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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
{T 0/2} 
 
6B_616/2014  
   
   
 
 
 
Urteil vom 10. November 2014  
 
Strafrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Mathys, Präsident, 
Bundesrichterin Jacquemoud-Rossari, 
Bundesrichter Oberholzer, 
Gerichtsschreiber Held. 
 
Verfahrensbeteiligte 
X.________, 
vertreten durch Advokat Alain Joset, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen  
 
Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Aargau,  
Frey-Herosé-Strasse 20, Wielandhaus, 5001 Aarau, 
Beschwerdegegnerin. 
 
Gegenstand 
Revision, 
 
Beschwerde gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Aargau, Strafgericht, 1. Kammer, vom 8. Mai 2014. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
 
 Das Bezirksgericht Rheinfelden verurteilte X.________ im abgekürzten Verfahren am 1. Februar 2012 wegen bewaffneten Raubs, Sachbeschädigung und Hausfriedensbruchs unter Anrechnung von 46 Tagen Untersuchungshaft zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von zwei Jahren. Es widerrief den ihm für eine Freiheitsstrafe von einem Jahr gewährten bedingten Strafvollzug und verpflichtete ihn zur Zahlung von Schadenersatz und Genugtuung in Höhe von insgesamt Fr. 20'650.--. Das Urteil erwuchs unangefochten in Rechtskraft. 
 
2.  
 
 Mit Revisionsgesuch vom 2. September 2013 beantragte X.________, das Urteil des Bezirksgerichts sei aufzuheben und das Bezirksgericht "im Sinne einer vorsorglichen Massnahme anzuweisen, die fehlerhafte Berechnung der anzurechnenden Hafttage" zu berichtigen. 
 
 Das Obergericht des Kantons Aargau leitete das Berichtigungsgesuch zuständigkeitshalber an das Bezirksgericht weiter, das mit Urteil vom 10. Oktober 2013 X.________ 98 Tage Untersuchungshaft auf die zu vollziehende Freiheitsstrafe anrechnete. Es erhob keine Verfahrenskosten und sprach X.________ keine Parteientschädigung zu. Auf eine hiergegen erhobene Berufung trat das Berufungsgericht nicht ein. Das Obergericht wies das bis zum rechtskräftigen Abschluss des Berichtigungsverfahrens sistierte Revisionsgesuch ab, soweit es darauf eintrat "resp. soweit es nicht gegenstandslos geworden" war und auferlegte X.________ die Verfahrenskosten. 
 
3.  
 
 X.________ führt Beschwerde in Strafsachen und beantragt im Hauptpunkt, das obergerichtliche Urteil sei aufzuheben. Er rügt eine Verletzung von Art. 410 Abs. 1 lit. c StPO und macht geltend, sein Geständnis sei unter Einwirkung strafbaren Verhaltens des damaligen Mittäters A.________ sowie unter Verletzung strafprozessualer und standesrechtlicher Vorschriften des zuständigen Staatsanwalts respektive des amtlichen Verteidigers zustande gekommen. Es fehle mithin an seiner rechtsgültigen Zustimmung zur Durchführung des abgekürzten Verfahrens. X.________ ersucht um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung. 
 
4.  
 
 Wer durch ein rechtskräftiges Urteil beschwert ist, kann gemäss Art. 410 Abs. 1 lit. c StPO die Revision verlangen, wenn sich in einem anderen Strafverfahren erweist, dass durch eine strafbare Handlung auf das Ergebnis des Verfahrens eingewirkt worden ist; eine Verurteilung ist nicht erforderlich. Ist das Strafverfahren nicht durchführbar, so kann der Beweis auf andere Weise erbracht werden. 
 
5.  
 
 Ob und inwieweit eine Revision gegen Urteile im abgekürzten Verfahren aufgrund der unwiderruflichen Zustimmung, auf ein ordentliches Verfahren und auf Rechtsmittel zu verzichten (vgl. Art. 360 Abs. 1 lit. h StPO), überhaupt zulässig ist, kann vorliegend offenbleiben (vgl. zum Meinungsstand: Schwarzenegger, in: Kommentar zur Schweizerischen Strafprozessordnung, 2. Aufl., 2014, N. 11 zu Art. 362 StPO). Selbst wenn man eine Revision mit der herrschenden Lehre entgegen der Botschaft (Botschaft vom 21. Dezember 2005 zur Vereinheitlichung des Strafprozessrechts, BBl 2006 1297 Ziff. 2.8.3) in engen Grenzen als erforderlich und zulässig erachtet, sind vorliegend die Voraussetzungen von Art. 410 Abs. 1 lit. c StPO offensichtlich nicht erfüllt. Der Beschwerdeführer führt selbst zutreffend aus, dass das angeblich strafprozessuale und standesrechtliche Vorschriften verletzende Verhalten des zuständigen Staatsanwalts respektive seines damaligen amtlichen Verteidigers nicht strafbar ist. Auf seine diesbezüglichen Ausführungen ist nicht weiter einzugehen, zumal mit der Revision keine Verfahrensverstösse, sondern nur die materielle Urteilsgrundlage gerügt werden kann (vgl. Urteile 6B_288/2012 vom 6. Dezember 2012 E. 1; 6F_14/2013 vom 6. Januar 2014 E. 2). 
 
 Dass A.________ durch eine strafbare Handlung auf das Verfahrensergebnis eingewirkt habe, hat sich weder durch ein Urteil in einem anderen Strafverfahren ergeben, noch ist ein solches zumindest eingeleitet worden (vgl. Urteile 6B_425/2014 vom 21. Juli 2014 E. 5; 6F_17/2012 vom 19. Dezember 2012 E. 2.4). Der Beschwerdeführer verkennt zudem, dass Revisionsbegehren gestützt auf Art. 410 Abs. 1 lit. c StPO nicht mit blossen Tatsachenbehauptungen begründet werden können. Letztlich setzt sich der Beschwerdeführer mit den vorinstanzlichen Erwägungen, seine Vorbringen seien nicht glaubhaft, nicht auseinander. Er zeigt nicht auf, inwieweit diese willkürlich sein sollten und beschränkt sich darauf, wie in einem Berufungsverfahren frei zur Beweiswürdigung zu plädieren. Seine pauschale Behauptung, er habe dem abgekürzten Verfahren zwar zugestimmt, sei aber in Wirklichkeit nicht geständig, ist sowohl im kantonalen Revisionsverfahren als auch vor Bundesgericht ungeeignet, sein Revisionsgesuch zu begründen. 
 
6.  
 
 Was der Beschwerdeführer gegen den vorinstanzlichen Kostenentscheid vorbringt, geht an der Sache vorbei. Mit der von Amtes wegen erfolgten "Verweisung" an das zuständige Bezirksgericht ist das Berichtigungsgesuch nicht mehr Gegenstand des Revisionsverfahrens und konnte sich somit auch nicht auf den Kostenentscheid des angefochtenen Urteils auswirken. Ob das berichtigte Urteil samt Kostenentscheid vor Bundesrecht standhält, bildet nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens und könnte infolge eingetretener Rechtskraft im Übrigen nicht mehr überprüft werden. 
 
7.  
 
 Die Beschwerde ist im Verfahren nach Art. 109 BGG abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden kann. Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege ist infolge Aussichtslosigkeit der Rechtsbegehren und mangels nachgewiesener Bedürftigkeit abzuweisen (Art. 64 Abs. 1 und 2 BGG). Die Kosten sind dem Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.   
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist. 
 
2.   
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung wird abgewiesen. 
 
3.   
Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. 
 
4.   
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Aargau, Strafgericht, 1. Kammer, schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 10. November 2014 
 
Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Mathys 
 
Der Gerichtsschreiber: Held