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[AZA 7] 
B 72/99 Vr 
 
III. Kammer 
 
Präsident Schön, Bundesrichter Spira und Bundesrichterin Widmer; Gerichtsschreiberin Helfenstein Franke 
 
Urteil vom 10. Oktober 2001 
 
in Sachen 
 
C.________, 1941, Beschwerdeführerin, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Dieter Kehl, Poststrasse 22, 9410 Heiden, 
 
gegen 
 
Winterthur-Columna, Stiftung für berufliche Vorsorge, Paulstrasse 9, 8400 Winterthur, Beschwerdegegnerin, 
 
und 
 
Verwaltungsgericht von Appenzell A.Rh., Trogen 
 
A.- Die 1941 geborene C.________ war bis 31. Juli 1992 bei der M.________ AG tätig und dabei bei der Winterthur-Columna, Stiftung für die berufliche Vorsorge (nachfolgend: Stiftung), versichert. Von August 1992 bis September 1993 bezog sie Leistungen der Arbeitslosenversicherung. Am 24. Oktober 1994 meldete sie sich zum Bezug von Leistungen der Invalidenversicherung an. Mit Verfügung vom 10. Mai 1996 sprach ihr die IV-Stelle des Kantons Appenzell A.Rh. eine ganze Rente der Invalidenversicherung ab 1. September 1994 zu. Das Eidgenössische Versicherungsgericht bestätigte mit Urteil vom 29. September 1997 den Beginn des Rentenanspruches am 1. September 1994. 
 
B.- Nachdem die Stiftung die Ausrichtung einer Invalidenrente mit der Begründung abgelehnt hatte, die Arbeitsfähigkeit sei nicht während der Dauer des Versicherungsverhältnisses eingetreten, liess C.________ am 16. Dezember 1998 Klage beim Versicherungsgericht des Kantons Appenzell A.Rh. einreichen mit dem Rechtsbegehren, die Stiftung sei zu verpflichten, ihr die reglementarischen Leistungen (jährliche Invalidenrente von mindestens Fr. 6560. - und jährliche Invaliden-Kinderrente von mindestens Fr. 1312. - ab 1. August 1994 sowie Beitragsbefreiung ab 1. November 1992) zuzusprechen. Mit Entscheid vom 22. September 1999 wies das kantonale Gericht die Klage ab. 
 
C.- Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde lässt C.________ die im vorinstanzlichen Verfahren gestellten Anträge erneuern, unter Kosten- und Entschädigungsfolge zu Lasten der Stiftung. Gleichzeitig legt sie diverse Arztzeugnisse ins Recht. 
Die Stiftung beantragt in Anerkennung ihrer grundsätzlichen Leistungspflicht, es sei der Beschwerdeführerin ab 1. September 1994 eine jährliche Invalidenrente von Fr. 2624. - und eine jährliche Invaliden-Kinderrente von Fr. 524. 80 zuzusprechen und es sei die Beschwerdeführerin ab 7. Dezember 1993 von der Beitragspflicht zu befreien. Zudem sei der Beschwerdeführerin keine Entschädigung zuzusprechen. Das Bundesamt für Sozialversicherung schliesst auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde. 
 
Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung: 
 
1.- a) Im Beschwerdeverfahren um die Bewilligung oder Verweigerung von Versicherungsleistungen ist die Überprüfungsbefugnis des Eidgenössischen Versicherungsgerichts nicht auf die Verletzung von Bundesrecht einschliesslich Überschreitung oder Missbrauch des Ermessens beschränkt, sondern sie erstreckt sich auch auf die Angemessenheit der angefochtenen Verfügung; das Gericht ist dabei nicht an die vorinstanzliche Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts gebunden und kann über die Begehren der Parteien zu deren Gunsten oder Ungunsten hinausgehen (Art. 132 OG). 
 
b) Die Vorinstanz hat die massgebenden gesetzlichen Bestimmungen über die Nachdeckungsfrist für die Risiken Tod und Invalidität (Art. 10 Abs. 3 BVG), den Anspruch auf Invalidenleistungen im Rahmen der obligatorischen beruflichen Vorsorge (Art. 23 BVG), die Höhe der Invalidenrente (Art. 24 BVG) und den Beginn des Anspruchs auf Invalidenleistungen (Art. 26 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 29 IVG, BGE 118 V 40) zutreffend wiedergegeben. Darauf wird verwiesen. 
 
Zu ergänzen ist, dass nach Ziff. 3.5.9 des Reglements der Vorsorgeeinrichtung bereits ab einem Erwerbsunfähigkeitsgrad von 25 % Anspruch auf Invalidenleistungen besteht. Ferner ergibt sich aus der engen Verbindung zwischen dem Recht auf eine Rente der Invalidenversicherung und demjenigen auf eine Invalidenleistung nach BVG, dass der Invaliditätsbegriff im obligatorischen Bereich der beruflichen Vorsorge und in der Invalidenversicherung grundsätzlich der gleiche ist. Es steht den Vorsorgeeinrichtungen jedoch frei, in ihren Urkunden, Statuten oder Reglementen zu Gunsten der Versicherten von einem erweiterten Invaliditätsbegriff auszugehen oder Invalidenrenten schon bei einem Invaliditätsgrad von weniger als 50 % auszurichten. Gehen die Vorsorgeeinrichtungen, wie dies auch bei der Beschwerdegegnerin der Fall ist (vgl. Ziff. 3.5.7 des Reglements), ausdrücklich oder unter Hinweis auf das Gesetz vom gleichen Invaliditätsbegriff aus wie die Invalidenversicherung, sind sie in Bezug auf die Höhe des Invaliditätsgrades sowie die Entstehung des Rentenanspruchs (vgl. Art. 26 Abs. 1 BVG) an die Invaliditätsbemessung der Organe der Invalidenversicherung gebunden, es sei denn, diese seien offensichtlich unhaltbar (BGE 120 V 109 Erw. 3c mit Hinweisen; SZS 1997 S. 68 Erw. 2b). 
 
2.- Streitig ist, ob und gegebenenfalls ab wann die Beschwerdeführerin Anspruch auf eine Invalidenrente der Stiftung hat. 
Während die Vorinstanz einen Anspruch noch gestützt auf eine erst am 7. September 1993 und damit nach Ablauf des Versicherungsverhältnisses am 31. August 1992 eingetretene Arbeitsunfähigkeit abgelehnt hatte, lässt die Beschwerdeführerin mit Verweis auf die neu ins Recht gelegten Arztzeugnisse geltend machen, sie sei bereits vor dem 31. August 1992 arbeitsunfähig geworden, und beantragt deshalb eine Invalidenrente ab 1. August 1994. Gestützt auf diese Arztzeugnisse anerkennt die Beschwerdegegnerin vernehmlassungsweise ihre grundsätzliche Leistungspflicht, geht aber von einem Rentenbeginn per 1. September 1994 aus. 
 
3.- Nach Art. 23 BVG haben Anspruch auf Invalidenleistungen Personen, die im Sinne der Invalidenversicherung zu mindestens 50 Prozent invalid sind und bei Eintritt der Arbeitsunfähigkeit, deren Ursache zur Invalidität geführt hat, versichert waren. Im Zusammenhang mit der Abgrenzung der Haftung mehrerer Vorsorgeeinrichtungen für Invaliditätsleistungen beim Stellenwechsel eines gesundheitlich beeinträchtigten und von der Invalidenversicherung berenteten Arbeitnehmers hat nach der Rechtsprechung des Eidgenössischen Versicherungsgerichts Folgendes zu gelten: 
 
a) Nach Art. 23 BVG versichertes Ereignis ist einzig der Eintritt der relevanten Arbeitsunfähigkeit, unabhängig davon, in welchem Zeitpunkt und in welchem Masse daraus ein Anspruch auf Invalidenleistungen entsteht. Die Versicherteneigenschaft muss nur bei Eintritt der Arbeitsunfähigkeit gegeben sein, dagegen nicht notwendigerweise auch im Zeitpunkt des Eintritts oder der Verschlimmerung der Invalidität. Diese wörtliche Auslegung steht in Einklang mit Sinn und Zweck der Bestimmung, nämlich denjenigen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern Versicherungsschutz angedeihen zu lassen, welche nach einer längeren Krankheit aus dem Arbeitsverhältnis ausscheiden und erst später invalid werden. Für eine einmal aus - während der Versicherungsdauer aufgetretene - Arbeitsunfähigkeit geschuldete Invalidenleistung bleibt die Vorsorgeeinrichtung somit leistungspflichtig, selbst wenn sich nach Beendigung des Vorsorgeverhältnisses der Invaliditätsgrad ändert. Entsprechend bildet denn auch der Wegfall der Versicherteneigenschaft kein Erlöschungsgrund (Art. 26 Abs. 3 BVG e contrario; BGE 123 V 263 Erw. 1a, 118 V 45 Erw. 5). 
 
b) Entsprechend ihrem Zweck kommt der Bestimmung von Art. 23 BVG auch die Funktion zu, die Haftung mehrerer Vorsorgeeinrichtungen gegeneinander abzugrenzen, wenn eine in ihrer Arbeitsfähigkeit bereits beeinträchtigte versicherte Person ihre Arbeitsstelle (und damit auch die Vorsorgeeinrichtung) wechselt und ihr später eine Rente der Invalidenversicherung zugesprochen wird. Der Anspruch auf Invalidenleistungen nach Art. 23 BVG entsteht in diesem Fall nicht gegenüber der neuen Vorsorgeeinrichtung, sondern gegenüber derjenigen, welcher die Person im Zeitpunkt des Eintritts der invalidisierenden Arbeitsunfähigkeit angehörte. 
Damit eine Vorsorgeeinrichtung, der eine Arbeitnehmerin oder ein Arbeitnehmer beim Eintritt der Arbeitsunfähigkeit angeschlossen war, für das erst nach Beendigung des Vorsorgeverhältnisses eingetretene Invaliditätsrisiko aufzukommen hat, ist indes erforderlich, dass zwischen Arbeitsunfähigkeit und Invalidität ein enger sachlicher und zeitlicher Zusammenhang besteht. In sachlicher Hinsicht liegt ein solcher Zusammenhang vor, wenn der der Invalidität zu Grunde liegende Gesundheitsschaden im Wesentlichen derselbe ist, der zur Arbeitsunfähigkeit geführt hat. Sodann setzt die Annahme eines engen zeitlichen Zusammenhangs voraus, dass die versicherte Person nach Eintritt der Arbeitsunfähigkeit nicht während längerer Zeit wieder arbeitsfähig wurde. Die frühere Vorsorgeeinrichtung hat nicht für Rückfälle oder Spätfolgen einer Krankheit einzustehen, die erst Jahre nach Wiedererlangung der vollen Arbeitsfähigkeit eintreten. Anderseits darf nicht bereits eine Unterbrechung des zeitlichen Zusammenhangs angenommen werden, wenn die Person bloss für kurze Zeit wieder an die Arbeit zurückgekehrt ist. Ebenso wenig darf die Frage des zeitlichen Zusammenhangs zwischen Arbeitsunfähigkeit und Invalidität in schematischer (analoger) Anwendung der Regeln von Art. 88a Abs. 1 IVV beurteilt werden, wonach eine anspruchsbeeinflussende Verbesserung der Erwerbsfähigkeit in jedem Fall zu berücksichtigen ist, wenn sie ohne wesentliche Unterbrechung drei Monate gedauert hat und voraussichtlich andauern wird. Zu berücksichtigen sind vielmehr die gesamten Umstände des konkreten Einzelfalles, namentlich die Art des Gesundheitsschadens, dessen prognostische ärztliche Beurteilung und die Beweggründe, die die versicherte Person zur Wiederaufnahme der Arbeit veranlasst haben (BGE 123 V 264 Erw. 1c, 120 V 117 f. Erw. 2c/aa und bb mit Hinweisen). 
 
4.- Der sachliche und zeitliche Konnex als Kriterium für die Leistungspflicht einer Vorsorgeeinrichtung spielt namentlich dann eine Rolle, wenn ein Versicherter aus einer Vorsorgeeinrichtung aus- und in eine neue eintritt. Das Eidgenössische Versicherungsgericht hat denn auch die in Erw. 3 erwähnte Rechtsprechung in derart gelagerten Fällen entwickelt. Das Erfordernis des sachlichen und zeitlichen Konnexes gilt indessen in jedem Fall, also auch dann, wenn eine versicherte Person während der Dauer der Versicherteneigenschaft arbeitsunfähig und später invalid wird, ohne zuvor nochmals in eine neue Vorsorgeeinrichtung eingetreten zu sein. Der sachliche Konnex ist dann gegeben, wenn der Gesundheitsschaden, der zur Arbeitsunfähigkeit geführt hat, auch Ursache für den Eintritt der Invalidität oder der Erhöhung des Invaliditätsgrades ist. Dieses Erfordernis geht aus Art. 23 BVG hervor. Der zeitliche Konnex ist zu bejahen, wenn die Arbeitsunfähigkeit des Versicherten nicht durch eine Wiedererlangung der Arbeitsfähigkeit unterbrochen wird (Urteil B. vom 6. Juni 2001, B 64/99). 
 
5.- a) In den neu ins Recht gelegten Berichten attestiert Dr. med. W.________ der Versicherten folgende Arbeitsunfähigkeiten: 100 % vom 22. Dezember 1986 bis 1. März 1987, 50 % vom 2. März 1987 bis 4. Juni 1987, 25 % vom 5. Juni 1987 bis 11. Juni 1987, 50 % vom 12. Juni 1987 bis 3. Januar 1988, 100 % vom 4. Januar 1988 bis 17. Januar 1988, 50 % vom 18. Januar 1988 bis 12. Juni 1988, 0 % vom 13. Juni 1988 bis 30. September 1988 (wobei er für diese Zeitspanne ausführt, die Versicherte sei aus rein gesundheitlichen Gründen zur Zeit maximal 66,6 % arbeitsfähig), 33,3 % vom 16. Januar 1989 bis 31. März 1989. Mit Zeugnis vom 31. Dezember 1989 bestätigt Dr. W.________, ab 1. April 1989 liege keine Arbeitsunfähigkeit mehr vor, ganztägige Fabrikarbeit sei im Sinne eines Versuchs vom ärztlichen Standpunkt aus vertretbar. Mit Attest vom 16. März 1992 bestätigt er ebenfalls eine Arbeitsunfähigkeit von 0 % ab 1. April 1989 und gibt an, die Versicherte werde jetzt ab 1. Oktober 1991 zu 100 % eingesetzt. Mit Zeugnis vom 7. Dezember 1993 attestiert er schliesslich eine erneute Arbeitsunfähigkeit von 100 % ab 7. September 1993. 
 
b) Daraus ergibt sich, dass die Beschwerdeführerin ihre Arbeitsfähigkeit ab 1. April 1989 bis 6. September 1993, also für eine Dauer von rund 4 ½ Jahren wiedererlangt hat, bevor sie am 7. September 1993 und damit ein Jahr nach Beendigung des Versicherungsverhältnisses erneut arbeitsunfähig wurde. Damit mangelt es am für einen Anspruch auf eine Invalidenrente erforderlichen zeitlichen Konnex zwischen Arbeitsunfähigkeit und Invalidität. Dies hat die Beschwerdegegnerin in Anerkennung ihrer grundsätzlichen Leistungspflicht, an welche das Eidgenössische Versicherungsgericht nicht gebunden ist (vgl. Erw. 1a hievor), übersehen. 
Damit besteht kein Anspruch auf eine Invalidenrente der Stiftung, weshalb der angefochtene Entscheid im Ergebnis nicht zu beanstanden ist. 
 
Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht: 
 
I.Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen. 
 
II.Es werden keine Gerichtskosten erhoben. 
 
III. Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Appenzell A.Rh. und dem Bundesamt für Sozialversicherung zugestellt. 
 
Luzern, 10. Oktober 2001 
 
Im Namen des 
Eidgenössischen Versicherungsgerichts 
Der Präsident der III. Kammer: 
 
Die Gerichtsschreiberin: