Wichtiger Hinweis:
Diese Website wird in älteren Versionen von Netscape ohne graphische Elemente dargestellt. Die Funktionalität der Website ist aber trotzdem gewährleistet. Wenn Sie diese Website regelmässig benutzen, empfehlen wir Ihnen, auf Ihrem Computer einen aktuellen Browser zu installieren.
Zurück zur Einstiegsseite Drucken
Grössere Schrift
 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
{T 0/2} 
5C.239/2002 /bie 
 
Urteil vom 12. Dezember 2002 
II. Zivilabteilung 
 
Bundesrichter Bianchi, Präsident, 
Bundesrichter Meyer, Bundesrichterin Hohl, 
Gerichtsschreiber Zbinden. 
 
D.________, Klägerin und Berufungsklägerin, 
vertreten durch Rechtsanwalt lic. iur. Hans Suppiger, Seidenhofstrasse 12, 6003 Luzern, 
 
gegen 
 
X.________AG, Beklagte und Berufungsbeklagte, 
vertreten durch Rechtsanwalt lic. iur. Andreas Rohrer, Neuhofstrasse 25, 6340 Baar. 
 
Schadenersatz gemäss Art. 706 ZGB
 
Berufung gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Zug, Zivilrechtliche Abteilung, vom 24. September 2002. 
 
Sachverhalt: 
A. 
D.________ ist Eigentümerin der Liegenschaft GS Nr. 54 GB der Gemeinde A.________. Zu Gunsten dieses Grundstücks und zu Lasten des einem Dritten gehörenden Nachbargrundstücks GS Nr. 52 GB der nämlichen Gemeinde ist im Grundbuch ein Quellenrecht eingetragen; die Quellfassung befindet sich auf der an die Parzelle Nr. 52 angrenzenden Parzelle GS Nr. 51. Oberhalb dieses Grundstücks liegt die Parzelle GS Nr. 1587, Eigentum der X.________AG. Diese begann im Februar/März 1997 auf ihrem Grundstück mit der Erstellung eines Mehrfamilienhauses mitsamt Tiefgarage und nahm hierzu umfangreiche Aushubarbeiten vor. Im Zuge der Bauarbeiten stellte D.________ ein zeitweiliges Versiegen der Quelle fest. 
B. 
Nachdem eine vorsorgliche Beweisaufnahme zur Abklärung des Zusammenhanges zwischen den Bauarbeiten und der Beeinträchtigung der Quelle durchgeführt worden war und den Zusammengang bejaht hatte, klagte D.________ (nachfolgend: Klägerin) gegen die X.________AG (nachfolgend: Beklagte) auf Schadenersatz in der Höhe von Fr. 82'608.80 nebst Zins. Das Kantonsgericht des Kantons Zug hiess die Klage im Umfang von Fr. 53'254.75 nebst Zins zu 5 % seit dem 8. März 1997 gut. Das Obergericht des Kantons Zug, Zivilrechtliche Abteilung, verpflichtete die Beklagte auf Berufung der Klägerin mit Urteil vom 24. September 2002 zur Bezahlung eines Schadenersatzes in der Höhe von Fr. 66'087.05 nebst Zins zu 5 % seit dem 8. März 1997. 
C. 
Die Klägerin hat gegen dieses Urteil beim Bundesgericht Berufung eingereicht; sie beantragt, die Beklagte sei zu verpflichten, ihr Fr. 82'608.80 nebst Zins zu 5 % seit dem 8. März 1997 zu bezahlen; dementsprechend seien die Kosten und Entschädigungen der kantonalen Verfahren neu zu verlegen. 
 
Es ist keine Berufungsantwort eingeholt worden. Das Obergericht verzichtet unter Hinweis auf das angefochtene Urteil auf Gegenbemerkungen, beantragt aber, die Berufung sei abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden könne. 
 
Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 
1. 
Gegen das angefochtene Urteil steht kein weiteres ordentliches kantonales Rechtsmittel mehr zur Verfügung; es erweist sich daher als letztinstanzlich im Sinne von Art. 48 Abs. 1 OG. Weil das Begehren den Betrag von Fr. 8'000.-- offensichtlich übersteigt, ist die Berufung auch im Lichte von Art. 46 OG zulässig. 
2. 
Das Obergericht hat wie die erste Instanz namentlich gestützt auf die vorsorgliche Beweisführung bejaht, dass die Quelle durch die Bauarbeiten auf dem Grundstück der Beklagten beeinträchtigt worden sei und die Beklagte deshalb für den daraus resultierenden Schaden einzustehen habe. Es hat alsdann einen Schaden in der Höhe von Fr. 82'608.80 ermittelt, den es indes lediglich im Umfang von 80 % durch die Beklagte tragen liess. Zur Begründung hat die Vorinstanz dazu namentlich ausgeführt, die Quelle, an der die Klägerin nutzungsberechtigt sei, liege nicht auf dem Grundstück der Beklagten, auf dem die Bauarbeiten durchgeführt worden seien. Sie werde aber durch einen Wasserstrom gespiesen, der vom beklagtischen Grundstück ausgehe bzw. durch dieses führe; dessen sei sich die Klägerin offensichtlich bewusst gewesen; zumindest habe sie nichts Gegenteiliges behauptet. Die Beklagte habe ihrerseits von diesem Sachverhalt nichts gewusst und sich auch nicht über die Lage allfälliger Quellen informieren können, da in der Gemeinde kein entsprechender Katasterplan existiere, der Aufschluss über die Lage der Quellen gebe. Die Klägerin sei ihrerseits über das Bauvorhaben informiert worden und somit aufgrund der gegebenen Umstände verpflichtet gewesen, die Beklagte über die Quellenverhältnisse zu orientieren, auf dass sie bereits vor Baubeginn geeignete Massnahmen zum Schutz der Quelle hätte ergreifen und so den Schaden bedeutend tiefer hätte halten können. Die Klägerin habe indessen erst nach Versiegen der Quelle reagiert, was ihr als Selbstverschulden anzurechnen sei. Vor Bundesgericht bestreitet die Klägerin, dass ihr ein Selbstverschulden angerechnet werden kann. 
2.1 
2.1.1 Die Klägerin macht geltend, entgegen der Auffassung des Obergerichts habe sie nicht gewusst, dass der Wasserstrom, der die Quelle speist, vom beklagtischen Grundstück ausgehe oder durch dieses führe. Überdies handle es sich beim Selbstverschulden um eine rechtshindernde Tatsache, die vom Ersatzpflichtigen, hier also von der Beklagten, nachzuweisen sei. Daher habe auch nicht sie (die Klägerin) ihre Unkenntnis über den Verlauf der Quelle nachzuweisen. Die Beklagte habe denn auch nie behauptet, die Klägerin habe darum gewusst. Indem die Vorinstanz sinngemäss davon ausgehe, sie (die Klägerin) habe ihre Unkenntnis über den Verlauf des Wasserstromes nachzuweisen, verletze sie Art. 8 ZGB
2.1.2 Das Obergericht hat aus dem Stillschweigen der Klägerin geschlossen, diese habe gewusst, dass die Quelle durch einen Wasserstrom gespiesen wird, der vom beklagtischen Grundstück ausgeht oder durch dieses führt. Soweit die Klägerin nunmehr etwas anderes behauptet, richtet sie sich in unzulässiger Weise gegen verbindliche tatsächliche Feststellungen der Vorinstanz (Art. 63 Abs. 2 OG; BGE 115 II 484 E. 2a; 117 II 256 E. 2a); auf die entsprechenden Vorbringen ist demnach nicht einzutreten. Mit der obergerichtlichen Feststellung aber wurden die Fragen der Beweislastverteilung und der Verteilung der Behauptungslast gegenstandslos (BGE 114 II 289 E. 2 S. 291; Urteil 4C.93/1992 vom 20. Juli 1992, E. 2a, in: SJ 1993 p. 265). Unter diesen Umständen kann offen bleiben, ob und wenn ja , inwieweit die Frage der Behauptungslast überhaupt vom Bundesrecht beherrscht wird. Die Berufung ist demnach in diesem Punkt abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden kann. 
2.2 
2.2.1 Die Klägerin macht ferner zusammengefasst geltend, die Vorinstanz habe den adäquaten Kausalzusammenhang falsch gewürdigt. Nachdem die Beklagte von der Klägerin über den Unterbruch der Wasserzufuhr orientiert und zur Einleitung von Massnahmen aufgefordert worden sei, habe sie nichts unternommen und ihre Bauarbeiten fortgesetzt. Daher sei anzunehmen, dass sie auch einen vor Beginn der Arbeiten abgegebenen Hinweis der Klägerin auf den Quellenverlauf nicht beachtet und gleichwohl mit den Bauarbeiten begonnen hätte, womit der Kausalzusammenhang zwischen der Unterlassung der Klägerin und dem eingetretenen Schaden unterbrochen worden sei. 
2.2.2 Nach den obergerichtlichen Feststellungen ist die Quelle durch die Bauarbeiten auf dem Grundstück der Beklagten beeinträchtigt worden. Die Beklagte ist somit für den eingetretenen Schaden grundsätzlich haftbar, weshalb sich für die Schadenersatzbemessung gemäss Art. 706 Abs. 2 ZGB höchstens noch fragen kann, ob auch die Klägerin ein Verschulden trifft, das zu einer Reduktion des Schadenersatzes führen könnte. Nach der Lehre ist ein Verschulden der geschädigten Person, hier also der Klägerin, dann anzunehmen, wenn sie trotz Kenntnis der schädigenden Veranstaltung nicht rechtzeitig, d.h. in einem Moment beim Schädiger vorstellig geworden ist, wo durch Einstellung der Arbeiten der Schaden hätte vermieden oder auf ein Minimum beschränkt werden können (vgl. dazu Haab, Zürcher Kommentar, N. 20 zu Art. 706, 707 ZGB). Das Obergericht hat dies mit Bezug auf die Klägerin bejaht, zumal sie trotz Kenntnis des Wasserverlaufs und der Bauarbeiten sich nicht zu einer Intervention bei der Beklagten veranlasst sah; es hat folglich der Klägerin ein Verschulden von 20 %, der Beklagten hingegen ein solches von 80 % angelastet, weil diese die Bauarbeiten nach Kenntnis der eingetretenen Probleme (Versiegen der Quelle) unbekümmert weiterführte. Die Ausführungen der Klägerin darüber, dass die Beklagte auch nicht reagiert hätte, falls sie vor Beginn der Arbeiten über den Verlauf des Wasserstromes informiert worden wäre, beruhen auf reinen Spekulationen und finden in den tatsächlichen Feststellungen des Obergerichts keine Stütze. Als blosse Kritik an der vorinstanzlichen Beweiswürdigung sind sie im Rahmen der Berufung nicht zulässig (BGE 120 II 97 E. 2b S. 99; 122 III 219 E. 3c S. 223 mit Hinweisen). 
2.3 Damit ist die Berufung insgesamt abzuweisen, soweit überhaupt darauf eingetreten werden kann. Ausführungen zur Frage der Kostenverlegung der kantonalen Verfahren erübrigen sich unter den gegebenen Umständen. Das angefochtene Urteil ist als solches zu bestätigen. 
3. 
Bei diesem Ausgang des Verfahrens wird die Klägerin kostenpflichtig (Art. 56 Abs. 1 OG). Der Beklagten ist keine Entschädigung zuzusprechen, zumal keine Berufungsantwort eingeholt worden ist. 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht: 
 
1. 
Die Berufung wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist, und das Urteil des Obergerichts des Kantons Zug, Zivilrechtliche Abteilung, vom 24. September 2002 wird bestätigt. 
2. 
Die Gerichtsgebühr von Fr. 3'000.-- wird der Klägerin auferlegt. 
3. 
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Zug, Zivilrechtliche Abteilung, schriftlich mitgeteilt. 
Lausanne, 12. Dezember 2002 
Im Namen der II. Zivilabteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber: