Wichtiger Hinweis:
Diese Website wird in älteren Versionen von Netscape ohne graphische Elemente dargestellt. Die Funktionalität der Website ist aber trotzdem gewährleistet. Wenn Sie diese Website regelmässig benutzen, empfehlen wir Ihnen, auf Ihrem Computer einen aktuellen Browser zu installieren.
Zurück zur Einstiegsseite Drucken
Grössere Schrift
 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
{T 0/2} 
4C.23/2007 /len 
 
Urteil vom 13. März 2007 
I. zivilrechtliche Abteilung 
 
Besetzung 
Bundesrichter Corboz, Präsident, 
Bundesrichterinnen Klett, Rottenberg Liatowitsch, 
Gerichtsschreiber Mazan. 
 
Parteien 
X.________ AG, 
Beklagte und Berufungsklägerin, 
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Urban Bieri, 
 
gegen 
 
Y.________, 
Klägerin und Berufungsbeklagte, 
vertreten durch Rechtsanwältin Regula Zimmermann. 
 
Gegenstand 
Arbeitsvertrag; fristlose Kündigung, 
 
Berufung gegen das Urteil des Obergerichts des 
Kantons Luzern, I. Kammer als Appellationsinstanz, 
vom 13. November 2006. 
 
Sachverhalt: 
A. 
Y.________ (Klägerin) arbeitete seit 1982 als Teilzeitangestellte bei der X.________ AG (Beklagte), für welche sie die Administration und Büroarbeiten erledigte. Geschäftsführer der Beklagten war der Ehemann der Klägerin, an welcher er auch als Aktionär beteiligt war und als deren Verwaltungsratspräsident er bis zum 5. September 2003 wirkte. Am 11. Oktober 2003 kündigte die Beklagte sowohl das Arbeitsverhältnis mit der Klägerin als auch jenes mit deren Ehemann fristlos. 
B. 
Am 11. Februar 2004 belangte die Klägerin die Beklagte vor dem Arbeitsgericht des Kantons Luzern auf Zahlung von Fr. 29'239.60 brutto, bzw. Fr. 27'066.-- netto nebst Zins. Das angerufene Gericht schützte die Klage am 24. Mai 2005 im Umfang von Fr. 24'388.50. Es kam zum Schluss, die fristlose Entlassung vom 11. Oktober 2003 sei nicht gerechtfertigt gewesen, und die eingeklagten Ansprüche seien im erwähnten Umfang ausgewiesen. Gleich entschied das Obergericht des Kantons Luzern am 13. November 2006 auf Appellation der Beklagten. 
C. 
Mit Berufung beantragt die Beklagte dem Bundesgericht, das Urteil des Obergerichts des Kantons Luzern vom 13. November 2006 aufzuheben und die Sache zur weiteren Abklärung an die Vorinstanz zurückzuweisen. 
Die Klägerin beantragt die Abweisung der Berufung. 
D. 
Mit Urteil vom heutigen Tag wurde eine gleichzeitig erhobene staatsrechtliche Beschwerde abgewiesen, soweit darauf einzutreten war. 
 
Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 
1. 
Das Bundesgesetz über das Bundesgericht vom 17. Juni 2005 (BGG, SR 173.110) ist am 1. Januar 2007 in Kraft getreten (AS 2006, 1205, 1243). Da der angefochtene Entscheid vorher ergangen ist, richtet sich das Verfahren noch nach dem OG (Art. 132 Abs. 1 BGG). 
2. 
Vor Obergericht hat die Beklagte die fristlose Entlassung auf eine neue Grundlage gestellt und angegeben, die Klägerin und ihr Ehemann hätten bestimmte Kundenzahlungen privat vereinnahmt und ihr dadurch Geldmittel entzogen, was strafrechtlich relevant sei. Die Klägerin bestritt dies und führte an, sie habe nach Instruktionen der Beklagten und nicht in eigener Verantwortung gehandelt. Ausserdem lägen die betreffenden Sachverhalte Jahre zurück und könnten daher zur Begründung der am 11. Oktober 2003 ausgesprochenen fristlosen Entlassung nicht mehr herangezogen werden. Das Obergericht liess die neu vorgetragenen Sachverhalte mit den dazugehörenden Beweisanträgen im Sinne nachgeschobener Gründe für die fristlose Kündigung zu, kam aber dennoch zum Ergebnis, die fristlose Entlassung sei nicht gerechtfertigt gewesen. Es erwog, die Klägerin sei im Gegensatz zu ihrem Ehemann weder Geschäftsführerin noch Mitglied des Verwaltungsrates der Beklagten gewesen. Ihre Tätigkeit habe sich auf administrative und kaufmännische Belange konzentriert und beschränkt. In ihrem Tätigkeitsbereich habe sie lediglich Vorgaben auszuführen gehabt. Die behaupteten Verfehlungen richteten sich hauptsächlich an den Ehemann der Klägerin. Diese könnte zwar daran mitgewirkt haben, sei es als Gehilfin oder als Mittäterin. Die arbeitsrechtliche Weisungsbefugnis des Ehemannes entlaste sie nicht von vornherein, zumal die Beklagte gemeinschaftliches Handeln geltend mache und der Klägerin Missbrauch ihrer beruflichen Stellung als alleinige mit der Administration betraute Mitarbeiterin vorwerfe. Mit diesen vagen Ausführungen sei aber die konkrete Rolle der Klägerin nicht hinreichend substanziiert dargetan. So schweige sich die Beklagte insbesondere über die Arbeitsabläufe und die Zusammenarbeit zwischen der Klägerin und deren Ehemann sowie über die Kompetenzen der Klägerin aus. Inwiefern das Verhalten der Klägerin berechtigten Anlass zur fristlosen Entlassung gegeben haben könnte, sei nicht nachvollziehbar. Der nachgeschobene Kündigungsgrund vermöge die Kündigung daher nicht als gerechtfertigt auszuweisen. Aus diesem Grunde sah das Obergericht von diesbezüglichen weiteren Beweiserhebungen ab. 
3. 
3.1 Die Beklagte macht mit der Berufung ausschliesslich eine Verletzung von Art. 8 ZGB geltend. Sie rügt, die Vorinstanz habe trotz der klaren Zugabe der Klägerin, dass mindestens eine Zahlung zu Gunsten der Arbeitgeberin auf ein gemeinsames Konto der Eheleute geflossen sei, von der von ihr beantragten Edition der Kontoauszüge abgesehen und damit ihren Beweisführungsanspruch verletzt. Es sei unerfindlich, was an den Ausführungen der Beklagten hätte "vage" sein sollen. 
3.2 Art. 8 ZGB regelt nach der Rechtsprechung einerseits für den Bereich des Bundeszivilrechts die Beweislastverteilung und gibt anderseits der beweispflichtigen Partei einen bundesrechtlichen Anspruch darauf, für rechtserhebliche Vorbringen zum Beweis zugelassen zu werden, sofern ihr Beweisantrag nach Form und Inhalt den Vorschriften des kantonalen Prozessrechts entspricht (BGE 130 III 591 E. 5.4 S. 601, 129 III 18 E. 2.6 S. 24 f., 114 II 289 E. 2a S. 290). Gleichfalls Bundesrecht bestimmt darüber, wie weit ein Sachverhalt zu substanziieren ist, damit er unter die Bestimmungen des materiellen Rechts subsumiert werden kann (BGE 127 III 365 E. 2b S. 368, 123 III 183 E. 3e S. 188, 108 II 337 E. 2b-d S. 339 f.). Eine Tatsachenbehauptung braucht dabei nicht alle Einzelheiten zu enthalten. Es genügt, wenn die Tatsache in einer den Gewohnheiten des Lebens entsprechenden Weise in ihren wesentlichen Zügen oder Umrissen behauptet worden ist (Max Guldener, Schweizerisches Zivilprozessrecht, 3. Auflage, Zürich 1979, S. 163). Immerhin muss die Tatsachenbehauptung jedenfalls so konkret formuliert sein, dass ein substanziiertes Bestreiten möglich ist oder der Gegenbeweis angetreten werden kann (BGE 117 II 113 E. 2; Guldener, a.a.O., S. 164). Bestreitet der Prozessgegner das schlüssige Vorbringen der behauptungsbelasteten Partei, kann diese gezwungen sein, die rechtserhebliche Tatsache nicht nur in den Grundzügen, sondern so umfassend und klar darzulegen, dass darüber Beweis abgenommen werden kann (Vogel/Spühler, Grundriss des Zivilprozessrechts, 8. Auflage, Bern 2006, Kapitel 10 Rz. 55, S. 264 f.; Jürgen Brönnimann, Die Behauptungs- und Substanziierungslast im Schweizerischen Zivilprozessrecht, Diss. Bern 1989, S. 149). 
3.3 Nach dem Gesagten gehen die Vorbringen der Beklagten an der Sache vorbei, hat die Vorinstanz doch deren Standpunkt nicht mangels Beweises bestimmter relevanter Sachvorbringen verworfen, sondern mangels substanziierter Behauptungen betreffend das Verhalten der Klägerin, aus dem die Beklagte im nachhinein auf das Vorliegen eines wichtigen Grundes zur fristlosen Entlassung hätte schliessen dürfen. Inwiefern die Annahme, der Geldfluss auf ein privates Konto der Klägerin als solcher belege noch keine strafbare Handlung, gegen Bundesrecht verstossen soll, legt die Beklagte nicht dar und ist nicht ersichtlich. Die Beklagte setzt sich mit der Begründung des angefochtenen Urteils auch im Übrigen nicht auseinander und zeigt namentlich mit Blick auf die Bestreitung der Klägerin nicht auf, inwiefern die Vorinstanz die bundesrechtlichen Anforderungen an die Substanziierung des rechtserheblichen Sachverhalts überspannt haben soll. 
4. 
Insgesamt erweist sich die Berufung als unbegründet und ist abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist. Liegt der Streitwert - wie im vorliegenden Fall - unter Fr. 30'000.--, so sind keine Gerichtskosten zu erheben (Art. 343 Abs. 3 OR). Hingegen hat die Beklagte der Klägerin eine Parteientschädigung zu entrichten (BGE 115 II 30 E. 5c S. 42 mit Hinweis). 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht: 
 
1. 
Die Berufung wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist. 
2. 
Es wird keine Gerichtsgebühr erhoben. 
3. 
Die Beklagte hat die Klägerin für das bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 2'500.-- zu entschädigen. 
4. 
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Luzern, I. Kammer als Appellationsinstanz, schriftlich mitgeteilt. 
Lausanne, 13. März 2007 
Im Namen der I. zivilrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber: