistungen der Invalidenversicherung. Das Bundesgericht prüft daher nur, ob das vorinstanzliche Gericht Bundesrecht verletzte, einschliesslich Überschreitung oder Missbrauch des Ermessens, oder ob der rechtserhebliche Sachverhalt offensichtlich unrichtig, unvollständig oder unter Verletzung wesentlicher Verfahrensbestimmungen festgestellt wurde (Art. 132 Abs. 2 OG [in der Fassung gemäss Ziff. III des Bundesgesetzes vom 16. Dezember 2005 über die Änderung des IVG, in Kraft seit 1. Juli 2006] in Verbindung mit Art. 104 lit. a und b sowie Art. 105 Abs. 2 OG; BGE 132 V 393 E. 1 S. 394 f.). 
2.2 Es ist aufgrund der Vorbringen in der Verwaltungsgerichtsbeschwerde zu prüfen, ob der angefochtene Gerichtsentscheid in der Anwendung der massgeblichen materiell- und beweisrechtlichen Grundlagen Bundesrecht verletzt (Art. 104 lit. a OG), einschliesslich einer allfälligen rechtsfehlerhaften Tatsachenfeststellung (Art. 105 Abs. 2 OG). Hingegen hat eine freie Überprüfung des vorinstanzlichen Entscheides in tatsächlicher Hinsicht (alt Art. 132 lit. b OG) ebenso zu unterbleiben wie eine Prüfung der Ermessensbetätigung (alt Art. 132 lit. a OG) nach den Grundsätzen zur Angemessenheitskontrolle. Auch besteht (entgegen alt Art. 132 lit. c OG) Bindung an die Parteianträge, handelt es sich doch nicht um eine Abgabestreitigkeit (Art. 114 Abs. 1 OG; BGE 132 V 393 E. 2.2 S. 396 mit Hinweis). 
3. 
3.1 Verwaltung und Vorinstanz haben die Bestimmungen und Grundsätze über den Anspruch auf Hilfsmittel der Invalidenversicherung (Art. 21 IVG) und die Kompetenz zum Erlass einer Hilfsmittelliste durch den Bundesrat und das Eidgenössische Departement des Innern (Art. 21 Abs. 4 IVG in Verbindung mit Art. 14 lit. a IVV und Art. 2 der Verordnung über die Abgabe von Hilfsmitteln durch die Invalidenversicherung [HVI]; vgl. BGE 131 V 9 E. 3.4.2 f. S. 14 f., 107 E. 3.4.3 S. 114, je mit Hinweisen) zutreffend dargelegt. Gleiches gilt zu Ziff. 13.02* (Der Behinderung individuell angepasste Sitz-, Liege- und Stehvorrichtungen) und Ziff. 14.02 (Krankenheber) HVI-Anhang, zur Bedeutung von Verwaltungsweisungen (BGE 133 V 257 E. 3.2 S. 258 mit Hinweisen) sowie zu Rz. 1019 des BSV-Kreisschreibens über die Abgabe von Hilfsmitteln durch die Invalidenversicherung (KHMI), worin als Richtmass für die quantitative Eingliederungswirksamkeit im Aufgabenbereich mindestens 10 % (gemäss Haushaltsabklärung) verlangt werden (BGE 129 V 67 E. 1.1.2 S. 68, 122 V 212 E. 4c/aa S. 217, 117 V 271 E. 2b/bb S. 273 f., je mit Hinweisen). Darauf wird verwiesen. 
3.2 Zu ergänzen ist, dass der im Zuge der 4. IV-Revision (in Kraft seit 1. Januar 2004) geänderte Art. 21 Abs. 1 IVG nicht zu einer Veränderung der Leistungsberechtigung führt, da es sich bei der eingefügten Anpassung lediglich um eine formale Gesetzesänderung handelt (nicht publ. E. 2 des Urteils BGE 131 V 161, veröffentlicht in SVR 2005 IV Nr. 38 S. 142, I 446/04, mit Hinweis). Die Hilfsmittelversorgung unterliegt den allgemeinen Anspruchsvoraussetzungen gemäss Art. 8 IVG (Geeignetheit, Erforderlichkeit, Eingliederungswirksamkeit; BGE 133 V 257 E. 3.2 S. 258 mit Hinweis). 
4. 
4.1 Verwaltung und Vorinstanz haben den Anspruch der Versicherten auf einen Sitz-Höhenlift abgewiesen, weil damit nicht eine Steigerung der Arbeitsfähigkeit von mindestens 10 % erreicht werden könne. Sie haben sich dabei auf das Ergebnis der Abklärung vom 10. März 2005 gestützt. Im Aufgabenbereich 6.2 Ernährung (Gewichtung 45 %) ist die Einschränkung der Versicherten von 70 % bei Abgabe des beanspruchten Hilfsmittels auf 60 % herabgesetzt worden, was zu einer Behinderung von 4,5 % führte. Diese Herabsetzung ist offensichtlich ungenügend. Wenn die Versicherte, wie sie unwidersprochen ausführt, ohne das anbegehrte Hilfsmittel die oberen und mittleren Regale im Kühlschrank nicht erreichen kann, den Kochherd zwar knapp überblicken, nicht aber in die darauf stehenden Pfannen schauen und den Zubereitungsstand des Kochgutes kontrollieren kann und wenn hintere Abstellflächen für sie nicht benutzbar sind, so dass sie die vorderen Kochplatten als solche benutzen und auf den hinteren kochen muss, so vermindert das Hilfsmittel ihre Einschränkung nicht lediglich um 10 %, sondern um mindestens 20 %. Dies ergibt eine Steigerung der Arbeitsfähigkeit von 9 % (20 % statt 10 % bei einer Gewichtung von 45 %), so dass zusammen mit der Steigerung der Arbeitsfähigkeit bei der Wohnungspflege von 1,6 %, beim Einkauf und weiteren Besorgungen von 0,5 % und bei der Wäsche und Kleiderpflege von 1,6 % eine Gesamtsteigerung von 12,7 % erreicht wird. 
4.2 Nachdem der Elektro-Rollstuhl leihweise abgegeben wird, hat auch die Abgabe des Sitz-Höhenlifts im Elektro-Rollstuhl - wie beantragt - leihweise zu erfolgen. 
5. 
Das Verfahren ist kostenpflichtig (Art. 134 Satz 2 OG in der seit 1. Juli bis 31. Dezember 2006 gültig gewesenen Fassung; vgl. E. 1 hievor). Dem Prozessausgang entsprechend sind die Gerichtskosten der Beschwerdegegnerin aufzuerlegen (Art. 156 Abs. 1 OG). Diese hat der Beschwerdeführerin eine Parteientschädigung zu bezahlen (Art. 159 Abs. 1 und 2 OG). 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht: 
 
1. 
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird gutgeheissen. Der Entscheid des Sozialversicherungsgerichts des Kantons Zürich vom 31. Oktober 2006 und der Einspracheentscheid der IV-Stelle des Kantons Zürich vom 21. Juni 2005 werden aufgehoben. Es wird festgestellt, dass die Beschwerdeführerin Anspruch auf die leihweise Abgabe eines Sitz-Höhenlifts im Elektro-Rollstuhl Degonda Turbo Twist Junior im Betrage von Fr. 3916.65 hat. 
2. 
Die Gerichtskosten von Fr. 500.- werden der Beschwerdegegnerin auferlegt. 
3. 
Die Beschwerdegegnerin hat die Beschwerdeführerin für das letztinstanzliche Verfahren mit Fr. 1500.- zu entschädigen. 
4. 
Das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich wird über eine Parteientschädigung für das vorinstanzliche Verfahren gemäss dem Ausgang des letztinstanzlichen Prozesses zu befinden haben. 
5. 
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich, der Ausgleichskasse des Kantons Zürich und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt. 
Luzern, 5. Dezember 2007 
 
 
Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
 
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber: 
 
 
Ursprung Jancar