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Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
{T 0/2} 
5P.96/2003 /min 
 
Urteil vom 11. Juni 2003 
II. Zivilabteilung 
 
Besetzung 
Bundesrichter Raselli, Präsident, 
Bundesrichterin Nordmann, Bundesrichter Meyer, 
Gerichtsschreiber Gysel. 
 
Parteien 
1. A.________, 
2. B.________, 
3. C.________, 
4. D.________, 
5. E.________, 
Beschwerdeführer, 
alle fünf vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Armin Strub, Maiacherstrasse 11, Postfach, 8127 Forch, 
 
gegen 
 
Kassationsgericht des Kantons Zürich, Postfach 4875, 8022 Zürich. 
 
Gegenstand 
Art. 9 und 29 BV; Art. 6 EMRK (unentgeltliche Rechtspflege), 
 
Staatsrechtliche Beschwerde gegen den Beschluss vom 16. Dezember 2002. 
 
Sachverhalt: 
A. 
Mit Eingabe vom 20. Januar 1999 erhoben A.________, B.________, C.________, D.________ und E.________, gesetzliche Erben der am 15. Februar 1996 in Zürich verstorbenen F.________ (genannt G.________) in X.________, beim Bezirksgericht Zürich Klage gegen die von der Erblasserin als Erben eingesetzten H.________, I.________, K.________ und L.________. Sie verlangten, das durch Verfügung des Einzelrichters im summarischen Verfahren des Bezirks Zürich vom 7. Oktober 1996 eröffnete Testament für ungültig zu erklären und die eingesetzten Erben zur Herausgabe des Nachlasses zu verpflichten. 
 
Das Bezirksgericht (3. Abteilung) wies die Klage am 15. Dezember 1999 ein erstes Mal ab. In der Folge wies das Obergericht des Kantons Zürich die Sache zur Ergänzung und zu neuem Entscheid zurück, worauf das Bezirksgericht am 27. Juli 2001 nochmals erkannte, die Klage werde abgewiesen. 
 
Als Berufungsinstanz beschloss das Obergericht (II. Zivilkammer) am 19. April 2002, dass insoweit auf die Klage nicht eingetreten werde, als die Ungültigerklärung des Testaments verlangt werde. Mit Urteil vom gleichen Tag erkannte es, die Klage im Übrigen abzuweisen. 
 
A.________, B.________, C.________, D.________ und E.________ reichten eine kantonale Nichtigkeitsbeschwerde ein. Neben der Aufhebung von Beschluss und Urteil des Obergerichts vom 19. April 2002 beantragten sie, ihnen (auch) für das Beschwerdeverfahren die unentgeltliche Rechtspflege zu gewähren und ihr Anwalt zum unentgeltlichen Rechtsbeistand zu ernennen. 
B. 
Das Kassationsgericht des Kantons Zürich beschloss am 16. Dezember 2002, die Nichtigkeitsbeschwerde abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden könne (Dispositiv-Ziffer 1), A.________, B.________, C.________, D.________ und E.________ für das Kassationsverfahren die unentgeltliche Prozessführung zu entziehen (Dispositiv-Ziffer 2) und die fünf zur Bezahlung der Verfahrenskosten und einer Prozessentschädigung zu verpflichten (Dispositiv-Ziffern 3-5). 
C. 
A.________, B.________, C.________, D.________ und E.________ führen mit Eingabe vom 4. März 2003 staatsrechtliche Beschwerde und beantragen, die Dispositiv-Ziffern 2-6 (Kosten- und Entschädigungsfolgen) des kassationsgerichtlichen Entscheids aufzuheben und ihnen für das kantonale Kassationsverfahren die unentgeltliche Rechtspflege zu gewähren. Das Armenrecht beanspruchen sie ausserdem auch für das bundesgerichtliche Verfahren. 
 
Eine Vernehmlassung zur Beschwerde ist nicht eingeholt worden. 
 
Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 
1. 
Die staatsrechtliche Beschwerde ist, von hier nicht in Betracht fallenden Ausnahmen abgesehen, rein kassatorischer Natur (BGE 129 I 129 E. 1.2.1 S. 131 f. mit Hinweisen). Soweit die Beschwerdeführer mehr als die Aufhebung (von Teilen) des angefochtenen Entscheids verlangen, ist auf die Beschwerde deshalb von vornherein nicht einzutreten. 
2. 
2.1 Vorab machen die Beschwerdeführer - in formeller Hinsicht - geltend, der vom Kassationsgericht angeordnete Entzug der unentgeltlichen Rechtspflege verstosse gegen den Grundsatz von Treu und Glauben in der Prozessführung, sei willkürlich und missachte ihren Anspruch auf rechtliches Gehör und auf ein faires Verfahren. Unter Berufung auf Frank/Sträuli/Messmer (Kommentar zur zürcherischen Zivilprozessordnung, 3. Auflage, Zürich 1997, N 3 zu § 90) bringen sie vor, die Bewilligung der unentgeltlichen Prozessführung könne nach § 91 der Zivilprozessordnung (ZPO) zwar - auch rückwirkend - widerrufen werden, jedoch nur, wenn die Mittellosigkeit dahin gefallen sei, nicht aber mit der Begründung, die Verhältnisse, die bei der Bewilligung bekannt gewesen seien, seien anders zu würdigen und das Verfahren sei in Anbetracht der neuen Würdigung aussichtslos. Dem Kassationsgericht wird ausserdem vorgeworfen, dass es entgegen der Bestimmung von § 73 Ziff. 1 ZPO den Beschwerdeführern keine Kaution auferlegt habe; indem es die Beschwerde ohne Vorbehalt entgegen genommen und der Gegenpartei zur Beantwortung zugestellt habe, habe es anerkannt, dass sie nicht aussichtslos sei. 
2.2 Die Beschwerdeführer sprechen dem Kassationsgericht die Befugnis, einen selbständigen Armenrechtsentscheid für das Kassationsverfahren zu treffen, zu Recht nicht ab (dazu ausdrücklich § 90 Abs. 2 ZPO). Sodann machen sie keine schützenswerten Interessen an einer separaten (zu Beginn des Verfahrens vorzunehmenden) Beurteilung des für das Rechtsmittelverfahren gestellten bzw. erneuerten Gesuchs um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege geltend. Hierzu ist zu bemerken, dass im Zeitpunkt des Stellens des Armenrechtsgesuchs die anwaltliche Leistung ohnehin bereits erbracht war, war doch das Begehren in der endgültigen Fassung der bei der kantonalen Kassationsinstanz eingereichten Beschwerdeschrift enthalten. Aus dieser Sicht hätte ein durch einen abschlägigen Armenrechtsentscheid allenfalls veranlasster Rückzug der Nichtigkeitsbeschwerde den Beschwerdeführern somit nichts mehr bringen können. Wie die vorliegende Beschwerde zeigt, ist diesen durch das Vorgehen des Kassationsgerichts zudem keineswegs die Möglichkeit genommen worden, gegen die Verweigerung der unentgeltlichen Rechtspflege ein Rechtsmittel einzureichen. Nichts zu ändern am Gesagten vermag der Hinweis darauf, dass die kantonale Instanz trotz der Bestimmung von § 73 Ziff. 1 ZPO davon absah, von den Beschwerdeführern eine Prozesskaution einzufordern. Dieser Verzicht war unter den gegebenen Umständen nicht als (stillschweigende) Bewilligung des Armenrechts aufzufassen. 
2.3 Die Verweigerung der unentgeltlichen Rechtspflege für das Kassationsverfahren stellt nach dem Ausgeführten keinen gegen Treu und Glauben und damit gegen Art. 9 BV verstossenden Entzug des Armenrechts dar. Es ist nicht etwa so, dass das Kassationsgericht die unentgeltliche Prozessführung zunächst bewilligt hätte und im Verlaufe des Verfahrens dann auf diesen Entscheid mit der Begründung zurückgekommen wäre, das Rechtsmittel sei aussichtslos. Dass erst mit dem Abschluss des Rechtsmittelverfahrens über einen allfälligen Entzug des Armenrechts entschieden wird, ist grundsätzlich nicht unzulässig (vgl. Richard Frank, Ergänzungsband zu Frank/Sträuli/Messmer, Kommentar zur zürcherischen Zivilprozessordnung, Zürich 2000, N 5 zu § 91). 
3. 
Den Entzug des Armenrechts erachten die Beschwerdeführer auch in materieller Hinsicht als unhaltbar: Das Kassationsgericht habe mit diesem Entscheid gegen Art. 29 Abs. 3 BV verstossen. 
3.1 Nach Art. 90 Abs. 1 lit. b OG muss die Beschwerdeschrift die wesentlichen Tatsachen und eine kurz gefasste Darlegung darüber enthalten, welche verfassungsmässigen Rechte bzw. welche Rechtssätze durch den angefochtenen Entscheid verletzt worden sein sollen und inwiefern. Das Bundesgericht prüft nur klar und detailliert erhobene und, soweit möglich, belegte Rügen und tritt auf ungenügend begründete Rügen nicht ein; blosse Hinweise auf andere Schriftstücke sind unbeachtlich (BGE 129 I 113 E. 2.1 S. 120 mit Hinweisen; 125 I 492 E. 1b S. 495). 
3.2 Die Beschwerdeführer weisen zur Begründung ihrer Rüge einzig darauf hin, dass der juristische Sekretär, der am angefochtenen Entscheid mitgewirkt hat, im Sinne von § 138 Abs. 4 des kantonalen Gerichtsverfassungsgesetzes (GVG) seine abweichende Ansicht zu Protokoll gegeben habe. Nach diesem Minderheitsvotum könne zumindest eine der in der Nichtigkeitsbeschwerde vorgebrachten Rügen nicht als von vornherein aussichtslos betrachtet werden und dürfe ihnen, den Beschwerdeführern, deshalb die unentgeltliche Rechtspflege für das Kassationsverfahren nicht entzogen werden. Den Ausführungen der Beschwerdeführer ist wohl zu entnehmen, welche Rüge der juristische Sekretär als nicht aussichtslos bezeichnet hat, nicht aber, weshalb er zu diesem Schluss gelangte. Die Beschwerdevorbringen genügen den an die Begründung gestellten Anforderungen mithin nicht, so dass in diesem Punkt auf die Beschwerde nicht einzutreten ist. 
4. 
Die Beschwerde konnte unter den dargelegten Umständen von vornherein keine Aussicht auf Erfolg haben (vgl. Art. 152 Abs. 1 OG). Das Gesuch der Beschwerdeführer um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege für das bundesgerichtliche Verfahren ist deshalb abzuweisen, und es ist den Beschwerdeführern ausgangsgemäss die Gerichtsgebühr aufzuerlegen (Art. 156 Abs. 1 OG). 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht: 
1. 
Die staatsrechtliche Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist. 
2. 
Das Gesuch der Beschwerdeführer, ihnen für das bundesgerichtliche Verfahren die unentgeltliche Rechtspflege zu gewähren, wird abgewiesen. 
3. 
Die Gerichtsgebühr von Fr. 1'500.-- wird den Beschwerdeführern auferlegt. 
4. 
Dieses Urteil wird den Beschwerdeführern und dem Kassationsgericht des Kantons Zürich schriftlich mitgeteilt. 
Lausanne, 11. Juni 2003 
Im Namen der II. Zivilabteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber: