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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
{T 0/2} 
6B_493/2012 
 
Urteil vom 7. Januar 2013 
Strafrechtliche Abteilung 
 
Besetzung 
Bundesrichter Mathys, Präsident, 
Bundesrichter Schneider, 
Bundesrichterin Jacquemoud-Rossari, 
Gerichtsschreiberin Pasquini. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.X.________, 
vertreten durch Rechtsanwalt Giuseppe Mongiovì, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen 
 
Staatsanwaltschaft des Kantons Zug, 
An der Aa 4, 6300 Zug, 
Beschwerdegegnerin. 
 
Gegenstand 
Versuchte einfache Körperverletzung; Willkür, 
 
Beschwerde gegen das Urteil des Obergerichts 
des Kantons Zug, Strafabteilung, vom 18. Juli 2012. 
 
Sachverhalt: 
 
A. 
Am 25. Juli 2006 kam es zwischen A.X.________ und C.Y.________ sowie dessen Sohn D.Y.________ zu einer Rangelei. Auch der Bruder von A.X.________, B.X.________, und sein Angestellter, E.________, waren bei der tätlichen Auseinandersetzung zumindest zugegen. Im Verlauf des Gerangels biss A.X.________ seinem Kontrahenten C.Y.________ ein Stück des linken Ohres ab. Er soll ausserdem einen Vorschlaghammer aufgezogen haben, um C.Y.________ damit zu schlagen, wobei dieser dem Hieb durch eine Vorwärtsbewegung mit dem Kopf ausweichen konnte. 
 
B. 
B.a Das Strafgericht des Kantons Zug sprach A.X.________ am 27. Januar 2010 der einfachen Körperverletzung und der versuchten einfachen Körperverletzung mit einem gefährlichen Gegenstand schuldig. Vom Vorwurf des Raufhandels sprach es ihn frei. Es verurteilte ihn zu einer bedingt vollziehbaren Freiheitsstrafe von 14 Monaten und 20 Tagen sowie zu einer Busse von Fr. 1'000.--. 
Das Obergericht des Kantons Zug wies die Berufung von A.X.________ am 30. November 2010 ab. Es verurteilte ihn wegen Raufhandels, einfacher Körperverletzung und versuchter schwerer Körperverletzung zu einer bedingt vollziehbaren Freiheitsstrafe von 17 Monaten und 20 Tagen sowie zu einer Busse von Fr. 1'000.--. 
In Gutheissung der Beschwerde von A.X.________ hob das Bundesgericht am 27. Juni 2011 das Urteil des Obergerichts des Kantons Zug auf, soweit es auf die Beschwerde eintrat, und wies die Sache zur neuen Entscheidung zurück (Verfahren 6B_60/2011). Es erwog, das Obergericht stütze das Beweisergebnis massgebend auf die Aussagen von D.Y.________. Indes sei A.X.________ nicht mit ihm konfrontiert worden und habe ihm keine Ergänzungsfragen stellen können. Das Obergericht begründe nicht, weshalb dies nicht möglich gewesen sei. Unter diesen Umständen seien die belastenden Aussagen von D.Y.________ nicht verwertbar. 
B.b An der Berufungsverhandlung vom 27. Oktober 2011 konnten A.X.________ und die Staatsanwaltschaft des Kantons Zug dem Zeugen D.Y.________ Ergänzungsfragen stellen. Mit Urteil vom 18. Juli 2012 stellte das Obergericht des Kantons Zug fest, dass ihr erster Entscheid in Bezug auf die Schuldsprüche wegen Raufhandels und einfacher Körperverletzung sowie der Zivilansprüche in Rechtskraft erwachsen war. Es wies die Berufung von A.X.________ ab, sprach diesen der versuchten einfachen Körperverletzung mit einem gefährlichen Gegenstand schuldig und verurteilte ihn zu einer bedingt vollziehbaren Freiheitsstrafe von 14 Monaten und 20 Tagen sowie zu einer Busse von Fr. 1'000.--. 
 
C. 
A.X.________ führt Beschwerde in Strafsachen. Er beantragt, die Dispositiv-Ziffern 3 (Schuldspruch wegen versuchter einfacher Körperverletzung mit einem gefährlichen Gegenstand) und 4 (Strafpunkt) des Urteils des Obergerichts des Kantons Zug vom 18. Juli 2012 seien aufzuheben. Er sei vom Vorwurf der versuchten einfachen Körperverletzung freizusprechen und mit einer Freiheitsstrafe von maximal sechs Monaten, bedingt vollziehbar bei einer Probezeit von zwei Jahren, sowie mit einer Busse von höchstens Fr. 500.-- zu bestrafen. Eventualiter sei die Strafe nach bundesgerichtlichem Ermessen zu reduzieren. Subeventualiter sei die Sache zur neuen Beurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen. Zudem ersucht A.X.________ um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege und Verbeiständung. 
 
Erwägungen: 
 
1. 
Anfechtungsobjekt der Beschwerde an das Bundesgericht ist der letztinstanzliche kantonale Entscheid (Art. 80 Abs. 1 BGG), mithin das Urteil des Obergerichts des Kantons Zug vom 18. Juli 2012. Auf die Vorbringen des Beschwerdeführers, die sich auf das Urteil des Obergerichts des Kantons Zug vom 30. November 2010 beziehen (Beschwerde S. 16 N. 68 am Ende und S. 18 N. 74), ist nicht einzutreten. 
 
2. 
2.1 
Der Beschwerdeführer rügt, die Vorinstanz stelle den Sachverhalt offensichtlich falsch fest, würdige die Beweise willkürlich und verletze den Grundsatz "in dubio pro reo" als Beweiswürdigungs- und als Beweislastregel. 
Im Wesentlichen macht der Beschwerdeführer geltend, der Einsatz eines Vorschlaghammers sei nicht rechtsgenügend erwiesen. Die Vorinstanz stütze den Schuldspruch wegen versuchter einfacher Körperverletzung mit einem gefährlichen Gegenstand auf die unbeständigen, widersprüchlichen und deshalb unglaubhaften Aussagen von C.Y.________, D.Y.________ sowie F.________. Sie würdige die vorhandenen Beweise einseitig zu seinen Lasten. Die vorinstanzlichen Ausführungen bezüglich des fehlenden Nachweises von Fingerabdrücken auf dem Stiel des sichergestellten Hammers seien blosse Mutmassungen. Es sei nicht erstellt, wie, wann und durch wen ein Vorschlaghammer an den Ort des Geschehens und danach zurück in das Magazin gelangt sei. Objektiv betrachtet bestünden erhebliche und nicht zu unterdrückende Zweifel, ob sich der Sachverhalt in Bezug auf den Hammer so zugetragen habe, wie ihn die Vorinstanz darlege. Diese bringe in ihren Erwägungen zum Ausdruck, dass er letztlich seine Unschuld zu beweisen habe (Beschwerde S. 10-21 N. 36-89). 
2.2 
2.2.1 Die vorinstanzliche Sachverhaltsfeststellung kann nur gerügt werden, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht und wenn die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1 BGG; vgl. auch Art. 105 Abs. 1 und 2 BGG). Offensichtlich unrichtig im Sinne von Art. 97 Abs. 1 BGG ist die Sachverhaltsfeststellung, wenn sie willkürlich ist (BGE 137 III 226 E. 4.2 S. 234 mit Hinweisen; zum Begriff der Willkür BGE 138 I 49 E. 7.1; 136 III 552 E. 4.2; je mit Hinweisen). 
Die Rüge der Verletzung von Grundrechten (einschliesslich der Willkür bei der Sachverhaltsfeststellung) muss in der Beschwerde anhand des angefochtenen Entscheids präzise vorgebracht und substanziiert begründet werden, andernfalls darauf nicht eingetreten wird (Art. 106 Abs. 2 BGG; BGE 137 IV 1 E. 4.2.3 S. 5 mit Hinweisen). 
2.2.2 Aus der in Art. 32 Abs. 1 BV und Art. 6 Ziff. 2 EMRK verankerten Unschuldsvermutung wird der Grundsatz "in dubio pro reo" abgeleitet. Als Beweislastregel bedeutet er, dass es Sache der Anklagebehörde ist, die Schuld des Angeklagten zu beweisen, und nicht dieser seine Unschuld nachweisen muss. Diese Regel ist verletzt, wenn der Strafrichter einen Angeklagten (einzig) mit der Begründung verurteilt, er habe seine Unschuld nicht nachgewiesen. Als Beweiswürdigungsregel besagt die Maxime, dass sich der Strafrichter nicht von einem für den Angeklagten ungünstigen Sachverhalt überzeugt erklären darf, wenn bei objektiver Betrachtung erhebliche und nicht zu unterdrückende Zweifel bestehen, ob sich der Sachverhalt so verwirklicht hat (BGE 127 I 38 E. 2a S. 40 f.; 124 IV 86 E. 2a S. 88; je mit Hinweisen). 
 
2.3 
2.3.1 Soweit der Beschwerdeführer der vorinstanzlichen Beweiswürdigung lediglich seine eigene Sicht der Dinge gegenüberstellt, erschöpfen sich seine Vorbringen in appellatorischer Kritik. Darauf ist nicht einzutreten. Dies ist der Fall, wenn er ausführt, C.Y.________ und D.Y.________ hätten sich abgesprochen, oder wenn er (aktenwidrig) behauptet, F.________ sei mit C.Y.________ befreundet und habe nicht gesehen, dass ein Hammer zum Einsatz gekommen sei (Beschwerde S. 13 N. 47, N. 49 und N. 51). 
Der Einwand des Beschwerdeführers, die Vorinstanz habe nicht erstellt, wie, wann sowie durch wen ein Vorschlaghammer an den Ort des Geschehens und danach zurück in das Magazin gelangt sei, ist unbehelflich. Ebenso an der Sache vorbei gehen die Darlegungen bezüglich des Teleskop-Schlagstocks. Es ist nicht ersichtlich und auch nicht dargelegt, inwiefern diese Erörterungen für den Ausgang des vorliegenden Verfahrens entscheidend sein könnten, zumal sie nicht unmittelbar das Kerngeschehen betreffen. 
2.3.2 Die Vorinstanz legt hinlänglich und schlüssig dar, weshalb sie zur Überzeugung gelangt, der Beschwerdeführer habe während der Auseinandersetzung einen Vorschlaghammer aufgezogen, um damit C.Y.________ zu schlagen. Sie würdigt unter anderem die Aussagen des Beschwerdeführers, seines Bruders B.X.________ und seines Angestellten E.________. Dabei berücksichtigt sie insbesondere auch die Interessenlage der aussagenden Personen und die übrigen konkreten Umstände. Ebenso verfährt sie bei der Würdigung der Aussagen von C.Y.________ und D.Y.________ sowie denjenigen von F.________. Die Vorinstanz gelangt willkürfrei zum Schluss, nicht nur der (unabhängige) Zeuge F.________ habe den Beschwerdeführer entsprechend belastet, sondern auch C.Y.________ sowie D.Y.________ hätten ihn übereinstimmend und glaubhaft beschuldigt. Es seien keine Gründe ersichtlich, welche die Glaubwürdigkeit von F.________ bzw. die Glaubhaftigkeit seiner Aussagen betreffend den Vorschlaghammer zu beeinträchtigen vermöchten. Weiter widerlegt die Vorinstanz die Behauptung des Beschwerdeführers, wonach er, B.X.________ und E.________ übereinstimmend ausgesagt hätten, es sei kein Hammer eingesetzt worden (Urteil S. 6 ff. E. 4.3.1 ff.). Ihre Ausführungen sind nicht willkürlich. Sie legt dar, wann der Einsatz des Vorschlaghammers erfolgte. Aus dem angefochtenen Entscheid geht hervor, dass er vor dem Biss in das Ohr stattfand (Urteil S. 11 N. 4.4.2). 
2.3.3 Im Rahmen ihrer differenzierten Beweiswürdigung prüft die Vorinstanz sodann die Frage der fehlenden Fingerabdrücke auf dem Stiel des sichergestellten Hammers, stellt dabei Vermutungen an und berücksichtigt verschiedene Möglichkeiten (Urteil S. 9 f. E. 4.3.4). Dies ist ebenso wenig willkürlich wie ihre Schlussfolgerung, dass trotz des fehlenden Nachweises von Fingerabdrücken des Beschwerdeführers auf dem sichergestellten Werkzeug, rechtsgenügend erwiesen sei, dass dieser versucht habe, mit einem Vorschlaghammer auf C.Y.________ einzuschlagen. 
2.3.4 Insgesamt zeigt der Beschwerdeführer nicht auf, dass und inwiefern das Beweisergebnis der Vorinstanz schlechterdings nicht mehr vertretbar und damit willkürlich sein sollte. 
 
2.4 Die Rüge der Verletzung des Grundsatzes "in dubio pro reo" als Beweislastregel ist unbegründet. Aus dem angefochtenen Urteil ergibt sich nicht, dass die Vorinstanz davon ausgeht, der Beschwerdeführer habe seine Unschuld zu beweisen. Sie spricht ihn auch nicht schuldig, weil ihm dieser Beweis misslungen wäre. Vielmehr verurteilt sie ihn aufgrund der willkürfreien Würdigung der Beweise, die keine erheblichen Zweifel daran lassen, dass er versucht hatte, C.Y.________ mit einem Vorschlaghammer zu schlagen, bevor er ihm in das Ohr biss. 
 
3. 
Da es vorliegend beim vorinstanzlichen Schuldspruch bleibt, ist auf den vom Beschwerdeführer gestellten Antrag um Reduzierung der Strafe im Falle eines Freispruchs vom Vorwurf der versuchten einfachen Körperverletzung mit einem gefährlichen Gegenstand nicht einzugehen (Beschwerde S. 2 und S. 21). Dass die ausgesprochene Strafe im Falle der Bestätigung des Schuldspruchs bundesrechtswidrig sei, macht er nicht substanziiert geltend. 
 
4. 
Seinen Eventualantrag begründet der Beschwerdeführer nicht. Darauf ist nicht einzutreten (Art. 42 Abs. 2 BGG). 
 
5. 
Die Beschwerde ist abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist. Der Beschwerdeführer wird ausgangsgemäss kostenpflichtig (Art. 66 Abs. 1 BGG). Sein Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung ist abzuweisen, da die Beschwerde von vornherein aussichtslos war (Art. 64 Abs. 1 BGG e contrario). Den angespannten finanziellen Verhältnissen des Beschwerdeführers ist mit reduzierten Gerichtskosten Rechnung zu tragen (Beschwerde S. 22 ff.; Art. 65 Abs. 2 BGG). 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht: 
 
1. 
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist. 
 
2. 
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung wird abgewiesen. 
 
3. 
Die Gerichtskosten von Fr. 800.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. 
 
4. 
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Zug, Strafabteilung, schriftlich mitgeteilt. 
 
Lausanne, 7. Januar 2013 
 
Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Mathys 
 
Die Gerichtsschreiberin: Pasquini