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«AZA 7» 
U 118/99 Vr 
 
 
IV. Kammer 
Bundesrichter Borella, Rüedi und Bundesrichterin Leuzinger; Gerichtsschreiberin Hostettler 
 
 
Urteil vom 12. Februar 2001 
 
in Sachen 
G.________, 1969, Beschwerdeführerin, vertreten durch Rechtsanwalt Christian Thöny, Quaderstrasse 16, Chur, 
 
gegen 
Winterthur-Versicherungen, General Guisan-Strasse 40, Winterthur, Beschwerdegegnerin, vertreten durch Fürsprecher René W. Schleifer, Stampfenbachstrasse 42, Zürich, 
 
und 
Verwaltungsgericht des Kantons Graubünden, Chur 
 
 
A.- Die 1969 geborene G.________ war seit Juni 1995 als gelernte Arztgehilfin in der Klinik X.________ tätig und in dieser Eigenschaft bei den Winterthur-Versicherungen (nachfolgend: Winterthur) obligatorisch gegen die Folgen von Berufs- und Nichtberufsunfällen versichert. In den Jahren 1989, 1991, 1992 erlitt sie mehrere Skiunfälle, wobei sie sich verschiedene Verletzungen an der Wirbelsäule zuzog. Die Winterthur erbrachte die gesetzlichen Leistungen und erklärte den Unfall von 1992 gestützt auf das Gutachten des Prof. Dr. med. S.________, Neurochirurgie FMH, vom 15. November 1993 rückwirkend ab 8. Februar 1993 für abgeschlossen. Am 11. Januar 1997 erlitt die Versicherte erneut einen Skiunfall, für dessen Folgen (Halswirbelsäulen-Distorsion, Schädelprellung) wiederum die Winterthur aufkam. Mit Verfügung vom 10. Juli 1997 teilte sie ihr mit, es lägen im Zusammenhang mit dem letzten Unfallereignis keine unfallkausalen Folgen mehr vor, weshalb die Heilbehandlung und die Taggeldleistungen ab 1. August 1997 eingestellt würden. Die hiegegen erhobene Einsprache hiess die Winterthur - gestützt auf die erläuternde Stellungnahme ihres beratenden Arztes, Dr. med. H.________, vom 12. Juni 1998 zum Gutachten der Klinik Y.________ vom 4. Mai 1998 und die Expertise des Prof. Dr. med. S.________ - teilweise gut, als sie die Leistungspflicht für die Heilbehandlung der Halswirbelsäule bis zum 31. Dezember 1997 anerkannte, im Übrigen jedoch an der Verfügung festhielt (Entscheid vom 23. Juni 1998). 
 
B.- Die hiegegen erhobene Beschwerde wies das Verwaltungsgericht des Kantons Graubünden mit Entscheid vom 12. Januar 1999 ab, soweit es darauf eintrat. 
 
C.- G.________ lässt Verwaltungsgerichtsbeschwerde führen mit dem Antrag, in Aufhebung des vorinstanzlichen Entscheides sei die Winterthur zur Ausrichtung der gesetzlichen Leistungen für die Folgen des Unfalles vom 11. Januar 1997 über den 1. August 1997 hinaus zu verpflichten. Eventuell sei die Sache zur Vornahme eines "neurologisch/ neuropsychologischen" Obergutachtens und weiterer Abklärungen, insbesondere des Arbeitsplatzes, an den Unfallversicherer zurückzuweisen. 
Die Winterthur schliesst auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde. Das Bundesamt für Sozialversicherung lässt sich nicht vernehmen. 
 
Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung: 
 
1.- Streitig und zu prüfen ist, wie bereits im kantonalen Verfahren, einzig die Leistungspflicht der Winterthur für den Unfall vom 11. Januar 1997, insbesondere die Frage, ob der natürliche Kausalzusammenhang zwischen dem Unfall und den bestehenden Beschwerden gegeben ist. 
 
2.- a) Die Vorinstanz hat die massgebenden Gesetzesbestimmungen über die Gewährung von Versicherungsleistungen bei Unfällen (Art. 6 Abs. 1 UVG) und den Anspruch auf Taggelder (Art. 16 UVG) sowie die vom Eidgenössischen Versicherungsgericht entwickelten Grundsätze zu dem für die Leistungspflicht des Unfallversicherers zunächst vorausgesetzten natürlichen Kausalzusammenhang (BGE 119 V 337 Erw. 1) zwischen dem Unfallereignis und dem eingetretenen Schaden (Krankheit, Invalidität, Tod) zutreffend dargelegt. Richtig sind ferner die Ausführungen betreffend das Zusammenwirken von Arzt und Verwaltung bzw. Gericht bei der Feststellung des natürlichen Kausalzusammenhangs. Auch die Rechtsprechung zum Beweiswert und zur richterlichen Würdigung von medizinischen Berichten und Gutachten (BGE 122 V 160 Erw. 1c mit Hinweisen) hat die Vorinstanz korrekt wiedergegeben. Darauf kann verwiesen werden. 
 
b) Wird durch den Unfall ein krankhafter Vorzustand verschlimmert oder überhaupt erst manifest, entfällt die Leistungspflicht des Unfallversicherers erst, wenn der Unfall nicht die natürliche und adäquate Ursache des Gesundheitsschadens darstellt, wenn also letzterer nur noch und ausschliesslich auf unfallfremden Ursachen beruht. Dies trifft dann zu, wenn entweder der (krankhafte) Gesundheitszustand, wie er unmittelbar vor dem Unfall bestanden hat (status quo ante) oder aber derjenige Zustand, wie er sich nach dem schicksalsmässigen Verlauf eines krankhaften Vorzustandes auch ohne Unfall früher oder später eingestellt hätte (status quo sine), erreicht ist (RKUV 1992 Nr. U 142 S. 75 Erw. 4b). 
 
3.- Gestützt auf die Stellungnahme des Vertrauensarztes der Winterthur, Dr. med. H.________, Spezialarzt FMH Chirurgie, vom 12. Juni 1998 zum Gutachten von PD Dr. med. R.________, Chefarzt Wirbelsäule/Orthopädie der Klinik Y.________, vom 4. Mai 1998 und die Expertise des Prof. Dr. med. S.________, Neurochirurgie FMH, vom 15. November 1993 ist die Vorinstanz zum Schluss gelangt, dass ein natürlicher Kausalzusammenhang zwischen dem Unfall vom 11. Januar 1997 und den bestehenden Beschwerden an der Wirbelsäule nicht mit dem erforderlichen Beweisgrad der überwiegenden Wahrscheinlichkeit erstellt sei. Die Beschwerdeführerin bestreitet dies mit Hinweis auf das von der Beschwerdegegnerin selbst vorgeschlagene und in Auftrag gegebene Gutachten der Klinik Y.________ vom 4. Mai 1998. 
 
4.- a) In Bezug auf die HWS-Beschwerden steht die Stellungnahme des Dr. med. H.________ im Widerspruch zum Gutachten des Dr. med. R.________; sie stellt insbesondere keine "Erläuterung" dar (angefochtener Entscheid S. 13 unten). 
So bezeichnet Dr. med. R.________ auf Seite 7 (5a) seines Gutachtens die HWS-Beschwerden der Beschwerdeführerin als unfallbedingt und auf Seite 9 (7c) geht er von der Annahme aus, der Wechsel zu einer leichteren (und schlechter bezahlten) Stelle sei leidensbedingt gewesen; dagegen sei die Einschränkung der Arbeitsfähigkeit an der weniger belastenden Arbeitsstelle nicht HWS-, sondern LWS-bedingt (7a). Dr. med. H.________ hingegen bestreitet zwar das Vorliegen von HWS-Beschwerden nicht, ist jedoch der Meinung, dass diese "nach der allgemeinen Erfahrung und nach dem normalen Lauf der Dinge" nach maximal 12 Monaten auf den Vorzustand zurückzuführen seien. Indessen ist dieser Bericht diesbezüglich weder schlüssig noch nachvollziehbar begründet. Aus diesem Grund ist hinsichtlich der Kausalität der HWS-Beschwerden auf das Gutachten der Klinik Y.________ abzustellen. Allerdings können diesem keine klaren Angaben zu der entsprechenden Arbeitsunfähigkeit entnommen werden, weshalb sich ergänzende Abklärungen durch die Beschwerdegegnerin aufdrängen, welche neu verfügen wird. 
 
b) Auch in Bezug auf die LWS-Beschwerden weichen die medizinischen Berichte voneinander ab. Da die Beschwerdegegnerin die diesbezüglichen Leistungen für die vor dem 11. Januar 1997 versicherten Unfälle wegen fehlender Kausalität eingestellt hat (vgl. Gutachten des Dr. med. S.________), stellt sich die Frage, ob auf die abweichende ärztliche Beurteilung durch Dr. med. R.________ abzustellen ist und ob sie gegebenenfalls - verglichen mit derjenigen von Dr. med. S.________ - einen Grund zur prozessualen Revision des früheren Fallabschlusses darstellt. Um dies überprüfen zu können, wird die Beschwerdegegnerin die früheren Unfallakten beiziehen. Somit rechtfertigt sich auch diesbezüglich eine Rückweisung zur ergänzenden Abklärung und neuen Verfügung. 
 
Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht: 
 
I. Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird in dem Sinne 
gutgeheissen, dass der Entscheid des Verwaltungsge- 
richts des Kantons Graubünden vom 12. Januar 1999 und 
der Einspracheentscheid vom 23. Juni 1998 aufgehoben 
werden und die Sache an die Winterthur zurückgewiesen 
wird, damit sie im Sinne der Erwägungen verfahre und 
über das Leistungsbegehren neu verfüge. 
 
II. Es werden keine Gerichtskosten erhoben. 
III. Die Winterthur hat der Beschwerdeführerin für das Ver- 
fahren vor dem Eidgenössischen Versicherungsgericht 
eine Parteientschädigung von Fr. 2500.- (einschliess- 
lich Mehrwertsteuer) zu bezahlen. 
 
IV. Das Verwaltungsgericht des Kantons Graubünden wird 
über eine Parteientschädigung für das kantonale Ver- 
fahren entsprechend dem Ausgang des letztinstanzlichen 
Prozesses zu befinden haben. 
 
V. Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsge- 
richt des Kantons Graubünden und dem Bundesamt für So- 
zialversicherung zugestellt. 
Luzern, 12. Februar 2001 
Im Namen des 
Eidgenössischen Versicherungsgerichts 
Der Präsident der IV. Kammer: 
 
 
 
 
Die Gerichtsschreiberin: