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[AZA 7] 
I 126/99 Vr 
 
IV. Kammer 
 
Bundesrichter Borella, Rüedi und Bundesrichterin Leuzinger; 
Gerichtsschreiber Lauper 
 
Urteil vom 9. Januar 2001 
 
in Sachen 
 
M.________, 1964, Beschwerdeführer, vertreten durch Fürsprecher 
Ulrich Seiler, Falkenhöheweg 20, Bern, 
 
gegen 
 
IV-Stelle Bern, Chutzenstrasse 10, Bern, Beschwerdegegnerin, 
 
und 
 
Verwaltungsgericht des Kantons Bern, Bern 
 
A.- Der 1964 geborene M.________ war zuletzt als angelernter Kellner im Restaurant X.________ tätig. Am 21. Juli 1995 rutschte er in der Badewanne aus und zog sich dabei eine acromioclaviculare Luxation links zu, welche eine zweimalige operative Bandplastik (am 15. September 1995 und 15. Juli 1996) notwendig machte. Seither bis auf einen gescheiterten Arbeitsversuch ohne Erwerb, meldete er sich am 16. Mai 1997 bei der Invalidenversicherung zum Rentenbezug an. Die Verwaltung zog die Akten des Unfallversicherers, worunter Berichte des Dr. med. R.________, Spezialarzt FMH für Chirurgie und Orthopädie (vom 20. Juni 1996 und 4. Juni 1997), bei und holte unter anderem Auskünfte des ehemaligen Arbeitgebers (vom 18. Juli 1995) sowie Berichte des Dr. med. L.________, Spezialarzt FMH für Chirurgie (vom 8. August 1997 und 20. Februar 1998), ein. Gestützt darauf gelangte sie zum Schluss, der Versicherte sei zu 31 % invalid. Dementsprechend wies die IV-Stelle Bern - nach Durchführung des Vorbescheidverfahrens - das Rentengesuch mit Verfügung vom 1. Mai 1998 ab. 
 
B.- In teilweiser Gutheissung der hiegegen erhobenen Beschwerde, mit welcher Berichte des Dr. med. L.________ (vom 2. und 24. April 1998) ins Recht gelegt wurden, sprach das Verwaltungsgericht des Kantons Bern dem Versicherten für die Zeit vom 1. Juli 1996 bis 30. April 1997 eine ganze Invalidenrente zu; im Übrigen wies es die Beschwerde ab (Entscheid vom 11. Januar 1999). 
 
C.- M.________ lässt Verwaltungsgerichtsbeschwerde führen und beantragen, es sei ihm ab 1. Mai 1997 eine halbe Invalidenrente zu gewähren. Eventuell sei die Sache zu Aktenergänzung und neuer Verfügung an die IV-Stelle zurückzuweisen. Ferner ersucht er um die Gewährung der unentgeltlichen Verbeiständung. 
Die IV-Stelle trägt auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde an. Das Bundesamt für Sozialversicherung hat sich nicht vernehmen lassen. 
 
Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung: 
 
1.- Das kantonale Gericht hat die vorliegend massgeblichen gesetzlichen Bestimmungen und Grundsätze zutreffend wiedergegeben. Es betrifft dies den Umfang des Rentenanspruchs (Art. 28 Abs. 1 und Abs. 1bis IVG), die Bemessung des Invaliditätsgrades bei erwerbstätigen Versicherten nach der Einkommensvergleichsmethode (Art. 28 Abs. 2 IVG; BGE 116 V 249 Erw. 1b, 114 V 313 Erw. 3a, 104 V 136 Erw. 2a und b; ZAK 1987 S. 305 Erw. 1, 1986 S. 412 Erw. 1c; RKUV 1989 Nr. U 69 S. 176 Erw. 1), den Rentenbeginn bei langdauernden Krankheiten (Art. 29 Abs. 1 lit. b IVG) sowie die Rechtsprechung zur Bedeutung ärztlicher Auskünfte im Rahmen der Invaliditätsschätzung (BGE 115 V 134 Erw. 2, 114 V 314 Erw. 3c, 105 V 158 Erw. 1 am Ende; vgl. auch BGE 107 V 174 Erw. 3; ZAK 1991 S. 319 Erw. 1c, 1989 S. 118 Erw. 5a, 1986 S. 189 Erw. 2a). Darauf kann verwiesen werden. 
Zu ergänzen ist, dass sich die Frage, ob und in welchem Ausmass Tabellenlöhne herabzusetzen sind, nach den gesamten persönlichen und beruflichen Umständen (leidensbedingte Einschränkung, Alter, Dienstjahre, Nationalität/Aufenthaltskategorie und Beschäftigungsgrad) im konkreten Einzelfall beurteilt, wobei der Abzug auf insgesamt höchstens 25 % zu begrenzen ist (BGE 126 V 79 Erw. 5b/aa-cc). 
 
2.- Streitig und zu prüfen ist, ob der Beschwerdeführer über den 30. April 1997 hinaus eine halbe Invalidenrente beanspruchen kann. 
 
a) Nach dem Bericht des Dr. med. R.________ vom 4. Juni 1997 leidet der Beschwerdeführer an einer Luxation im linksseitigen Acromioclaviculargelenk Tossy III, an einem Status nach Resektion der distalen Clavicula und nach zweimaliger Plastik mit autologem Koriumstreifen sowie an einer Restinstabilität. Die Arbeitsunfähigkeit im Beruf als Kellner schätzte er auf ein Drittel, wobei er das Tragen schwerer Tabletts wie auch die Arbeit über Schulterhöhe ausschloss. In zeitlicher Hinsicht erachtete er eine Tagesarbeitszeit von ca. 6-7 Stunden als zumutbar. Bei im Wesentlichen gleicher Diagnosestellung stellte Dr. L.________ eine verminderte Kraft im linken Arm fest; Arbeiten über der Horizontalen und Tragen von Lasten seien unmöglich. Als Kellner sei der Beschwerdeführer "medizinisch-theoretisch" zur Hälfte eingeschränkt. Eine Tätigkeit an der Bar oder am Ausschank sei aber durchaus möglich, ebenso als Taxichauffeur (Berichte vom 8. August 1997 und 20. Februar 1998). Ergänzend dazu führte er im Bericht vom 2. April 1998 aus, dass der Endzustand eine volle Funktion im (linken) Schultergelenk und ein Tragen von Lasten und Gewichten bei hängendem (linken) Arm bis zirka 15 kg erlaube. Dagegen sei ein Tragen von Gewichten bei angewinkeltem oder angehobenem Arm nicht möglich. Belastungen oder Kraftanwendungen bei angewinkeltem oder angehobenem Arm im Schultergelenk führten sofort zu reaktiven Schmerzen oder Verspannungen der ganzen Schulter- und Nackenmuskulatur. Den angestammten Beruf als Kellner könne der Versicherte, abgesehen von aushilfsweisen kurzzeitigen Einsätzen, nicht mehr ausüben. Als weitere Verweisungstätigkeiten nannte der Chirurg Kontrollfunktionen ohne mechanische Belastung des linken Armes oder des linken Schultergelenkes. 
 
b) Die erwähnten Berichte beleuchten den Gesundheitszustand des Beschwerdeführers eingehend. Weitere Abklärungen erübrigen sich, da hievon keine neuen Erkenntnisse zu erwarten sind (antizipierte Beweiswürdigung; BGE 124 V 94 Erw. 4b, 122 V 162 Erw. 1d mit Hinweis; nicht veröffentlichtes Urteil Sch. vom 8. Februar 2000; I 362/99). Was die Stellungnahmen zum Leistungsvermögen anbelangt, ist davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer aus gesundheitlichen Gründen praktisch nicht mehr in der Lage ist, seiner angestammten Arbeit als Kellner nachzugehen. Hingegen ist ihm nach den zutreffenden Ausführungen der Vorinstanz, auf die verwiesen wird, die Ausübung von Tätigkeiten, die weder mit dem Heben oder Tragen von schweren, 15 kg übersteigenden Lasten noch mit den vorerwähnten ungünstigen Körperhaltungen verbunden ist, ab Januar 1997 vollzeitlich möglich. Hiefür stehen ihm auf dem in Frage kommenden allgemeinen Arbeitsmarkt genügend Stellen offen. Wie die Vorinstanz zutreffend festgestellt hat, könnte der Versicherte mit einer solchen leidensangepassten Tätigkeit Einkünfte von über 60 Prozent des ohne Gesundheitsschaden erreichbaren Einkommens erzielen, womit der Anspruch auf eine Invalidenrente ausgeschlossen ist. Sämtliche weiteren Vorbringen in der Verwaltungsgerichtsbeschwerde vermögen zu keinem anderen Ergebnis zu führen. Unerheblich im vorliegend interessierenden Zusammenhang ist insbesondere, dass der Beschwerdeführer dem bisherigen Beruf als Kellner nicht mehr nachgehen kann. Entscheidend ist nämlich nicht die Berufsunfähigkeit, sondern die Erwerbsunfähigkeit, verstanden als das Unvermögen, auf dem gesamten für den Versicherten in Frage kommenden Arbeitsmarkt die verbleibende Arbeitsfähigkeit in zumutbarer Weise wirtschaftlich zu verwerten (BGE 121 V 331 Erw. 3b mit Hinweisen). Unrichtig ist sodann die Behauptung, dass er Arbeiten nur mit angewinkeltem linken Arm erledigen könne. Vielmehr verhält es sich so, dass der Versicherte nach den vorerwähnten ärztlichen Feststellungen bei angehobenem oder angewinkeltem linken Arm keiner Belastung oder Kraftanwendung ausgesetzt sein sollte. Zudem ist festzuhalten, dass die fraglichen Behinderungen nur den linken, nicht aber den rechten - ausweislich der Akten nach wie vor voll funktionstüchtigen - Arm betreffen. Schliesslich hat das kantonale Gericht bei der Ermittlung des mit Gesundheitsschaden erzielbaren Verdienstes (Invalideneinkommen) den verschiedenen persönlichen/beruflichen Einschränkungen mit dem Maximalabzug von 25 % vom Tabellenlohn (Erw. 1) hinlänglich Rechnung getragen. 
Nach dem Gesagten lässt sich die vorinstanzliche befristete Rentenzusprechung - auch mit Blick auf Art. 88bis IVV - nicht beanstanden. 
 
3.- Das Gesuch um unentgeltliche Verbeiständung kann gewährt werden (Art. 152 in Verbindung mit Art. 135 OG), da die Bedürftigkeit aktenkundig ist, die Beschwerde nicht als aussichtslos zu bezeichnen und die Vertretung geboten war (BGE 125 V 202 Erw. 4a mit Hinweisen). Es wird indessen ausdrücklich auf Art. 152 Abs. 3 OG aufmerksam gemacht, wonach die begünstigte Partei der Gerichtskasse Ersatz zu leisten haben wird, wenn sie später dazu im Stande ist. 
 
Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht: 
 
I.Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen. 
 
II.Es werden keine Gerichtskosten erhoben. 
 
III. Zufolge Gewährung der unentgeltlichen Verbeiständung wird Fürsprecher Ulrich Seiler, Bern, für das Verfahren vor dem Eidgenössischen Versicherungsgericht aus der Gerichtskasse eine Entschädigung (einschliesslich Mehrwertsteuer) von Fr. 1500. - ausgerichtet. 
 
IV.Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Bern, Sozialversicherungsrechtliche Abteilung, und dem Bundesamt für Sozialversicherung zugestellt. 
 
Luzern, 9. Januar 2001 
 
Im Namen des 
Eidgenössischen Versicherungsgerichts 
Der Präsident der IV. Kammer: 
 
Der Gerichtsschreiber: