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[AZA 7] 
U 359/99 Gb 
 
 
 
IV. Kammer 
 
Bundesrichter Borella, Rüedi und Bundesrichterin Leuzinger; 
Gerichtsschreiber Scartazzini 
 
 
Urteil vom 9. April 2001 
 
in Sachen 
 
V.________, Beschwerdeführer, vertreten durch Advokat 
Dr. Claude Schnüriger, Aeschenvorstadt 77, Basel, 
 
gegen 
 
Versicherungsgericht des Kantons Basel-Stadt, Bäumleingasse 
1, Basel, Beschwerdegegner 
 
 
 
V.________ liess am 25. Mai 1999 gegen einen Einspracheentscheid 
der Schweizerischen Mobiliar Versicherungsgesellschaft 
beim Versicherungsgericht des Kantons Basel-Stadt 
Beschwerde erheben und gleichzeitig die unentgeltliche 
Rechtspflege mit Gewährung des vollständigen Kostenerlasses 
beantragen, was das Gericht mit Verfügung vom 
29. September 1999 infolge fehlender Belegung der Überweisung 
von Unterstützungszahlungen an seine in X.________ 
lebende Mutter nur mit einem Selbstbehalt von Fr. 3000.- 
bewilligte. Unberücksichtigt in der dazu erforderlichen 
Berechnung des monatlichen Existenzminimums musste sodann 
das Umweltschutzabonnement bleiben, da der Versicherte als 
IV-Rentner keine erwerbsabhängigen Transportkosten geltend 
machen konnte. 
Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde lässt V.________ die 
Aufhebung von Ziffer 3 des kantonalen Zwischenentscheides 
und die Gewährung des Kostenerlasses mit einem Selbstbehalt 
von maximal Fr. 1725.- bzw. maximal Fr. 1902.- beantragen. 
Eventuell sei der Instruktionsrichter anzuweisen, ihm den 
Kostenerlass mit dem genannten Selbstbehalt zu bewilligen. 
Für das letztinstanzliche Verfahren lässt er den vollständigen 
Kostenerlass beantragen. 
Das Versicherungsgericht des Kantons Basel-Stadt führt 
in der Vernehmlassung aus, der Versicherte sei aufgefordert 
worden, die von ihm behaupteten Zahlungen zu belegen; es 
schliesst auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde. 
Nach Abschluss des ordentlichen Schriftenwechsels legt 
V.________ eine Bankbestätigung ins Recht und rügt die Tatsachenwidrigkeit 
des in der Vernehmlassung dargelegten 
Sachverhalts. 
 
 
Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung: 
 
1.- a) Der kantonale Entscheid über die Verweigerung 
bzw. die beschränkte Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege 
gehört zu den Zwischenverfügungen, die einen nicht 
wieder gutzumachenden Nachteil bewirken können. Er ist 
daher selbstständig beim Eidgenössischen Versicherungsgericht 
anfechtbar (Art. 5 Abs. 2 in Verbindung mit Art. 45 
Abs. 1 und 2 lit. h VwVG sowie Art. 97 Abs. 1 und Art. 128 
OG; BGE 100 V 62 Erw. 1, 98 V 115; SVR 1998 UV Nr. 11 S. 31 
Erw. 4a, 1994 IV Nr. 29 S. 75). 
 
b) Bei der angefochtenen Verfügung handelt es sich 
nicht um die Bewilligung oder Verweigerung von Versicherungsleistungen, 
weshalb das Eidgenössische Versicherungsgericht 
nur zu prüfen hat, ob das vorinstanzliche Gericht 
Bundesrecht verletzt hat, einschliessend Überschreitung 
oder Missbrauch des Ermessens, oder ob der rechtserhebliche 
Sachverhalt offensichtlich unrichtig, unvollständig oder 
unter Verletzung wesentlicher Verfahrensbestimmungen festgestellt 
worden ist (Art. 132 in Verbindung mit Art. 104 
lit. a und b sowie Art. 105 Abs. 2 OG). 
 
2.- Laut Art. 108 Abs. 1 lit. f UVG ist das Recht, 
sich verbeiständen zu lassen, gewährleistet (Satz 1). Wo 
die Verhältnisse es rechtfertigen, wird dem Beschwerdeführer 
ein unentgeltlicher Rechtsbeistand bewilligt (Satz 2). 
Nach Gesetz und Rechtsprechung sind in der Regel die 
Voraussetzungen für die Bewilligung der unentgeltlichen 
Verbeiständung erfüllt, wenn der Prozess nicht offensichtlich 
aussichtslos, die Partei bedürftig und die Verbeiständung 
durch einen Anwalt notwendig oder doch geboten ist 
(BGE 103 V 47, 100 V 62 Erw. 3; RKUV 1994 Nr. U 184 S. 78 
Erw. 4a). 
Die Bedürftigkeit als eine der Voraussetzungen für die 
Gewährung der unentgeltlichen Verbeiständung, wie sie 
Art. 108 Abs. 1 lit. f UVG zu Grunde gelegt ist, muss 
gleich ausgelegt werden wie der Begriff der Bedürftigkeit 
im Sinne von Art. 152 Abs. 1 OG. Als bedürftig gilt danach 
eine Person, wenn sie ohne Beeinträchtigung des für sie und 
ihre Familie nötigen Lebensunterhaltes nicht in der Lage 
ist, die Prozesskosten zu bestreiten. Massgebend sind die 
wirtschaftlichen Verhältnisse im Zeitpunkt der Entscheidung 
über das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege (BGE 108 V 
269 Erw. 4; RKUV 1996 Nr. U 254 S. 209 Erw. 2). 
 
3.- Zu prüfen ist, ob bei der Ermittlung des Notbedarfs 
die geltend gemachte Überweisung von Unterstützungszahlungen 
an die Mutter des Beschwerdeführers zu Recht als 
nicht belegt erachtet wurde und ob das Umweltschutzabonnement 
zu berücksichtigen ist. 
 
a) Als Beilage zu einer im Zusammenhang mit der Beschwerde 
vom 25. Mai 1999 eingereichten Eingabe vom 23. Juli 
1999, welche die Gewährung der unentgeltlichen Verbeiständung 
zum Gegenstand hatte, wurde dem kantonalen Versicherungsgericht 
insbesondere die Veranlagung der Steuerverwaltung 
Basel-Stadt vom 2. Juni 1999 betreffend direkte 
Bundessteuer eingereicht. Daraus geht hervor, dass die 
Steuerverwaltung unter dem Titel "Unterstützung" für die 
Mutter des Beschwerdeführers in X.________ einen Betrag von 
Fr. 5600.- pro Jahr und von monatlich Fr. 466.65 zugelassen 
hatte. Das formelle Gesuch um Bewilligung der unentgeltlichen 
Prozessführung wurde am 7. September 1999 eingereicht. 
In einer weiteren Eingabe vom 8. September 1999 wies der 
Beschwerdeführer darauf hin, dass der in einer Verfügung 
vom 12. August 1999 in Aussicht gestellte Selbstbehalt von 
Fr. 3000.- nicht richtig sein konnte. In der angefochtenen 
Verfügung vom 29. September 1999 wurde sodann festgehalten, 
der Nachweis für die Bezahlung eines monatlichen Unterstützungsbetrags 
von Fr. 450.- sei nicht erbracht; diese Behauptung 
hätte z.B. mit Überweisungsaufträgen untermauert 
werden können. In ihrer Vernehmlassung zur Verwaltungsgerichtsbeschwerde 
vom 21. Oktober 1999 führte die Vorinstanz 
schliesslich aus, der Versicherte sei aufgefordert worden, 
die von ihm behaupteten Zahlungen zu belegen. Diese Aussage 
des Zivilgerichtspräsidenten wurde vom Beschwerdeführer in 
einer nach Abschluss des ordentlichen Schriftenwechsels 
eingereichten Eingabe vom 22. November 1999 jedoch als 
tatsachenwidrig bestritten. Er sei nie aufgefordert worden, 
Belege betreffend Unterstützungszahlungen an seine Mutter 
einzureichen. Zudem legte er eine Bestätigung der Bank 
Y.________ vom 22. September 1998 ins Recht, wonach im Jahr 
1997 monatliche Beträge von Fr. 470.- einbezahlt wurden. 
 
Aus dem Gesagten ergibt sich zunächst, dass die Vorinstanz 
die geltend gemachte Überweisung von Unterstützungszahlungen 
als nicht belegt behandelt hat, ohne diesbezüglich 
die notwendigen Abklärungen vorzunehmen, namentlich 
auch ohne den Beschwerdeführer vor Erlass der angefochtenen 
Verfügung zur näheren Substanziierung aufzufordern 
(Art. 108 Abs. 1 lit. c UVG). In der Tat ist entgegen den 
Ausführungen der Vorinstanz nirgends ersichtlich, dass der 
Beschwerdeführer aufgefordert worden wäre, die von ihm 
behaupteten Zahlungen zu belegen. Damit hat das Versicherungsgericht 
den rechtserheblichen Sachverhalt unvollständig 
festgestellt (Art. 105 Abs. 2 OG). Aufgrund der Steuerakten 
kann indessen - entgegen der Auffassung der Vorinstanz 
- als erstellt gelten, dass der Beschwerdeführer 
Unterstützungszahlungen an seine Mutter in dem von ihm geltend 
gemachten Umfang geleistet hat. Dabei kann offen bleiben, 
ob die vom Beschwerdeführer erstmals vor dem Eidgenössischen 
Versicherungsgericht aufgelegte Bestätigung der 
Bank Y.________ ein zulässiges Beweismittel darstellt 
(Art. 105 Abs. 2 OG). Diesbezüglich ist die Verwaltungsgerichtsbeschwerde 
somit begründet. 
 
b) Nicht als bundesrechtswidrig bezeichnet werden kann 
hingegen die Auffassung der Vorinstanz, soweit sie gestützt 
auf ihre ständige Praxis erwog, bei der Berechnung des für 
den Anspruch auf unentgeltliche Rechtspflege massgebenden 
Existenzminimums dürfe das Umweltschutzabonnement nicht 
(zusätzlich zum monatlichen Grundbetrag) berücksichtigt 
werden, weil der Beschwerdeführer als IV-Rentner nicht 
erwerbstätig sei und das Abonnement für den öffentlichen 
Verkehr folglich nicht Erwerbsauslagen bilde. In dieser 
Hinsicht ist die Beschwerde daher abzuweisen. 
 
4.- Gemäss Praxis (SVR 1994 IV Nr. 29 S. 76 Erw. 4) 
werden in Verfahren, welche die Frage der Gewährung der 
unentgeltlichen Rechtspflege für das kantonale Gerichtsverfahren 
zum Gegenstand haben, keine Gerichtskosten erhoben. 
 
 
Zufolge teilweise Obsiegens steht dem Beschwerdeführer 
eine reduzierte Parteientschädigung zu (Art. 159 Abs. 1 in 
Verbindung mit Art. 135 OG). Diese geht zu Lasten des Kantons 
Basel-Stadt, da der Gegenpartei im Verfahren um die 
Bewilligung der unentgeltlichen Rechtspflege keine Parteistellung 
zukommt (RKUV 1994 Nr. U 184 S. 78 Erw. 5). 
Soweit der Beschwerdeführer unterliegt, sind die 
Voraussetzungen für die Gewährung der unentgeltlichen Verbeiständung 
erfüllt (Art. 152 in Verbindung mit Art. 135 
OG), da die Bedürftigkeit aktenkundig ist, die Beschwerde 
nicht als zum Vornherein aussichtslos zu bezeichnen und die 
Verbeiständung geboten war (BGE 124 V 309 Erw. 6; ARV 1998 
Nr. 32 S. 178 Erw. 5a mit Hinweisen). Dem Gesuch um Gewährung 
der unentgeltlichen Verbeiständung ist bezüglich der 
nicht durch die reduzierte Parteientschädigung gedeckten 
Anwaltskosten zu entsprechen. Es wird indessen ausdrücklich 
darauf aufmerksam gemacht, dass die begünstigte Partei der 
Gerichtskasse Ersatz zu leisten haben wird, wenn sie später 
dazu im Stande ist. 
 
Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht: 
 
I. Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird in dem Sinne 
teilweise gutgeheissen, dass Dispositiv-Ziffer 3 der 
angefochtenen Verfügung vom 29. September 1999 aufgehoben 
und die Sache an das Versicherungsgericht des 
Kantons Basel-Stadt zurückgewiesen wird, damit dieses 
über den Anspruch auf unentgeltliche Rechtspflege im 
Sinne der Erwägungen neu befinde. 
 
II. Es werden keine Gerichtskosten erhoben. 
 
III. Der Kanton Basel-Stadt hat dem Beschwerdeführer für 
das Verfahren vor dem Eidgenössischen Versicherungsgericht 
eine Parteientschädigung von Fr. 1500.- zu 
bezahlen. 
 
IV. Zufolge Gewährung der unentgeltlichen Verbeiständung 
wird Rechtsanwalt Dr. Claude Schnüriger für das Verfahren 
vor dem Eidgenössischen Versicherungsgericht 
aus der Gerichtskasse eine Entschädigung von 
Fr. 1000.- (einschliesslich Mehrwertsteuer) ausgerichtet. 
 
 
V. Dieses Urteil wird den Parteien, der Schweizerischen 
Mobiliar Versicherungsgesellschaft, Bern, dem Bundesamt 
für Sozialversicherung und dem Kanton Basel-Stadt 
zugestellt. 
 
Luzern, 9. April 2001 
 
Im Namen des 
Eidgenössischen Versicherungsgerichts 
Der Präsident der IV. Kammer: 
 
 
 
 
 
Der Gerichtsschreiber: