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Eidgenössisches Versicherungsgericht 
Tribunale federale delle assicurazioni 
Tribunal federal d'assicuranzas 
 
Sozialversicherungsabteilung 
des Bundesgerichts 
 
Prozess 
{T 7} 
I 671/05 
 
Urteil vom 8. Februar 2006 
III. Kammer 
 
Besetzung 
Präsident Ferrari, Bundesrichter Meyer und Seiler; Gerichtsschreiber Hadorn 
 
Parteien 
S.________, 1972, Beschwerdeführer, vertreten durch Advokat Christian Kummerer, Aeschengraben 13, 4003 Basel, 
 
gegen 
 
IV-Stelle Basel-Stadt, Lange Gasse 7, 4052 Basel, Beschwerdegegnerin 
 
Vorinstanz 
Sozialversicherungsgericht Basel-Stadt, Basel 
 
(Entscheid vom 15. Juni 2005) 
 
Sachverhalt: 
Mit Verfügung vom 2. September 2003 lehnte die IV-Stelle Basel-Stadt den Anspruch des S.________ (geb. 1972) auf berufliche Eingliederungsmassnahmen ab. Daran hielt sie mit Einspracheentscheid vom 21. Mai 2004 fest. 
Die dagegen erhobene Beschwerde wies das Sozialversicherungsgericht Basel-Stadt mit Entscheid vom 15. Juni 2005 ab. 
S.________ lässt Verwaltungsgerichtsbeschwerde führen und beantragen, es seien ihm Leistungen der Invalidenversicherung, insbesondere berufliche Eingliederungsmassnahmen, zuzusprechen. Eventuell sei ein neues Gutachten einzuholen. Ausserdem ersucht er um unentgeltliche Verbeiständung. 
Die IV-Stelle schliesst auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde, während das Bundesamt für Sozialversicherung auf eine Vernehmlassung verzichtet. 
 
Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung: 
 
1. 
Das kantonale Gericht hat die gesetzlichen Voraussetzungen für den Anspruch auf Eingliederungsmassnahmen der Invalidenversicherung im Allgemeinen (Art. 8 Abs. 1 IVG) und auf berufliche Massnahmen, namentlich Umschulung (Art. 17 Abs. 1 IVG) und Arbeitsvermittlung (Art. 18 Abs. 1 IVG) im Speziellen, sowie die dazu ergangene Rechtsprechung, insbesondere zur mindestens 20%igen Invalidität als Voraussetzung für die Umschulung (BGE 124 V 108 Erw. 2 und 3), richtig dargelegt. Darauf wird verwiesen. 
2. 
Streitig und zu prüfen ist der Anspruch auf berufliche Massnahmen. 
2.1 Anlässlich einer beruflichen Abklärung in der Eingliederung des Spitals X.________ habe der Beschwerdeführer gemäss Bericht des Spitals vom 20. November 2002 bei vielen Pausen und einem verlangsamten Arbeitstempo eine Leistung von 30 % bis 40 % eines normalen Pensums erbracht. Die verschiedenen Beschwerden seien glaubhaft und nachvollziehbar. 
Hausarzt Dr. med. C.________ hält den Versicherten im Bericht vom 13. Januar 2003 in sehr leichten körperlichen Tätigkeiten für ganztags arbeitsfähig, "entsprechend einem Invaliditätsgrad von 50 %". 
Die Psychiatrische Poliklinik am Spital Y.________ schätzt die Arbeitsfähigkeit des Beschwerdeführers im Bericht vom 26. März 2003 in einer leichten, dem Rücken angepassten Tätigkeit auf mindestens 50 %. Diese Restarbeitsfähigkeit könne mit medizinischen Massnahmen, insbesondere konsequenter Physiotherapie zum Aufbau der Rückenmuskulatur, mit grosser Wahrscheinlichkeit erhöht werden. Bereits im Bericht vom 27. Januar 2003 hatte die selbe Klinik festgehalten, dass bei vorhandener Motivation und Compliance eine Verbesserung des Gesundheitszustandes möglich wäre. Trotz intensiver therapeutischer Bemühungen sei es nicht gelungen, beim Beschwerdeführer eine Änderungsmotivation und eine hinreichende Mitarbeitsbereitschaft für eine psychiatrisch-psychotherapeutische Behandlung zu erzielen. 
Vom psychiatrischen Gesichtspunkt aus sei nach dem Bericht des Dr. med. F.________, FMH Psychiatrie und Psychotherapie, vom 24. Juni 2003 keine invaliditätsbegründende Diagnose zu erheben. 
Gemäss Gutachten des Dr. med. B.________, Spezialarzt FMH für Rheumatologie, Physikalische Medizin und Rehabilitation, vom 14. August 2003 könne der Versicherte keine körperlich schweren Arbeiten mehr ausführen. Hingegen sei er aus rheumatologischer Sicht für leichte bis mittelschwere Arbeiten wie Lagerist, Bedienung kleiner Maschinen, Mithilfe in grossen Geschäften wie Coop oder Migros, Absortierer und ähnlichem vollumfänglich arbeitsfähig. Die angegebenen Beschwerden seien bei einfacher handwerklicher Tätigkeit nicht nachvollziehbar. 
2.2 Verwaltung und Vorinstanz stützten sich auf das Gutachten des Dr. med. B.________ und gingen davon aus, dass der Beschwerdeführer in einer angepassten Tätigkeit voll arbeiten könnte. Der entsprechende Erwerbsvergleich ergab einen Invaliditätsgrad von 11 %, weshalb der Anspruch auf berufliche Massnahmen abgelehnt wurde. Hiegegen wendet der Versicherte ein, auf das Gutachten von Dr. med. B.________ könne nicht abgestellt werden. Etliche pointierte Bemerkungen in der Expertise bestätigten die Voreingenommenheit des Arztes. Ausserdem lebe dieser einzig von Gutachten, die er im Auftrag der Invalidenversicherung erstelle, und befinde sich damit in mindestens ähnlich nahem Verhältnis zur Verwaltung wie Hausärzte zu ihren Patienten. 
2.3 Das Gutachten des Dr. med. B.________ erfüllt die Anforderungen der Rechtsprechung an solche Expertisen (BGE 125 V 352 Erw. 3a). Anhaltspunkte für eine Voreingenommenheit des Gutachters bestehen nicht. Dessen Einschätzungen decken sich mit derjenigen des Dr. med. F.________, der keine Arbeitsunfähigkeit in einer angepassten Tätigkeit sieht, und des Spitals Y.________, das ebenfalls davon ausgeht, dass der Beschwerdeführer mit der nötigen Motivation seinen Gesundheitszustand erheblich verbessern könnte. 
Der Beschwerdeführer bezeichnet die Administrativexpertise des Rheumatologen Dr. med. B.________ als "auf den ersten Blick subjektiv gefärbtes Gutachten"; die gemachten Äusserungen kämen "einer eigentlichen - aktenwidrigen - Verunglimpfung gleich". Der Beschwerdeführer übersieht bei dieser Kritik, dass es gerade in Fällen, wo eine medizinisch unklare Schmerzproblematik im Zentrum steht, Sache des Administrativgutachters ist, sich zur Glaubwürdigkeit der Schmerzangaben und dem Leidensdruck des Exploranden auszusprechen (BGE 130 V 355 Erw. 2.2.4). Wenn der Experte dabei - nach lege artis durchgeführter Begutachtung und mit nachvollziehbarer Begründung - zur Auffassung gelangt, der Proband vermittle ihm nicht den Eindruck einer schwer leidenden Person, kann dies keinesfalls als Voreingenommenheit gedeutet werden, ansonsten dem Gutachter die Möglichkeit genommen würde, sich so zu äussern, wie er es nach pflichtgemässer Einschätzung der Lage für richtig hält. Dr. med. B.________ erwähnt, dass der Beschwerdeführer "immer wieder unsichere bzw. unklare Angaben über die Schmerzausbreitung" macht; bei der Untersuchung konnte der Arzt "keinen Leidensdruck feststellen, auch (...) keine Schmerzsymptome auslösen, wobei der Expl. von sich aus erstaunlicherweise spontan keine Schmerzsymptomatik äusserte". Diese Aspekte sprechen klar gegen die Annahme einer Invalidität (vgl. BGE 131 V 51) und bestätigen den aus der gesamten Aktenlage sich ergebenden Eindruck, dass der Beschwerdeführer arbeiten könnte, wenn er wollte (BGE 130 V 356); jedenfalls ist er hieran durch keine - der Diagnosestellung zugängliche (BGE 130 V 396) - physisch oder psychische Krankheit gehindert. Die Berufung auf den Bericht über die Abklärung der körperlichen Belastbarkeit und Ausbildungsmöglichkeiten des Spitals X.________ vom 20. November 2002 dringt nicht durch. Denn der für diesen Bericht verantwortlich zeichnende Berufsberater übernimmt das vom Beschwerdeführer gezeigte Verhalten unkritisch, was sich insbesondere daraus ergibt, dass der Psychologe von einer psychischen Beeinträchtigung in Form depressiver Reaktionen ausgeht, was der psychiatrische Experte, Dr. med. F.________, klar ausschloss (Gutachten vom 24. Juni 2003, S. 7). Davon abgesehen ist der Versicherte gehalten, sich im Rahmen seiner Schadenminderungspflicht denjenigen medizinischen Massnahmen zu unterziehen, welche seinen Zustand zu bessern vermöchten. 
2.4 Da der Beschwerdeführer somit in einer angepassten Tätigkeit voll leistungsfähig wäre, besteht kein Anspruch auf Umschulung. Der Einkommensvergleich der Vorinstanz ist korrekt und ein behinderungsbedingter Abzug von den Tabellenlöhnen nicht angezeigt. Was der Versicherte hiegegen einwendet, ist nicht stichhaltig. 
3. 
Das Verfahren ist kostenlos (Art. 134 OG). Die unentgeltliche Verbeiständung kann gewährt werden, da die entsprechenden Voraussetzungen (BGE 125 V 202 Erw. 4a) erfüllt sind. Der Beschwerdeführer wird aber auf Art. 152 Abs. 3 OG hingewiesen, wonach er dem Gericht Ersatz zu leisten haben wird, falls er dereinst dazu im Stande sein sollte. 
 
Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht: 
 
1. 
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen. 
2. 
Es werden keine Gerichtskosten erhoben. 
3. 
Zufolge Gewährung der unentgeltlichen Verbeiständung wird Advokat Christian Kummerer, Basel, für das Verfahren vor dem Eidgenössischen Versicherungsgericht aus der Gerichtskasse eine Entschädigung von Fr. 2500.- (einschliesslich Mehrwertsteuer) ausgerichtet. 
4. 
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht Basel-Stadt, der Ausgleichskasse Basel-Stadt und dem Bundesamt für Sozialversicherung zugestellt. 
Luzern, 8. Februar 2006 
 
 
Im Namen des Eidgenössischen Versicherungsgerichts 
 
Der Präsident der III. Kammer: Der Gerichtsschreiber: