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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
{T 0/2} 
5A_952/2012 
 
Urteil vom 13. Februar 2013 
II. zivilrechtliche Abteilung 
 
Besetzung 
Bundesrichter von Werdt, Präsident, 
Bundesrichterin Escher, Bundesrichter Schöbi 
Gerichtsschreiberin Friedli-Bruggmann. 
 
Verfahrensbeteiligte 
X.________, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen 
 
Kantonsgericht St. Gallen, Einzelrichter im Familienrecht, 
Beschwerdegegner. 
 
Gegenstand 
Unentgeltliche Rechtspflege (Kinder-Unterhaltsbeiträge), 
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Kantonsgerichts St. Gallen, Einzelrichter im Familienrecht, vom 15. November 2012. 
 
Sachverhalt: 
 
A. 
X.________ (geb. 1965, deutscher Staatsangehöriger) ersuchte am 21. Mai 2012 in einem vor dem Kantonsgericht St. Gallen hängigen Berufungsverfahren betreffend Unterhalt und Besuchsregelung für das Kind A.________ (geb. 2001) um unentgeltliche Rechtspflege. Mit Entscheid vom 15. November 2012 wies der Einzelrichter im Familienrecht des Kantonsgerichts St. Gallen (nachfolgend Vorinstanz) das Gesuch mit der Begründung ab, dass er nicht prozessarm sei. 
 
B. 
Gegen diesen Entscheid hat X.________ (nachfolgend Beschwerdeführer) mit Eingabe vom 17. Dezember 2012 Beschwerde an das Bundesgericht erhoben. Er verlangt, der Entscheid vom 15. November 2012 sei unter Kosten- und Entschädigungsfolgen aufzuheben und ihm sei für das Berufungsverfahren die unentgeltliche Rechtspflege zu gewähren. Für das bundesgerichtliche Verfahren beantragt er ebenfalls die unentgeltliche Rechtspflege. 
Mit Verfügung vom 10. Januar 2013 hat der Präsident der II. zivilrechtlichen Abteilung das Gesuch des Beschwerdeführers um aufschiebende Wirkung gutgeheissen. Das Kantonsgericht St. Gallen hatte diesbezüglich auf eine Stellungnahme verzichtet. 
In der Sache selbst wurden keine Vernehmlassungen eingeholt. 
 
Erwägungen: 
 
1. 
1.1 Angefochten ist der Entscheid einer letzten kantonalen Instanz (Art. 75 Abs. 1 BGG), mit welchem die unentgeltliche Rechtspflege abgewiesen wurde. Der die unentgeltliche Rechtspflege abweisende Entscheid ist ein Zwischenentscheid, der einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil bewirken kann (Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG; BGE 133 V 402 E. 1.2 S. 403). Bei Zwischenentscheiden folgt der Rechtsweg demjenigen der Hauptsache (BGE 137 III 380 E. 1.1 S. 382). In dieser geht es um Kinderunterhaltsbeiträge sowie Besuchsrechte, die eine Zivilsache sind und keiner Streitwertgrenze unterliegen (Art. 72 Abs. 1 und Art. 74 BGG). Die vom Beschwerdeführer als subsidiäre Verfassungsbeschwerde bezeichnete Eingabe ist daher als Beschwerde in Zivilsachen entgegenzunehmen (Art. 113 BGG). Am Verfahren vor der Vorinstanz hat der Beschwerdeführer als Partei teilgenommen und er ist somit zur Beschwerde berechtigt (Art. 76 Abs. 1 lit. a BGG). Die Beschwerdefrist gemäss Art. 100 Abs. 1 BGG ist eingehalten. Auf die Beschwerde ist einzutreten. 
 
1.2 Bei der Beschwerde in Zivilsachen dürfen keine neuen Tatsachen und Beweismittel vorgebracht werden, es sei denn, erst der Entscheid der Vorinstanz habe dazu Anlass gegeben (Art. 99 Abs. 1 BGG). In der Beschwerde ist darzutun, inwiefern die Voraussetzung für eine nachträgliche Einreichung von Tatsachen und Beweismitteln erfüllt sein soll (BGE 133 III 393 E. 3 S. 395). 
 
2. 
Der Beschwerdeführer rügt, sein rechtliches Gehör (Art. 29 Abs. 2 BV) sei verletzt worden, indem ihm keine Gelegenheit eingeräumt worden sei, zum Thema der Belehnungsmöglichkeiten seiner Liegenschaften Stellung zu nehmen. 
Grundsätzlich obliegt es der gesuchstellenden Partei, ihre Einkommens- und Vermögensverhältnisse umfassend darzustellen und soweit möglich zu belegen. Diesbezüglich trifft sie eine umfassende Mitwirkungspflicht. An die klare und gründliche Darstellung der finanziellen Situation dürfen umso höhere Anforderungen gestellt werden, je komplexer diese Verhältnisse sind. Insbesondere ist die mit dem Gesuch befasste Behörde weder verpflichtet, den Sachverhalt von sich aus nach jeder Richtung hin abzuklären, noch muss sie unbesehen alles, was behauptet wird, von Amtes wegen überprüfen. Sie muss den Sachverhalt nur dort (weiter) abklären, wo noch Unsicherheiten und Unklarheiten bestehen, sei es, dass sie von einer Partei auf solche - wirkliche oder vermeintliche - Fehler hingewiesen wird, sei es, dass sie sie selbst feststellt (Urteil 2C_793/2012 vom 20. November 2012 E. 4.2 und 5A_451/2012 vom 27. August 2012 E. 2.1 mit Hinweis auf BGE 120 Ia 179 E. 3a). 
Ziffer 2.3 der "Richtlinien zur unentgeltlichen Rechtspflege im Zivilprozess und für die Privatklägerschaft im Strafprozess" des Kantonsgerichts St. Gallen, auf die sich der Beschwerdeführer in anderem Sachzusammenhang beruft, erwähnt ausdrücklich, dass auch geprüft werde, ob der Gesuchsteller über frei verwertbares Vermögen verfüge, und dass selbstgenutztes Wohneigentum soweit möglich hypothekarisch zu belasten sei. Die vom Beschwerdeführer bewohnte Liegenschaft ist im Verhältnis zum ausgewiesenen Kaufpreis nur mit 25% hypothekarisch belehnt (s. dazu E. 5 hiernach). Folglich musste er ohne weiteres damit rechnen, dass ihm eine weitergehende Belastung seiner Liegenschaften zugemutet werden könnte. Die Vorinstanz hat mit Schreiben vom 10. August 2012 gewisse Belege nachgefordert und im Schreiben vom 7. September 2012 ausdrücklich darauf aufmerksam gemacht, dass es Sache des Beschwerdeführers sei, die finanzielle Situation vollumfänglich darzulegen. Eine weitergehende Pflicht, beim Beschwerdeführer Erkundigungen einzuholen, oblag ihr nicht. Ebenso wenig war die Vorinstanz gehalten, den Beschwerdeführer vor ihrem Entscheid zu den Belehnungsmöglichkeiten Stellung nehmen zu lassen. Die Gehörsrüge ist unbegründet. 
 
3. 
Der Beschwerdeführer rügt weiter eine Verletzung seines Anspruchs auf unentgeltliche Rechtspflege und beruft sich dabei auf Art. 29 Abs. 3 BV
 
3.1 Mit Art. 117 ff. ZPO wird der als verfassungsrechtliche Minimalgarantie in Art. 29 Abs. 3 BV verankerte Anspruch auf unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung auf Gesetzesstufe geregelt. Im Anwendungsbereich der Zivilprozessordnung sind damit seit dem 1. Januar 2011 die Art. 117 ff. ZPO massgebend (BGE 138 III 217 E. 2.2.3 S. 218 mit Hinweisen). Der Gehalt von Art. 117 ZPO und Art. 29 Abs. 3 BV ist indes derselbe, wobei die Verfassungsbestimmung die Grundnorm darstellt. Dass sich der anwaltlich nicht vertretene Beschwerdeführer lediglich auf Art. 29 Abs. 3 BV beruft, schadet daher nicht. Sein Einwand, die Vorinstanz habe seinen Anspruch auf unentgeltliche Rechtspflege verletzt, ist indes im Lichte von Art. 117 ff. ZPO zu behandeln. 
 
3.2 Als bedürftig gilt, wer für die Kosten eines Prozesses nicht aufkommen kann, ohne die Mittel anzugreifen, derer er zur Deckung des notwendigen Lebensunterhalts für sich und seine Familie bedarf (BGE 128 I 225 E. 2.5.1. S. 232; 127 I 202 E. 3b S. 205). 
Das Bundesgericht prüft frei, ob die Vorinstanz die Kriterien zur Bestimmung der Bedürftigkeit zutreffend angewendet hat; die zugrunde liegenden tatsächlichen Feststellungen der kantonalen Behörden überprüft es hingegen nur auf Willkür (Art. 9 BV; BGE 134 I 12 E. 2.3 S. 14 mit Hinweis). Hierfür gilt das Rügeprinzip (Art. 106 Abs. 2 BGG; BGE 133 II 249 E. 1.4.2 S. 254). Was die Rüge willkürlicher Sachverhaltsfeststellung anbelangt, ist neben der Erheblichkeit der gerügten Feststellungen für den Ausgang des Verfahrens (Art. 97 Abs. 1 BGG; BGE 135 I 19 E. 2.2.2 S. 22) im Einzelnen darzulegen, inwiefern diese offensichtlich unhaltbar sind, das heisst mit der tatsächlichen Situation in klarem Widerspruch stehen, auf einem offenkundigen Versehen beruhen oder sich sachlich in keiner Weise rechtfertigen lassen (BGE 134 V 53 E. 4.3 S. 62 mit Hinweisen). 
Der Beschwerdeführer rügt darüber hinaus eine Verletzung kantonaler Vorschriften, namentlich der vom Kantonsgericht St. Gallen erlassenen Richtlinien zur unentgeltlichen Rechtspflege. Diesbezüglich müsste er Willkür darlegen. Der Beschwerdeführer hat jedoch keine der Rügepflicht genügende Rüge erhoben. 
 
4. 
Der Beschwerdeführer erhebt diverse Sachverhaltsrügen betreffend die vorinstanzliche Festsetzung seines Existenzminimums respektive Notbedarfs. Diese Rügen zielen ins Leere, zumal die Vorinstanz die fehlende Bedürftigkeit des Beschwerdeführers nicht mit einem dessen Notbedarf übersteigenden Einkommen begründet, sondern mit Vermögen, das belastet werden könne (s. E. 5 sogleich); auf diese Rügen ist nicht einzutreten. 
Mit derselben Begründung nicht einzutreten ist auf die als Gehörsverletzung bezeichnete, letztlich aber als Verletzung des Untersuchungsgrundsatzes gemeinte Rüge, wonach die Vorinstanz den Darlehensvertrag mit der Bank B.________ nicht eingefordert, folglich fälschlicherweise eine Amortisationspflicht bei der Bank B.________ verneint und daher die Amortisationsraten zu Unrecht in seinem Notbedarf unberücksichtigt gelassen habe. Es kann daher offen gelassen werden, wieweit der Untersuchungsgrundsatz diesbezüglich überhaupt gilt (dazu E. 2). 
Dasselbe Schicksal ereilt schliesslich die Rüge, die Vorinstanz habe bei der Berechnung des Notbedarfs auf dem betreibungsrechtlichen Grundbetrag nur einen Zuschlag von 20% berechnet, während die kantonalen Richtlinien einen Zuschlag von 30% vorsähen. 
 
5. 
Der Kern der Angelegenheit liegt indes beim Vermögen des Beschwerdeführers. 
 
5.1 In diesem Zusammenhang hat die Vorinstanz festgehalten, dass der Beschwerdeführer Eigentümer zweier Liegenschaften in C.________/D und D.________/D ist. Die erste bewohnt er hauptsächlich selbst. Er hat sie zu einem Gesamtkaufpreis von EUR 220'682.-- erworben. Darauf lastet ein Kredit bei der Bank b.________ AG mit einem Darlehensstand per 31. Dezember 2011 von EUR 49'200.--. Die zweite Liegenschaft erwarb der Beschwerdeführer im Frühling 2012 für EUR 225'000.--. Den Kauf finanzierte er teilweise mit einem Kredit bei der Bank E.________ von EUR 170'000.--. Beim Kauf beider Liegenschaften wurde er im Übrigen durch insgesamt sechsstellige Darlehen seiner Mutter unterstützt. Wie die Vorinstanz ausführt, blieben Unklarheiten über die genaue Höhe der Darlehen der Mutter. So kam die Vorinstanz aufgrund der vorgelegten Banküberweisungen auf Verwandtendarlehen von total EUR 324'850.-- (EUR 210'850.-- für C.________, EUR 114'000.-- im Zusammenhang mit D.________), während der Beschwerdeführer nur EUR 245'000.-- deklariert habe. 
Davon ausgehend hat die Vorinstanz befunden, es sei stossend, wenn der Gesuchsteller während eines laufenden Gerichtsverfahrens Geld seiner Mutter in Immobilien anlege, sich aber gleichzeitig darauf berufe, er könne keine Prozesskosten tragen. Ihm sei zuzumuten, das bestehende Hypothekardarlehen auf der Liegenschaft in C.________ zu erhöhen und damit die anstehenden Prozesskosten zu bezahlen. Gestützt darauf hat die Vorinstanz die Bedürftigkeit verneint. 
 
5.2 Der Beschwerdeführer beanstandet diese Schlussforderungen. Er bringt sinngemäss vor, keine Bank würde ihn für kreditwürdig erachten, weshalb er die Prozesskosten nicht durch eine Erhöhung der Darlehen finanzieren könne. Zudem würden ihm durch eine Aufstockung der Hypothek auch höhere Zinskosten entstehen, was die Vorinstanz nicht berücksichtigt habe. 
 
5.3 Tatfrage und damit nur auf Willkür zu überprüfen ist, ob dem Beschwerdeführer aufgrund der Liegenschaften finanzielle Mittel zur Verfügung stehen. Ob ein Rückgriff auf das Vermögens überhaupt zumutbar ist, stellt demgegenüber eine mit voller Kognition zu prüfende Rechtsfrage dar (vorstehend E. 3.2). 
5.3.1 Der Beschwerdeführer bestreitet die Feststellung, wonach die hauptsächlich von ihm selbst bewohnte Liegenschaft in C.________ zu weniger als 25% belastet ist (Kaufpreis EUR 220'682.--, Darlehen EUR 49'200.--), nicht. Die Vorinstanz durfte davon ausgehen, dass auch deutsche Banken Hypothekarbelastungen von über 25% akzeptieren, zumal der Beschwerdeführer beim im Frühling 2012 erfolgten Erwerb der Liegenschaft in D.________ ein wesentlich höheres Hypothekardarlehen erhielt (Kaufpreis EUR 225'000.--, Darlehen EUR 170'000.--, ergebend 75%). Diese Annahme erweist sich jedenfalls nicht als willkürlich. Die Behauptung des Beschwerdeführers, dass ihm keine Bank ein Darlehen gewähren würde, vermag angesichts des Gesagten und der Tatsache, dass bei einem Grundpfand primär die Liegenschaft haftet, nicht zu überzeugen. Zumindest hätte er das Scheitern entsprechender Bemühungen nachweisen müssen, beispielsweise durch Vorlage von Absagen angefragter Banken. Der Beschwerdeführer belässt es aber bei appellatorischen Ausführungen, die nicht zu beachten sind. 
5.3.2 Dass es nicht zumutbar sei, die Hypothek auf der Liegenschaft in C.________ aufzustocken, behauptet der Beschwerdeführer nicht, umso mehr als es letztlich um einen Kostenvorschuss von Fr. 2'000.-- geht. 
 
5.4 Damit bleibt es dabei, dass der Beschwerdeführer über frei verwertbares Vermögen verfügt, daher nicht bedürftig ist und die Vorinstanz folglich den Anspruch auf unentgeltliche Rechtspflege des Beschwerdeführers nicht verletzt hat. 
 
6. 
Aus den dargelegten Gründen ist die Beschwerde abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden kann. Die Beschwerde in Zivilsachen muss als von Anfang an aussichtslos bezeichnet werden, weshalb es an den materiellen Voraussetzungen der unentgeltlichen Rechtspflege fehlt und das betreffende Gesuch abzuweisen ist (Art. 64 Abs. 1 BGG). Damit wird der Beschwerdeführer kostenpflichtig (Art. 66 Abs. 1 BGG). 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht: 
 
1. 
Die Eingabe des Beschwerdeführers wird als Beschwerde in Zivilsachen entgegengenommen. Sie wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist. 
 
2. 
Das Gesuch um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege wird abgewiesen. 
 
3. 
Die Gerichtskosten von Fr. 1'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. 
 
4. 
Dieses Urteil wird den Parteien schriftlich mitgeteilt. 
 
Lausanne, 13. Februar 2013 
Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: von Werdt 
 
Die Gerichtsschreiberin: Friedli-Bruggmann