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[AZA] 
I 632/99 Vr 
 
I. Kammer  
 
Präsident Lustenberger, Bundesrichter Schön, Meyer, Bundes- 
richterin Leuzinger und Bundesrichter Ferrari; Gerichts- 
schreiber Maillard 
 
Urteil vom 14. April 2000  
 
in Sachen 
 
G.________, 1966, Beschwerdeführer, 
 
gegen 
 
IV-Stelle Bern, Chutzenstrasse 10, Bern, Beschwerde- 
gegnerin, 
und 
 
Verwaltungsgericht des Kantons Bern, Bern 
 
    A.- Mit Verfügungen vom 12., 23. und 26. September 
1997 sowie 13. August und 24. September 1998 sprach die IV- 
Stelle Bern dem 1966 geborenen G.________ berufliche 
Massnahmen im Sinne einer erstmaligen beruflichen Ausbil- 
dung zu, indem sie die Schul- und Reisekosten für ein drei- 
jähriges Ingenieurstudium, Fachrichtung Milchwirtschaft, an 
der Schule für Landwirtschaft X.________ übernahm und ihm 
für die Dauer der Eingliederungsmassnahme (einschliesslich 
des Vorbereitungskurses) ein Taggeld sowie für die Zeit vom 
21. August 1994 bis 7. September 1997 ein Wartezeittaggeld 
gewährte. Als letzte Instanz im gegen die Verfügungen vom 
12., 23. und 26. September 1997 eingeschlagenen Rechtsmit- 
telweg hiess das Eidgenössische Versicherungsgericht mit 
Urteil vom 23. Februar 1999 eine von G.________ erhobene 
Verwaltungsgerichtsbeschwerde gut und hob die genannten 
Verfügungen auf, weil die anbegehrte berufliche Massnahme 
als Umschulung zu qualifizieren ist und bei einer solchen 
wesentlich andere Taggeldbemessungsvorschriften gelten. Es 
wies die Sache an die IV-Stelle zurück, damit sie die 
Taggeldleistungen im Sinne der Erwägungen neu festsetze. 
    Auf die gegen die Verfügungen vom 13. August und 
24. September 1998 erhobenen Beschwerden trat das Verwal- 
tungsgericht des Kantons Bern mit Entscheid vom 11. Mai 
1999 nicht ein, weil das Eidgenössische Versicherungs- 
gericht mit Urteil vom 23. Februar 1999 die IV-Stelle an- 
gewiesen habe, das Taggeld ausgehend von einer Umschulungs- 
massnahme neu festzulegen und deshalb den angefochtenen 
Verfügungen die Grundlage entzogen worden sei. Auf die da- 
gegen eingereichte Verwaltungsgerichtsbeschwerde trat das 
Eidgenössische Versicherungsgericht mit Urteil vom 17. De- 
zember 1999 nicht ein. 
    In Nachachtung des Urteils vom 23. Februar 1999 er- 
liess die IV-Stelle am 21. und 23. April 1999 insgesamt 
sieben Verfügungen, mit denen die Höhe des Wartezeittag- 
geldes ab 21. August 1994 bis 7. September 1997 sowie des 
daran anschliessenden Taggeldes festgesetzt wurde. 
 
    B.- G.________ erhob gegen alle sieben Verfügungen 
beim Verwaltungsgericht des Kantons Bern Beschwerde und be- 
antragte, das Wartezeittaggeld sei ihm bereits ab 19. April 
1993 zu gewähren und es sei dabei kein Eigenverdienst anzu- 
rechnen. Weiter wurde die Bezahlung eines Verzugszinses auf 
den rückwirkend ausbezahlten Taggeldern verlangt. Dem Be- 
gehren, es sei in der Zeit vom 8. September 1997 bis 
31. Juli 1998 der volle Verpflegungskostenzuschlag 
(Fr. 18.-) auszurichten, kam die IV-Stelle im Verlauf des 
Beschwerdeverfahrens nach, indem sie die entsprechenden 
Verfügungen wiedererwägungsweise aufhob und am 2. Juli 1999 
für den genannten Zeitraum zwei neue erliess. 
    Mit Entscheid vom 23. September 1999 hiess das Verwal- 
tungsgericht des Kantons Bern die Beschwerde teilweise gut 
und wies die IV-Stelle an, G.________ Taggeld gemäss den 
Verfügungen vom 21. und 23. April 1999 auszurichten, wobei 
in der Zeit vom 8. September 1997 bis 31. Juli 1998 der 
volle Verpflegungskostenzuschlag zu berücksichtigen sei. 
Weitergehend wies es die Beschwerde ab. 
 
    C.- G.________ führt Verwaltungsgerichtsbeschwerde und 
erneuert die im vorinstanzlichen Verfahren gestellten 
Begehren, soweit diesen nicht Folge geleistet wurde. Zu- 
sätzlich wird beantragt, die Taggeldabrechnungen für das 
Jahr 1998 seien - da fehlerhaft - zu korrigieren. 
    Die IV-Stelle schliesst auf Abweisung der Verwaltungs- 
gerichtsbeschwerde, während sich das Bundesamt für Sozial- 
versicherung nicht vernehmen lässt. 
 
Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:  
 
    1.- Es ist unbestritten, dass der Beschwerdeführer für 
die Zeit, während der er auf den Beginn der Eingliederungs- 
massnahme warten musste (vgl. Art. 18 Abs. 1 IVV in Verbin- 
dung mit Art. 22 Abs. 3 IVG), sowie während der Dauer der 
Umschulung (vgl. Art. 22 Abs. 1 IVG) Anspruch auf ein Tag- 
geld der Invalidenversicherung hat. Auch die Bemessung der 
Taggelder wird vom Versicherten im Grundsatz anerkannt. Er 
macht indessen hinsichtlich des Wartezeittaggeldes geltend, 
der Anspruch darauf habe bereits am 19. April 1993 begonnen 
und es dürfe dabei kein hypothetischer Eigenverdienst ange- 
rechnet werden. 
 
    2.- a) Die Vorinstanz hat unter Hinweis auf die mass- 
gebliche Verordnungsbestimmung (Art. 18 Abs. 2 IVV) und die 
Rechtsprechung, wonach der Anspruch auf Taggeld während der 
Wartezeit voraussetzt, dass subjektiv und objektiv Einglie- 
derungs- und nicht bloss Abklärungsmassnahmen angezeigt 
sind (BGE 117 V 277 Erw. 2a; siehe auch AHI 1997 S. 172 
Erw. 3a), zutreffend erkannt, es liege in der Natur der Sa- 
che, dass den Massnahmen Abklärungen vorausgehen müssten. 
Nach der am 20. April 1994 eingegangenen Anmeldung waren 
denn auch - was vom Versicherten nicht einmal bestritten 
wird - umfangreiche Abklärungen zu treffen, sodass der Be- 
ginn des Anspruchs zu Recht auf den 21. August 1994, dem 
ersten Tag nach Ablauf der Frist von vier Monaten seit Ein- 
gang der Anmeldung (vgl. Art. 18 Abs. 2 IVV; BGE 117 V 278 
Erw. 2b), festgesetzt wurde. Ein auf einen Zeitpunkt vor 
der Anmeldung liegender Anspruchsbeginn ist im Übrigen 
durch den klaren Wortlaut der genannten Verordnungsbestim- 
mung von vornherein ausgeschlossen, setzen doch von der IV- 
Stelle zu tätigende Massnahmen zwingend voraus, dass be- 
reits eine Anmeldung zum Leistungsbezug erfolgt ist. 
 
    b) Übt ein Versicherter während der Eingliederung eine 
Erwerbstätigkeit aus, so wird das Taggeld einschliesslich 
Eingliederungszuschlag gekürzt, soweit es zusammen mit dem 
aus dieser Tätigkeit erzielten Einkommen das gemäss den 
Absätzen 1 und 2 massgebende Erwerbseinkommen übersteigt 
(Art. 21 Abs. 3 IVV). Diese Regeln finden auf die Bemessung 
des Wartetaggeldes sinngemäss Anwendung (BGE 117 V 279 
Erw. 3a). Übt der Versicherte die vom Arzt für die Zeit der 
Eingliederung als zumutbar erklärte Teilerwerbstätigkeit 
nicht aus, so ist nach Rz 2027 der Wegleitung über die Be- 
rechnung und Auszahlung der Taggelder sowie ihre beitrags- 
rechtliche Erfassung (WTG) der Lohn, den er erzielen könn- 
te, für die Kürzung des Taggeldes massgebend. 
    Diese Verwaltungspraxis ist, entgegen der Auffassung 
des Beschwerdeführers, nicht zu beanstanden. Dass nicht nur 
der tatsächlich erzielte, sondern - wie im vorliegenden 
Fall - auch der aus invaliditätsfremden Gründen nicht er- 
wirtschaftete mögliche Verdienst für die Kürzung heranzu- 
ziehen ist, ergibt sich aus dem Rechtsgleichheitsgebot, wie 
das kantonale Gericht im angefochtenen Entscheid zutreffend 
festgestellt hat. Es wäre mit dem genannten, aus Art. 8 
Abs. 1 BV abgeleiteten Prinzip schlechterdings nicht ver- 
einbar, den teilweise arbeitsunfähigen Versicherten, der in 
Erfüllung der generell in der Sozialversicherung geltenden 
Schadenminderungspflicht (vgl. BGE 117 V 278 Erw. 2b, 400, 
je mit Hinweisen) während der Wartezeit eine Erwerbstätig- 
keit ausübt, schlechter zu stellen, als den im gleichen 
Ausmass Arbeitsunfähigen, der im selben Zeitraum keiner ihm 
an sich zumutbaren Arbeit nachgeht. 
    Nachdem dem Beschwerdeführer die Ausübung seines ur- 
sprünglich erlernten Berufes als Käser zwar nicht mehr zu- 
mutbar war, er hingegen in jeglicher anderen leichten bis 
mittelschweren körperlichen Arbeit aus gesundheitlichen 
Gründen nicht eingeschränkt war, ist die Anrechnung eines 
monatlichen Einkommens von lediglich Fr. 1500.- im Rahmen 
der Angemessenheitskontrolle nicht zu beanstanden (Art. 132 
lit. a OG; BGE 114 V 316 Erw. 5a mit Hinweisen). 
    Soweit der Beschwerdeführer im Übrigen auch eine Kür- 
zung des Taggeldes ab 8. September 1997 bemängelt, scheint 
er zu übersehen, dass ab diesem Zeitpunkt infolge Beginns 
der Umschulung zu Recht kein möglicher Verdienst mehr he- 
rangezogen und entsprechend keine Kürzung vorgenommen wur- 
de, was aus den bei den Akten liegenden Verfügungen betref- 
fend den Zeitraum ab 8. September 1997 ohne weiteres er- 
sichtlich ist. 
 
    3.- In Bezug auf die Ablehnung des Begehrens auf Ver- 
zugszins kann auf die rechtskonforme Begründung im ange- 
fochtenen Entscheid verwiesen werden. 
 
    4.- Inwiefern die Taggeldabrechnungen für das Jahr 
1998 falsch und fehlerhaft sein sollen, ist für das Eidge- 
nössische Versicherungsgericht anhand der vom Beschwerde- 
führer vorgenommenen Berechnung nicht nachvollziehbar. So 
wurde ihm für die Zeit vom 1. Januar bis 31. Juli 1998 zu- 
nächst ein Taggeld von Fr. 88.50 zugesprochen (und ausbe- 
zahlt), das mit Verfügung vom 2. Juli 1999 auf Fr. 106.50 
erhöht wurde. Insgesamt betrug der Anspruch für diese Zeit 
Fr. 22'578.- (212 x Fr. 106.50), wovon ihm bereits vor dem 
2. Juli 1999 Fr. 20'904 ausbezahlt worden sind. Demgegen- 
über weist die Auflistung des Beschwerdeführers für den 
gleichen Zeitraum ein Total von nur Fr. 13'166.- aus. Auch 
seine Summe der ab August bis Ende 1998 ausbezahlten Tag- 
gelder (Fr. 10'710.-) stimmt nicht mit den Angaben auf der 
diese Periode betreffenden Verfügung überein. Danach hatte 
er einen Anspruch von Fr. 16'294 (153 x Fr. 106.50), wovon 
Fr. 8540.- bereits bezogen waren. Es fehlen jegliche An- 
haltspunkte, wonach die von der IV-Stelle berechneten Be- 
träge nicht korrekt seien. 
 
Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht:  
 
I.Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen. 
 
II.Es werden keine Gerichtskosten erhoben. 
 
III.Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsge- 
    richt des Kantons Bern, Sozialversicherungsrechtliche 
    Abteilung, der Ausgleichskasse des Kantons Bern und 
    dem Bundesamt für Sozialversicherung zugestellt. 
 
 
Luzern, 14. April 2000 
 
Im Namen des 
Eidgenössischen Versicherungsgerichts 
Der Präsident der I. Kammer: 
 
Der Gerichtsschreiber: