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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
{T 0/2} 
 
1C_713/2013  
   
   
 
 
 
Urteil vom 7. Februar 2014  
 
I. öffentlich-rechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Fonjallaz, Präsident, 
Bundesrichter Merkli, Eusebio, 
Gerichtsschreiber Störi. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
vertreten durch Rechtsanwalt Philippe Rosat, 
Beschwerdeführerin, 
 
gegen  
 
Einwohnergemeinde Lauterbrunnen, handelnd durch die Baupolizeibehörde, Gemeindeverwaltung, Gemeindehaus Adler, 3822 Lauterbrunnen,  
vertreten durch Fürsprecher Urs Eymann, 
Bau-, Verkehrs- und Energiedirektion des Kantons Bern, Rechtsamt, Reiterstrasse 11, 3011 Bern.  
 
Gegenstand 
Baupolizei; Wiederherstellung; Entfernung einer Sauna bzw. Wellnessanlage, 
 
Beschwerde gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Bern vom 28. Juni 2013. 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
A.________ ist Eigentümerin einer 3½-Zimmer Wohnung im Dachgeschoss und eines Gewerberaumes im Erdgeschoss des Wohn- und Geschäftshauses auf der Parzelle Nr. xxxx in der Wohn- und Gewerbezone von Wengen (Gemeinde Lauterbrunnen). Am 15. Dezember 2010 forderte die Einwohnergemeinde Lauterbrunnen von A.________ Auskunft über die Nutzung ihres Gewerberaums. Diese teilte der Gemeinde am 7. April 2011 mit, der Raum sei an einen Verein vermietet und stehe den Vereinsmitgliedern als Sauna und Fitnessraum zur Verfügung. 
Am 24. Januar 2012 erliess die Einwohnergemeinde Lauterbrunnen eine Wiederherstellungsverfügung, mit welcher sie A.________ aufforderte, sämtliche Teile der Sauna- und Wellnessanlage im Gewerberaum bis zum 1. Juni 2012 vollständig zu entfernen. 
Am 3. September 2012 hiess die Bau-, Verkehrs- und Energiedirektion des Kantons Bern (BVE) die Beschwerde von A.________ gegen die Wiederherstellungsverfügung teilweise gut. Sie verpflichtete sie, sämtliche Teile und Apparate der Sauna- und Wellnessanlage im Gewerberaum, mit Ausnahme des WC und des Lavabos, innert dreier Monate ab Rechtskraft der Verfügung vollständig zu entfernen. Im Übrigen wies sie die Beschwerde ab. 
Am 28. Juni 2013 wies das Verwaltungsgericht des Kantons Bern die Beschwerde von A.________ gegen die Verfügung der BVE ab, soweit es darauf eintrat. 
 
B.  
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten beantragt A.________, das Urteil des Verwaltungsgerichts und die Wiederherstellungsverfügung der Einwohnergemeinde Lauterbrunnen aufzuheben. Ausserdem ersucht sie, ihrer Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen. 
 
C.  
Mit Verfügung vom 4. Oktober 2013 erkannte der Präsident der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung der Beschwerde aufschiebende Wirkung zu. 
 
D.  
Die BVE verzichtet auf Vernehmlassung. Das Verwaltungsgericht und die Einwohnergemeinde Lauterbrunnen beantragen, die Beschwerde abzuweisen. 
A.________ hält in ihrer Replik an der Beschwerde fest. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
Angefochten ist ein kantonal letztinstanzlicher (Art. 86 Abs. 1 lit. d BGG) Entscheid in einer Verwaltungssache und damit in einer öffentlich-rechtlichen Angelegenheit im Sinne von Art. 82 lit. a BGG. Ein Ausschlussgrund nach Art. 83 BGG besteht nicht, womit die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten gegeben ist. Die vom Verwaltungsgericht geschützte (modifizierte) Wiederherstellungsverfügung schliesst das Verfahren ab, womit es sich um einen Endentscheid im Sinn von Art. 90 BGG handelt, und die Beschwerdeführerin ist als dessen Adressatin befugt, ihn anzufechten. Sie rügt die Verletzung verschiedener verfassungsmässiger Rechte, was zulässig ist (Art. 95 lit. a BGG). Die übrigen Sachurteilsvoraussetzungen geben zu keinen Bemerkungen Anlass, weshalb auf die Beschwerde einzutreten ist. 
 
2.  
 
2.1. Die Parzelle Nr. xxxx liegt in der Wohn- und Gewerbezone, einer gemischten Zone für Wohn-, Gewerbe- und Bürobauten (Art. 40 Abs. 1 des Baureglements 1998 der Einwohnergemeinde Lauterbrunnen; BR). Darin sind Bauten mit drei Geschossen und einem Gebäudevolumen von höchstens 2'600m3 zugelassen, wenn mindestens 400 m³ ausschliesslich gewerblich und höchstens 1'600 m³ zu Wohnzwecken genutzt werden (Abs. 2). Für alle übrigen Bauvorhaben sind nur zwei Geschosse und ein Gebäudevolumen von maximal 1'600 m³ zugelassen (Art. 39 Abs. 2 und 40 Abs. 2 BR). Das Bundesgericht prüft die Anwendung des kommunalen und kantonalen Baurechts nur auf Willkür im Sinn von Art. 9 BV hin (Art. 95 BGG).  
Nach den plausiblen Ausführungen des Verwaltungsgerichts im angefochtenen Entscheid (E. 4.3 S. 8) soll mit dieser Regelung das Kleingewerbe im eigenen Wohnhaus in der Weise privilegiert werden, dass Gebäude, die sowohl Wohn- als auch Gewerbezwecken dienen, ein Geschoss mehr und ein erheblich höheres Gebäudevolumen aufweisen dürfen als reine Wohnbauten. Das beinhalte ein gewisses Missbrauchspotential, weshalb es nicht zu beanstanden sei, dass die Gemeinde nur eindeutig nicht zur Wohnnutzung gehörende, gegen aussen erkennbare, an ein breiteres Publikum gerichtete gewerbliche Aktivitäten als Gewerbe im Sinne von Art. 40 Abs. 2 Baureglement anerkenne. Diese Auslegung ist nicht nur willkürfrei, sondern naheliegend, könnte die Gemeinde doch sonst kaum verhindern, dass vom Gewerbeprivileg profitierende Bauten nachträglich in reine Wohnbauten umgenutzt würden. 
Unbestritten ist, dass die umstrittene Sauna- und Wellnessanlage der Beschwerdeführerin zu dem (ursprünglich für eine Metzgerei vorgesehenen) Teil des Gebäudes gehört, der zwingend gewerblich genutzt werden muss. Umstritten ist einzig, ob die Nutzung des Raumes als Sauna durch die Mitglieder eines von der Beschwerdeführerin mitbegründeten Vereins eine gewerbliche Nutzung im Sinn von Art. 40 Abs. 2 des Baureglements darstellt oder nicht. 
 
2.2. In diesem 26.25 m² grossen Raum im Erdgeschoss des Gebäudes befinden sich eine Sauna, eine Dusche, eine Waschmaschine bzw. Tumbler sowie, räumlich abgetrennt, ein Lavabo und ein WC. Nach dem Eingang der Anfrage der Gemeinde, wie der Gewerberaum zurzeit genutzt werde, gründete die Beschwerdeführerin mit sechs weiteren Personen am 5. April 2011 einen Verein und teilte der Gemeinde mit, dieser sei Mieter der Sauna- und Wellnessanlage. In ihrer Stellungnahme an die BVE vom 5. April 2012 hielt die Gemeinde Lauterbrunnen fest, dass es sich bei den Vereinsmitgliedern nach ihrer Kenntnis ausschliesslich um Mitglieder der Stockwerkeigentümergemeinschaft Parzelle Nr. xxxx handle. Die Beschwerdeführerin hat das nie direkt bestritten, und das Verwaltungsgericht geht davon aus, der Verein bestehe "vornehmlich" aus Mitgliedern der Stockwerkeigentümergemeinschaft.  
Der umstrittene Gewerberaum wird somit (jedenfalls vorwiegend) von Mitgliedern der Stockwerkeigentümergemeinschaft bzw. des Vereins als Sauna genutzt. Diese dient damit klarerweise einem zur Wohnnutzung zählenden, typisch privaten Zweck. Auch wenn die Beschwerdeführerin die Nutzung der Sauna über einen Verein organisiert, der - zumindest theoretisch - auch einzelne Dritte aufnehmen kann, so bleibt ihre Benützung einem engen, geschlossenen Kreis vorbehalten und ist damit privater Natur. Eine gewerbliche Aktivität - etwa den nach aussen in Erscheinung tretenden, gewinnstrebigen Betrieb einer Sauna für ein breites Publikum - ist nicht vorgesehen und wäre auch kaum möglich, ist doch die eigentliche Sauna nur gerade 2,3 x 2,5 m gross und bietet maximal drei liegenden bzw. fünf sitzenden Personen Platz. Das Verwaltungsgericht ist damit keineswegs in Willkür verfallen, indem es die Nutzung der Sauna durch die Beschwerdeführerin nicht als gewerblich im Sinn von Art. 40 Abs. 2 BR anerkannte. 
Daran würde sich im Übrigen nichts ändern, wenn man von einem weiten Gewerbebegriff ausgehen würde. Auch in Fällen, in denen in der Gemeinde ausnahmsweise Bauten für nicht gewinnstrebige Tätigkeiten wie zum Beispiel Versammlungsräume religiöser Gemeinschaften in der Gewerbezone zugelassen wurden, ging es jedenfalls immer um die Nutzung von Räumlichkeiten durch ein breiteres Publikum, die eher in eine Gewerbe- als in eine Wohnzone passt. Der Hinweis auf das Klublokal eines Skiklubs ist ebenfalls unbehelflich. Abgesehen davon, dass es nicht in der Wohn- und Gewerbezone liegt, ist das Klublokal eines Skiklubs mit über 1'600 Mitgliedern (siehe Website des Skiklubs) mit der Sauna der Beschwerdeführerin offensichtlich nicht vergleichbar. 
 
2.3. Unbegründet ist die Berufung auf verschiedene Grundrechte. Weder aus der Vereinsfreiheit noch aus der Eigentumsgarantie noch aus der persönlichen Freiheit kann die Beschwerdeführerin einen Anspruch auf eine zonenwidrige Nutzung ihres Grundeigentums ableiten. Die Besitzstandsgarantie und das Verhältnismässigkeitsprinzip sind ebensowenig verletzt, da die Umnutzung des Gewerberaumes in eine Sauna nie bewilligt worden ist und die Nutzungsbeschränkung bereits in der Baubewilligung enthalten war, sodass diese beim Kauf der Wohnung durch die Beschwerdeführerin schon bestand. Die Rechtsgleichheit ist ebenfalls nicht verletzt, bleibt doch die Beschwerdeführerin den Nachweis dafür schuldig, dass die Gemeinde mit dem Saunabetrieb vergleichbare Aktivitäten in gewerblicher Nutzung vorbehaltenen Räumen duldet.  
 
E.  
Die Beschwerde ist als offensichtlich unbegründet abzuweisen. Bei diesem Ausgang des Verfahrens trägt die Beschwerdeführerin die Kosten (Art. 66 Abs. 1 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Die Beschwerde wird abgewiesen. 
 
2.  
Die Gerichtskosten von Fr. 3'000.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt. 
 
3.  
Dieses Urteil wird der Beschwerdeführerin, der Einwohnergemeinde Lauterbrunnen, der Bau-, Verkehrs- und Energiedirektion des Kantons Bern und dem Verwaltungsgericht des Kantons Bern schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 7. Februar 2014 
 
Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Fonjallaz 
 
Der Gerichtsschreiber: Störi