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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
{T 0/2} 
1B_108/2011 
 
Urteil vom 6. Juni 2011 
I. öffentlich-rechtliche Abteilung 
 
Besetzung 
Bundesrichter Fonjallaz, Präsident, 
Bundesrichter Aemisegger, Eusebio, 
Gerichtsschreiber Forster. 
 
Verfahrensbeteiligte 
X.________, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen 
 
Staatsanwaltschaft des Kantons Basel-Stadt, Abteilung Wirtschaftsdelikte, Binningerstrasse 21, Postfach, 4001 Basel. 
 
Gegenstand 
Entsiegelung, 
 
Beschwerde gegen die Verfügung vom 3. Februar 2011 des Zwangsmassnahmengerichts des Kantons Basel-Stadt. 
Sachverhalt: 
 
A. 
Aufgrund einer Strafanzeige vom 19. April 2010 der Aufsichtskommission über die Anwältinnen und Anwälte Basel-Stadt eröffnete die Staatsanwaltschaft des Kantons Basel-Stadt eine Strafuntersuchung gegen Rechtsanwalt X.________ wegen des Verdachts der Veruntreuung von Klientengeldern, nachdem der Beschuldigte im Januar 2010 seine Anwaltstätigkeit eingestellt hatte. Am 17. Juni 2010 vollzog die Staatsanwaltschaft Hausdurchsuchungen und Beschlagnahmungen in der Privatwohnung und in den Büroräumlichkeiten des Beschuldigten. 
 
B. 
Auf Gesuch des Beschuldigten hin bewilligte der Erste Staatsanwalt des Kantons Basel-Stadt am 25. Juni 2010 die Siegelung der beschlagnahmten Dokumente. Am 20. Januar 2011 stellte die Staatsanwaltschaft beim Zwangsmassnahmengericht des Kantons Basel-Stadt (gestützt auf Art. 248 Abs. 2 StPO) ein Entsiegelungsgesuch. Mit prozessleitendem Entscheid vom 3. Februar 2011 verfügte das Zwangsmassnahmengericht (für die Triage und Begutachtung von Anwaltsakten im Entsiegelungsverfahren) den Beizug einer sachverständigen Person; gleichzeitig legte es die Modalitäten der Ernennung der sachverständigen Person sowie der Triage und Begutachtung fest. 
 
C. 
Gegen den Entscheid des Zwangsmassnahmengerichtes vom 3. Februar 2011 gelangte X.________ mit Beschwerde vom 7. März 2011 an das Bundesgericht. Er beantragt die Aufhebung des angefochtenen Entscheides. 
 
Das Zwangsmassnahmengericht hat auf eine Stellungnahme verzichtet. Die Staatsanwaltschaft beantragt mit Vernehmlassung vom 23. März 2011 die Abweisung der Beschwerde, soweit darauf einzutreten wäre. Der Beschwerdeführer replizierte am 30. Mai 2011. 
 
Erwägungen: 
 
1. 
1.1 Der angefochtene Entscheid stützt sich auf die am 1. Januar 2011 in Kraft getretene Schweizerische Strafprozessordnung (StPO; SR 312.0). Er wurde am 3. Februar 2011 erstinstanzlich gefällt, weshalb die StPO auf ihn anwendbar ist (Art. 454 Abs. 1 StPO). 
 
1.2 Beim angefochtenen Entscheid handelt es sich um eine prozessleitende Zwischenverfügung im Entsiegelungsverfahren. Entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers wird darin das Entsiegelungsgesuch noch nicht "quasi" gutgeheissen: Das Zwangsmassnahmengericht hat erst entschieden, wie die Triage der versiegelten Dokumente erfolgen soll. Es verfügt (gestützt auf Art. 248 Abs. 4 StPO), dass es zur Sichtung und Aussonderung von Anwaltsakten eine sachverständige Person beizieht (Dispositiv Ziff. 1) und dass diese Person von der kantonalen Aufsichtsbehörde über die Anwaltschaft zu benennen ist (Dispositiv Ziff. 2). Gleichzeitig legt das Zwangsmassnahmengericht fest, welches die Aufgaben der sachverständigen Person im Rahmen der Triage sind bzw. dass die oder der Sachverständige dem Zwangsmassnahmengericht (zur Erleichterung des Entsiegelungsverfahrens) ein Gutachten vorzulegen habe (Dispositiv Ziff. 3). Einen materiellen Entsiegelungsentscheid im Sinne von Art. 248 Abs. 3 lit. a StPO stellt die angefochtene Zwischenverfügung nicht dar. Insbesondere wird darin nicht entschieden, welche konkreten versiegelten Dokumente allenfalls der Staatsanwaltschaft zu Strafverfolgungszwecken auszuhändigen wären. Eine vollständige "Delegation" der richterlichen Triage und des Entsiegelungsentscheides an einen externen Experten (oder an die Untersuchungsbehörde) wäre denn auch unzulässig und gesetzlich nicht vorgesehen (Art. 248 Abs. 3-4 StPO; vgl. zur amtlichen Publikation bestimmtes Urteil 1B_412/2010 vom 4. April 2011 E. 4-5; Urteil 1B_274/2008 vom 27. Januar 2009 E. 6-7; s. auch BGE 126 II 495 E. 5e/aa S. 502 f.). 
 
1.3 Prozessleitende Zwischenentscheide betreffend die Modalitäten der Triage im hängigen Entsiegelungsverfahren sind nach ständiger Praxis nur mit Beschwerde beim Bundesgericht anfechtbar, wenn ein nicht wieder gutzumachender Rechtsnachteil im Sinne von Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG droht (Urteile des Bundesgerichtes 1B_351/2010 vom 14. Januar 2011 E. 1.2-1.3; 1B_200/2007 vom 15. Januar 2008 E. 2.3; s. auch Urteile 1B_386/2010 vom 9. Februar 2011 E. 1.2-1.4; 1B_354/2010 vom 8. Februar 2011 E. 1.2-1.3). 
 
2. 
Der Beschwerdeführer legt nicht dar, inwiefern bei Vollzug des angefochtenen verfahrensleitenden Zwischenentscheides ein nicht wieder gutzumachender Rechtsnachteil eintreten würde. Er beschränkt sich auf materiellrechtliche Einwendungen gegen eine allfällige Entsiegelung. Was die beschlagnahmten Anwaltsakten betrifft, fehle es - von drei beanzeigten Fällen abgesehen - am Verdacht einer Straftat. Ausserdem überwiege das Interesse an einer Wahrung des Anwaltsgeheimnisses die Strafverfolgungsinteressen des Staates bzw. allenfalls geschädigter Kunden. 
 
2.1 Beim von der Beschlagnahme und vom Entsiegelungsgesuch betroffenen Beschwerdeführer handelt es sich um einen Anwalt, der selber (der Veruntreuung von Kundengeldern) strafrechtlich beschuldigt wird (vgl. dazu Art. 248 Abs. 1 i.V.m. Art. 264 Abs. 1 lit. c und Abs. 3 sowie Art. 171 Abs. 1 StPO; BGE 130 II 193 E. 5 S. 199 ff.; 126 II 495 E. 5e/dd S. 505; 125 I 46 E. 6 S. 50 f.). Was die beschlagnahmten und versiegelten privaten Dokumente betrifft, widersetzt sich der Beschuldigte der Entsiegelung nicht. Das Gleiche gilt für jene Anwaltsakten, bei denen bereits eine konkrete Strafanzeige (betreffend drei Fälle) vorliegt und ein Tatverdacht nicht bestritten wird. Streitig und prozesshängig ist die Frage, ob und inwiefern die übrigen beschlagnahmten und versiegelten Anwaltsakten entsiegelt (bzw. der Staatsanwaltschaft zu Untersuchungszwecken ausgehändigt) werden dürfen. Im angefochtenen Zwischenentscheid hat das Zwangsmassnahmengericht zwar einen Anfangstatverdacht der Veruntreuung zum Nachteil weiterer Klienten bejaht. Die Vorinstanz hat aber auch diesbezüglich noch keine Entsiegelung und Herausgabe von Dokumenten an die Staatsanwaltschaft angeordnet. Vielmehr wird einer von der Anwaltsaufsichtsbehörde zu benennenden sachverständigen Person der Auftrag erteilt, im Rahmen der (richterlichen) Triage weitere Abklärungen betreffend Anwaltsakten zu treffen und dem für die Entsiegelung zuständigen Zwangsmassnahmengericht eine schriftliche Expertise zu erstatten (Dispositiv Ziff. 3.7). Dieses Gutachten dient namentlich der Prüfung, ob und inwieweit sich unter den Anwaltsakten Dokumente befinden, die den genannten Anfangsverdacht weiterer Delikte hinreichend erhärten (vgl. Art. 197 Abs. 1 lit. b StPO). 
 
2.2 Dieses prozessuale Vorgehen bewirkt im hier zu beurteilenden Fall keinen nicht wieder gutzumachenden Rechtsnachteil im Sinne von Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG: Aufgrund des Gutachtens der sachverständigen Person wird das Zwangsmassnahmengericht erst zu entscheiden haben, bei welchen (weiteren) Mandaten ein hinreichender Tatverdacht vorliegt, der eine Herausgabe von untersuchungsrelevanten Anwaltsakten an die Staatsanwaltschaft rechtfertigen könnte. Die Verfahrensleitung über die Triage und Entsiegelung liegt dabei nach klarer gesetzlicher Vorschrift beim Zwangsmassnahmengericht. Dessen Fragen und Aufgabenstellung an die sachverständige Person (Dispositiv Ziff. 3.1-3.6) sind sachbezogen und dienen der Erleichterung des Entsiegelungsentscheides. Die gerichtliche Expertise wird einer fachlich geeigneten Person übertragen, welche von der Strafverfolgungsbehörde unabhängig ist und ausdrücklich einer strafbewehrten strikten Geheimhaltungspflicht unterworfen wird (Dispositiv Ziff. 1). Gemäss dem Begleitschreiben der Vorinstanz vom 3. Februar 2011 an die kantonale Anwaltsaufsichtskommission soll die zu benennende Expertin oder der Experte "wenn möglich" dem Aufsichtsgremium angehören "oder zumindest im Kanton Basel-Stadt den Anwaltsberuf ausüben". Durch die angesetzte relativ kurze einmonatige Frist für die Expertisierung (Dispositiv Ziff. 3.7) wird im Übrigen auch der zeitlichen Ordnungsvorschrift von Art. 248 Abs. 3 StPO angemessen Rechnung getragen. 
 
3. 
Auf die Beschwerde ist nicht einzutreten. 
 
Dem Ausgang des Verfahrens entsprechend sind die Gerichtskosten dem Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG). 
 
Mit diesem Entscheid wird das Gesuch um aufschiebende Wirkung der Beschwerde hinfällig. 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht: 
 
1. 
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten. 
 
2. 
Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. 
 
3. 
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Zwangsmassnahmengericht des Kantons Basel-Stadt schriftlich mitgeteilt. 
 
Lausanne, 6. Juni 2011 
Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber: 
 
Fonjallaz Forster