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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
{T 0/2} 
6B_538/2010 
 
Urteil vom 9. Juli 2010 
Strafrechtliche Abteilung 
 
Besetzung 
Bundesrichter Favre, Präsident, 
Bundesrichter Wiprächtiger, Mathys, 
Gerichtsschreiber Monn. 
 
Verfahrensbeteiligte 
X.________, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Pirmin Bischof, 
Beschwerdeführerin, 
 
gegen 
 
1. Staatsanwaltschaft des Kantons Thurgau, Staubeggstrasse 8, 8510 Frauenfeld, 
2. A.________, 
3. B.________, 
4. C.________, 
alle drei vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Peter B. Lindt, 
Beschwerdegegner. 
 
Gegenstand 
Einstellungsverfügung (Betrug etc.), 
 
Beschwerde gegen den Entscheid der Anklagekammer des Kantons Thurgau vom 20. April 2010. 
 
Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 
 
1. 
Am 1. Juni 2006 erstatteten die Beschwerdegegner als Nachkommen einer verstorbenen Person beim Bezirksamt Kreuzlingen gegen die Beschwerdeführerin als Witwe des Verstorbenen Strafanzeige wegen Betrugs, Urkundenfälschung und eventuell weiterer Straftatbestände. Nach umfangreichen Untersuchungshandlungen stellte das Kantonale Untersuchungsrichteramt die Strafuntersuchung mit Verfügung vom 20. Juli 2009 ein. In Gutheissung einer Beschwerde der Beschwerdegegner wies die Vorinstanz die Untersuchungsakten mit Entscheid vom 20. April 2010 zur Weiterführung des Verfahrens und zur Anklageerhebung an die Staatsanwaltschaft des Kantons Thurgau zurück. Dagegen wendet sich die Beschwerdeführerin mit Beschwerde in Strafsachen ans Bundesgericht. 
 
Beim angefochtenen Entscheid handelt es sich um einen Zwischenentscheid im Sinne von Art. 93 BGG. Gemäss Abs. 1 dieser Bestimmung ist gegen einen solchen Zwischenentscheid die Beschwerde ans Bundesgericht zulässig, a) wenn er einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil bewirken kann, oder b) wenn die Gutheissung der Beschwerde sofort einen Endentscheid herbeiführen und damit einen bedeutenden Aufwand an Zeit oder Kosten für ein weitläufiges Beweisverfahren ersparen würde. 
 
Die Beschwerdeführerin beruft sich nicht auf Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG. Sie macht geltend, es liege ein nach Art. 93 Abs. 1 lit. b BGG anfechtbarer Zwischenentscheid vor (vgl. Beschwerde S. 3/4). 
 
Art. 93 Abs. 1 lit. b BGG übernimmt die Regel von Art. 50 Abs. 1 des früheren Bundesrechtspflegegesetzes, der die zivilrechtliche Berufung betraf. Die Bestimmung ist somit vor allem in jenen Zivilsachen anwendbar, in denen die Parteien über den Verfahrensgegenstand frei verfügen und vom Prozess nach dem Zwischenentscheid Abstand nehmen können. Im Strafrecht, welches dem Legalitätsprinzip unterworfen ist, muss die Bestimmung demgegenüber sehr restriktiv gehandhabt werden. Besteht ein hinreichender Tatverdacht und sind die Prozessvoraussetzungen gegeben, muss das Strafverfahren ungeachtet zu erwartender hoher Kosten durchgeführt werden. Die Bestimmung stellt im Strafrecht einen Fremdkörper dar und kommt kaum je zur Anwendung (BGE 133 IV 288 E. 3.2; Urteil 1B_84/2009 vom 22. März 2010; Urteil 6B_782/2008 vom 12. Mai 2009 E. 1.4, in: Pra 2009 Nr. 115 S. 787). 
 
Nach der Darstellung der Beschwerdeführerin würde sich der bereits bestehende Aktenberg bei einer Weiterführung des Verfahrens durch die Staatsanwaltschaft "zu einem ganzen Aktengebirge auftürmen", zumal die zahlreichen Rechtsschriften und Beweisanträge der Beschwerdegegner immer äusserst umfangreich seien. Die Weiterführung des Verfahrens werde dazu führen, dass die Beschwerdeführerin immer wieder von Spanien in die Schweiz reisen müsse (Beschwerde S. 4). 
 
Die Vorinstanz, auf deren Ausführungen verwiesen werden kann (vgl. angefochtenen Entscheid S. 9 - 11), bemängelt unter Hinweis auf die Literatur und die Rechtsprechung die Auffassung des Untersuchungsrichteramtes, wonach das Verhalten der Beschwerdeführerin das Tatbestandsmerkmal der arglistigen Täuschung nicht erfüllen könne. Inwieweit die Prüfung dieses Punktes durch die Staatsanwaltschaft und die Gerichte zu einer unzumutbaren Aufblähung des Verfahrens führen müsste, ist den Erwägungen der Vorinstanz und der Darstellung in der Beschwerde nicht zu entnehmen. Nach den Feststellungen der Vorinstanz wurden ja bereits umfangreiche Untersuchungshandlungen vorgenommen (angefochtener Entscheid S. 3), die durch die Beschwerdeführerin selber als "äusserst gewissenhaft" qualifiziert werden (Beschwerde S. 3). Der Umstand, dass die Beschwerdeführerin insbesondere zur Wahrung von Gerichtsterminen allenfalls wird in die Schweiz reisen müssen, vermag nichts daran zu ändern, dass der angefochtene Entscheid im Lichte der sehr restriktiven Rechtsprechung mit Beschwerde beim Bundesgericht nicht anfechtbar ist. 
 
Auf die Beschwerde ist nicht einzutreten. 
 
2. 
Die Gerichtskosten sind der Beschwerdeführerin aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Den Beschwerdegegnern ist keine Entschädigung auszurichten, weil sie vor Bundesgericht keine Umtriebe hatten. 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht: 
 
1. 
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten. 
 
2. 
Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt. 
 
3. 
Dieses Urteil wird den Parteien und der Anklagekammer des Kantons Thurgau schriftlich mitgeteilt. 
 
Lausanne, 9. Juli 2010 
 
Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber: 
 
Favre Monn