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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
{T 0/2} 
 
9C_310/2014  
   
   
 
 
 
Urteil vom 16. Juni 2014  
 
II. sozialrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Kernen, Präsident, 
Bundesrichterinnen Pfiffner, Glanzmann, 
Gerichtsschreiberin Keel Baumann. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
vertreten durch Fürsprecher Dr. Hans A. Schibli, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen  
 
IV-Stelle des Kantons Aargau, Bahnhofplatz 3C, 5000 Aarau,  
Beschwerdegegnerin. 
 
Gegenstand 
Invalidenversicherung, 
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Versicherungsgerichts des Kantons Aargau vom 13. Februar 2014. 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
Der 1962 geborene A.________, gelernter Pflegefachmann und Sprachlehrer, meldete sich im Oktober 2007 wegen seit Januar 2006 bestehenden Beschwerden nach zweifachem HWS-Distorsionstrauma bei der Invalidenversicherung zum Leistungsbezug an. Die IV-Stelle des Kantons Aargau klärte die medizinischen und erwerblichen Verhältnisse ab, wozu sie insbesondere auch die Akten des Unfallversicherers, der AGV (Aargauische Gebäudeversicherung, Kantonale Unfallversicherung), beizog. Die AGV anerkannte ihre Leistungspflicht und erbrachte Leistungen. Gestützt auf eine polydisziplinäre Begutachtung durch die Klinik B.________ stellte sie die Leistungen mit Wirkung auf den 31. März 2012 ein, da die über dieses Datum hinaus geklagten Beschwerden nicht mehr adäquat kausal durch das Unfallereignis verursacht seien (Einspracheentscheid vom 25. Juni 2012). Das Versicherungsgericht des Kantons Aargau wies die dagegen erhobene Beschwerde ab (Entscheid vom 22. Oktober 2012). 
Nach Einholung einer Stellungnahme beim Regionalen Ärztlichen Dienst (RAD) und Durchführung des Vorbescheidverfahrens verneinte die IV-Stelle des Kantons Aargau mit Verfügung vom 27. März 2013 einen Rentenanspruch. 
 
B.   
Die vom Versicherten dagegen mit dem Antrag auf Aufhebung der Verfügung und Zusprache der gesetzlichen Leistungen erhobene Beschwerde wies das Versicherungsgericht des Kantons Aargau mit Entscheid vom 13. Februar 2014 ab. 
 
C.   
A.________ lässt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten führen und das Rechtsbegehren stellen, der kantonale Entscheid sei aufzuheben und es seien die gesetzlichen Leistungen zu erbringen. Seiner Rechtsschrift liegt ein Schreiben des Dr. med. C.________, Chefarzt Rehabilitation und Rheumatologie, Spital D.________, vom 9. Januar 2013 bei. 
Erwägungen: 
 
 
1.  
 
1.1. Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann u.a. die Verletzung von Bundesrecht gerügt werden (Art. 95 lit. a BGG), die Feststellung des Sachverhalts nur, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht und wenn die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1 BGG). Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Es kann die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz von Amtes wegen berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht (Art. 105 Abs. 2 BGG).  
 
1.2. Bei den vorinstanzlichen Feststellungen zum Gesundheitszustand und zur Arbeitsfähigkeit der versicherten Person handelt es sich grundsätzlich um Entscheidungen über eine Tatfrage (BGE 132 V 393 E. 3.2 S. 397 ff.), welche das Bundesgericht seiner Urteilsfindung zugrunde zu legen hat (E. 1.1). Die konkrete Beweiswürdigung stellt ebenfalls eine Tatfrage dar. Dagegen ist die Beachtung des Untersuchungsgrundsatzes und der Beweiswürdigungsregeln nach Art. 61 lit. c ATSG eine Rechtsfrage (BGE 132 V 393 E. 3.2 und 4 S. 397 ff.), die das Bundesgericht im Rahmen der den Parteien obliegenden Begründungs- bzw. Rügepflicht (Art. 42 Abs. 2 BGG und Art. 106 Abs. 2 BGG; BGE 133 II 249 E. 1.4.1 und 1.4.2 S. 254) frei überprüfen kann (Art. 106 Abs. 1 BGG).  
 
2.  
 
2.1. Streitig und zu prüfen ist der Anspruch auf eine Invalidenrente und in diesem Zusammenhang insbesondere, ob der Beschwerdeführer an einem invalidisierenden Gesundheitsschaden leidet.  
 
2.2. Im angefochtenen Entscheid werden die Bestimmungen und Grundsätze zu den Begriffen der Erwerbsunfähigkeit (Art. 7 ATSG) und der Invalidität (Art. 8 ATSG in Verbindung mit Art. 4 Abs. 1 IVG), namentlich auch zur ausnahmsweise invalidisierenden Wirkung pathogenetisch-ätiologisch unklarer syndromaler Beschwerdebilder (BGE 136 V 279 E. 3.2.3 S. 283 f.) sowie zum Beweiswert und zur Beweiswürdigung medizinischer Berichte und Gutachten (BGE 125 V 351 E. 3a und b S. 352 ff.; vgl. auch BGE 137 V 210 E. 1.3.4 S. 227) zutreffend dargelegt. Darauf wird verwiesen.  
 
3.  
 
3.1. Das kantonale Gericht hat dem Gutachten der Klinik B.________ vollen Beweiswert zuerkannt und ist gestützt darauf, insbesondere die interdisziplinäre Beurteilung vom 29. Februar 2012, zum Ergebnis gelangt, dass das beim Beschwerdeführer diagnostizierte zervikozephale Schmerzsyndrom nicht invalidisierend sei. Die von der Rechtsprechung aufgestellten Kriterien für die Beurteilung der Zumutbarkeit einer willentlichen Schmerzbewältigung seien nicht in genügender Weise erfüllt, um von der Unüberwindbarkeit der Schmerzstörung auszugehen.  
 
3.2. Wie bereits im kantonalen Verfahren meldet der Versicherte Zweifel an der Vollständigkeit und damit am Beweiswert des Gutachtens an mit der Begründung, die Gutachter und die MRI-Spezialisten hätten eine Atrophie der Haltemuskulatur im Rücken übersehen. Zum Beweis reicht er ein Schreiben vom 9. Januar 2013 ein, in welchem Dr. med. C.________ bestätigt, dass auf den MRI-Bildern eine Atrophie der Haltemuskulatur sichtbar sei. Der Beschwerdeführer leitet daraus ab, dass ein medizinisch-objektivierbarer Befund vorliege, welcher bei ihm als Pflegefachmann invalidisierende Wirkung habe.  
 
3.3. Diese Vorbringen des Versicherten, insbesondere der Hinweis auf die scheinbar abweichende Meinung des Dr. med. C.________ gemäss Schreiben vom 9. Januar 2013, soweit überhaupt novenrechtlich zulässig (Art. 99 Abs. 1 BGG), vermögen das Gutachten der Klinik B.________, insbesondere die physikalisch-medizinische Stellungnahme der Dr. med. E.________, Fachärztin FMH für Physikalische Medizin und Rehabilitation, vom 15. November 2011, nicht in Zweifel zu ziehen. Den Ausführungen der Dr. med. E.________ vom 15. November 2011 lässt sich entnehmen, dass sie die Ergebnisse des (im Untersuchungszeitpunkt bereits zweieinhalb Jahre zurückliegenden) MRIs am Spital D.________ vom 7. April 2009 in ihre Beurteilung miteinbezog. Ohnehin aber verhält es sich so, dass eine radiologisch erhobene Veränderung im Wirbelsäulenbefund allein sich nicht zwingend im Ausmass der funktionellen Einschränkung niederschlägt und es vielmehr Aufgabe des Gutachters ist, deren Auswirkung anhand der Klinik zu überprüfen (Urteil 9C_68/2014 vom 2. Juni 2014 E. 3.3; 8C_282/2012 vom 11. Mai 2012 E. 5). Im Rahmen dieser - insoweit entscheidenden - körperlichen Untersuchung stellte Dr. med. E.________ unter anderem fest: deutliche Druckdolenzen der paravertebralen muskuloligamentären Strukturen im gesamten HWS-Bereich, eine druckdolente Linea nuchae, einen Druckschmerz im Bereich des Musculus trapezius beidseits, eine deutliche Druckdolenz des Musculus semispinalis linksbetont, der Musculi scalenii und der okzipitalen Muskelansatzstellen (wobei hier vereinzelt verhärtete Muskelstränge tastbar seien) und vereinzelte Myogelosen im Musculus semispinalis linksbetont. Weiter fiel Dr. med. E.________ ein deutlicher Schultertiefstand links auf, welcher nach ihren Feststellungen in dieser Ausprägung aktenmässig vorher nicht dokumentiert gewesen sei und sich wahrscheinlich über die Jahre im Sinne einer Schonhaltung verwirklicht habe. Dr. med. E.________ machte den Vorschlag eines sportphysiotherapeutischen Versuchs "zum Ausgleich des Schultertiefstandes links, der links betonten deutlichen Schulterprotraktion mit Verbesserung der glenohumeralen Zentrierung und Kräftigung der segmental stabilisierenden Rumpfmuskulatur". Diese fachärztlichen Ausführungen zeigen auf, dass sich Dr. med. E.________ bei ihrer Einschätzung der beim Beschwerdeführer vorliegenden muskulären Defizite durchaus bewusst war. Eine Unvollständigkeit des Gutachtens liegt damit nicht vor.  
 
3.4. Dass die Vorinstanz bei dieser Sachlage auf das Gutachten der Klinik B.________ abstellte und zum Schluss gelangte, es sei in Anwendung der massgebenden Kriterien gemäss BGE 136 V 279 E. 3.2.3 S. 283 (zu welchen sich der Beschwerdeführer letztinstanzlich nicht äussert, so dass sich Weiterungen erübrigen) von keiner relevanten Minderung der Arbeitsfähigkeit auszugehen, ist weder willkürlich noch sonstwie bundesrechtswidrig. Die Beschwerde ist unbegründet.  
 
4.   
Der unterliegende Beschwerdeführer trägt die Gerichtskosten (Art. 66 Abs. 1 BGG). 
Demnach erkennt das Bundesgericht: 
 
 
1.   
Die Beschwerde wird abgewiesen. 
 
2.   
Die Gerichtskosten von Fr. 800.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. 
 
3.   
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Versicherungsgericht des Kantons Aargau und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Luzern, 16. Juni 2014 
 
Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Kernen 
 
Die Gerichtsschreiberin: Keel Baumann