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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
{T 0/2} 
 
2C_78/2015, 2C_79/2015  
   
   
 
 
 
Urteil vom 10. September 2015  
 
II. öffentlich-rechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Zünd, Präsident, 
Bundesrichter Haag, 
nebenamtlicher Bundesrichter Benz, 
Gerichtsschreiber Errass. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A. und B.C.________, 
Beschwerdeführer, 
vertreten durch Rechtsanwalt Gregor Marcolli, 
 
gegen  
 
Steueramt des Kantons Solothurn. 
 
Gegenstand 
2C_78/2015 
Staatssteuer 2006, 
 
2C_79/2015 
Direkte Bundessteuer 2006, 
 
Beschwerden gegen das Urteil des 
Kantonalen Steuergerichts Solothurn 
vom 24. November 2014. 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
 
 A.C.________ ist Aktionär der X.________ AG, die im Geschäftsjahr 2006 eine Rechnung vom 31. Dezember 2006 über Fr. 553'759.-- zulasten der Erfolgsrechnung als Kreditor verbuchte. Das Steueramt des Kantons Solothurn rechnete in der Steuerperiode 2006 den Betrag bei der X.________ AG im Gewinn sowie bei A. und B.C.________ im Einkommen als verdeckte Gewinnausschüttung auf. 
 
B.  
 
 Mit Urteil vom 28. Januar 2013 wies das Steuergericht des Kantons Solothurn eine Beschwerde bzw. einen Rekurs der X.________ AG gegen die Aufrechnung ab. Der Entscheid erwuchs in Rechtskraft. 
Mit Einspracheentscheid vom 17. September 2013 hielt das Steueramt des Kantons Solothurn auch hinsichtlich A. und B.C.________ an der Aufrechnung fest. Mit Urteil vom 24. November 2014 wies das Steuergericht des Kantons Solothurn eine Beschwerde bzw. einen Rekurs der Eheleute ab. 
 
C.  
 
 A. und B.C.________ erhoben am 26. Januar 2015 beim Bundesgericht Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten mit dem Antrag, das Urteil des Steuergerichts sei aufzuheben und auf die Aufrechnung der verdeckten Gewinnausschüttung in der Höhe von Fr. 553'759.-- sei zu verzichten. Zur Begründung führen sie an, dass der Geldfluss erst im Jahr 2008 erfolgt sei, weshalb im Jahr 2006 kein geldwerter Vorteil vorliege. 
Das Kantonale Steueramt Solothurn und das Steuergericht beantragen, die Beschwerde abzuweisen, soweit darauf einzutreten sei. Die Eidgenössische Steuerverwaltung beantragt die Abweisung der Beschwerde. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
 
1.1. Die Vorinstanz hat ein einziges Urteil für die Staatssteuern sowie für die direkte Bundessteuer erlassen, was zulässig ist, soweit die zu entscheidende Rechtsfrage im Bundesrecht und im harmonisierten kantonalen Recht gleich geregelt ist (BGE 135 II 260 E. 1.3.1 S. 262 f.). Das Bundesgericht hat usanzgemäss für die Staatssteuern und die direkte Bundessteuer getrennte Dossiers angelegt. Da beide Verfahren auf demselben Sachverhalt beruhen und sich dieselben Rechtsfragen stellen, sind die Verfahren zu vereinigen und die Beschwerde ist in einem einzigen Urteil zu erledigen (vgl. Art. 71 BGG in Verbindung mit Art. 24 BZP [SR 273]).  
 
1.2. Die Beschwerden sind zulässig (vgl. Art. 82 ff. BGG in Verbindung mit Art. 146 DBG [SR 642.11] sowie Art. 73 StHG [SR 642.14]).  
 
2.  
 
 Die Beschwerdeführer rügen eine Verletzung des rechtlichen Gehörs, weil sich die Vorinstanz nicht mit dem Argument auseinander gesetzt habe, dass die umstrittene Zahlung über Fr. 553'759.-- erst im Jahr 2008 erfolgte. 
Die Begründung eines Entscheids muss so abgefasst sein, dass sich der Betroffene über die Tragweite des Entscheids Rechenschaft geben und ihn in voller Kenntnis der Sache an die höhere Instanz weiterziehen kann (BGE 136 I 229 E. 5.2 S. 236; 123 I 31 E. 2c S. 34). Im angefochtenen Urteil wird einlässlich erörtert, warum der geldwerte Vorteil dem Beschwerdeführer nach Auffassung der Vorinstanz unter steuerrechtlichen Gesichtspunkten bereits im Jahre 2006 zufloss. Die Beschwerdeführer haben somit ohne weiteres erfassen können, welche Überlegungen die Vorinstanz geleitet haben. Eine Verletzung der Begründungspflicht oder des rechtlichen Gehörs liegt nicht vor. 
 
3.  
 
 Nicht strittig sind vorliegend die tatsächlichen Umstände, namentlich die Feststellungen der Vorinstanz über die von der X.________ AG im   Geschäftsjahr 2006 verbuchte Rechnung in der Höhe von Fr. 553'759.-- und den dadurch später ausgelösten Mittelabfluss. Die gestützt daraus zu ziehenden steuerrechtlichen Schlussfolgerungen betreffen die rechtliche Würdigung des Sachverhalts. Rechtsfrage ist namentlich, ob der geldwerte Vorteil einkommenssteuerlich im Jahre 2006 oder im Jahre 2008 zugeflossen ist. Die Rüge der Beschwerdeführer, der Sachverhalt sei diesbezüglich offensichtlich unrichtig festgestellt worden (Art. 97 Abs. 1 BGG), geht ins Leere. 
Direkte Bundessteuer 
 
4.  
 
4.1. Nach Art. 20 Abs. 1 lit. c DBG sind als Ertrag aus beweglichem Vermögen steuerbar insbesondere Dividenden, Gewinnanteile, Liquidationsüberschüsse und geldwerte Vorteile aus Beteiligungen aller Art. Zu den geldwerten Vorteilen zählen unter anderem auch die so genannten "verdeckten Gewinnausschüttungen". Es handelt sich dabei um Leistungen der Gesellschaft an den Inhaber von Beteiligungsrechten (oder diesen Nahestehende), denen keine oder keine genügenden Gegenleistungen gegenüberstehen und die einem an der Gesellschaft nicht beteiligten Dritten nicht oder in wesentlich geringerem Umfang erbracht worden wären.  
 
4.2. Steuerrechtlich gilt Einkommen oder Ertrag als realisiert, sobald die steuerpflichtige Person Leistungen vereinnahmt oder zumindest einen festen Rechtsanspruch darauf erwirbt, über den sie tatsächlich verfügen kann ("Soll-Methode"; Urteil 2C_941/2012 vom 9. November 2013 E. 2.5, in: ASA 82 S. 375, StR 69/2014 S. 207; Xavier Oberson, Droit fiscal suisse, 4. Aufl. 2012, § 7 N. 12; Markus Reich, Steuerrecht, 2. Aufl. 2012, § 10 N. 51; Peter Locher, Kommentar zum DBG, I. Teil, 2001, Art. 16 DBG N. 18). Dies gilt namentlich auch im Bereich geldwerter Leistungen (BGE 113 Ib 23 E. 2e S. 26; Urteil 2A.257/1991 vom 19. Juli 1993 E. 2). Der geldwerte Vorteil ist bereits mit dem Erwerb des Rechtsanspruches auf das Entgelt zugeflossen (Urteil 2C_214/2014 vom 7. August 2014 E. 3.3.1; BGE 113 Ib 23 E. 4b S. 28). Dividenden ihrerseits sind im Zeitpunkt des Generalversammlungsbeschlusses realisiert (Urteil 2P.323/2003 vom 7. Mai 2004 E. 4.1 mit Hinweisen, in: StE 2005 A 24.21 Nr. 16); es muss für die Besteuerung nicht bis zu einem späteren Auszahlungszeitpunkt gewartet werden.  
Erforderlich ist ein abgeschlossener Erwerbsvorgang. Auf den Zeitpunkt der tatsächlichen Erfüllung des Anspruchs kommt es grundsätzlich nicht an (Urteil 2A.44/2003 vom 15. Oktober 2004 E. 4.2.5). Der Rechtserwerb kann sich als Forderungs- (obligatorisches Recht) oder Eigentumserwerb (dingliches Recht) darstellen (Urteil 2C_776/2012 vom 19. Februar 2013 E. 3.1, in: StE 2013 B 21.1 Nr. 22). Von der "Soll-Methode" wird in der Steuerpraxis nur abgewichen, soweit die Erfüllung der Forderung - die eigentliche Gegenleistung - als besonders unsicher erscheint. Diesfalls wird mit der Besteuerung bis zur   Erfüllung zugewartet ("Ist-Methode"; Urteil 2C_835/2013 vom 16. Dezember 2014 E. 2.1; vgl. zum Ganzen das Urteil 2C_941/2012 vom 9. November 2013 E. 2.5 mit zahlreichen weiteren Hinweisen, in: ASA 82 S. 375, StR 69/2014 S. 207; grundlegend BGE 105 Ib 238 E. 4b S. 242 f.; 113 Ib 23 E. 2e S. 26). 
 
5.  
 
5.1. Die Beschwerdegegnerin hat den von der X.________ AG per 31. Dezember 2006 verbuchten Kreditor in der Höhe von Fr. 553'579.-- in der Steuerperiode 2006 bei dieser als geldwerte Leistung aufgerechnet und in der gleichen Steuerperiode als geldwerten Vorteil bei den Beschwerdeführern besteuert.  
 
5.2. Die Beschwerdeführer machen hingegen geltend, im Jahre 2006 sei ihnen noch gar kein geldwerter Vorteil angefallen, weil die Zahlung durch die Gesellschaft erst am 11. August 2008 erfolgt sei. Damit sei eine Aufrechnung im Jahr 2006 schon aus zeitlichen Gründen ausgeschlossen. Dieser Auffassung kann nicht gefolgt werden:  
 
5.2.1. Mit der erfolgsmindernden Verbuchung der geschäftsmässig nicht begründeten Rechnung über Fr. 553'579.-- und der damit verbundenen Entreicherung der Gesellschaft gilt der geldwerte Vorteil dem Empfänger grundsätzlich einkommenssteuerrechtlich als zugeflossen. Die Gesellschaft tut mit der Gutschrift in Form eines Kreditors kund, den Betrag in der verbuchten Höhe auch leisten zu wollen. Damit hat der Beschwerdeführer einen festen Rechtsanspruch erworben.  
Würde stattdessen - wie es den Beschwerdeführern vorschwebt - bei verdeckten Gewinnausschüttungen generell auf das Valutadatum der Zahlung durch die Gesellschaft abgestellt, so könnte der Besteuerungszeitpunkt von den Beteiligten willkürlich beeinflusst oder die Besteuerung ganz vermieden werden, indem die Auszahlung aufgeschoben bzw. vom Empfänger bis auf weiteres kreditiert wird. Damit würden Empfänger von verdeckten Gewinnausschüttungen im Verhältnis zu Aktionären mit (im Zeitpunkt des Generalversammlungs-Beschlusses sofort steuerbaren) Dividendenansprüchen in unsachgemässer Weise privilegiert. 
 
5.2.2. Die Beschwerdeführer behaupten nicht, dass die Verbuchung irrtümlich erfolgt oder die Gutschrift sonstwie mangelhaft sei. Ebenso wenig machen die Beschwerdeführer geltend, dass die spätere Auszahlung des Rechnungsbetrages gefährdet war. Ob der geldwerte Vorteil als besonders unsicher erschien, was gegen einen Zufluss im Zeitpunkt der Gutschrift sprechen würde, ist somit vom Bundesgericht nicht zu prüfen. Nach Darstellung der Beschwerdeführer wurde denn auch am 11. August 2008 prompt der gesamte Betrag in der Höhe von Fr. 553'579.-- durch die X.________ AG ausbezahlt.  
 
5.3. Die Beschwerdeführer rügen weiter eine Verletzung von Art. 41 Abs. 1 DBG (in der Fassung gültig seit 1.1.2014), wonach sich das steuerbare Einkommen nach den Einkünften in der Steuerperiode bemesse. Hinsichtlich der Steuerperiode 2006 einschlägig ist allerdings der gleich lautende Art. 210 Abs. 1 DBG (in der Fassung gültig bis 31.12.2013). Diese Bemessungsregel ist nicht verletzt, denn sie verlangt ja gerade, dass geldwerte Vorteile, die einem Steuerpflichtigen im Kalenderjahr 2006 einkommenssteuerrechtlich zugeflossen sind, in der Steuerperiode 2006 zum Einkommen hinzugerechnet werden.  
 
5.4. Gegen die Qualifikation des Betrages von Fr. 553'759.-- als geldwerter Vorteil oder gegen deren Höhe wehren sich die Beschwerdeführer im bundesgerichtlichen Verfahren nicht. Sie machen in dieser Hinsicht lediglich allgemeine rechtliche Ausführungen zur Besteuerung geldwerter Leistungen, ohne der Vorinstanz vorzuwerfen, diese Grundsätze missachtet zu haben. Das Bundesgericht hat daher darauf nicht einzugehen. Unzutreffend ist die Auffassung der Beschwerdeführer, die Höhe des geldwerten Vorteils sei erst anlässlich der Steuerveranlagung 2008 zu beantworten, wofür sie die Folgen selbst zu tragen haben.  
 
5.5. Die Besteuerung der geldwerten Leistung im Jahre 2006 und damit das vorinstanzliche Urteil sind zu bestätigen. Dies führt zur Abweisung der Beschwerde hinsichtlich der direkten Bundessteuer.  
Staatssteuer 
 
6.  
 
6.1. Die Beschwerdeführer rügen die Anwendung des kantonalen Rechts (namentlich die Anwendung von § 26 Abs. 1 lit. b StG/SO [SR SO 614.11] betreffend geldwerte Vorteile aus Beteiligungen aller Art) ausdrücklich nur unter dem Gesichtspunkt der Willkür (Art. 9 BV). Eine Verletzung harmonisierungsrechtlicher Bestimmungen (namentlich von Art. 7 Abs. 1 Satz 1 StHG, wonach geldwerte Vorteile aus Beteiligungen aller Art steuerbar sind) rügen die Beschwerdeführer nicht, weshalb darauf nicht einzugehen ist.  
 
6.2. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichts liegt Willkür in der Rechtsanwendung vor, wenn der angefochtene Entscheid offensichtlich unhaltbar ist, mit der tatsächlichen Situation in klarem Widerspruch steht, eine Norm oder einen unumstrittenen Rechtsgrundsatz krass verletzt oder in stossender Weise dem Gerechtigkeitsgedanken zuwiderläuft. Das Bundesgericht hebt einen Entscheid jedoch nur auf, wenn nicht bloss die Begründung, sondern auch das Ergebnis unhaltbar ist. Dass eine andere Lösung ebenfalls als vertretbar oder gar zutreffender erscheint, genügt nicht (BGE 140 III 167 E. 2.1 S. 168; 138 I 305 E. 4.3 S. 319).  
Nachdem die Vorinstanz zu Recht erkannt hat, dass der Betrag von Fr. 553'759.-- gemäss Art. 20 Abs. 1 lit. c DBG von den Beschwerdeführern in der Steuerperiode 2006 als geldwerter Vorteil zu versteuern ist, kann es nicht willkürlich sein, wenn die Vorinstanz hinsichtlich dem sinngemässen § 26 Abs. 1 lit. b StG/SO zum gleichen Schluss gelangte. 
 
6.3. Die Beschwerde ist daher auch hinsichtlich der Staatssteuer abzuweisen.  
Kosten  
 
7.  
 
 Bei diesem Ausgang des bundesgerichtlichen Verfahrens werden die Beschwerdeführer kostenpflichtig (vgl. Art. 65 f. BGG). Eine Parteientschädigung ist nicht zuzusprechen (Art. 68 BGG). 
 
 
 Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.   
Die Verfahren 2C_78/2015 und 2C_79/2015 werden vereinigt. 
 
2.   
Die Beschwerde betreffend die direkte Bundessteuer (2C_79/2015) wird abgewiesen. 
 
3.   
Die Beschwerde betreffend die Staatssteuer (2C_78/2015) wird abgewiesen. 
 
4.   
Die Gerichtskosten von Fr. 4'000.-- werden den Beschwerdeführern unter solidarischer Haftbarkeit auferlegt. 
 
5.   
Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten, dem Kantonalen Steuergericht Solothurn und der Eidgenössischen Steuerverwaltung schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 10. September 2015 
 
Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Zünd 
 
Der Gerichtsschreiber: Errass