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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
9C_288/2013  
{  
T 0/2  
}  
   
   
 
 
 
Urteil vom 7. Oktober 2013  
 
II. sozialrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Meyer, präsidierendes Mitglied, 
Bundesrichter Borella, Bundesrichterin Pfiffner, 
Gerichtsschreiber Fessler. 
 
Verfahrensbeteiligte 
IV-Stelle Basel-Stadt,  
Lange Gasse 7, 4052 Basel, 
Beschwerdeführerin, 
 
gegen  
 
C.________, 
vertreten durch Advokatin Monica Armesto, 
Beschwerdegegner. 
 
Gegenstand 
Invalidenversicherung (Invalidenrente), 
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Sozialversicherungsgerichts des Kantons Basel-Stadt vom 11. März 2013. 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.   
C.________ meldete sich im November 2007 bei der Invalidenversicherung an und beantragte u.a. berufliche Massnahmen und/oder eine Rente. Nach Abklärung der gesundheitlichen und erwerblichen Verhältnisse (u.a. Gutachten des Dr. med. W.________, Psychiatrie und Psychotherapie, vom 7. Januar 2011) und nach durchgeführtem Vorbescheidverfahren verneinte die IV-Stelle Basel-Stadt mit Verfügung vom 21. Juni 2011 einen Rentenanspruch. 
 
B.   
Die von C.________ dagegen erhobene Beschwerde hiess das Sozialversicherungsgericht des Kantons Basel-Stadt gestützt auf die von ihm eingeholte Expertise des Instituts X.________ vom 19. Dezember 2012 gut, indem es die angefochtene Verfügung aufhob und dem Versicherten eine ganze Invalidenrente ab 1. Januar 2011 zusprach (Entscheid vom 11. März 2013). 
 
C.   
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten beantragt die IV-Stelle Basel-Stadt die Aufhebung des Entscheids vom 11. März 2013 und Rückweisung der Sache zu weiteren Abklärungen an die Vorinstanz. 
 
Das kantonale Sozialversicherungsgericht beantragt die Abweisung der Beschwerde, desgleichen C.________, der um unentgeltliche Rechtspflege ersucht. Das Bundesamt für Sozialversicherungen hat keine Vernehmlassung eingereicht. 
 
D.   
Mit Verfügung vom 3. September 2013 ist der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuerkannt worden. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.   
Im Rahmen der Sachverhaltsabklärung von Amtes wegen (Art. 43 Abs. 1 und Art. 61 lit. c ATSG, Art. 110 BGG) hat das kantonale Versicherungsgericht die Beweise grundsätzlich frei, d.h. ohne Bindung an förmliche Beweisregeln, sowie umfassend und pflichtgemäss zu würdigen. Es hat alle Beweismittel objektiv zu prüfen, unabhängig davon, von wem sie stammen, und danach zu entscheiden, ob die verfügbaren Unterlagen eine zuverlässige Beurteilung des streitigen Anspruchs gestatten. Insbesondere hat es bei einander widersprechenden medizinischen Berichten das gesamte Beweismaterial zu würdigen und die Gründe anzugeben, warum es auf die eine und nicht auf die andere medizinische These abstellt (BGE 125 V 351 E. 3a S. 352). 
 
Einem ärztlichen Bericht kommt Beweiswert zu, wenn er für die streitigen Belange umfassend ist, auf allseitigen Untersuchungen beruht, auch die geklagten Beschwerden berücksichtigt, in Kenntnis der Vorakten (Anamnese) abgegeben worden ist, in der Beurteilung der medizinischen Zusammenhänge und der medizinischen Situation einleuchtet und wenn die Schlussfolgerungen des Arztes begründet sind (BGE 134 V 231 E. 5.1 S. 232). 
 
2.  
 
2.1. Die Vorinstanz hat das psychiatrische Administrativgutachten vom 7. Januar 2011 für die Frage der Arbeitsfähigkeit nicht als beweiskräftig erachtet, was unbestritten ist. Nach Auffassung der Beschwerde führenden IV-Stelle kann auch nicht auf das Gerichtsgutachten des Instituts X.________ vom 19. Dezember 2012 abgestellt werden, da es unvollständig sei, sich nicht mit den abweichenden medizinischen Meinungen auseinandersetze und auch in anderen Punkten nicht nachvollziehbar sei.  
 
2.2. Die Vorinstanz hatte das Institut X.________ im Begutachtungsauftrag vom 17. April 2012 um eine Stellungnahme u.a. zum Administrativgutachten vom 7. Januar 2011 ersucht. Im Gerichtsgutachten vom 19. Dezember 2012 wurde im Inhaltsverzeichnis unter Resultate der Konsensdiskussion '8. Diskussion abweichender ärztlicher Meinungen der behandelnden oder bisher begutachtenden Ärzte' aufgeführt. Ein entsprechendes Kapitel bzw. eine solche Diskussion fehlte indessen, wie die Beschwerdeführerin richtig vorbringt. Die Vorinstanz hat sich im Entscheid dazu nicht geäussert.  
Den Experten des Instituts X.________ war das von der IV-Stelle eingeholte psychiatrische Gutachten vom 7. Januar 2011 bekannt. Im Gerichtsgutachten wurden die vom Administrativgutachter erhobenen Befunde, die Diagnose und seine Einschätzung der Arbeitsfähigkeit (100 % bei 20 % Leistungsminderung) wiedergegeben. Es ist davon auszugehen, dass der Psychiater des Instituts X.________ diese Beurteilung bei seiner (zweimaligen) Untersuchung und Begutachtung berücksichtigte, auch wenn er sich dazu nicht ausdrücklich äusserte. Dafür spricht, worauf der Beschwerdegegner richtig hinweist, dass in der auf dem Konsens aller beteiligten Fachärzte beruhenden medizinischen Beurteilung bei der Erörterung der Diagnose einer anhaltenden wahnhaften Störung (Paranoia; ICD-10 F22.0) festgehalten wurde, die Befunde würden endgültig die neurotische Dimension oder diejenige einer Persönlichkeitsstörung übersteigen. Eine solche Störung hatte indessen der Administrativgutachter diagnostiziert. Unter diesen Umständen jedenfalls vermag das Fehlen einer expliziten Auseinandersetzung mit dem Administrativgutachten den Beweiswert des (interdisziplinären) Gerichtsgutachtens nicht entscheidend zu schmälern, zumal sich auch der Stellungnahme des regionalen ärztlichen Dienstes (RAD) vom 30. Januar 2013 nichts entnehmen lässt, was gegen die Schlüssigkeit der Expertise sprechen könnte. Der psychiatrische Facharzt des RAD hielt u.a. fest, die anhaltende wahnhafte Störung (Paranoia; ICD-10 F22.0) habe sich schleichend aus einer rigid-narzisstischen Persönlichkeitsstörung und einer hypochondrischen Selbstwahrnehmung heraus entwickelt. 
 
2.3. Ebenfalls sind die weiteren Vorbringen nicht geeignet, die Aussagekraft des Gerichtsgutachtens zu mindern und Anlass zu ergänzenden Abklärungen zu geben. Dies betrifft auch den Beginn der psychisch bedingten Arbeitsunfähigkeit von 80 %. Selbst wenn im Übrigen von einer Arbeitsunfähigkeit von lediglich 70 % ausgegangen würde, wie die Beschwerdeführerin eventualiter geltend macht, ergäbe der Einkommensvergleich gemäss ihrer Verfügung vom 21. Juni 2011 bei sonst unveränderten Berechnungsfaktoren einen Invaliditätsgrad von 70 %, was Anspruch auf eine ganze Rente gibt (Art. 28 Abs. 2 IVG).  
 
Die Beschwerde ist unbegründet. 
 
3.   
Dem Ausgang des Verfahrens entsprechend wird die Beschwerdeführerin kosten- und entschädigungspflichtig (Art. 66 Abs. 1 und Art. 68 Abs. 2 BGG). Das Gesuch des Beschwerdegegners um unentgeltliche Rechtspflege ist demzufolge gegenstandslos. 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.   
Die Beschwerde wird abgewiesen. 
 
2.   
Die Gerichtskosten von Fr. 800.- werden der Beschwerdeführerin auferlegt. 
 
3.   
Die Beschwerdeführerin hat den Beschwerdegegner für das bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 2'500.- zu entschädigen. 
 
4.   
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht des Kantons Basel-Stadt, der Ausgleichskasse Basel-Stadt und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Luzern, 7. Oktober 2013 
 
Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Das präsidierende Mitglied: Meyer 
 
Der Gerichtsschreiber: Fessler