Wichtiger Hinweis:
Diese Website wird in älteren Versionen von Netscape ohne graphische Elemente dargestellt. Die Funktionalität der Website ist aber trotzdem gewährleistet. Wenn Sie diese Website regelmässig benutzen, empfehlen wir Ihnen, auf Ihrem Computer einen aktuellen Browser zu installieren.
Zurück zur Einstiegsseite Drucken
Grössere Schrift
 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
{T 0/2} 
1A.218/2006 /ggs 
 
Urteil vom 9. Februar 2007 
I. öffentlich-rechtliche Abteilung 
 
Besetzung 
Bundesrichter Féraud, Präsident, 
Bundesrichter Aemisegger, Eusebio, 
Gerichtsschreiber Härri. 
 
Parteien 
1. W.X.________, 
2. I.X.________, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen 
 
Staatsanwaltschaft des Kantons St. Gallen, Untersuchungsamt St. Gallen, Schützengasse 1, 
9001 St. Gallen, 
Anklagekammer des Kantons St. Gallen, Klosterhof 1, 9001 St. Gallen. 
 
Gegenstand 
Internationale Rechtshilfe in Strafsachen an die Republik Österreich, 
 
Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen den Entscheid der Anklagekammer des Kantons St. Gallen vom 
30. August 2006. 
 
Sachverhalt: 
A. 
Beim Landesgericht Feldkirch ist ein Strafverfahren hängig gegen den österreichischen Staatsangehörigen W.X.________ wegen Verdachts des schweren Betruges (§ 146 f. öStGB) und der betrügerischen Krida (§ 156 öStGB); ebenso gegen seine von ihm getrennt lebende Ehefrau I.X.________ wegen Verdachts der Beteiligung an der betrügerischen Krida (§ 12 i.V.m. § 156 öStGB). 
 
Am 19./26. April 2006 ersuchte der Untersuchungsrichter am Landesgericht Feldkirch um Rechtshilfe. Er bat um Übermittlung von Unterlagen zum Liegenschaftsvermögen des Ehepaares in A.________; ausserdem von Unterlagen und Auskünften zum Konto des Ehepaares bei der Bank B.________ in C.________. 
 
Zur Begründung wird im Rechtshilfeersuchen im Wesentlichen ausgeführt, W.X.________ und I.X.________ stünden im Verdacht, durch Liegenschaftsübertragungen, Verkäufe und Forderungsabtretungen die Gläubiger von W.X.________ geschädigt zu haben. Dabei gehe es zum einen um die Übertragung des hälftigen Anteils einer Liegenschaft in A.________ von W.X.________ an seine Ehefrau, zum andern um den Verkauf eines Motorboots in der Türkei. W.X.________ habe sich dem Verdacht ausgesetzt, durch Verheimlichung und Beiseiteschaffung von Vermögen die Befriedigung seiner Gläubiger geschmälert zu haben. 
B. 
Mit Schlussverfügung vom 7. Juni 2006 entsprach die Staatsanwaltschaft des Kantons St. Gallen dem Rechtshilfeersuchen und ordnete die Herausgabe im Einzelnen bezeichneter Grundbuch- und Bankbelege an die ersuchende Behörde an. 
C. 
Die von W.X.________ und I.X.________ dagegen erhobene Beschwerde wies die Anklagekammer des Kantons St. Gallen am 30. August 2006 ab. 
D. 
W.X.________ und I.X.________ führen Verwaltungsgerichtsbeschwerde mit dem Antrag, den Entscheid der Anklagekammer aufzuheben; dem Rechtshilfeersuchen sei nicht zu entsprechen. 
E. 
Die Anklagekammer und die Staatsanwaltschaft des Kantons St. Gallen haben auf Vernehmlassung verzichtet. 
 
Das Bundesamt für Justiz beantragt unter Hinweis auf die seines Erachtens zutreffenden Erwägungen im angefochtenen Entscheid die Abweisung der Beschwerde. 
 
Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 
1. 
1.1 Für den Rechtshilfeverkehr zwischen Österreich und der Schweiz sind in erster Linie die Bestimmungen des Europäischen Übereinkommens über die Rechtshilfe in Strafsachen vom 20. April 1959 (EUeR, SR 0.351.1), dem beide Staaten beigetreten sind, und der zwischen Österreich und der Schweiz hiezu abgeschlossene ergänzende Vertrag vom 13. Juni 1972 (Zusatzvertrag [ZV], SR 0.351.916.32) massgebend. Soweit diese Staatsverträge bestimmte Fragen nicht regeln, gelangt das Landesrecht - d.h. das Bundesgesetz über internationale Rechtshilfe in Strafsachen vom 20. März 1981 (Rechtshilfegesetz, IRSG, SR 351.1) und die dazugehörende Verordnung vom 24. Februar 1982 (SR 351.11) - zur Anwendung. 
1.2 Das Rechtshilfegesetz ist mit Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 geändert worden. Gemäss Art. 110b nIRSG richten sich Beschwerdeverfahren gegen Verfügungen, die in erster Instanz vor dem Inkrafttreten dieser Änderung - am 1. Januar 2007 - getroffen worden sind, nach dem bisherigen Recht. 
 
Die Schlussverfügung wurde vor dem 1. Januar 2007 erlassen. Das vorliegende Beschwerdeverfahren richtet sich daher nach dem bisherigen Recht. 
1.3 Beim angefochtenen Entscheid handelt es sich um die Verfügung der letztinstanzlichen kantonalen Behörde, mit der das Rechtshilfeverfahren abgeschlossen wird. Dagegen ist gemäss Art. 80f Abs. 1 aIRSG die Verwaltungsgerichtsbeschwerde zulässig. 
 
Die Beschwerdeführer sind Inhaber der Konten, über welche nach der Schlussverfügung Unterlagen an die ersuchende Behörde herausgegeben werden sollen. Sie sind persönlich und direkt von der Rechtshilfemassnahme betroffen und zur Beschwerde befugt (Art. 80h lit. b IRSG; Art. 9a lit. a IRSV). 
Die weiteren Sachurteilsvoraussetzungen geben zu keinen Bemerkungen Anlass. 
1.4 Zulässige Beschwerdegründe sind die Verletzung von Bundesrecht (wozu auch das Staatsvertragsrecht gehört), einschliesslich Überschreitung oder Missbrauch des Ermessens (Art. 80i Abs. 1 lit. a IRSG). 
 
Das Bundesgericht ist an die Begehren der Parteien nicht gebunden (Art. 25 Abs. 6 aIRSG). Im Rahmen der Verwaltungsgerichtsbeschwerde prüft es jedoch grundsätzlich nur Rechtshilfevoraussetzungen, die Streitgegenstand der Beschwerde bilden (BGE 132 II 81 E. 1.4 S. 84; 130 II 337 E. 1.4 S. 341; 123 II 134 E. 1d S. 136 f.; 122 II 367 E. 2d S. 372). 
2. 
Nach der Rechtsprechung hat sich die ersuchte Behörde beim Entscheid über ein Rechtshilfebegehren nicht dazu auszusprechen, ob die darin angeführten Tatsachen zutreffen oder nicht. Sie hat somit weder Tat- noch Schuldfragen zu prüfen und grundsätzlich auch keine Beweiswürdigung vorzunehmen. Sie ist vielmehr an die Darstellung des Sachverhaltes im Ersuchen und dessen allfälligen Ergänzungen gebunden, soweit diese nicht durch offensichtliche Fehler, Lücken oder Widersprüche sofort entkräftet wird (BGE 118 Ib 111 E. 5b; 117 Ib 64 E. 5c mit Hinweisen). 
 
Solche offensichtlichen Fehler, Lücken oder Widersprüche legen die Beschwerdeführer nicht dar. Sie äussern sich überwiegend zu Fragen der Beweiswürdigung. Darauf kann nicht eingetreten werden. 
3. 
Hinreichend machen die Beschwerdeführer eine Verletzung von Bundesrecht nur in zweierlei Hinsicht gelten. 
3.1 
3.1.1 Sie bringen vor, die Anklagekammer habe die Zuständigkeit der österreichischen Gerichte in willkürlicher Weise bejaht. 
3.1.2 Nach der Rechtsprechung darf im Anwendungsbereich des EUeR Rechtshilfe nur verweigert werden, wenn der ersuchende Staat offensichtlich unzuständig ist, d.h. die Justizbehörden des ersuchenden Staates ihre Zuständigkeit in willkürlicher Weise bejaht haben (BGE 126 II 212 E. 6c/bb S. S. 215 f., mit Hinweisen). 
3.1.3 Wie sich dem Rechtshilfeersuchen entnehmen lässt, stützt sich der Verdacht der Verheimlichung und Beiseiteschaffung von Vermögen gegen den Beschwerdeführer 1 auf die Erhebungsergebnisse des Landesgendarmeriekommandos Bregenz und insbesondere auf die "niederschriftlichen Aussagen" von H.X.________. Wie die Anklagekammer zutreffend erwägt, stellt dies ein Indiz dafür dar, dass - zumindest teilweise - Geschädigte in Österreich betroffen sind und insoweit der deliktische Erfolg dort eingetreten ist. Mit Blick darauf sind die österreichischen Behörden zur Verfolgung der in Frage stehenden Delikte nicht offensichtlich unzuständig. 
 
Die Ablehnung der Rechtshilfe kommt insoweit nicht in Betracht. 
3.2 
3.2.1 Die Beschwerdeführer machen Verjährung ihnen vorgeworfener Taten geltend. 
3.2.2 Der Einwand ist unbehelflich. Nach der Rechtsprechung ist im Rahmen des dem EUeR unterstellten Rechtshilfeverkehrs wie hier die Frage der Verjährungseintritts nicht zu prüfen (BGE 117 Ib 53). 
4. 
Die Beschwerde erweist sich danach als unbegründet, soweit darauf überhaupt eingetreten werden kann. 
 
Gemäss Art. 156 Abs. 1 OG werden die Gerichtskosten in der Regel der vor Bundesgericht unterliegenden Partei auferlegt. 
 
Das Bundegericht hat am 18. Oktober 2006 von den Beschwerdeführern einen Kostenvorschuss von Fr. 3'000.-- verlangt. Mit Schreiben vom 25. Oktober 2006 ersuchten diese darum, dem Beschwerdeführer 1 seinen Kostenanteil zu erlassen, da er auf dem reduzierten Existenzminimum lebe und nur eine Pension von Fr. 1'400.-- beziehe. Am 1. November 2006 teilte das Bundesgericht den Beschwerdeführern mit, der Kostenvorschuss werde auf Fr. 1'500.-- reduziert. Über die Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege werde später entschieden. 
 
Wollte man das Schreiben vom 25. Oktober 2006 als Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege gemäss Art. 152 OG für den Beschwerdeführer 1 auslegen, könnte ihm nicht stattgegeben werden, da die Beschwerde aussichtslos war. 
Über die vorliegende Beschwerde ist im vereinfachten Verfahren mit summarischer Begründung (Art. 36a Abs. 3 OG) entschieden worden. Mit Blick darauf rechtfertigt es sich, die Gerichtsgebühr auf lediglich je Fr. 750.--, insgesamt also Fr. 1'500.--, festzusetzen. 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht 
im Verfahren nach Art. 36a OG
1. 
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen, soweit darauf eingetreten werden kann. 
2. 
Die Gerichtsgebühr von je Fr. 750.--, insgesamt Fr. 1'500.--, wird den Beschwerdeführern unter solidarischer Haftbarkeit auferlegt. 
3. 
Dieses Urteil wird den Beschwerdeführern, der Staatsanwaltschaft, Untersuchungsamt St. Gallen, und der Anklagekammer des Kantons St. Gallen sowie dem Bundesamt für Justiz, Abteilung internationale Rechtshilfe, Sektion Rechtshilfe, schriftlich mitgeteilt. 
Lausanne, 9. Februar 2007 
Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber: