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Eidgenössisches Versicherungsgericht 
Tribunale federale delle assicurazioni 
Tribunal federal d'assicuranzas 
 
Sozialversicherungsabteilung 
des Bundesgerichts 
 
Prozess 
{T 7} 
H 147/02 
 
Urteil vom 17. März 2004 
III. Kammer 
 
Besetzung 
Präsidentin Leuzinger, Bundesrichter Lustenberger und Kernen; Gerichtsschreiberin Helfenstein Franke 
 
Parteien 
D.________, 1962, Beschwerdeführer, 
 
gegen 
 
Ausgleichskasse des Kantons Zürich, Röntgenstrasse 17, 8005 Zürich, Beschwerdegegnerin 
 
Vorinstanz 
Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich, Winterthur 
 
(Entscheid vom 28. Mai 2002) 
 
Sachverhalt: 
A. 
Der 1962 geborene D.________, im Bereich Schlüsselfundservice tätig, rechnete seit 1. Oktober 1994 als Selbstständigerwerbender mit der Ausgleichskasse des Kantons Zürich (nachfolgend: Ausgleichskasse) ab. Auf Grund der Steuermeldung vom 31. Januar 1998 über die 1995 und 1996 erzielten Einkommen setzte die Ausgleichskasse mit Verfügung vom 17. September 1998 die persönlichen Beiträge definitiv für die Periode vom 1. August bis 31. Dezember 1998 auf Fr. 3'616.25 und für die Periode vom 1. Januar bis 31. Dezember 1999 auf Fr. 8'679.- fest. Der Beitragsbemessung hatte sie ein durchschnittliches Jahreseinkommen von Fr. 88'700.- zu Grunde gelegt. 
B. 
Die hiegegen am 10. Oktober 1998 eingereichte Beschwerde, welche die Ausgleichskasse nach längerer Korrespondenz mit D.________ betreffend ein von diesem zwischenzeitlich eingereichtes Gesuch um Neueinschätzung und zeitweiliger Sistierung des Verfahrens am 16. Mai 2002 ans Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich weiterleitete, wurde von diesem mit Entscheid vom 28. Mai 2002 abgewiesen. 
C. 
Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde beantragt D.________ sinngemäss, der angefochtene Entscheid sei aufzuheben. 
 
Die Ausgleichskasse und das Bundesamt für Sozialversicherung verzichten auf eine Vernehmlassung. 
 
Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung: 
1. 
Da es sich bei der angefochtenen Verfügung nicht um die Bewilligung oder Verweigerung von Versicherungsleistungen handelt, hat das Eidgenössische Versicherungsgericht nur zu prüfen, ob das vorinstanzliche Gericht Bundesrecht verletzt hat, einschliesslich Überschreitung oder Missbrauch des Ermessens, oder ob der rechtserhebliche Sachverhalt offensichtlich unrichtig, unvollständig oder unter Verletzung wesentlicher Verfahrensbestimmungen festgestellt worden ist (Art. 132 in Verbindung mit Art. 104 lit. a und b sowie Art. 105 Abs. 2 OG). 
2. 
Die Vorinstanz hat die Bestimmungen und Grundsätze über die Festsetzung der Beiträge Selbstständigerwerbender im ordentlichen Verfahren (Art. 9 AHVG, Art. 22 AHVV in der vorliegend anwendbaren, bis 31. Dezember 2000 gültig gewesenen Fassung; AS 2000 1441) sowie die Verbindlichkeit des von den Steuerbehörden ermittelten Einkommens und Eigenkapitals (Art. 23 Abs. 1 und 4 AHVV in der bis 31. Dezember 2000 geltenden Fassung; BGE 121 V 82 Erw. 2c; AHI 1997 S. 25 Erw. 2b, je mit Hinweisen) zutreffend dargelegt. Darauf wird verwiesen. 
 
Zu ergänzen ist, dass am 1. Januar 2003 das Bundesgesetz vom 6. Oktober 2000 über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts (ATSG) in Kraft getreten ist. Mit ihm sind zahlreiche Bestimmungen im Bereich der Alters- und Hinterlassenenversicherung geändert worden. Weil in zeitlicher Hinsicht grundsätzlich diejenigen Rechtssätze massgebend sind, die bei der Erfüllung des zu Rechtsfolgen führenden Tatbestandes Geltung haben (BGE 127 V 467 Erw. 1), und weil ferner das Sozialversicherungsgericht bei der Beurteilung eines Falles in der Regel auf den bis zum Zeitpunkt des Erlasses der streitigen Verfügung (hier: 17. September 1998) eingetretenen Sachverhalt abstellt (BGE 121 V 366 Erw. 1b), sind im vorliegenden Fall die neuen Bestimmungen nicht anwendbar (BGE 129 V 4 Erw. 1.2). 
3. 
3.1 Der Beschwerdeführer macht erneut geltend, die der streitigen Beitragsverfügung zu Grunde liegenden Einkommen würden nicht stimmen; seit 1998 bestehe ein quantitativer Einkommensverlust von fast 50 %. Zudem bringt er vor, 1999 sei eine einschneidende Änderung der Einkommensgrundlage erfolgt, sodass entsprechend Art. 25 Abs. 1 AHVV vom ordentlichen Veranlagungsverfahren abzuweichen sei. 
3.2 Soweit die Vorinstanz zur Einkommenshöhe ausgeführt hat, das in der streitigen Beitragsverfügung berücksichtigte durchschnittliche Jahreseinkommen von Fr. 88'700.- sei korrekt, ist ihr beizupflichten. Sie hat mit Hinweis auf die Rechtsprechung, wonach das Gericht von rechtskräftigen Steuertaxationen bloss dann abweichen darf, wenn diese klar ausgewiesene Irrtümer enthalten, die ohne weiteres richtig gestellt werden können, oder wenn sachliche Umstände gewürdigt werden müssen, die steuerrechtlich belanglos, sozialversicherungsrechtlich aber bedeutsam sind, zutreffend dargelegt, dass ein solcher Irrtum vorliegend nicht ersichtlich ist. Das für 1995 vom Steueramt gemeldete und in der Verfügung berücksichtigte Einkommen von Fr. 83'922.- hatte der Beschwerdeführer denn auch schon in der vorinstanzlichen Beschwerde als massgebend angegeben. Für 1996 gab er an, sein Einkommen betrage Fr. 85'562.-, was unter Aufrechnung der deklarierten Ausbildungskosten von Fr. 3'202.- an das Einkommen von Fr. 85'362.- mit einer Differenz von Fr. 2.- ebenfalls mit den vom Steueramt gemeldeten Zahlen übereinstimmt. 
3.3 
3.3.1 Was sodann die vom Beschwerdeführer geltend gemachte einschneidende Änderung der Einkommensgrundlage betrifft, ist zunächst festzuhalten, dass es in erster Linie Sache der beitragspflichtigen Person ist, die wesentliche Änderung ihrer Einkommensgrundlagen im Sinne von Art. 25 Abs. 1 AHVV zu melden. Die Ausgleichskasse ist aber verpflichtet, von Amtes wegen eine Neueinschätzung vorzunehmen, wenn die wesentliche Änderung offensichtlich ist (ZAK 1989 S. 551 Erw. 4a, 1957 S. 404 Erw. 2). 
 
In zeitlicher Hinsicht kann eine Veränderung der Einkommensgrundlagen, die vor dem Ende der fraglichen Beitragsperiode eintritt, von Beitragspflichtigen jedenfalls solange geltend gemacht oder von der Verwaltung von Amtes wegen berücksichtigt werden, als die im ordentlichen Beitragsbemessungsverfahren erlassene Beitragsverfügung nicht in formelle Rechtskraft erwachsen ist. Haben Beitragspflichtige die Beitragsverfügung beschwerdeweise angefochten, können sie die Veränderung ihrer Einkommensgrundlagen auch noch im erstinstanzlichen Beschwerdeverfahren geltend machen und das Sozialversicherungsgericht ist gestützt auf den Untersuchungsgrundsatz verpflichtet, die diesbezüglichen Vorbringen zu beachten sowie für die richtige und vollständige Abklärung des entsprechenden Sachverhaltes zu sorgen (vgl. dazu ZAK 1989 S. 552 Erw. 4b in fine, Urteil G. vom 28. September 2001, H 115/01). 
3.3.2 In seiner Beschwerde an die Vorinstanz beschränkte sich der Versicherte zunächst auf den Einwand, die der Beitragsverfügung zu Grunde liegenden Einkommen seien zu hoch. Mit Eingabe vom 12. März 1999, mithin im Verlauf des vorinstanzlichen Verfahrens, jedoch noch vor Einreichung der Beschwerdeantwort durch die Ausgleichskasse, wie auch mit Schreiben vom 11. September 2000 stellte er bei dieser ein Gesuch um Neueinschätzung nach Art. 25 Abs. 1 AHVV, da er zwischenzeitlich seine neunjährige Tätigkeit als selbstständiger Wiederverkäufer beim Schlüsselfundservice X.________ AG aufgegeben habe und neu in Beratung und Verkauf von Ernährungsprodukten selbstständiges Einkommen erziele. Wie sich aus dem Antwortschreiben der Ausgleichskasse vom 1. September 2000 ergibt, hatte der Versicherte sodann mit Schreiben vom 22. Januar 2000 geltend gemacht, er habe per 1. September 1999 bei der Y.________ AG eine unselbstständige Tätigkeit aufgenommen. Ohne pendente lite eine Verfügung zu erlassen, wozu sie vor Einreichung der Vernehmlassung durchaus noch berechtigt gewesen wäre (vgl. Art. 58 VwVG und die dazu ergangene Rechtsprechung in BGE 103 V 109 Erw. 2; SVR 2001 IV Nr. 20 S. 60 Erw. 3a), lehnte die Ausgleichskasse eine Neueinschätzung in ihren Schreiben vom 1. und 21. September 2000 ab und stellte zudem fest, dass der Beschwerdeführer seine Tätigkeit als Selbstständigerwerbender per Ende August 1999 aufgegeben habe, somit seine Beitragspflicht als Selbstständigerwerbender mit diesem Datum ende und ihm in den nächsten Tagen eine Bestätigung "Entlassung aus der Kassenmitgliedschaft" zugestellt werde. 
3.3.3 Die Vorinstanz äusserte sich zur Frage, ob auf Grund einer einschneidenden Änderung der Einkommensgrundlage eine Neueinschätzung vorzunehmen sei, nicht, sondern führte lediglich zum Zeitpunkt der Aufgabe der selbstständigen Erwerbstätigkeit aus, sollte der Beschwerdeführer am 1. September 1999 tatsächlich eine unselbstständige Erwerbstätigkeit bei der Y.________ AG aufgenommen haben, werde die Ausgleichskasse die Entlassung des Versicherten als Selbstständigerwerbender auf diesen Zeitpunkt vorzunehmen haben und die Beiträge für das Jahr 1999 entsprechend neu festzusetzen haben. 
 
Auf Grund der geschilderten Sachlage wäre die Vorinstanz jedoch verpflichtet gewesen, die Frage der Neueinschätzung zu beurteilen und unter Umständen die Sache zwecks weiterer Abklärungen zu den Voraussetzungen einer Beitragsfestsetzung im ausserordentlichen Verfahren der Gegenwartsbemessung an die Ausgleichskasse zurückzuweisen (Urteil G. vom 28. September 2001, H 115/01). Indem sie sich nur zur Höhe des berücksichtigten Einkommens sowie zum Zeitpunkt der Aufgabe der selbstständigen Erwerbstätigkeit mit Bezug auf die Tätigkeit bei der Y.________ AG äusserte, hat sie Bundesrecht verletzt. Daran ändert nichts, dass der Beschwerdeführer seine Anträge betreffend Grundlagenänderung nicht gegenüber der Vorinstanz, sondern gegenüber der Ausgleichskasse im Rahmen eines Gesuchs um Neueinschätzung vorbrachte, verwies doch die Ausgleichskasse in ihrer Vernehmlassung vom 16. Mai 2002 zur Begründung ihres Antrags auf Beschwerdeabweisung ohne weitere Ausführungen auf ihre - eine Neueinschätzung ablehnenden - Schreiben vom 1. und 21. September 2000. Die Sache ist deshalb an die Ausgleichskasse zurückzuweisen, welche unter Prüfung der Voraussetzungen gemäss Art. 25 Abs. 1 AHVV die Beitragspflicht des Versicherten neu zu beurteilen haben wird. 
4. 
Da es nicht um die Bewilligung oder Verweigerung von Versicherungsleistungen geht, ist das Verfahren kostenpflichtig (Art. 134 OG e contrario). Als Obsiegen im Sinne von Art. 156 Abs. 3 OG gilt dabei unter anderem auch die Rückweisung der Sache zur weiteren Abklärung, weshalb die Gerichtskosten der Beschwerdegegnerin aufzuerlegen sind. 
 
Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht: 
1. 
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird in dem Sinne gutgeheissen, dass der Entscheid des Sozialversicherungsgerichts des Kantons Zürich vom 28. Mai 2002 und die Verfügung der Ausgleichskasse des Kantons Zürich vom 17. September 1998, soweit die Periode 1999 betreffend, aufgehoben und die Sache an die Ausgleichskasse zurückgewiesen wird, damit sie im Sinne der Erwägungen verfahre und neu entscheide. 
2. 
Die Gerichtskosten von Fr. 1'000.- werden der Ausgleichskasse des Kantons Zürich auferlegt. 
3. 
Der geleistete Kostenvorschuss von Fr. 1'000.- wird dem Beschwerdeführer zurückerstattet. 
4. 
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich und dem Bundesamt für Sozialversicherung zugestellt. 
Luzern, 17. März 2004 
Im Namen des Eidgenössischen Versicherungsgerichts 
Die Präsidentin der III. Kammer: Die Gerichtsschreiberin: