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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
{T 0/2} 
1C_111/2011 
 
Urteil vom 13. April 2011 
I. öffentlich-rechtliche Abteilung 
 
Besetzung 
Bundesrichter Fonjallaz, Präsident, 
Bundesrichter Aemisegger, Reeb, 
Gerichtsschreiber Härri. 
 
Verfahrensbeteiligte 
X.________, Beschwerdeführerin, vertreten durch Rechtsanwalt Andreas Fäh, 
 
gegen 
 
Bundesamt für Justiz, Direktionsbereich Internationale Rechtshilfe, Bundesrain 20, 3003 Bern. 
 
Gegenstand 
Auslieferung an Deutschland, 
 
Beschwerde gegen den Entscheid vom 24. Februar 2011 des Bundesstrafgerichts, II. Beschwerdekammer. 
Sachverhalt: 
 
A. 
Das Bayerische Staatsministerium für Justiz ersuchte am 27. Mai 2010 die Schweiz um Auslieferung der deutschen Staatsangehörigen X.________ zwecks Vollstreckung einer Restfreiheitsstrafe von 214 Tagen. 
Am 25. August 2010 bewilligte das Bundesamt für Justiz die Auslieferung. 
Die von X.________ dagegen erhobene Beschwerde wies das Bundesstrafgericht (II. Beschwerdekammer) am 24. Februar 2011 ab. 
 
B. 
X.________ führt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten mit dem Antrag, der Entscheid des Bundesstrafgerichts sei aufzuheben und die Angelegenheit an dieses zur Neubeurteilung zurückzuweisen. Eventualiter sei das Auslieferungsersuchen nicht zu bewilligen, die Beschwerdeführerin nicht an Deutschland auszuliefern und ihr der Strafvollzug in der Schweiz zu erlauben. 
 
C. 
Das Bundesstrafgericht hat auf Gegenbemerkungen verzichtet. 
Das Bundesamt hat sich vernehmen lassen mit dem Antrag, auf die Beschwerde sei nicht einzutreten. Es hält dafür, es fehle an der Eintretensvoraussetzung des besonders bedeutenden Falles nach Art. 84 BGG
 
D. 
X.________ hat zur Vernehmlassung des Bundesamtes Stellung genommen. 
 
Erwägungen: 
 
1. 
Gemäss Art. 84 BGG ist gegen einen Entscheid auf dem Gebiet der internationalen Rechtshilfe in Strafsachen die Beschwerde nur zulässig, wenn er unter anderem eine Auslieferung betrifft und es sich um einen besonders bedeutenden Fall handelt (Abs. 1). Ein besonders bedeutender Fall liegt insbesondere vor, wenn Gründe für die Annahme bestehen, dass elementare Verfahrensgrundsätze verletzt worden sind oder das Verfahren im Ausland schwere Mängel aufweist (Abs. 2). 
Art. 84 BGG bezweckt die wirksame Begrenzung des Zugangs zum Bundesgericht im Bereich der internationalen Rechtshilfe in Strafsachen (BGE 134 IV 156 E. 1.3.1 S. 160 mit Hinweisen). 
Ein besonders bedeutender Fall kann auch bei einer Auslieferung nur ausnahmsweise angenommen werden. In der Regel stellen sich insoweit keine Rechtsfragen, die der Klärung durch das Bundesgericht bedürfen, und kommt den Fällen auch sonst wie keine besondere Tragweite zu (BGE 134 IV 156 E. 1.3.4 S. 161). 
Bei der Beantwortung der Frage, ob ein besonders bedeutender Fall gegeben ist, steht dem Bundesgericht ein weiter Ermessensspielraum zu (BGE 134 IV 156 E. 1.3.1 S. 160 mit Hinweis). 
Gemäss Art. 42 Abs. 2 BGG ist in der Begründung der Rechtsschrift in gedrängter Form darzulegen, inwiefern der angefochtene Akt Recht verletzt. Ist eine Beschwerde nur unter der Voraussetzung zulässig, dass ein besonders bedeutender Fall nach Artikel 84 vorliegt, so ist auszuführen, warum diese Voraussetzung erfüllt ist. 
Erachtet das Bundesgericht eine Beschwerde auf dem Gebiet der internationalen Rechtshilfe in Strafsachen als unzulässig, so fällt es gemäss Art. 107 Abs. 3 BGG den Nichteintretensentscheid innert 15 Tagen seit Abschluss eines allfälligen Schriftenwechsels. 
Nach Art. 109 BGG entscheidet die Abteilung in Dreierbesetzung über Nichteintreten auf Beschwerden, bei denen kein besonders bedeutender Fall vorliegt (Abs. 1). Der Entscheid wird summarisch begründet. Es kann ganz oder teilweise auf den angefochtenen Entscheid verwiesen werden (Abs. 3). 
 
2. 
2.1 Zwar geht es um eine Auslieferung und damit um ein Sachgebiet, bei dem die Beschwerde nach Art. 84 Abs. 1 BGG insoweit möglich ist. Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin handelt es sich jedoch um keinen besonders bedeutenden Fall. 
 
2.2 Was sie vorbringt, ist nicht geeignet, einen solchen Fall darzutun. 
Sie macht geltend, die Vorinstanz habe den Sachverhalt offensichtlich unrichtig und damit willkürlich festgestellt. Die Vorinstanz gehe davon aus, das Bayerische Staatsministerium der Justiz habe um Auslieferung zwecks Vollstreckung einer Restfreiheitsstrafe von 214 Tagen ersucht. Tatsächlich habe es um die Auslieferung für den Vollzug einer Restfreiheitsstrafe von 214 Tagen sowie einer Freiheitsstrafe von 10 Monaten ersucht. 
Das Vorbringen ist - wie das Bundesamt (Vernehmlassung S. 3) zutreffend darlegt - unbegründet. Das Bayerische Staatsministerium der Justiz ersuchte am 27. Mai 2010 um die Auslieferung der Beschwerdeführerin zur Strafvollstreckung aus dem Gesamtstrafenbeschluss des Amtsgerichts Augsburg vom 22. Juni 1998 in Verbindung mit den Urteilen desselben Gerichts vom 10. Juli 1996, 20. August 1997 und 13. November 1997 sowie den Beschlüssen des Landgerichts Rostock vom 16. Februar 2004 und vom 19. August 2009. 
Am 22. Juni 1998 erkannte das Amtsgericht Augsburg aus den vom selben Gericht am 10. Juli 1996, 20. August 1997 und 13. November 1997 festgesetzten Strafen nachträglich auf eine Gesamtfreiheitsstrafe von 14 Monaten (act. 4A). Mit Beschluss vom 16. Februar 2004 setzte das Landgericht Rostock die Vollstreckung des Rests dieser Strafe von 14 Monaten nach Verbüssung der Hälfte zur Bewährung aus (act. 4E). Am 19. August 2009 widerrief das Landgericht Rostock die mit Beschluss desselben Gerichts vom 16. Februar 2004 angeordnete Aussetzung der Vollstreckung des Rests der Freiheitsstrafe aus dem Gesamtstrafenbeschluss des Amtsgerichts Augsburg vom 22. Juni 1998 (act. 4F). 
Das Auslieferungsersuchen des Bayerischen Staatsministeriums der Justiz bezieht sich auf den Gesamtstrafenbeschluss des Amtsgerichts Augsburg vom 22. Juni 1998 in Verbindung mit den weiteren darin genannten Urteilen. Die Grundlage bildet also dieser Gesamtstrafenbeschluss. Daraus ergibt sich, dass es um den Vollzug der Hälfte der mit dem Gesamtstrafenbeschluss festgesetzten Strafe von 14 Monaten, also 214 Tage, geht. Dass es sich so verhält, lässt sich auch der Bescheinigung der Staatsanwaltschaft Augsburg vom 30. April 2010 (act. 4G) entnehmen. Darin wird (S. 1 Ziff. 3) ausdrücklich bestätigt, dass eine Restfreiheitsstrafe von 214 Tagen zu vollstrecken ist. 
In Anbetracht dessen ist es nicht offensichtlich unrichtig, wenn die Vorinstanz - wie bereits das Bundesamt - angenommen hat, dass es um die Vollstreckung einer Restfreiheitsstrafe von 214 Tagen geht. 
Die Vorinstanz hat sich im Übrigen zu den wesentlichen Einwänden der Beschwerdeführerin geäussert. Die Erwägungen der Vorinstanz, auf die verwiesen werden kann, stützten sich auf die bundesgerichtliche Rechtsprechung und lassen keine Bundesrechtsverletzung erkennen. Dies gilt insbesondere, soweit sie (angefochtener Entscheid S. 7 ff. E. 6) die Auslieferung als mit Art. 8 EMRK vereinbar beurteilt hat. 
Für das Bundesgericht besteht deshalb kein Anlass, die Sache an die Hand zu nehmen. 
3. Die Beschwerde ist unzulässig. 
Da sie aussichtslos war, kann die unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung nach Art. 64 BGG nicht bewilligt werden. In Anbetracht der offenbar angespannten finanziellen Verhältnisse der Beschwerdeführerin rechtfertigt es sich jedoch, auf die Erhebung von Kosten zu verzichten (Art. 66 Abs. 1 Satz 2 BGG). 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht: 
 
1. 
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten. 
 
2. 
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung wird abgewiesen. 
 
3. 
Es werden keine Kosten erhoben. 
 
4. 
Dieses Urteil wird der Beschwerdeführerin, dem Bundesamt für Justiz und dem Bundesstrafgericht, II. Beschwerdekammer, schriftlich mitgeteilt. 
 
Lausanne, 13. April 2011 
Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber: 
 
Fonjallaz Härri