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Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
{T 0/2} 
6P.224/2006 
6S.508/2006/hum 
 
Urteil vom 16. Februar 2007 
Kassationshof 
 
Besetzung 
Bundesrichter Schneider, Präsident, 
Bundesrichter Ferrari, Zünd, 
Gerichtsschreiber Willisegger. 
 
Parteien 
X.________, Beschwerdeführerin, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Christian Widmer, 
 
gegen 
 
A.________, Beschwerdegegner, vertreten durch Rechtsanwalt Guido Vogel, 
Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Zürich, Postfach, 8090 Zürich, 
Obergericht des Kantons Zürich, I. Strafkammer, 
Postfach, 8023 Zürich. 
 
Gegenstand 
6P.224/2006 
Art. 9 BV (Strafverfahren; Willkür) 
 
6S.508/2006 
Mehrfache Ausnützung einer Notlage (Art. 193 StGB), 
 
Staatsrechtliche Beschwerde (6P.224/2006) und eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerde (6S.508/2006) gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Zürich, 
I. Strafkammer, vom 7. September 2006. 
 
Sachverhalt: 
A. 
Das Bezirksgericht Uster verurteilte A.________ am 23. August 2005 wegen mehrfacher Ausnützung der Notlage (Art. 193 Abs. 1 StGB) zum Nachteil von Y.________ und X.________ zu einer bedingt vollziehbaren Gefängnisstrafe von zwei Monaten. A.________ wird vorgeworfen, er habe als direkter Vorgesetzter den beiden Mitarbeiterinnen eines Personalrestaurants wiederholt an die Taille, Oberschenkel und Brüste gefasst. Vom gleich lautenden Anklagevorwurf zum Nachteil von Z.________ sprach ihn das Bezirksgericht frei. Gegen dieses Urteil erhoben sowohl A.________ als auch die betroffenen Frauen Berufung. 
 
Das Obergericht des Kantons Zürich sprach A.________ mit Urteil vom 7. September 2006 vollumfänglich frei. 
B. 
Gegen diesen Freispruch führt X.________ staatsrechtliche Beschwerde wegen Willkür bzw. Rechtsverweigerung (Art. 9 BV) und beantragt die Aufhebung des angefochtenen Entscheides. Überdies erhebt sie eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerde mit dem Antrag, den angefochtenen Entscheid wegen Mängel im Sinne von Art. 277 BStP an die Vorinstanz zurückzuweisen, eventualiter die Mängel nach Art. 277bis BStP von Amtes wegen zu berichtigen und subeventualiter das angefochtene Urteil in Dispositiv Ziff. 1 (Freispruch) aufzuheben und das Urteil der ersten kantonalen Instanz vollumfänglich zu bestätigen. 
 
Das Obergericht des Kantons Zürich verzichtet auf Gegenbemerkungen zu den beiden Beschwerden. Weitere Stellungnahmen wurden nicht eingeholt. 
 
Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 
1. 
Das Bundesgesetz über das Bundesgericht vom 17. Juni 2005 (Bundesgerichtsgesetz, BGG; SR 173.110) ist am 1. Januar 2007 in Kraft getreten. Da der angefochtene Entscheid vorher ergangen ist, ist noch das bisherige Verfahrensrecht anwendbar (Art. 132 Abs. 1 BGG e contrario). Massgebend sind somit die Bestimmungen des Bundesrechtspflegegesetzes vom 16. Dezember 1943 (OG) bzw. des Bundesgesetzes über die Bundesstrafrechtspflege vom 15. Juni 1934 (BStP). 
Am 1. Januar 2007 ist auch der revidierte Allgemeine Teil des Strafgesetzbuches in Kraft getreten. Die neuen Bestimmungen sind vorliegend aber noch nicht von Bedeutung, da das Bundesgericht im Verfahren der Nichtigkeitsbeschwerde nur prüft, ob das kantonale Gericht das eidgenössische Recht richtig angewendet habe (Art. 269 Abs. 1 BStP), mithin das Recht, welches im Zeitpunkt der Ausfällung des angefochtenen Urteils noch gegolten hat (BGE 129 IV 49 E. 5.3 S. 51 f.). 
I. Staatsrechtliche Beschwerde 
2. 
Art. 8 Abs. 1 lit. c OHG räumt Opfern im Sinne des eidgenössischen Opferhilfegesetzes eine auf materiell-rechtliche Fragen erweiterte Legitimation zur staatsrechtlichen Beschwerde ein, wenn es sich bereits vorher am Verfahren beteiligt hat und soweit der Entscheid seine Zivilansprüche betrifft oder sich auf deren Beurteilung auswirken kann. Insbesondere können Opfer im Falle von Freisprüchen und Verfahrenseinstellungen die Beweiswürdigung der kantonalen Instanzen als willkürlich anfechten (BGE 120 Ia 157 E. 2c S. 161 f.). Als Opfer gilt jede Person, die durch eine Straftat in ihrer körperlichen, sexuellen oder psychischen Integrität unmittelbar beeinträchtigt worden ist (Art. 2 Abs. 1 OHG). 
 
Das Obergericht hatte darüber zu befinden, ob die Beschwerdeführerin sexuelle Handlungen im Sinne von Art. 193 Abs. 1 StGB erdulden musste. Sie hat sich von Anbeginn an am kantonalen Verfahren beteiligt und das Obergericht ist auf ihre adhäsionsweise geltend gemachten Zivilforderungen infolge Freispruchs nicht eingetreten. Die verfahrensrechtliche Opferstellung der Beschwerdeführerin ist bei dieser Sachlage zu bejahen, weshalb sie auch legitimiert ist, die Rüge der willkürlichen Beweiswürdigung zu erheben. 
3. 
3.1 Die Beschwerdeführerin wirft dem Obergericht vor, es habe die Glaubwürdigkeit der betroffenen Frauen und deren glaubhafte Aussagen willkürlich "herabgemindert" (Beschwerde, S. 17-31) sowie in einseitiger Beweiswürdigung zugunsten des Beschwerdegegners angenommen, dieser habe im Kernbereich durchaus konstant und ohne für das Beweisergebnis ins Gewicht fallende Widersprüche ausgesagt (Beschwerde, S. 38-41). Die Feststellung, wonach einzig erstellt sei, der Beschwerdegegner habe sie zwei oder höchstens drei Mal im Büro am Oberschenkel und an den Brüsten sowie einmal im Lift an den Brüsten berührt, sei willkürlich. Der rechtserhebliche Sachverhalt bleibe im Hinblick auf die Dauer und die Art der Berührungen sowie das Ausnützen der Notlage bruchstückhaft bzw. unvollständig, was eine willkürliche Verletzung der Begründungspflicht in tatsächlicher Hinsicht nach § 160 lit. b Ziff. 7 GVG/ZH und eine Rechtverweigerung darstelle (Beschwerde, S. 31-35). 
3.2 Nach Art. 90 Abs. 1 lit. b OG muss eine staatsrechtliche Beschwerde die wesentlichen Tatsachen und eine kurz gefasste Darlegung darüber enthalten, welche verfassungsmässigen Rechte bzw. welche Rechtssätze und inwiefern sie durch den angefochtenen Erlass oder Entscheid verletzt worden sind. Im Verfahren der staatsrechtlichen Beschwerde prüft das Bundesgericht nur klar und detailliert erhobene und, soweit möglich, belegte Rügen. Auf ungenügend begründete Rügen und rein appellatorische Kritik am angefochtenen Entscheid tritt es nicht ein (vgl. nur BGE 130 I 258 E. 1.3 S. 262; 125 I 492 E. 1b S. 495, je mit Hinweisen). 
3.3 Was in der Beschwerde gegen die Beweiswürdigung des Obergerichts vorgebracht wird, erschöpft sich in einer blossen appellatorischen Kritik am angefochtenen Entscheid. Die Beschwerdeführerin legt lediglich dar, wie ihrer Auffassung nach die vorhandenen Beweise richtigerweise zu würdigen gewesen wären. Die Darlegung der eigenen Sichtweise ist jedoch nicht geeignet, die Beweiswürdigung als willkürlich erscheinen zu lassen. Denn Willkür liegt nicht schon vor, wenn eine andere Lösung ebenfalls vertretbar erscheint oder gar vorzuziehen wäre, sondern erst, wenn das Beweisergebnis offensichtlich unhaltbar ist, mit der tatsächlichen Situation in klarem Widerspruch steht, auf einem offenkundigen Fehler beruht oder in stossender Weise dem Gerechtigkeitsgedanken zuwiderläuft (BGE 129 I 8 E. 2.1 S. 9, 49 E. 4 S. 58 mit Hinweisen). Dass und inwiefern das Beweisergebnis mit vernünftigen Gründen schlechterdings nicht mehr vertretbar sein und eine Rechtsverweigerung darstellen sollte, zeigt die Beschwerdeführerin indessen nicht auf und ist auch nicht ersichtlich. Anzumerken bleibt, dass das Obergericht zum Sachverhalt auf die nicht widerlegbare Darstellung des Beschwerdegegners verweist und in Bezug auf die fehlende Abhängigkeit auf die eigenen Aussagen der Beschwerdeführerin abstellt (angefochtener Entscheid, Rz. 89, 96-100). Da sich die Beschwerde auch damit nicht auseinandersetzt, gehen die Rügen der unvollständigen Sachverhaltsfeststellung und der Verletzung der Begründungspflicht nach kantonalem Recht an der Sache vorbei. 
4. 
Aus diesen Gründen ist auf die staatsrechtliche Beschwerde nicht einzutreten. Bei diesem Ausgang des Verfahrens trägt die Beschwerdeführerin die Kosten vor Bundesgericht (Art. 156 Abs. 1 OG). 
II. Eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerde 
5. 
5.1 Die Beschwerdelegitimation des Opfers zur Erhebung der eidgenössischen Nichtigkeitsbeschwerde richtet sich nach Art. 270 lit. e Ziff. 1 BStP bzw. Art. 8 Abs. 1 lit. c OHG (BGE 131 IV 195 E. 1.1.1). Da der Beschwerdeführerin Opferstellung zukommt und die übrigen Legitimationsvoraussetzungen ebenfalls erfüllt sind (oben E. 2), ist sie befugt, den Freispruch des Beschwerdegegners von der Anklage der mehrfachen Ausnützung einer Notlage im Sinne von Art. 193 Abs. 1 StGB anzufechten. 
5.2 Die eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerde ist rein kassatorischer Natur; sie führt im Falle der Gutheissung zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und Rückweisung der Sache zu neuer Entscheidung an die Vorinstanz (Art. 277ter Abs. 1 BStP), nicht aber zu einer Entscheidung des Bundesgerichts in der Sache selbst. Soweit die Beschwerdeführerin mehr beantragt, als das angefochtene Urteil aufzuheben, sowie um die Bestätigung des erstinstanzlichen Urteils ersucht, ist sie nicht zu hören (BGE 118 IV 277 E. 1). 
5.3 Die Nichtigkeitsbeschwerde kann nur damit begründet werden, dass die angefochtene Entscheidung eidgenössisches Recht verletze (Art. 269 Abs. 1 BStP). Dabei ist in der Beschwerdeschrift kurz darzulegen, welche Bundesrechtssätze und inwiefern sie durch den angefochtenen Entscheid verletzt sind. Ausführungen, die sich gegen die tatsächlichen Feststellungen des Entscheides richten, sowie das Vorbringen neuer Tatsachen sind unzulässig (Art. 273 Abs. 1 lit. b BStP). Der Kassationshof ist im Verfahren der Nichtigkeitsbeschwerde mit Ausnahme offensichtlich auf Versehen beruhender Feststellungen an die tatsächlichen Feststellungen der kantonalen Behörde gebunden (Art. 277bis Abs. 1 BStP). 
Die Beschwerdeführerin macht unter Berufung auf Art. 277 BStP geltend, die Feststellungen zum eingeklagten Tatbestand seien zu knapp, um die Gesetzesanwendung zu überprüfen, weshalb die Sache an die Vorinstanz zurückzuweisen sei. Die Bestimmung umschreibt indessen keinen selbständigen Beschwerdegrund, sondern kann nur von Bedeutung werden, wenn und soweit wegen Verletzung materieller Gesetzesbestimmungen Beschwerde geführt wird (BGE 117 Ia 1 E. 1b; 101 IV 132 E. 3b; 89 IV 10 E. 1). Soweit die Beschwerdeführerin die erwähnte prozessuale Bestimmung als verletzt rügt, ohne darzulegen, inwiefern materielles Bundesrecht durch den angefochtenen Entscheid verletzt sein soll, kann auf ihre Beschwerde nicht eingetreten werden. 
 
Unzulässig ist die Beschwerde auch, soweit sie zur Begründung der behaupteten Verletzung von Art. 193 StGB den verbindlich festgestellten Sachverhalt - namentlich in Bezug auf das Vorliegen einer Abhängigkeit - abweichend darstellt oder unter Verweis auf die Untersuchungsakten ergänzt. Ein Aktenversehen, das dem Bundesgericht eine Berichtigung der tatsächlichen Feststellungen von Amtes wegen erlaubte (277bis Abs. 1 Satz 3 BStP), liegt nicht vor. 
6. 
6.1 Die Vorinstanz stellt für den Kassationshof in tatsächlicher Hinsicht verbindlich fest (Art. 277bis BStP), es sei einzig erstellt, dass der Beschwerdegegner im Sommer 2002 die ihm als Betriebsassistentin unterstellte Beschwerdeführerin (geb. 1958) während der Arbeit im Büro zwei, höchstens drei Mal am Oberschenkel und an den Brüsten sowie einmal im Lift an den Brüsten berührt habe. Es seien flüchtige Körperberührungen gewesen, die jeweils unerwartet und überraschend erfolgt seien. Die kurzen, spontan und ohne sexuelle Absicht erfolgten Berührungen stünden im Zusammenhang mit seiner körperbetonten Sprache, mit welcher er Lob und Tadel ausspreche. Nach dem ersten Vorfall habe die Beschwerdeführerin mit ihrer Familie darüber gesprochen, bei der zweiten Berührung sich unmissverständlich gewehrt und den Beschwerdegegner aufgefordert, er solle damit aufhören, sie habe das nicht gerne, und dieser habe die Aufforderung sofort befolgt. Auch im Lift habe sie ihm umgehend zu verstehen gegeben, dass sie solche Berührungen nicht wolle, worauf es nie mehr zu weiteren Vorfällen gekommen sei. Als nicht glaubhaft erachtet die Vorinstanz die nachträglich angepasste Aussage der Beschwerdeführerin, sie habe beim ersten Vorfall noch nicht reagiert und über ein Jahr später Strafanzeige erstattet, weil sie Angst gehabt habe, die Arbeitsstelle zu verlieren (angefochtener Entscheid, Rz. 90 ff. mit Verweis in Rz. 89 auf das erstinstanzliche Urteil). 
6.2 Die Vorinstanz kommt bei der rechtlichen Würdigung des von ihr festgestellten Sachverhaltes zunächst zum Schluss, die insgesamt zwar lästigen, aber doch eher harmlosen Berührungen würden keine sexuelle Handlung im Sinne von Art. 193 Abs. 1 StGB darstellen, da es an der vom Tatbestand geforderten Intensität fehle und weder von einem spürbaren noch lang anhaltenden Griff an die Brüste gesprochen werden könne. Die Vorinstanz erwägt weiter, selbst wenn von sexuellen Handlungen gesprochen werden müsste, wäre die Voraussetzung des Ausnützens einer Notlage nicht erfüllt. Es sei nicht ersichtlich, inwiefern das berufliche Subordinationsverhältnis die Beschwerdeführerin dazu veranlasst haben sollte, die plötzlichen und unerwarteten Handlungen zu dulden. Das Arbeitsverhältnis habe sie in ihrer Entscheidungsfreiheit nicht wesentlich eingeschränkt, was sich daran zeige, dass sie sich bereits bei der zweiten Berührung unmissverständlich zur Wehr gesetzt habe. Da die Berührungen zudem überraschend erfolgt seien, könne auch gar nicht zur Diskussion stehen, dass sie sich aus einem Abhängigkeitsverhältnis heraus auf eine sexuelle Beziehung eingelassen hätte. Damit seien die Voraussetzungen des objektiven Tatbestandes im Sinne von Art. 193 StGB nicht erfüllt (angefochtener Entscheid, Rz. 90 ff. in Verbindung mit Rz. 62, 69 ff.). 
7. 
7.1 Wer eine Person veranlasst, eine sexuelle Handlung vorzunehmen oder zu dulden, indem er eine Notlage oder eine durch ein Arbeitsverhältnis oder in anderer Weise begründete Abhängigkeit ausnützt, wird mit Gefängnis bestraft (Art. 193 Abs. 1 StGB). Der Tatbestand schützt die Freiheit der sexuellen Selbstbestimmung. 
7.2 Nach der Rechtsprechung lassen sich sexuelle Handlungen nach der Eindeutigkeit ihres Sexualbezugs abgrenzen. Sind die Handlungen objektiv eindeutig sexualbezogen, kommt es nicht mehr auf das subjektive Empfinden, die Motive oder die Bedeutung, die das Verhalten für den Täter oder das Opfer hat, an. Keine sexuellen Handlungen sind dagegen Verhaltensweisen, die nach ihrem äusseren Erscheinungsbild keinen unmittelbaren sexuellen Bezug aufweisen. Schwierigkeiten bietet die dritte Gruppe der so genannten ambivalenten Handlungen, die weder äusserlich neutral noch eindeutig sexualbezogen erscheinen (zur Publikation vorgesehenes Urteil 6S.355/2006 vom 7. Dezember 2006 E. 3.1; BGE 125 IV 58 E. 3b, je mit Hinweisen). 
 
Der Begriff der sexuellen Handlung kann sich nur auf Verhaltensweisen erstrecken, die im Hinblick auf das geschützte Rechtsgut erheblich sind. Das bloss Unanständige, Unangebrachte, Anstössige, Geschmacklose, Unschamhafte, Widerwärtige soll aus dem Strafbaren ausscheiden. In Zweifelsfällen wird man indessen nach den Umständen des Einzelfalles die Erheblichkeit auch relativ bestimmen müssen, so etwa nach dem Alter des Opfers oder dem Altersunterschied zum Täter (Urteil 6S.355/2006, a.a.O., E. 3.2; BGE 125 IV 62 E. 3b S. 62 f., je mit umfangreichen Hinweisen auf die Literatur). Das bedeutet, dass mitunter auch geringfügige Entgleisungen eine Gefährdung der sexuellen Entwicklung von Kindern und Jugendlichen im Sinne von Art. 187 StGB darstellen können, während das gleiche Verhalten bei den Delikten gegen die Freiheit der sexuellen Selbstbestimmung von Erwachsenen nicht mehr als sexuelle Handlung zu qualifizieren ist (Stefan Trechsel, Schweizerisches Strafgesetzbuch, Kurzkommentar, 2. Aufl., Zürich 1997, Art. 187 N 6). Blosse Zudringlichkeiten werden vom Tatbestand der sexuellen Belästigung (Art. 198 StGB) erfasst (vgl. BGE 125 IV 62 E. 3b S. 63). 
 
Nach den verbindlichen Feststellungen der Vorinstanz hat der Beschwerdegegner die Beschwerdeführerin etwa drei Mal flüchtig und überraschend an den Oberschenkel und den Brüsten berührt. Solche Berührungen sind lästig und offensichtlich unangebracht. Auch wer sich eine körperbetonte Sprache gewohnt ist, verletzt damit deutlich die sozialen Regeln im Umgang mit Mitmenschen und offenbart eine geschlechtsbezogene Geringschätzung des anderen. Doch ist fraglich, ob ein flüchtiges, kurzes Berühren der weiblichen Brust über den Kleidern und des Oberschenkels die Erheblichkeit aufweist, um nicht nur als sexuelle Belästigung gemäss Art. 198 StGB, sondern darüber hinaus als sexuelle Handlung im Sinne von Art. 193 StGB qualifiziert zu werden (ablehnend: Jörg Rehberg/Niklaus Schmid/Andreas Donatsch, Strafrecht III, 8. Aufl., Zürich 2003, S. 406 f.; Guido Jenny, Kommentar zum Schweizerischen Strafrecht, Besonderer Teil, 4. Bd., Bern 1997, Art. 187 N 16; Günter Stratenwerth/Guido Jenny, Schweizerisches Strafrecht, Besonderer Teil I, 6. Aufl., Bern 2003, § 7 Rz. 14 S. 148; differenzierend nach der Absicht des Täters Trechsel, a.a.O., Art. 187 N 6). Im vorliegenden Fall kann die Frage offen bleiben. 
8. 
8.1 Das Opfer ist abhängig im Sinne des Tatbestandes von Art. 193 StGB, wenn es aufgrund eines im Gesetz genannten Umstandes nicht ungebunden bzw. frei ist und damit objektiv oder auch nur subjektiv auf den Täter angewiesen ist (BGE 131 IV 114 E. 1 S. 117). 
8.2 Die Tathandlung wird dahin umschrieben, dass der Täter die betroffene Person unter Ausnützung ihrer Abhängigkeit dazu veranlasst, eine sexuelle Handlung vorzunehmen oder zu dulden. Soweit es um das Ausnützen eines beruflichen Abhängigkeitsverhältnisses geht, fällt namentlich in Betracht, dass der Arbeitgeber oder Vorgesetzte dem Opfer mit Nachteilen wie Entlassung, Zuweisung zu einer nervtötenden Arbeit, Drangsalierung oder Schikanen droht, falls es sich dem sexuellen Ansinnen widersetzen sollte (Rehberg/Schmid/Donatsch, a.a.O., S. 439 f.; Philipp Maier, in: Basler Kommentar, Strafgesetzbuch II, Basel 2003, Art. 193 N 6; Peter Hangartner, Selbstbestimmung im Sexualbereich, Diss. St. Gallen 1997, S. 217 f.; zurückhaltend für leichte Nachteile Jenny, a.a.O., Art. 193 N 8). Der ausgeübte Druck braucht nicht die Intensität einer Nötigungshandlung im Sinne von Art. 189 Abs. 1 StGB zu erreichen (BGE 128 IV 106 E. 3b S. 113). Es genügt, dass der Täter seine überlegene Position ausnützt, um ein sexuelles Entgegenkommen zu erlangen, unabhängig davon, ob er die berufliche Abhängigkeit offen oder verdeckt als Druckmittel einsetzt. 
8.3 Der Tatbestand setzt die Einwilligung des Opfers in das sexuelle Verhalten voraus (BGE 131 IV 114 E. 1 S. 118). Ein Ausnützen liegt nur vor, wenn es gerade wegen seiner Abhängigkeit einwilligt und die sexuelle Handlung alsdann vornimmt oder duldet, womit die Tat zur Vollendung kommt. Entscheidend ist daher, ob die betroffene Person durch die Abhängigkeit zur Duldung der sexuellen Handlung bestimmt wurde. Die Abhängigkeit muss mit anderen Worten kausal dafür sein, dass sich das Opfer dem sexuellen Ansinnen des Täters fügt (BGE 99 IV 161 E. 2; 124 IV 13 E. 2c/cc S. 18 f.; 131 IV 114 E. 1 S. 118). Daran fehlt es, wenn es ungeachtet seiner Abhängigkeit freiverantwortlich in die sexuelle Handlung eingewilligt oder gar die Initiative dazu ergriffen hat (BGE 131 IV 114 E. 1 S. 118). Am Kausalzusammenhang fehlt es aber auch, wenn das Opfer infolge Überraschung gar nicht einwilligen konnte. Denn bei einem überraschenden Übergriff erlangt der Täter die sexuelle Handlung nicht wegen der Abhängigkeit des Opfers, sondern weil er diesem keine Zeit lässt, seinen Willen bezüglich der sexuellen Handlung zu bilden (Kathrin Kummer, Sexuelle Belästigung, Diss. Bern 2001, S. 110). Ist der Täter der Willensbildung des Opfers aber durch Überraschung zuvorgekommen, liegt keine Einwilligung vor. 
9. 
Wenn die Vorinstanz im vorliegenden Fall ein Ausnützen der beruflichen Abhängigkeit verneint, weil die fraglichen Handlungen überraschend erfolgt seien und die Beschwerdeführerin sich zur Wehr gesetzt habe, verletzt sie kein Bundesrecht. Die unmissverständlich und umgehend ausgeübte Abwehr der Beschwerdeführerin lässt die Annahme nicht zu, sie habe sich gefügt und in die unerwarteten Berührungen eingewilligt. Beim ersten Vorfall, der ebenfalls überraschend erfolgte, hat sie sich zwar noch nicht gewehrt. Sie hat jedoch nicht aus Angst vor einer Entlassung nicht reagiert, sondern weil sie es für ernsthaft möglich hielt, dass die Handlungen ohne Absicht zustande kamen (angefochtener Entscheid, Rz. 87, 98 f.). Es ist daher nicht ersichtlich, inwiefern die Beschwerdeführerin die Körperberührungen geduldet oder sich gefügt hätte, weil sie vom Beschwerdegegner abhängig war, zumal dieser ihr nie irgendwelche Nachteile betreffend das Arbeitsverhältnis in Aussicht stellte. Fehlt es somit an einer Einwilligung bzw. Duldung aufgrund einer bestehenden Abhängigkeit, liegt kein Ausnützen im Sinne des Gesetzes vor. Der objektive Tatbestand von Art. 193 StGB ist nicht erfüllt. 
 
Die Vorinstanz übersieht auch nicht, dass tätliche Zudringlichkeiten am Arbeitsplatz wie die vorliegenden den Tatbestand der sexuellen Belästigung im Sinne von Art. 198 Abs. 2 StGB erfüllen können. Die Botschaft des Bundesrates über die Änderung des Schweizerischen Strafgesetzbuches vom 26. Juni 1985 nennt ausdrücklich das überraschende Anfassen einer Person an den Geschlechtsteilen als Beispiel (BBl 1985 II 1093). Sowohl die Anklageschrift als auch die Beschwerde selbst (S. 4) bezeichnen das Verhalten des Beschwerdegegners denn auch als sexuelle Belästigung. Von einer näheren Prüfung dieses Tatbestandes wird im angefochtenen Entscheid (Rz. 93) nur abgesehen, weil es an einem rechtzeitig gestellten Strafantrag fehlt. Auch in dieser Hinsicht verletzt der angefochtene Entscheid kein Bundesrecht. 
10. 
Die eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerde erweist sich demnach als unbegründet und ist abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist. Bei diesem Ausgang des Verfahrens hat die Beschwerdeführerin die bundesgerichtlichen Kosten zu tragen (Art. 278 Abs. 1 BStP). 
Demnach erkennt das Bundesgericht: 
 
1. 
Auf die staatsrechtliche Beschwerde wird nicht eingetreten. 
2. 
Die eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist. 
3. 
Die Gerichtsgebühr von insgesamt Fr. 4'000.-- wird der Beschwerdeführerin auferlegt. 
4. 
Dieses Urteil wird den Parteien, der Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Zürich und dem Obergericht des Kantons Zürich, I. Strafkammer, schriftlich mitgeteilt. 
Lausanne, 16. Februar 2007 
Im Namen des Kassationshofes 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber: