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Eidgenössisches Versicherungsgericht 
Tribunale federale delle assicurazioni 
Tribunal federal d'assicuranzas 
 
Sozialversicherungsabteilung 
des Bundesgerichts 
 
Prozess 
{T 7} 
I 849/02 
 
Urteil vom 13. Juli 2004 
II. Kammer 
 
Besetzung 
Präsident Borella, Bundesrichter Meyer und Lustenberger; Gerichtsschreiberin Bollinger 
 
Parteien 
L.________, 1958, Beschwerdeführerin, vertreten 
durch den Rechtsdienst für Behinderte, Bürglistrasse 11, 8002 Zürich, 
 
gegen 
 
IV-Stelle des Kantons Zürich, Röntgenstrasse 17, 8005 Zürich, Beschwerdegegnerin 
 
Vorinstanz 
Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich, Winterthur 
 
(Entscheid vom 21. Oktober 2002) 
 
Sachverhalt: 
A. 
Die 1958 geborene L.________ absolvierte von 1974 bis 1976 eine Lehre als technische Zeichnerin. Sie arbeitete jedoch nie in ihrem erlernten Beruf, sondern übt seither bei verschiedenen Arbeitgebern Hilfstätigkeiten aus, etwa als Reinigungsangestellte, Serviceaushilfe im Gastgewerbe, Büglerin und Pferdepflegerin. Am 15. November 2000 meldete sie sich wegen Arthrose in den Fingern, beginnend auch in grösseren Gelenken, einem Karpaltunnelsyndrom an den Handgelenken, einem Überbein am rechten Handgelenk, Nackensteifheit und schmerzhafter Muskelverspannung bei der Invalidenversicherung zur Berufsberatung und Umschulung auf eine neue Tätigkeit an. Die IV-Stelle des Kantons Zürich stellte nach Durchführung medizinischer und erwerblicher Abklärungen mit Verfügung vom 6. Dezember 2001 fest, es bestehe ein Anspruch zur Arbeitsvermittlung und zur praktischen Einschulung in eine behinderungsangepasste berufliche Tätigkeit, verneinte aber einen Anspruch auf Umschulung. 
B. 
Die hiegegen erhobene Beschwerde wies das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich mit Entscheid vom 21. Oktober 2002 ab. 
C. 
L.________ lässt Verwaltungsgerichtsbeschwerde führen mit dem Rechtsbegehren, die IV-Stelle sei zu verpflichten, ihr als berufliche Massnahme "die Kosten zur 'Sport- und Reitpferdetherapeutin mit eidgenössischem Fähigkeitsausweis' zu erstatten und ihr für die Zeit der Umschulung Taggelder zu entrichten". Eventualiter sei die Sache zur weiteren Abklärung an die IV-Stelle zurückzuweisen. 
Die IV-Stelle schliesst auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde; das Bundesamt für Sozialversicherung verzichtet auf eine Vernehmlassung. 
 
Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung: 
 
1. 
Am 1. Januar 2003 ist das Bundesgesetz über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts (ATSG) vom 6. Oktober 2000 in Kraft getreten. Mit ihm sind zahlreiche Bestimmungen im Invalidenversicherungsbereich geändert worden. Weil in zeitlicher Hinsicht grundsätzlich diejenigen Rechtssätze massgebend sind, die bei der Erfüllung des zu Rechtsfolgen führenden Tatbestandes Geltung haben (BGE 127 V 467 Erw. 1), und weil ferner das Sozialversicherungsgericht bei der Beurteilung eines Falles grundsätzlich auf den bis zum Zeitpunkt des Erlasses der streitigen Verfügung (hier: 6. Dezember 2001) eingetretenen Sachverhalt abstellt (BGE 121 V 366 Erw. 1b), sind im vorliegenden Fall die bis zum 31. Dezember 2002 geltenden Bestimmungen anwendbar (BGE 129 V 4 Erw. 1.2). 
2. 
Die Vorinstanz hat die gesetzlichen Bestimmungen über den Invaliditätsbegriff (Art. 4 IVG), den Anspruch auf Eingliederungsmassnahmen im Allgemeinen (Art. 8 Abs. 1 IVG) und die Massnahmen beruflicher Art im Besonderen (Art. 15-18 IVG; BGE 124 V 110 Erw. 2 mit Hinweisen; AHI 2000 S. 62 Erw. 1, 1997 S. 80 Erw. 1b) zutreffend dargelegt. Darauf wird verwiesen. 
Zu ergänzen ist, dass ein Anspruch auf Eingliederungsmassnahmen nur besteht, wenn und soweit diese zur Eingliederung ins Erwerbsleben unmittelbar erforderlich sind (BGE 124 V 110 Erw. 2a mit Hinweisen). Die subjektiven Neigungen, Fähigkeiten und Begabungen der versicherten Person sind bei der primär nach objektiven Gesichtspunkten zu beurteilenden Frage, ob eine notwendige und geeignete Eingliederungsmassnahme beruflicher Art gegeben ist, zwar mit zu berücksichtigen und bilden Teil der in Art. 8 Abs. 1 IVG verankerten Geeignetheit, doch können diese allein keinen Umschulungsanspruch begründen. Für die Beurteilung der Zumutbarkeit einer Tätigkeit kommt es somit nicht auf eine bloss subjektiv ablehnende Bewertung der in Frage stehenden Erwerbstätigkeit durch die Versicherte an (BGE 109 V 25 Erw. 3c; Meyer-Blaser, Bundesgesetz über die Invalidenversicherung [IVG], in: Murer/Stauffer [Hrsg.], Die Rechtsprechung des Bundesgerichts zum Sozialversicherungsrecht, Zürich 1997, S. 202), ansonsten verlöre der Begriff der Zumutbarkeit jeglichen objektiven Gehalt (ZAK 1988 S. 246). 
3. 
Streitig ist der Anspruch auf Umschulung zur Sport- und Reitpferdetherapeutin. 
3.1 Aus den insoweit übereinstimmenden medizinischen Akten geht hervor, dass die Beschwerdeführerin im Wesentlichen an einem cervico-cephalen Syndrom sowie an einem Thorakovertebralsyndrom mit Myotendinosen im Schultergürtelbereich bei Wirbelsäulenfehlform und -fehlhaltung, Fingerpolyarthrose und einem Karpaltunnelsyndrom beidseits leidet. In psychischer Hinsicht wurde zudem eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung diagnostiziert. Unbestrittenerweise ist die Versicherte wegen ihrer gesundheitlichen Beeinträchtigungen in ihrem bisherigen Tätigkeitsbereich um 1/3 eingeschränkt. Während die Vorinstanz erwägt, in einer leidensangepassten Tätigkeit bestehe eine volle Arbeitsfähigkeit, welche die Erzielung eines leistungsausschliessenden Einkommens erlauben würde, vertritt die Beschwerdeführerin die Ansicht, eine den multiplen Beschwerden angepasste Tätigkeit sei kaum vorstellbar. Sämtliche von der IV-Stelle vorgeschlagenen Tätigkeiten seien ungeeignet; einzig die selbst gewählte Arbeit als Pferdetherapeutin sei behinderungsangepasst und entspreche ihrem Naturell. In der nun schon mehrere Monate dauernden Ausbildung habe sich bestätigt, dass diese Tätigkeit den ärztlich vorgegebenen Einschränkungen optimal angepasst sei. 
3.2 
3.2.1 Der im vorinstanzlichen Verfahren eingereichten Ausbildungsdokumentation ist zu entnehmen, dass die Arbeit einer Pferdetherapeutin die Anwendung verschiedener Massagetechniken (Akupressur, Triggerpunkttherapie, Sportmassage) umfasst. Obwohl die Versicherte wegen ihrer gesundheitlichen Beeinträchtigungen (u.a. Fingerpolyarthrose, Karpaltunnelsyndrom beidseits) insbesondere bei Arbeiten mit vermehrter Fingerbeanspruchung unter Schmerzen in Finger- und Handgelenken leidet, ist ihr die Tätigkeit als Pferdetherapeutin offenbar möglich. So berichtete sie während der (bis zum Zeitpunkt des Verfügungserlasses teilweise absolvierten) Ausbildung über keine grösseren gesundheitlichen Probleme. Auch aus medizinischer Sicht bestehen gegen diese Arbeit keine Einwände. Dem Bericht des Dr. med. H.________, FMH Physikalische Medizin, speziell Rheumaerkrankungen, vom 28. Mai 2002 ist zu entnehmen, dass die Versicherte die Aufgaben einer Pferdetherapeutin trotz ihrer gesundheitlichen Probleme bewältigen könne, wobei insbesondere der Kontakt zu den von ihr geliebten Pferden sehr motivierend sei und sich der Wechsel von Stehen, Gehen und Sitzen günstig auswirke. 
3.2.2 Da die Beschwerdeführerin trotz ihrer Leiden als Pferdepflegerin zu bestehen vermag, ist davon auszugehen, dass sie nicht an einem zur Erwerbsunfähigkeit führenden Gesundheitsschaden leidet. Vielmehr kann ihr auch die Ausübung einer anderen nach ihren gesundheitlichen Verhältnissen in Betracht fallenden und ohne Umschulung erreichbaren leichten, wechselbelastenden Beschäftigung (ohne einseitige Beanspruchung der Finger- und Handgelenke, Überkopfarbeiten und Heben von Lasten über 10 kg) zugemutet werden. Dies gilt umso mehr, als das Berufsziel einer eidgenössisch diplomierten Pferdetherapeutin gegenüber den ohne Umschulung möglichen Arbeiten nicht zu einer wesentlichen Verbesserung der Erwerbsfähigkeit führt, wie sie Art. 17 Abs. 1 IVG (in Konkretisierung des Art. 8 Abs. 1 IVG) verlangt. Was die bisher von der Versicherten nicht wahrgenommenen Erwerbsgelegenheiten und die Tätigkeit als Pferdetherapeutin voneinander unterscheiden, sind im Wesentlichen nicht die gesundheitlichen Anforderungen, sondern ihre Neigung zu Pferden. Nach Lage der Akten hegte die Versicherte seit ihrer Kindheit den Wunsch nach einer Tätigkeit mit Pferden und liess sich nur auf Drängen Dritter bzw. weil ihre Mutter keine andere Lehrstelle hatte finden können, zur technischen Zeichnerin ausbilden. Gegenüber Dr. med. R.________, Spezialarzt für Psychiatrie und Psychotherapie FMH, gab sie an, der erlernte Beruf habe ihr nie zugesagt und sie lehne es ab, in diesen zurückzukehren (Gutachten vom 23. Juni 2001). An diesen Angaben zu zweifeln besteht - entgegen den Vorbringen in der Verwaltungsgerichtsbeschwerde - keine Veranlassung. Dass die Realisierung des seit der Kindheit gehegten Berufswunsches für die an einer anhaltenden somatoformen Schmerzstörung leidende Beschwerdeführerin therapeutischen Charakter hat und eine grosse Chance bietet, ihrem Leben eine neue positive Ausrichtung zu geben, macht den Ausbildungswunsch verständlich, ändert aber nichts am Fehlen der invalidenversicherungsrechtlichen Anspruchsvoraussetzungen (Erw. 2 hievor). Für weitere medizinische oder berufliche Abklärungen besteht keine Veranlassung (antizipierte Beweiswürdigung; BGE 124 V 94 Erw. 4b; SVR 2001 IV Nr. 10 S. 28 Erw. 4b). 
4. 
Nach den zutreffenden Erwägungen im angefochtenen Entscheid, auf die verwiesen wird, sind auf dem als ausgeglichen unterstellten (BGE 110 V 276 Erw. 4b) allgemeinen Arbeitsmarkt (vgl. Art. 28 Abs. 2 IVG, welcher für den Umschulungsanspruch analog anwendbar ist; ZAK 1973 S. 574 Erw. 5) der Versicherten zumutbare Einsatzmöglichkeiten in genügender Zahl vorhanden. Die Beschwerdeführerin hat aus invaliditätsfremden Gründen nie auf ihrem erlernten Beruf gearbeitet, weshalb die von der Verwaltung angeführten Tätigkeiten als Gehilfin in der Pferdepflege, Taxichauffeuse oder Verkäuferin in einem Tankstellen-Shop - die vollzeitlich ausgeübt werden könnten und mit welchen ein rentenausschliessendes Erwerbseinkommen zu erzielen wäre - durchaus zumutbar und den gesundheitlichen Einschränkungen angepasst sind. Dass Dr. med. H.________ in einem Schreiben vom 28. Mai 2002 an die Rechtsvertreterin der Versicherten insbesondere die Tätigkeit als Taxichauffeuse für ungeeignet befand, ändert an der uneingeschränkten Arbeitsfähigkeit in einer angepassten Tätigkeit nichts. Dr. med. H.________ selbst führte am 12. April 2002 - in Übereinstimmung mit sämtlichen anderen sich bei den Akten befindlichen Arztberichten - aus, in einer behinderungsangepassten Tätigkeit bestehe eine 100%ige Arbeitsfähigkeit. 
 
Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht: 
 
1. 
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen. 
2. 
Es werden keine Gerichtskosten erhoben. 
3. 
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich, der Ausgleichskasse Gastro Suisse und dem Bundesamt für Sozialversicherung zugestellt. 
Luzern, 13. Juli 2004 
 
 
Im Namen des Eidgenössischen Versicherungsgerichts 
 
Der Präsident der II. Kammer: Die Gerichtsschreiberin: