Wichtiger Hinweis:
Diese Website wird in älteren Versionen von Netscape ohne graphische Elemente dargestellt. Die Funktionalität der Website ist aber trotzdem gewährleistet. Wenn Sie diese Website regelmässig benutzen, empfehlen wir Ihnen, auf Ihrem Computer einen aktuellen Browser zu installieren.
Zurück zur Einstiegsseite Drucken
Grössere Schrift
 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
{T 0/2} 
2A.233/2006 /leb 
 
Urteil vom 13. Juli 2006 
II. Öffentlichrechtliche Abteilung 
 
Besetzung 
Bundesrichter Merkli, Präsident, 
Bundesrichter Hungerbühler, Müller, 
Gerichtsschreiber Matter. 
 
Parteien 
X.________, 
Beschwerdeführer, vertreten durch 
Rechtsanwalt Jürg Federspiel, 
 
gegen 
 
Regierungsrat des Kantons Zürich, 
Kaspar Escher-Haus, 8090 Zürich, 
Verwaltungsgericht des Kantons Zürich, 2. Abteilung, 2. Kammer, Militärstrasse 36, Postfach, 8090 Zürich. 
 
Gegenstand 
Ausweisung, 
 
Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen den 
Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Zürich, 2. Abteilung, 2. Kammer, vom 1. März 2006. 
 
Sachverhalt: 
A. 
X.________, geb. 1955, ist spanischer Staatsangehöriger. Seit dem Jahr 1974 lebt er in der Schweiz und verfügt hier über die Niederlassungsbewilligung. Er bezieht eine Invalidenrente, ist geschieden und lebt im Konkubinat. Nachdem er u.a. im Jahr 1999 zu vier Jahren Zuchthaus wegen mehrfacher Widerhandlung gegen das Betäubungsmittelgesetz und mehrfacher Geldwäscherei verurteilt worden war, drohte ihm die Direktion für Soziales und Sicherheit des Kantons Zürich die Ausweisung aus der Schweiz an. Im März 2004 bestrafte ihn das Kantonsgericht Graubünden wegen Widerhandlung gegen das Betäubungsmittelgesetz mit zwei Jahren Gefängnis. Am 29. Juni 2005 verfügte der Regierungsrat des Kantons Zürich seine Ausweisung für die Dauer von zehn Jahren. 
B. 
Nach erfolgloser Beschwerde an das Verwaltungsgericht des Kantons Zürich hat X.________ mit Eingabe vom 26. April 2006 Verwaltungsgerichtsbeschwerde beim Bundesgericht eingereicht. Er beantragt die Aufhebung des verwaltungsgerichtlichen Entscheids vom 1. März 2006; von einer Ausweisung sei gänzlich abzusehen. Eventuell sei die Sache zur Neubeurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen und/oder eine weitere Abklärung des Sachverhalts vorzunehmen. Subeventualiter sei die Ausweisung auf die gesetzliche Minimaldauer von zwei Jahren zu beschränken. Im Weiteren wird um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung ersucht. 
 
Die kantonale Sicherheitsdirektion und das Verwaltungsgericht sowie das Bundesamt für Migration schliessen auf Abweisung der Beschwerde (soweit darauf einzutreten sei). 
C. 
Mit Präsidialverfügung vom 16. Mai 2006 ist der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuerkannt worden. 
 
Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 
1. 
1.1 Gestützt auf Art. 97 Abs. 1 OG steht gegen Ausweisungsverfügungen die Verwaltungsgerichtsbeschwerde an das Bundesgericht offen; ein Ausschlussgrund nach Art. 99 - Art. 102 OG liegt nicht vor (BGE 114 Ib 1 E. 1a S. 2). Insbesondere fällt die Ausweisung nicht unter die in Art. 100 Abs. 1 lit. b OG genannten, von der Verwaltungsgerichtsbeschwerde ausgenommenen Verfügungen, sofern sie - wie im vorliegenden Fall - gestützt auf Art. 10 des Bundesgesetzes vom 26. März 1931 über Aufenthalt und Niederlassung der Ausländer (ANAG; SR 142.20) bzw. gestützt auf Art. 5 des Anhanges I zum Abkommen vom 21. Juni 1999 zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft einerseits und der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten andererseits über die Freizügigkeit (Freizügigkeitsabkommen, FZA; SR 0.142.112.681) angeordnet worden ist (Art. 100 Abs. 1 lit. b Ziff. 4 OG e contrario). 
1.2 Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde kann die Verletzung von Bundesrecht, einschliesslich Überschreitung oder Missbrauch des Ermessens, sowie die unrichtige oder unvollständige Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts (Art. 104 lit. a und b OG) gerügt werden. Hat jedoch - wie hier - eine richterliche Behörde als Vorinstanz entschieden und den Sachverhalt nicht offensichtlich unrichtig, unvollständig oder unter Verletzung wesentlicher Verfahrensbestimmungen festgestellt, ist das Bundesgericht an die Sachverhaltsfeststellungen im angefochtenen Entscheid gebunden (Art. 105 Abs. 2 OG). 
2. 
2.1 Gemäss Art. 10 Abs. 1 lit. a ANAG kann ein Ausländer aus der Schweiz ausgewiesen werden, wenn er wegen eines Verbrechens oder Vergehens gerichtlich bestraft worden ist. Die Ausweisung soll aber nur verfügt werden, wenn sie nach den gesamten Umständen verhältnismässig erscheint (Art. 11 Abs. 3 ANAG). Dabei ist namentlich auf die Schwere des Verschuldens des Beschwerdeführers, auf die Dauer seiner Anwesenheit in der Schweiz sowie auf die ihm und seiner Familie drohenden Nachteile abzustellen (Art. 16 Abs. 3 der Vollziehungsverordnung vom 1. März 1949 zum Bundesgesetz über Aufenthalt und Niederlassung der Ausländer [ANAV; SR 142.201]). 
2.2 Der Beschwerdeführer ist mehrfach gerichtlich verurteilt worden, namentlich zu vier Jahren Zuchthaus und zwei Jahren Gefängnis wegen Drogendelikten. Damit ist der Ausweisungsgrund von Art. 10 Abs. 1 lit. a ANAG erfüllt (vgl. BGE 125 II 521 E. 3 S. 524 ff.). Der Beschwerdeführer macht aber geltend, die Ausweisung sei unverhältnismässig. Zu prüfen ist insbesondere, ob die in Art. 16 Abs. 3 ANAV genannten Gesichtspunkte von der Vorinstanz bei ihrem Entscheid berücksichtigt und richtig angewandt worden sind. 
2.2.1 Ausgangspunkt und Massstab für die Schwere des Verschuldens und die fremdenpolizeiliche Interessenabwägung sind die vom Strafrichter verhängten Strafen (vgl. BGE 129 II 215 E. 3.1 S. 216, 120 Ib 6 E. 4b S. 14, je mit Hinweisen). Zu Recht hat die Vorinstanz das Verschulden des Beschwerdeführers als gesamthaft sehr schwer beurteilt. Die besondere Strenge der Rechtsprechung gegenüber dem Drogenhandel hat namentlich gegenüber Tätern zu gelten, die - wie vorliegend - nicht selber drogenabhängig sind und vielmehr aus pekuniären Interessen handeln, was ihr Verhalten umso verwerflicher macht. Erschwerend fällt hier weiter ins Gewicht, dass der Täter nach seiner vorzeitigen Entlassung aus dem Zuchthaus noch innerhalb der Probezeit und auf dem gleichen Gebiet rückfällig geworden ist. Ebenso wenig hat er sich durch die fremdenpolizeiliche Androhung der Ausweisung aus der Schweiz abschrecken lassen. 
 
Unzutreffend ist die Behauptung (vgl. S. 7 der Beschwerdeschrift vor Bundesgericht, 2.3.1), der Beschwerdeführer habe sich abgesehen von den beiden Drogendelikten an die Rechtsordnung gehalten (siehe dazu insbesondere E. 3.1 des angefochtenen Entscheids, S. 6 f.). Als geradezu abwegig erweist sich die Argumentation, die erste Verurteilung dürfe nicht berücksichtigt werden, weil damals von einer Ausweisung abgesehen und eine solche nur angedroht worden sei. Es sollte sich im Gegenteil von selbst verstehen, dass darauf zurückgekommen werden kann, nachdem sich die der Ausweisungsandrohung zugrunde liegende Erwartung, der Beschwerdeführer werde sich in Zukunft nichts mehr zuschulden lassen, nicht bewahrheitet hat; genau das ist ja der Sinn der Massnahme. 
 
Weil der Beschwerdeführer innert kurzer Zeit auf dem gleichen Gebiet schwer rückfällig geworden ist und sich seit der zweiten Haftentlassung noch nicht lange wohlverhalten hat, hat das Verwaltungsgericht auch - in Abweichung vom Sozialbericht der Strafanstalt - eine ungünstige Zukunftsprognose aussprechen können, ohne dass darin ein Verstoss gegen Bundesrecht oder eine qualifiziert unzutreffende Sachverhaltsfeststellung (vgl. E. 1.2 hiervor) läge. 
 
2.2.2 Es besteht somit ein gewichtiges öffentliches Interesse an der Ausweisung des Beschwerdeführers. Dieses wird durch seine privaten Interessen an einem Verbleib in der Schweiz nicht aufgewogen. Zwar befindet er sich seit mehr als 30 Jahren hier. Trotz der langen Aufenthaltsdauer ist er jedoch nur mangelhaft in die Gesellschaft des Gastlandes eingegliedert und hat sich rücksichtslos sowie unbelehrbar gezeigt. Seine Invalidität, welche ihn von einer wiederholten und gesamthaft sehr schweren verbrecherischen Tätigkeit nicht abgehalten hat, ist vom Verwaltungsgericht genügend in Betracht gezogen worden. 
 
Im Weiteren ist er kein Ausländer der zweiten Generation und auch nicht mit einer Schweizerin bzw. mit einer niederlassungsberechtigten Ausländerin verheiratet. Die Konkubinatsbeziehung kann zwar im Rahmen der Interessenabwägung mitberücksichtigt werden, doch kommt ihr nicht das gleiche Gewicht zu wie einer ehelichen Verbindung. Es liegt auf jeden Fall kein Eingriff in das Familienleben im Sinne von Art. 8 EMRK vor. Zu Recht hat die Vorinstanz erwogen, dem Beschwerdeführer sei eine Rückkehr ins Heimatland zumutbar, was auch für die spanischsprechende Partnerin zutreffen dürfte, soweit dies hier massgeblich sein kann. 
2.3 Somit erweist sich die Ausweisung im Hinblick auf Art. 10 lit. a ANAG als gerechtfertigt und verhältnismässig. Der angefochtene Entscheid beruht weder auf einer mangelhaften Feststellung des Sachverhalts noch verstösst er gegen Bundesrecht. Für eine Zurückweisung an die Vorinstanz besteht ebenso wenig Grund wie für weitere Abklärungen oder eine Beschränkung der Ausweisung auf zwei Jahre. 
3. 
Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem Freizügigkeitsabkommen mit der Europäischen Gemeinschaft. Diesbezüglich kann auf den angefochtenen Entscheid verwiesen werden (vgl. E. 1.3 - 3, S. 4 ff.). Der Umstand, dass der Beschwerdeführer innert kurzer Zeit auf dem gleichen Gebiet schwer rückfällig geworden ist, ist von besonderer Bedeutung für die Beurteilung der Frage, ob von ihm heute noch eine Gefährdung der öffentlichen Ordnung ausgeht. Das hat die Vorinstanz zu Recht bejaht, ohne sich auf (rein oder vorwiegend) generalpräventive Überlegungen zu stützen. 
4. 
Nach dem Gesagten ist die Beschwerde abzuweisen. Da sie aufgrund der umfassenden und sorgfältigen Würdigung der Sach- und Rechtslage im angefochtenen Entscheid sowie der Unzulässigkeit neuer Vorbringen keine ernsthaften Erfolgsaussichten hatte (Art. 152 OG), kann dem Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung für das bundesgerichtliche Verfahren nicht entsprochen werden. Gemäss dem Ausgang sind die Kosten des bundesgerichtlichen Verfahrens dem Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 156 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 153 und 153a OG). Bei der Festsetzung wird der finanziellen Lage des Beschwerdeführers Rechnung getragen (vgl. Art. 153a Abs. 1 OG). 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht: 
1. 
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen. 
2. 
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung wird abgewiesen. 
3. 
Die Gerichtsgebühr von Fr. 1000.-- wird dem Beschwerdeführer auferlegt. 
4. 
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, dem Regierungsrat und dem Verwaltungsgericht, 2. Abteilung, 2. Kammer, des Kantons Zürich sowie dem Bundesamt für Migration schriftlich mitgeteilt. 
Lausanne, 13. Juli 2006 
Im Namen der II. öffentlichrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber: