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Eidgenössisches Versicherungsgericht 
Tribunale federale delle assicurazioni 
Tribunal federal d'assicuranzas 
 
Sozialversicherungsabteilung 
des Bundesgerichts 
 
Prozess {T 7} 
I 366/06 
 
Urteil vom 11. August 2006 
IV. Kammer 
 
Besetzung 
Präsident Ursprung, Bundesrichterin Widmer und Bundesrichter Frésard; Gerichtsschreiber Wey 
 
Parteien 
D.________, 1959, Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsanwalt Martin Kuhn, Mellingerstrasse 1, 5402 Baden, 
 
gegen 
 
IV-Stelle des Kantons Aargau, Kyburgerstrasse 15, 5001 Aarau, Beschwerdegegnerin 
 
Vorinstanz 
Versicherungsgericht des Kantons Aargau, Aarau 
 
(Entscheid vom 7. März 2006) 
 
Sachverhalt: 
A. 
Der 1959 geborene D.________ reiste im Juni 1989 in die Schweiz ein und arbeitete ab März 1990 als Dachdecker bei der Firma X.________ und Co. Im Juni 1997 litt der Versicherte erstmals unter akuten Rückenbeschwerden. Die diagnostizierte Diskushernie wurde im November 1997 operativ angegangen. Eine versuchsweise Wiederaufnahme der angestammten Arbeit scheiterte. Seit August 1998 geht der Versicherte keiner Erwerbstätigkeit mehr nach. 
Am 18. August 1998 meldete sich D.________ zum Leistungsbezug bei der Invalidenversicherung an. Die IV-Stelle des Kantons Aargau veranlasste die notwendigen medizinischen Abklärungen. Mit Verfügung vom 17. August 2000 sprach sie dem Versicherten unter Annahme eines Invaliditätsgrades von 55 % mit Wirkung ab 1. Juni 1998 eine halbe Rente zu. Diese Rentenverfügung wurde durch Verfügung vom 26. Oktober 2000 wieder aufgehoben, worauf das Versicherungsgericht des Kantons Aargau das gegen die erstgenannte Verfügung eingeleitete Beschwerdeverfahren mit Entscheid vom 7. November 2000 als gegenstandslos abschrieb. Nach Durchführung weiterer medizinischer Abklärungen verneinte die IV-Stelle mit Verfügung vom 21. März 2005 einen Anspruch auf eine Invalidenrente aufgrund eines Invaliditätsgrades von bloss 20 %. Daran hielt sie mit Einspracheentscheid vom 23. August 2005 fest. 
B. 
Das Versicherungsgericht des Kantons Aargau wies die gegen den Einspracheentscheid erhobene Beschwerde mit Entscheid vom 7. März 2006 ab. 
C. 
D.________ lässt Verwaltungsgerichtsbeschwerde führen mit dem Antrag auf Zusprechung einer halben Invalidenrente ab 1. Juni 1998 und einer ganzen Rente ab 1. April 2002; eventuell "sei die Sache zur Durchführung rechtsgenüglicher medizinischer Abklärungen" an die Verwaltung zurückzuweisen. Ausserdem lässt er um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege (Befreiung von den Gerichtskosten und unentgeltlicher Verbeiständung) ersuchen. 
IV-Stelle und Bundesamt für Sozialversicherung verzichten auf eine Vernehmlassung zur Verwaltungsgerichtsbeschwerde. 
 
Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung: 
1. 
Der angefochtene Entscheid betrifft Leistungen der Invalidenversicherung. Nach Art. 132 Abs. 1 OG in der Fassung gemäss Ziff. III des Bundesgesetzes vom 16. Dezember 2005 über die Änderung des IVG (in Kraft seit 1. Juli 2006) kann das Eidgenössische Versicherungsgericht in Verfahren um die Bewilligung oder Verweigerung von Versicherungsleistungen in Abweichung von den Art. 104 und 105 OG auch die Unangemessenheit der angefochtenen Verfügung beurteilen und ist an die vorinstanzliche Feststellung des Sachverhalts nicht gebunden. Gemäss Art. 132 Abs. 2 OG gelten diese Abweichungen nicht, wenn der angefochtene Entscheid Leistungen der Invalidenversicherung betrifft. Nach Ziff. II lit. c des Bundesgesetzes vom 16. Dezember 2005 gilt indessen bisheriges Recht für die im Zeitpunkt des Inkrafttretens der Änderung beim Eidgenössischen Versicherungsgericht hängigen Beschwerden. Da die hier zu beurteilende Beschwerde am 1. Juli 2006 beim Eidgenössischen Versicherungsgericht hängig war, richtet sich dessen Kognition noch nach Art. 132 Abs. 1 OG
2. 
Die Vorinstanz hat die hier massgebenden gesetzlichen Bestimmungen und von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze, namentlich diejenigen über den Umfang des Rentenanspruchs (Art. 28 Abs. 1 IVG sowohl in der bis 31. Dezember 2003 gültig gewesenen wie auch in der seit 1. Januar 2004 geltenden Fassung), die Bemessung des Invaliditätsgrades bei erwerbstätigen Versicherten nach der allgemeinen Methode des Einkommensvergleichs (bis 31. Dezember 2002: Art. 28 altAbs. 2 IVG; vom 1. Januar bis 31. Dezember 2003: Art. 1 Abs. 1 IVG in Verbindung mit Art. 16 ATSG; ab 1. Januar 2004: Art. 28 Abs. 2 IVG in Verbindung mit Art. 16 ATSG; BGE 130 V 348 Erw. 3.4, 128 V 30 Erw. 1, 104 V 136 Erw. 2a und b) sowie zur Beweiswürdigung und zum Beweiswert medizinischer Berichte und Gutachten (BGE 125 V 352 Erw. 3a, 122 V 160 Erw. 1c mit Hinweisen) richtig dargelegt. Hierauf wird verwiesen. 
3. 
3.1 Im Gutachten der Klinik Y.________, Psychosomatik, vom 3. Juli 2002 wird beim Beschwerdeführer in psychosomatischer Hinsicht keine krankheitsbedingte Einschränkung der Arbeitsfähigkeit festgestellt. Die Beurteilung der Leistungsfähigkeit "bezüglich Wirbelsäule" müsse von "neurochirurgischer oder rheumatologischer Seite" her erfolgen. Aufgrund der von ihm am 12. Juni 2001 in der Neurochirurgischen Klinik des Spitals Z.________ durchgeführten Begutachtung verfasste Dr. W.________, Spezialarzt für Neurochirurgie, am 11. März 2003 (d.h. offenbar nach seinem Weggang von der Klinik) eine fachärztliche Expertise zuhanden der IV-Stelle. Darin diagnostizierte er ein chronisches lumbospondylogenes Syndrom mit rechtsbetonter Ausstrahlung (Zustand nach rechtsseitiger Diskushernienoperation L4/L5) und bescheinigte für schwere körperliche Arbeit eine 70%ige Arbeitsunfähigkeit. Für körperlich leichte Erwerbstätigkeiten ("Hebearbeiten bis 5 kg") attestierte Dr. W.________ eine uneingeschränkte Leistungsfähigkeit, welche "auch nach einer weiteren neurochirurgischen Intervention sicherlich weiterbestehen" würde. Hausarzt Dr. M.________, Internist, erachtete in seinem früheren Bericht vom 28. November 1998 die ganztägige Verrichtung einer "gut geeigneten Arbeit" als zumutbar, während im Hausarztbericht vom 24. August 1999 mit Blick auf eine "Ausdehungstendenz bei chron. Schmerzpatient" festgestellt wurde, die Ausübung einer körperlich leichten Tätigkeit sei nur mehr zu 50 % möglich (und auch dies bloss "theoretisch"). In seiner neusten Stellungnahme vom 24. Oktober 2003 äusserte sich Dr. M.________ einzig zur (vollständigen) Arbeitsunfähigkeit als Dachdecker, ohne explizit auf die Frage nach der verbliebenen Leistungsfähigkeit in einer den Rückenbeschwerden angepassten Verweisungstätigkeit einzugehen. Unter Zugrundelegung der am 28. Mai 2004 im Röntgeninstitut der Dres. R.________, W.________ und L.________, durchgeführten MRI-Untersuchung der Lendenwirbelsäule wurde im Bericht der Neurochirurgischen Klinik des Spitals Z.________ vom 15. Juni 2004 ein chronisches lumboradikuläres Schmerzsyndrom bei Status nach Diskushernienoperation L4/L5 rechts diagnostiziert und ausgeführt, der frühere Beruf als Zimmermann oder eine Tätigkeit im Gastronomiegewerbe bzw. Gartenarbeit sei wegen der Erkrankung der Lendenwirbelsäule nicht mehr möglich, wogegen eine Erwerbstätigkeit in einem verwaltungstechnischen Beruf nach wie vor zumutbar wäre. 
3.2 Aufgrund der angeführten medizinischen Berichte und Gutachten ist von einer krankheitsbedingten vollständigen Leistungseinbusse im angestammten Beruf als Dachdecker/Zimmermann und von einer 100%igen Arbeitsfähigkeit in einer leidensangepassten ganztägigen Erwerbstätigkeit (in körperlicher Hinsicht nur leichte Verrichtungen in Wechselposition; kein Heben von Lasten über 5 kg) auszugehen. Sämtliche in der Verwaltungsgerichtsbeschwerde erhobenen Einwendungen vermögen, soweit sie nicht bereits im angefochtenen Entscheid mit zutreffender Begründung widerlegt worden sind, an dieser Betrachtungsweise nichts zu ändern. Insbesondere lässt sich aus dem Umstand, dass im Bericht des Spitals Z.________ vom 15. Juni 2004 von einem lumboradikulären (nicht mehr lumbospondylogenen) Syndrom die Rede ist, nichts zugunsten des Beschwerdeführers ableiten. Entscheidend ist, dass sämtliche fachärztlichen Berichte und Gutachten für den hier massgebenden Zeitraum (Juni 1998 bis zum Einspracheentscheid vom 23. August 2005) eine uneingeschränkte Leistungsfähigkeit bei rückenschonender Erwerbstätigkeit bescheinigen. Auf die einzige davon abweichende Einschätzung einer bloss hälftigen Arbeitsfähigkeit im Bericht des Hausarztes vom 24. August 1999 kann nicht abgestellt werden, weil sich Dr. M.________ dabei offenkundig in erster Linie von den subjektiven Schmerzangaben des Versicherten leiten liess. Von den in der Verwaltungsgerichtsbeschwerde beantragten ergänzenden medizinischen Abklärungen wären keine hier relevanten neuen Erkenntnisse zu erwarten, weshalb sie unterbleiben können. 
4. 
Was die Einwendungen gegen den von Verwaltung und kantonalem Gericht vorgenommenen Einkommsvergleich anbelangt, können beim sog. Valideneinkommen mangels absolvierter Berufslehre als Dachdecker von Vornherein keine Tabellenlöhne für gelernte Arbeitskräfte herangezogen werden. Im Übrigen ergeben sich aus den Akten keinerlei Hinweise, welche die - nicht näher begründete - Behauptung des Beschwerdeführers stützen, wonach er am früheren Arbeitsplatz "wegen seiner Herkunft oder seiner sprachlichen Schwierigkeiten (...) ein Mindereinkommen erzielt" habe. Schliesslich haben IV-Stelle und Vorinstanz im Hinblick auf BGE 126 V 79 f. Erw. 5b/aa-cc zu Recht keine Herabsetzung des statistischen Lohnes um mehr als 20 % vorgenommen. Die in diese Richtung zielende Forderung des Versicherten wird denn auch in der Verwaltungsgerichtsbeschwerde mit keinem Wort begründet. 
5. 
Nach dem Gesagten muss es mit der vorinstanzlich bestätigten Ablehnung des Rentenbegehrens durch die IV-Organe sein Bewenden haben. 
6. 
Da es im vorliegenden Verfahren um Versicherungsleistungen geht, sind gemäss Art. 134 OG (in der hier anwendbaren, bis 20. Juni 2006 gültig gewesenen Fassung) keine Gerichtskosten zu erheben. Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege im Sinne der Befreiung von den Gerichtskosten erweist sich daher als gegenstandslos. Die unentgeltliche Verbeiständung kann hingegen gewährt werden (Art. 152 in Verbindung mit Art. 135 OG), da die Bedürftigkeit aktenkundig ist, die Beschwerde nicht als aussichtslos zu bezeichnen und die Vertretung geboten war (BGE 125 V 202 Erw. 4a und 372 Erw. 5b, je mit Hinweisen). Es wird indessen ausdrücklich auf Art. 152 Abs. 3 OG aufmerksam gemacht, wonach die begünstigte Partei der Gerichtskasse Ersatz zu leisten haben wird, wenn sie später dazu im Stande ist. 
 
Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht: 
1. 
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen. 
2. 
Es werden keine Gerichtskosten erhoben. 
3. 
Zufolge Gewährung der unentgeltlichen Verbeiständung wird Rechtsanwalt Martin Kuhn, Baden, für das Verfahren vor dem Eidgenössischen Versicherungsgericht aus der Gerichtskasse eine Entschädigung von Fr. 2500.- (einschliesslich Mehrwertsteuer) ausgerichtet. 
4. 
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Versicherungsgericht des Kantons Aargau, der Ausgleichskasse SPIDA und dem Bundesamt für Sozialversicherung zugestellt. 
Luzern, 11. August 2006 
Im Namen des Eidgenössischen Versicherungsgerichts 
 
Der Präsident der IV. Kammer: Der Gerichtsschreiber: