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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
{T 0/2} 
6B_55/2013 
 
Urteil vom 11. April 2013 
Strafrechtliche Abteilung 
 
Besetzung 
Bundesrichter Mathys, Präsident, 
Bundesrichter Schneider, 
Bundesrichterin Jacquemoud-Rossari, 
Gerichtsschreiberin Kratz-Ulmer. 
 
Verfahrensbeteiligte 
X.________, 
vertreten durch Advokat Dr. Christian von Wartburg, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen 
 
Staatsanwaltschaft des Kantons Basel-Stadt, Binningerstrasse 21, Postfach, 4001 Basel, 
Beschwerdegegnerin. 
 
Gegenstand 
Versuchter qualifizierter Raub (Art. 140 Ziff. 1 und 3 StGB); Strafzumessung, 
 
Beschwerde gegen das Urteil des Appellationsgerichts des Kantons Basel-Stadt, Ausschuss, vom 6. November 2012. 
 
Sachverhalt: 
 
A. 
X.________ betrat am 20. Dezember 2010 einen Verkaufsladen in Basel, vermummte sich und bedrohte anschliessend die Kassiererin A.________ mit einem Küchenmesser, indem er die Messerklinge mit der Spitze in einem Abstand von ca. 30 cm gegen ihren Körper richtete und Geld aus der Kasse forderte. Als diese der Forderung nicht nachkam, packte er den neben ihr stehenden B.________ und führte ihm die Messerklinge an die Kehle. Er drohte, ihm die Kehle aufzuschlitzen, und machte Schneidbewegungen nahe des Halses. Als Letzterer zu entwinden versuchte, packte er ihn erneut und forderte die Herausgabe des Geldes. Derweil Kunden den Laden betraten und es A.________ gelang, sich des Mobiltelefons zu behändigen, liess er von B.________ ab und versuchte erfolglos die Kasse zu öffnen. Anschliessend flüchtete er und warf auf der Flucht das Messer in einen Vorgarten. 
 
B. 
Das Strafgericht des Kantons Basel-Stadt sprach X.________ am 14. April 2011 des versuchten Raubes (Art. 140 Ziff. 1 und 3 i.V.m. 22 Abs. 1 StGB) und der mehrfachen Übertretung des Betäubungsmittelgesetzes (Art. 19a Ziff. 1 BetmG) schuldig. Es verurteilte ihn zu vier Jahren Freiheitsstrafe und einer Busse von Fr. 300.--. Auf Berufung von X.________ bestätigte das Appellationsgericht des Kantons Basel-Stadt am 6. November 2012 das erstinstanzliche Urteil. 
 
C. 
X.________ führt Beschwerde in Strafsachen. Er beantragt, das Urteil vom 6. November 2012 aufzuheben, ihn des versuchten Raubes gemäss Art. 140 Ziff. 1 StGB schuldig zu sprechen und ihn zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren zu verurteilen. Eventualiter sei er wegen versuchten qualifizierten Raubes gemäss Art. 140 Ziff. 1 und 3 StGB für schuldig zu erklären und mit einer Freiheitsstrafe von drei Jahren zu belegen, davon ein Jahr mit bedingtem Vollzug. Er ersucht um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung. 
 
Erwägungen: 
 
1. 
1.1 Der Beschwerdeführer rügt, die Vorinstanz habe den qualifizierten Tatbestand von Art. 140 Ziff. 3 StGB zu Unrecht angewandt. Durch die Art seiner Tatbegehung habe er keine besondere Gefährlichkeit offenbart. Es sei niemand verletzt worden und auch in keiner Weise seine Absicht gewesen, jemanden zu verletzen. Er habe dem Opfer das Messer nicht direkt, sondern lediglich nahe an den Hals gehalten. Eine besondere Gefährlichkeit lasse sich nicht im Rahmen einer professionellen Vorbereitung oder in einer besonders kühnen, verwegenen oder skrupellosen Art der Begehung der Tat sehen. Die Tatausführung habe nicht einmal eine Minute gedauert. 
 
1.2 Gemäss Art. 140 Ziff. 3 Abs. 3 StGB wird der Räuber mit Freiheitsstrafe nicht unter zwei Jahren bestraft, wenn er durch die Art, wie er den Raub begeht, seine besondere Gefährlichkeit offenbart. 
Nach der Rechtsprechung ist die in Art. 140 Ziff. 3 Abs. 3 StGB vorausgesetzte Gefährlichkeit mit Blick auf die darin enthaltene Mindeststrafandrohung von zwei Jahren Freiheitsstrafe nur mit Zurückhaltung anzunehmen. Dies ergibt sich daraus, dass bereits der Grundtatbestand des Raubes einen Angriff auf das Opfer und damit begriffsnotwendig dessen mehr oder weniger grosse Gefährdung voraussetzt. Die in Art. 140 Ziff. 3 Abs. 3 StGB genannte besondere Gefährlichkeit ist nur zu bejahen, wenn die konkrete Tat nach ihrem Unrechts- und Schuldgehalt besonders schwer wiegt. Ob dies der Fall ist, beurteilt sich auf Grund der gesamten Tatumstände. Die besondere Gefährlichkeit lässt sich namentlich begründen mit der professionellen Vorbereitung der Tat und der ausgeprägt kühnen, verwegenen, heimtückischen, hinterlistigen oder skrupellosen Art ihrer Begehung (BGE 117 IV 135 E. 1a; 116 IV 312 E. 2d und e; Urteil 6S.250/2003 vom 28. August 2003 E. 1.1). 
 
1.3 Die Vorinstanz legt dar, der Beschwerdeführer habe eine konkrete Gefahr für die Opfer geschaffen. Er habe das Messer A.________ vor den Bauch und anschliessend B.________ an die Kehle gehalten und damit Schnittbewegungen ausgeführt. Als Letzterer sich zu entwinden versuchte, habe er nachgefasst und sei mit ihm in dieser Position unkontrolliert rückwärtsgegangen. Der Beschwerdeführer habe keine Kontrolle über das Geschehen gehabt. Er habe dem Opfer das Messer mit der scharfen und nicht der stumpfen Seite der Klinge an den Hals gehalten. Es hätte lediglich einer unbedachten Bewegung des Opfers oder Stolperns des Beschwerdeführers bedurft und es wären noch schwerere Tatbestände zu beurteilen. Der Beschwerdeführer müsse zumindest eventualvorsätzlich davon ausgegangen sein, sein Opfer konkret zu gefährden. 
 
1.4 Gestützt auf die verbindlichen Sachverhaltsfeststellungen (Art. 105 Abs. 1 BGG) geht die Vorinstanz zutreffend von einer besonderen Gefährlichkeit im Sinne von Art. 140 Ziff. 3 Abs. 3 StGB aus. Unerheblich ist, ob der Beschwerdeführer dem Opfer das Messer direkt oder lediglich nahe an den Hals hielt. Irrelevant ist auch, dass es nicht seine Absicht war, jemanden zu verletzen, und die Tat nur relativ kurze Zeit dauerte. Der Schuldspruch wegen qualifizierten Raubes im Sinne von Art. 140 Ziff. 3 Abs. 3 StGB ist bundesrechtskonform. 
 
2. 
Der Beschwerdeführer wendet sich gegen die Strafzumessung. 
 
2.1 Das Bundesgericht hat die Grundsätze der Strafzumessung nach Art. 47 ff. StGB (BGE 136 IV 55 E. 5.4 und 5.5 mit Hinweisen) wiederholt dargelegt. Das Sachgericht verfügt auf dem Gebiet der Strafzumessung über einen Ermessensspielraum. Das Bundesgericht greift auf Beschwerde in Strafsachen hin nur ein, wenn die Vorinstanz den gesetzlichen Strafrahmen über- oder unterschritten hat, wenn sie von rechtlichen nicht massgebenden Kriterien ausgegangen ist oder wesentliche Gesichtspunkte ausser Acht gelassen bzw. durch Überschreitung oder Missbrauch ihres Ermessens falsch gewichtet hat (BGE 136 IV 55 E. 5.6; 135 IV 130 E. 5.3.1; 134 IV 17 E. 2.1). 
 
2.2 Die Vorinstanz trägt dem Versuch bei der Strafzumessung Rechnung. Der Beschwerdeführer tat alles nach seinem Tatplan erforderliche, um an das Geld in der Kasse heranzukommen. Dass der Erfolg dennoch ausblieb, lag nicht in seinem Belieben, sondern gründet im Umstand, dass es ihm nicht gelang, innert nützlicher Frist die Kasse zu öffnen beziehungsweise öffnen zu lassen (Urteil S. 6). Die Vorinstanz geht zu Recht von einem vollendeten Versuch aus (vgl. Urteil 6B_239/2012 vom 1. Februar 2013 E. 2.2 mit Hinweis; Beschwerde Ziff. 8 S. 6). 
 
2.3 Der Beschwerdeführer rügt, es sei wegen seines Alkoholkonsums vor der Tat von einer verminderten Zurechnungsfähigkeit auszugehen. 
 
2.3.1 Bei einer Blutalkoholkonzentration zwischen 2 und 3o/oo besteht eine Vermutung für die Verminderung der Zurechnungsfähigkeit. Diese Vermutung kann im Einzelfall durch Gegenindizien umgestossen werden (BGE 122 IV 49 E.1b). 
Der Zustand, in welchem sich der Beschwerdeführer zur Zeit der Tat befand, betrifft eine Tatfrage. Rechtsfragen sind hingegen, ob die Vorinstanz von zutreffenden Begriffen der Schuldunfähigkeit und der verminderten Schuldfähigkeit ausging und ob sie diese richtig anwandte (BGE 107 IV 3 E. 1a; Urteil 6B_725/2009 vom 26. November 2009 E. 2.2). Die Feststellung des Sachverhalts durch die Vorinstanz kann nur gerügt werden, wenn sie offensichtlich unrichtig, d.h. willkürlich im Sinne von Art. 9 BV ist (BGE 137 III 226 E. 4.2 mit Hinweisen; zum Begriff der Willkür BGE 138 I 49 E. 7.1; 136 III 552 E. 4; je mit Hinweisen) oder wenn sie auf einer Verletzung von schweizerischem Recht im Sinne von Art. 95 BGG beruht (Art. 97 Abs. 1 BGG). Auf ungenügend begründete Rügen und bloss allgemein gehaltene, appellatorische Kritik am angefochtenen Entscheid tritt das Bundesgericht nicht ein (BGE 134 II 244 E. 2.2 mit Hinweis). 
2.3.2 Beim Beschwerdeführer wurde gemäss toxikologischem Gutachten des IRM eine Blutalkoholkonzentration von 1.58o/oo gemessen. Für die Ereigniszeit wurde eine Blutalkoholkonzentration zwischen 1.6 und 2.4o/oo geschätzt (Urteil S. 7). Die Vorinstanz führt aus, die Vermutung der verminderten Zurechnungsfähigkeit werde durch eine Fülle von Gegenindizien umgestossen. Das Verhalten des Beschwerdeführers anlässlich der Tat zeige auf, dass sein Realitätsbezug durchaus vorhanden war. Er habe die Tat offensichtlich kurzfristig geplant. Er habe zuhause ein Küchenmesser behändigt und einen Schal angezogen. Anschliessend habe er sich in den Laden begeben und sich umgesehen. Als ihm gewahr worden sei, dass sich keine Kundschaft darin aufhielt, habe er sich mit dem Schal vermummt und sei zur Tat geschritten. Als die Situation für ihn heikel geworden sei, habe er situationsadäquat die Flucht ergriffen und gleichzeitig das Messer entsorgt. Realitätsbezogen sei auch sein Entschluss gewesen, sich der Polizei zu stellen, da er bemerkt habe, dass diese den Gebäudekomplex, worin er Zuflucht gesucht habe, umstellte (Urteil S. 7 f.). Der Beschwerdeführer habe kurz nach der Tat explizit deponiert, er habe genau gewusst, was er gemacht habe, weshalb er auch das Messer weggesteckt habe, als Leute mit Kindern in den Laden gekommen seien. Er sei "nicht unbedingt betrunken" gewesen. Die Vorinstanz geht davon aus, der Beschwerdeführer sei zum Tatzeitpunkt alkoholisiert gewesen, ohne dass seine Steuerungsfähigkeit und der Realitätsbezug erheblich beeinträchtigt waren (Urteil S. 8). 
2.3.3 Die Vorinstanz gelangt aufgrund des Verhaltens und der Aussagen des Beschwerdeführers zur Überzeugung, dessen Steuerungs- und Einsichtsfähigkeit seien nicht erheblich behindert gewesen. Eine willkürliche Sachverhaltsfeststellung wird vom Beschwerdeführer weder behauptet noch begründet. Soweit sich seine Rüge gegen den von der Vorinstanz festgestellten Zustand richtet, ist darauf nicht einzutreten (Art. 106 Abs. 2 BGG). Der Vorinstanz kann nicht vorgeworfen werden, sie sei von einem unzutreffenden Begriff der verminderten Schuldfähigkeit ausgegangen. Eine Verletzung von Art. 19 Abs. 2 StGB ist nicht ersichtlich. 
 
2.4 Der Beschwerdeführer macht geltend, die Vorinstanz habe dem Umstand zu wenig Rechnung getragen, dass er sich seit dem 20. Dezember 2010 in Untersuchungs- resp. Sicherheitshaft befinde und ihm der vorzeitige Strafvollzug nicht gewährt worden sei. Er habe einen hervorragenden Führungsbericht. Er zeige Einsicht und Reue. 
Die gute Führung in der Untersuchungs- und Sicherheitshaft ist für die Strafzumessung unerheblich. Ein korrektes Verhalten in der Haft kann vorausgesetzt werden. Das vom Beschwerdeführer geltend gemachte Wohlverhalten wird ihm in erster Linie bei der Frage nach der bedingten Entlassung aus dem Strafvollzug zugutezuhalten sein (vgl. Art. 86 StGB). Im Rahmen der Strafzumessung kann es hingegen nicht als besondere Reue und Einsicht interpretiert und berücksichtigt werden (Urteil 6B_974/2009 vom 18. Februar 2010 E. 5.5). Dass kein vorzeitiger Strafvollzug gewährt wurde, hat ebenfalls keinen Einfluss auf die Strafzumessung. 
Der Beschwerdeführer bringt vor, das vorinstanzliche Verfahren habe lange gedauert. Er macht aber weder eine Verletzung des Beschleunigungsgebotes geltend noch begründet er eine solche, weshalb darauf nicht weiter einzugehen ist (Urteil 6B_561/2012 vom 12. März 2012 E. 1.4.1). 
 
2.5 Die Vorinstanz setzt sich in ihren Erwägungen zur Strafzumessung mit den wesentlichen schuldrelevanten Komponenten auseinander und würdigt diese korrekt. Dass sie sich von rechtlich nicht massgeblichen Gesichtspunkten hätte leiten lassen oder wesentliche Aspekte nicht berücksichtigt hätte, ist nicht ersichtlich. Die Freiheitsstrafe von vier Jahren hält sich im Rahmen des weiten sachrichterlichen Ermessens. 
 
3. 
Die Beschwerde ist abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden kann. Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung ist infolge Aussichtslosigkeit der Beschwerde abzuweisen (Art. 64 Abs. 1 und 2 BGG). Der finanziellen Lage des Beschwerdeführers ist bei der Festsetzung der Gerichtskosten Rechnung zu tragen (Art. 65 Abs. 2 BGG). 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht: 
 
1. 
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist. 
 
2. 
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung wird abgewiesen. 
 
3. 
Die Gerichtskosten von Fr. 800.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. 
 
4. 
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Appellationsgericht des Kantons Basel-Stadt, Ausschuss, schriftlich mitgeteilt. 
 
Lausanne, 11. April 2013 
 
Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Mathys 
 
Die Gerichtsschreiberin: Kratz-Ulmer