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[AZA 3] 
1A.1/2000/hzg 
1P.1/2000 
 
          I. OEFFENTLICHRECHTLICHE ABTEILUNG  
          ********************************** 
 
8. Mai 2000  
 
Es wirken mit: Bundesrichter Aemisegger, Präsident 
der I. öffentlichrechtlichen Abteilung, Bundesrichter 
Aeschlimann, Bundesrichter Favre und Gerichtsschreiberin 
Camprubi. 
 
--------- 
 
In Sachen 
 
August J u l e n, des Severin, Chalet Hermitage, Zermatt,  
Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Thomas 
Julen, Haus Aurora, Zermatt, 
 
gegen 
 
Munizipalgemeinde Z e r m a t t,  
Kantonale Baukommission des Kantons W a l l i s,  
Staatsrat des Kantons W a l l i s,  
Kantonsgericht des Kantons W a l l i s, Öffentlich-  
rechtliche Abteilung, 
 
betreffend 
          Bauabschlag und Abbruchbefehl 
         (rechtliches Gehör, Ausnahmebewilligung), 
hat sich ergeben: 
 
A.-  
August Julen führt in Findeln oberhalb von  
Zermatt in der Landwirtschaftszone ein Bergrestaurant. 
Unweit davon in einem gemauerten Verschlag hielt er wäh- 
rend Jahren Schweine, die er mit den Küchenabfällen aus 
dem Restaurant fütterte. Der in den Hang gebaute und zum 
Teil unter Land liegende Stall war mit einem Flachdach aus 
Beton gedeckt, auf dem sich ein Aufbau aus Ziegeln und Well- 
blech befand, in dem August Julen den übrigen Abfall aus 
dem Restaurant verbrannte. Da diese Baute den Tierschutz- 
vorschriften nicht entsprach, setzte ihm der kantonale Vete- 
rinärdienst mit Verfügung vom 2. September 1996 eine Frist 
von zehn Tagen, um die Schweine an einem geeigneten Ort 
unterzubringen, zu verkaufen oder zu töten. Eine dagegen 
gerichtete Beschwerde wies der Staatsrat ab. Am 13. Juni 
1997 reichte August Julen bei der Gemeinde Zermatt ein 
Baugesuch für einen den Tierschutzvorschriften genügenden 
Schweinestall ein. 
 
B.-  
Am 28. Juli 1997 führte die Gemeindepolizei zu-  
sammen mit einem Beamten des kantonalen Veterinäramtes 
verschiedene Kontrollen durch und hielt in einem Bericht 
fest, dass die alte Stallung von August Julen mitsamt der 
Verbrennungsanlage entfernt worden sei und dass der Verant- 
wortliche ohne Baubewilligung eine neue Stallung erstellt 
habe. Am 22. Dezember 1998 wies die Baukommission das Bau- 
gesuch wegen mangelnder Zonenkonformität ab und verfügte 
den Abbruch der Neubaute. August Julen erhob gegen diese 
Verfügung erfolglos Verwaltungsbeschwerde beim Staatsrat. 
Anschliessend reichte er Verwaltungsgerichtsbeschwerde beim 
Kantonsgericht ein, welches das Rechtsmittel am 26. Novem- 
ber 1999 abwies. Er führt gegen diesen Entscheid zum einen 
staatsrechtliche Beschwerde wegen willkürlicher Feststellung 
des Sachverhalts bzw. Verletzung des rechtlichen Gehörs 
sowie wegen Verletzung des Gleichbehandlungsgebots und der 
Eigentumsgarantie. Überdies erhebt er Verwaltungsgerichts- 
beschwerde wegen unrichtiger Feststellung des Sachverhalts 
und Verletzung von Art. 24 Abs. 2 des Bundesgesetzes vom 
22. Juni 1979 über die Raumplanung (Raumplanungsgesetz, RPG; 
SR 700) sowie von Art. 31 des kantonalen Baugesetzes vom 
8. Februar 1996 (BauG; GSS 1150). 
 
       Die Munizipalgemeinde Zermatt hat sich nicht ver- 
nehmen lassen. Die kantonale Baukommission beantragt die 
Abweisung beider Beschwerden, soweit auf sie einzutreten 
ist. Das Kantonsgericht und der Staatsrat verzichten auf 
eine Vernehmlassung. Das Bundesamt für Raumplanung verzich- 
tet unter Hinweis auf die Erwägungen des Kantonsgerichts auf 
eine Stellungnahme. 
 
Das Bundesgericht zieht in Erwägung  
:  
 
1.-  
Die eingereichten Beschwerden beziehen sich  
auf die gleichen Parteien und auf den gleichen Sachver- 
halt und werfen die gleichen Fragen auf. Ausserdem stellt 
der Beschwerdeführer selber eine Verbindung zwischen beiden 
Beschwerden her, indem er die Sistierung der Verwaltungs- 
gerichtsbeschwerde bis zur Erledigung der staatsrechtlichen 
Beschwerde beantragt. Es rechtfertigt sich daher, beide Ver- 
fahren zu vereinigen und die Beschwerden in einem Urteil zu 
behandeln (vgl. Art. 24 BZP in Verbindung mit Art. 40 OG
BGE 122 II 367 E. 1a S. 368; 113 Ia 161 E. 1 S. 162). 
2.-  
Das Bundesgericht prüft von Amtes wegen und mit  
freier Kognition, ob und inwieweit auf eine Beschwerde ein- 
zutreten ist (BGE 125 I 14 E. 2a S. 16, 253 E. 1a S. 254; 
125 II 293 E. 1a S. 299). 
 
       a) Entsprechend der subsidiären Natur der staats- 
rechtlichen Beschwerde (Art. 84 Abs. 2 OG) ist nach ständi- 
ger Praxis zunächst zu prüfen, ob die Verwaltungsgerichts- 
beschwerde offen steht (BGE 125 I 14 E. 2a S. 16; 123 II 289 
E. 1a S. 290). Hier will der Beschwerdeführer mit seinem 
Sistierungsgesuch jedoch bewirken, dass zunächst die staats- 
rechtliche Beschwerde an die Hand genommen wird. Da die Ein- 
tretensvoraussetzungen nicht der Dispositionsmaxime unter- 
stehen, ist dieses Begehren grundsätzlich unzulässig. Eine 
Ausnahme wäre allenfalls denkbar, wenn die staatsrechtliche 
Beschwerde als Verwaltungsgerichtsbeschwerde entgegenzuneh- 
men wäre, wobei fraglich ist, ob eine Partei die Reihenfolge 
der zu prüfenden Rügen bestimmen kann bzw. ob sie sich mit 
Bezug auf gewisse Rügen eine Rückzugsmöglichkeit offen hal- 
ten kann. Hier braucht diese Frage jedoch nicht beantwortet 
zu werden, da die Rügen, die der Beschwerdeführer im Rahmen 
der staatsrechtlichen Beschwerde erhebt, materiell in den- 
jenigen aufgehen, die er mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde 
geltend macht. Mit der Erledigung der Verwaltungsgerichts- 
beschwerde wird daher die staatsrechtliche Beschwerde, ein- 
schliesslich dem Sistierungsbegehren, gegenstandslos. 
 
       b) Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde erfüllt die 
Eintretensvoraussetzungen gemäss Art. 97 ff. OG. Der Be- 
schwerdeführer ist insbesondere vom angefochtenen Entscheid 
persönlich betroffen und macht die Verletzung von öffent- 
lichrechtlichen Vorschriften des Bundes geltend (Art. 97 OG 
i.V.m. Art. 5 VwVG). Zum mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde 
überprüfbaren Bundesrecht gehört auch das Bundesverfassungs- 
recht, soweit die Rüge eine Angelegenheit betrifft, die in 
die Sachzuständigkeit der eidgenössischen Verwaltungsrechts- 
pflegeinstanz fällt (BGE 123 II 9 E. 2 S. 11; 289 E. 1c 
S. 291, mit Hinweisen). Die Rügen der Verletzung des recht- 
lichen Gehörs bzw. des Willkürverbots können daher im Rah- 
men der Verwaltungsgerichtsbeschwerde geprüft werden. Das 
kantonale Recht, das vom Beschwerdeführer angerufen wird, 
weist einen hinreichend engen Sachzusammenhang mit Art. 24 
RPG auf, so dass es auch im Rahmen der Verwaltungsgerichts- 
beschwerde zu überprüfen ist (vgl. BGE 118 Ib 381 E. 2a 
S. 389, mit Hinweisen). Hinsichtlich der Anwendung des kan- 
tonalen Rechts richtet sich die Kognition des Bundesgerichts 
allerdings nach den für die staatsrechtliche Beschwerde gel- 
tenden Grundsätzen (BGE 118 Ib 234 E. 1b S. 237, mit Hinwei- 
sen). Da der Beschwerdeführer einfaches kantonales Recht an- 
ruft, steht dem Bundesgericht diesbezüglich nur die Willkür- 
kognition zu. Willkür liegt nach der Rechtsprechung des Bun- 
desgerichts nicht schon dann vor, wenn eine andere Lösung 
ebenfalls vertretbar erscheint oder sogar vorzuziehen wäre. 
Das Bundesgericht weicht vom Entscheid der kantonalen In- 
stanz nur ab, wenn dieser offensichtlich unhaltbar ist, mit 
der tatsächlichen Situation in klarem Widerspruch steht, 
eine Norm oder einen unumstrittenen Rechtsgrundsatz krass 
verletzt oder in stossender Weise dem Gerechtigkeitsgedanken 
zuwiderläuft (BGE 125 II 10 E. 3a S. 15, mit Hinweisen). 
 
       c) Der Antrag auf Durchführung eines Augenscheins 
ist abzuweisen, da sich dieses Beweismittel mit Blick auf 
die vorhandenen Akten erübrigt, wie nachfolgend darzulegen 
ist (BGE 123 II 248 E. 2a S. 249; 122 II 274 E. 1d S. 279). 
 
3.-  
Der Beschwerdeführer wirft dem Kantonsgericht eine  
willkürliche antizipierte Beweiswürdigung vor, indem es auf 
die Durchführung eines Augenscheins verzichtet habe. Dabei 
habe es in einer anderen Angelegenheit einen Augenschein 
unweit von der umstrittenen Baute durchgeführt. Aufgrund 
dieser Unterlassung habe das Kantonsgericht den Sachverhalt 
falsch festgestellt: Er, der Beschwerdeführer, habe den 
Stall nicht vollständig abgerissen und neu gebaut, sondern 
lediglich umgebaut. Ausserdem sei die neu erstellte Baute 
nicht grösser als die ursprüngliche. Im Ergebnis habe das 
Kantonsgericht daher zu Unrecht keine Ausnahmebewilligung 
im Sinne von Art. 24 Abs. 2 RPG in Verbindung mit Art. 31 
BauG erteilt. 
 
       Diese Rügen sind offensichtlich unbegründet: 
 
       a) Gemäss Art. 24 Abs. 2 RPG kann das kantonale 
Recht gestatten, Bauten und Anlagen zu erneuern, teilweise 
zu ändern oder wieder aufzubauen, wenn dies mit den wichti- 
gen Anliegen der Raumplanung vereinbar ist. Dementsprechend 
sieht Art. 31 BauG vor, dass bestehende Bauten und Anlagen 
ausserhalb der Bauzone erneuert, teilweise verändert oder 
wieder aufgebaut werden können, wenn sie ihre Zweckbestim- 
mung, ihr Volumen und ihre äussere Gestalt im Wesentlichen 
beibehalten und dies mit den wichtigen Anliegen der Raum- 
planung vereinbar ist. Das Kantonsgericht hat dem Beschwer- 
deführer namentlich keine Ausnahmebewilligung erteilt, weil 
die ursprüngliche Baute eine Grundfläche von 4 m2 und eine 
Höhe von 1,2 m aufgewiesen habe, während der neue Stall 
eine Grundfläche von 8 m2 und eine Höhe von 2,5 m aufweise. 
Nur schon deshalb könne von der ursprünglichen Bausubstanz 
höchstens ein unbedeutender Teil übriggeblieben sein. Somit 
bestehe keine Identität zwischen beiden Bauten, zumal das 
neue Gebäude nunmehr ausschliesslich der Schweinehaltung 
diene und der Abfall wenige Meter vom Gebäude entfernt 
verbrannt werde. 
       b) Wie gross die alte Baute war und wie es sich 
mit dem Volumen des neuen Stalles im Vergleich zum ursprüng- 
lichen Stall verhält, kann offen bleiben. Denn selbst wenn 
anzunehmen wäre, dass die neue Baute nicht grösser wäre als 
die alte, streitet der Beschwerdeführer nicht ab, dass das 
neue Gebäude nur noch der Schweinehaltung und nicht mehr 
auch der Abfallverbrennung dient. Insoweit kann man von 
einer Zweckänderung reden, da im Vergleich zu früher der 
gleichen (zulässigen) Benutzung ein grösseres Volumen ge- 
widmet wird. Dieser Umstand stellt einen sachlichen, ver- 
tretbaren Grund zur Verweigerung einer Ausnahmebewilligung 
im Sinne von Art. 24 Abs. 2 RPG in Verbindung mit Art. 31 
BauG dar. Das gilt ebenfalls, wenn man nur die Grundflächen 
beider Gebäude vergleicht und mit dem Beschwerdeführer davon 
ausgeht, dass der alte Stall 2,5 m lang auf 2,5 m breit ge- 
wesen sei. Alsdann wäre der neue Stall mit Bezug auf die 
Grundfläche jedenfalls nicht unwesentlich grösser als die 
ursprüngliche Baute, was zu einer Verneinung der Identität 
der beiden Gebäude führen durfte. Unter diesen Umständen 
spielt es keine Rolle, ob, wie der Beschwerdeführer geltend 
macht, die Schweine auch im Winter gehalten würden und müss- 
ten bzw. ob der Schweinestall standortgebunden sei. Nicht 
rechtserheblich ist weiter die Frage, ob die neue Baute 
schöner als die ursprüngliche sei. 
 
       c) Da die vom Beschwerdeführer zum Sachverhalt 
aufgeworfenen Fragen hier keinen Einfluss auf den Pro- 
zessausgang haben, brauchen sie nicht näher untersucht 
zu werden. Das gilt ebenfalls mit Bezug auf die Rüge der 
Verletzung des rechtlichen Gehörs. Denn der Beschwerde- 
führer macht damit lediglich geltend, das Kantonsgericht 
hätte einen Augenschein durchführen müssen. Diese Rüge geht 
nicht über diejenige der unrichtigen Feststellung des Sach- 
verhalts hinaus und könnte nur begründet sein, soweit es um 
den rechtserheblichen Teil des Sachverhalts ginge. Nebst der 
Verletzung von Art. 24 Abs. 2 RPG in Verbindung mit Art. 31 
BauG bringt der Beschwerdeführer ferner keine weiteren Ein- 
wände zur Begründung einer Verletzung der Eigentumsgarantie 
vor, sodass auch kein Verstoss gegen dieses Verfassungsrecht 
vorliegt. Mit Blick darauf, dass die Ausnahmebewilligung zu 
Recht nicht erteilt wurde und dass der Beschwerdeführer den 
neuen Stall ohne Baubewilligung erstellte, verstösst die Ab- 
bruchverfügung schliesslich nicht gegen das Verhältnis- 
mässigkeitsprinzip. 
 
4.-  
Nach dem Gesagten ist die staatsrechtliche Be-  
schwerde als gegenstandslos abzuschreiben und die Verwal- 
tungsgerichtsbeschwerde als offensichtlich unbegründet 
abzuweisen. Dem Beschwerdeführer ist die Gerichtsgebühr 
für die Verwaltungsgerichtsbeschwerde aufzuerlegen. 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht  
:  
 
1.-  
Die Verfahren 1P.1/2000 und 1A.1/2000 werden  
vereinigt. 
 
2.-  
Die staatsrechtliche Beschwerde wird als  
gegenstandslos abgeschrieben. Es wird dafür keine 
Gerichtsgebühr erhoben. 
 
3.-  
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen.  
 
4.-  
Die Gerichtsgebühr von Fr. 3'000.-- wird dem  
Beschwerdeführer auferlegt. 
5.-  
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, der  
Munizipalgemeinde Zermatt, der Kantonalen Baukommission, 
dem Staatsrat und dem Kantonsgericht, Öffentlichrechtliche 
Abteilung, des Kantons Wallis sowie dem Bundesamt für Raum- 
planung schriftlich mitgeteilt. 
 
______________ 
 
 
Lausanne, 8. Mai 2000 
 
           
Im Namen der I. öffentlichrechtlichen Abteilung  
                    
des SCHWEIZERISCHEN BUNDESGERICHTS  
Der Präsident: 
 
                                         
Die Gerichtsschreiberin: