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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
{T 0/2} 
1C_274/2011 
 
Urteil vom 17. November 2011 
I. öffentlich-rechtliche Abteilung 
 
Besetzung 
Bundesrichter Fonjallaz, Präsident, 
Bundesrichter Aemisegger, Eusebio, 
Gerichtsschreiberin Scherrer Reber. 
 
Verfahrensbeteiligte 
X.________, Beschwerdeführerin, vertreten durch Rechtsanwalt Cyrill Egli, 
 
gegen 
 
1. Ehepaar Y.________, 
2. Z.________, 
Beschwerdegegner, vertreten durch Rechtsanwalt 
André Britschgi, 
 
Baudirektion des Kantons Nidwalden, 
Buochserstrasse 1, 6371 Stans, 
Regierungsrat des Kantons Nidwalden, 
Rechtsdienst, Dorfplatz 2, Postfach, 6371 Stans. 
 
Gegenstand 
Bewilligungspflicht nach Strassengesetz, 
 
Beschwerde gegen das Urteil vom 14. Juni 2010 des Verwaltungsgerichts des Kantons Nidwalden, Verwaltungsabteilung. 
 
Sachverhalt: 
 
A. 
X.________ ist Eigentümerin des seeseitig an der Kantonsstrasse (Seestrasse) Beckenried liegenden Grundstücks Nr. 260, GB Beckenried, und Miteigentümerin der auf der gegenüberliegenden Strassenseite gelegenen Parzelle Nr. 1281, GB Beckenried. 
Die westlich an das Grundstück Nr. 260 grenzende Parzelle Nr. 259, GB Beckenried, gehört der Z.________ und wird als Badeplatz genutzt. Der strassenseitige Teil ist als rechtswinklig zur Kantonsstrasse liegender Parkplatz gekennzeichnet mit dem Vermerk "PRIVAT" am Boden. 
Westlich der Parzelle Nr. 1281 liegt das Grundstück Nr. 1352, GB Beckenried, welches die Eheleute Y.________ gehört. Die Erschliessung erfolgt über den zwischen der Seestrasse V.________ und W.________ liegenden Grundstücksabschnitt. 
 
B. 
Mit Schreiben vom 7. August 2008 teilte X.________ der Baudirektion des Kantons Nidwalden mit, sie habe eine baurechtliche Auseinandersetzung mit den Eheleuten Y.________. Thema sei die Benutzung der an der Seestrasse gelegenen Grundstücksteile als Parkplätze. Die Zu- und Wegfahrten zwischen der Seestrasse und den Parkplätzen benötigten eine Bewilligung. X.________ wollte wissen, ob eine solche vorliege. Falls nicht, sei die Nutzung per Verfügung zu unterbinden. 
 
C. 
Die Baudirektion antwortete X.________ am 3. September 2008, aus behördlicher Sicht bestehe keine Veranlassung zur Einleitung eines Bewilligungsverfahrens im Zusammenhang mit den beanstandeten Ein- und Ausfahrten. Daraufhin verlangte X.________ eine anfechtbare Verfügung. Entsprechend hielt die Baudirektion mit Entscheid vom 16. Oktober 2008 fest, die heutige Nutzung der Parzellen Nrn. 259 und 1352, GB Beckenried, unterliege nicht der Bewilligungspflicht gemäss Strassengesetz. 
 
D. 
Gegen diese Feststellungsverfügung gelangte X.________ an den Regierungsrat des Kantons Nidwalden. Dieser wies die Beschwerde am 18. August 2009 ab, soweit er darauf eintrat. 
Das hierauf angerufene Verwaltungsgericht schützte den angefochtenen Regierungsratsbeschluss mit Urteil vom 14. Juni 2010. 
 
E. 
Mit ihrer Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten vom 9. Juni 2011 beantragt X.________ dem Bundesgericht, das Urteil des Verwaltungsgerichts vom 14. Juni 2010 sei insofern aufzuheben, als ihre Beschwerdelegitimation betreffend Parzelle Nr. 259, BG Beckenried, verneint worden sei. Die Sache sei zur materiellen Beurteilung bezüglich dieser Parzelle an die Vorinstanz zurückzuweisen. Eventualiter sei das angefochtene Urteil betreffend Parzelle Nr. 259, GB Beckenried, aufzuheben und festzustellen, dass die heutige Nutzung der fraglichen Parzelle einer Bewilligung für die Zufahrt gemäss Art. 22 RPG und Art. 50 des kantonalen Gesetzes über den Bau und Unterhalt der Strassen (StrG/NW) bedürfe. 
Die Eheleute Y.________ als Beschwerdegegner 1 sowie die Z.________ als Beschwerdegegnerin 2 schliessen auf Abweisung der Beschwerde, soweit darauf einzutreten sei. Die Beschwerdegegner 1 weisen zudem darauf hin, dass die Angelegenheit in Bezug auf ihre Parzelle nicht mehr strittig sei. Der Regierungsrat und das Verwaltungsgericht des Kantons Nidwalden verzichten unter Hinweis auf das angefochtene Urteil auf eine formelle Vernehmlassung. 
 
Erwägungen: 
 
1. 
1.1 Das angefochtene Urteil des Verwaltungsgerichts ist ein Endentscheid einer letzten kantonalen Instanz (Art. 82 lit. a i.V.m. Art. 86 Abs. 1 lit. d und Art. 90 BGG). Ihm liegt ein Beschwerdeverfahren über ein Baubegehren und damit eine öffentlich-rechtliche Angelegenheit zu Grunde. Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten nach Art. 82 lit. a BGG steht auf dem Gebiet des Raumplanungs- und Baurechts zur Verfügung (BGE 133 II 249 E. 1.2 S. 251, 400 E. 2.1 S. 404). Ausnahmegründe im Sinne von Art. 83 ff. BGG liegen nicht vor. Die Beschwerdeführerin hat am Verfahren vor der Vorinstanz teilgenommen (Art. 89 Abs. 1 lit. a BGG). Sie ist als Nachbarin zur Beschwerde grundsätzlich legitimiert (Art. 89 Abs. 1 lit. b und c BGG; BGE 133 II 249 E. 1.3.3 S. 253 f.). Dies gilt auch für ihr Vorbringen, die Vorinstanz habe ihre Legitimation zu Unrecht teilweise verneint. Zu dieser Rüge ist die Beschwerdeführerin nach Art. 89 Abs. 1 BGG befugt, ungeachtet ihrer Legitimation in der Sache (vgl. BGE 133 II 249 E. 1.3.2 S. 253; 133 I 185 E. 6.2 S. 198 ff.). Auf die frist- und formgerecht eingereichte Beschwerde ist grundsätzlich einzutreten. 
 
1.2 Nach Art. 42 Abs. 2 BGG ist in der Begründung in gedrängter Form darzulegen, inwiefern der angefochtene Akt Recht verletzt. Dies setzt voraus, dass sich der Beschwerdeführer wenigstens kurz mit den Erwägungen des angefochtenen Entscheids auseinandersetzt. Genügt die Beschwerdeschrift diesen Begründungsanforderungen nicht, so ist darauf nicht einzutreten. Zwar wendet das Bundesgericht das Recht grundsätzlich von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG); dies setzt aber voraus, dass auf die Beschwerde überhaupt eingetreten werden kann, diese also wenigstens die minimalen Begründungsanforderungen von Art. 42 Abs. 2 BGG erfüllt. 
Strengere Anforderungen gelten, wenn die Verletzung von Grundrechten (einschliesslich der willkürlichen Anwendung von kantonalem Recht und Willkür bei der Sachverhaltsfeststellung; dazu BGE 133 II 249 E. 1.4.3 S. 255) geltend gemacht wird. Dies prüft das Bundesgericht nicht von Amtes wegen, sondern nur insoweit, als eine solche Rüge in der Beschwerde vorgebracht und begründet worden ist (Art. 106 Abs. 2 BGG). Für derartige Rügen gelten die gleichen Begründungsanforderungen, wie sie gestützt auf Art. 90 Abs. 1 lit. b OG für die staatsrechtliche Beschwerde gegolten haben (BGE 133 II 249 E. 1.4.2 S. 254 mit Hinweisen). Die Beschwerdeschrift muss die wesentlichen Tatsachen und eine kurz gefasste Darlegung darüber enthalten, welche verfassungsmässigen Rechte bzw. welche Rechtssätze inwiefern durch den angefochtenen Erlass oder Entscheid verletzt worden sind. Das Bundesgericht prüft nur klar und detailliert erhobene und, soweit möglich, belegte Rügen; auf rein appellatorische Kritik am angefochtenen Entscheid tritt es nicht ein. Wird eine Verletzung des Willkürverbots geltend gemacht, muss anhand der angefochtenen Subsumtion im Einzelnen dargelegt werden, inwiefern der Entscheid an einem qualifizierten und offensichtlichen Mangel leidet (BGE 130 I 258 E. 1.3 S. 261 mit Hinweisen). 
 
1.3 Vorab ist festzuhalten, dass nur noch das Verfahren bezüglich Parzelle Nr. 259, GB Beckenried, hängig ist. Die Nutzung von Grundstück Nr. 1352 ist nicht mehr strittig. 
 
2. 
Die Beschwerdeführerin wendet sich in erster Linie dagegen, dass ihr die kantonalen Instanzen die Legitimation in Bezug auf die Parkplatzsituation auf der Parzelle Nr. 259, GB Beckenried, abgesprochen haben. 
Umfangreiche Ausführungen hierzu erübrigen sich. Das Verwaltungsgericht hat nämlich im Ergebnis eine materielle Prüfung vorgenommen und die Beschwerde selbst für den Fall, dass darauf einzutreten wäre, abgewiesen. Damit kann auch vor Bundesgericht offen bleiben, ob die Beschwerdelegitimation zu Recht verneint wurde. 
 
3. 
In materieller Hinsicht hat das Verwaltungsgericht vorab festgestellt, das kantonale Strassengesetz äussere sich nicht explizit zur Bewilligungspflicht von Zufahrten auf/ab öffentlichen Strassen. Der Regierungsrat sei unter Bezugnahme auf Art. 50 StrG/NW zum Schluss gelangt, unter die in dieser Bestimmung genannten Umgestaltungen seien im Sinn von Art. 22 RPG auch Zweckänderungen zu subsumieren, soweit diese geeignet seien, örtlich fassbare Auswirkungen auf die Nutzungsordnung zu bewirken. Demzufolge wären bestehende Zufahrten in eine öffentliche Strasse zu überprüfen, wenn sie einem wesentlichen Mehrverkehr oder einem andersartigen Verkehr als bisher dienen würden. Die Parzelle Nr. 259 werde seit Jahrzehnten als Abstellplatz für Fahrzeuge, Gegenstände und Gerätschaften genutzt. Das Abstellen von Fahrzeugen sei nicht mit erheblich grösserem oder andersartigem Verkehr verbunden. Insofern liege kein überprüfungspflichtiger Zustand vor. 
 
3.1 Art. 50 Abs. 1 StrG/NW erklärt bauliche Umgestaltungen im Bereich von Strassen, wie die Erstellung, Änderung oder Verlegung von Kreuzungen mit andern Verkehrswegen, Gewässern, Seilbahnen, Leitungen aller Art und ähnlichen Anlagen sowie von Einmündungen neuer Strassen in das bestehende Strassennetz als bewilligungspflichtig; sie dürfen die Strassenanlage und einen allfälligen künftigen Ausbau nicht beeinträchtigen. 
Den kantonalen Instanzen ist in einem ersten Schritt keine Willkür vorzuwerfen, wenn sie den Begriff "Umgestaltung" im Sinn von Art. 22 RPG auslegen und eine Bewilligungspflicht nur bei einer Zweckänderung mit erheblichen räumlichen Folgen bejahen wollen (siehe zur Bewilligungspflicht bspw. das Urteil 1C_47/2008 des Bundesgerichts vom 8. August 2008 publ. in: ZBl 111/2010 S. 397 E. 2.5.1). Daran scheint sich die Beschwerdeführerin nicht zu stossen. Auch stellt sie die jahrelange Nutzung der Parzelle als Lager- und Abstellplatz nicht in Abrede. Sie macht aber in genereller Art und Weise geltend, das Ein- und Ausfahren rückwärts von der Kantonsstrasse in die strittigen Parkplätze stelle einen gegenüber der früheren Nutzung der Zufahrt andersartigen Verkehr dar. Früher sei das Grundstück nicht durch Pflanzentröge zweigeteilt gewesen; die fragliche Parzelle habe darum als Manövrierfläche genutzt werden können, was jeweils eine Zu- und Wegfahrt vorwärts erlaubt habe. 
 
3.2 Diese Behauptung ist durch nichts belegt und genügt nicht, um den kantonalen Instanzen Willkür in der Rechtsanwendung oder der Sachverhaltsfeststellung vorzuwerfen. Insbesondere ist nicht dargetan, dass und seit wann eine wesentliche, bau- oder umweltrechtlich relevante Nutzungsänderung stattgefunden hätte. Die privaten Parkfelder werden gemäss den Ausführungen der Vorinstanzen nach wie vor von Anwohnern genutzt, ohne dass damit ein massgeblicher Mehrverkehr verbunden wäre. Etwas anderes bringt die Beschwerdeführerin nicht rechtsgenüglich vor. Es kann insgesamt auf den angefochtenen Entscheid verwiesen werden (Art. 109 Abs. 3 BGG). 
 
3.3 Unbehelflich ist in dem Zusammenhang die Berufung auf Art. 22 RPG: Wie gesehen haben die kantonalen Behörden Art. 50 StrG/NW im Sinn dieser bundesrechtlichen Regelung ausgelegt. Die diesbezüglichen Ausführungen treffen entsprechend auch in Bezug auf die Bewilligungspflicht nach RPG zu. 
 
4. 
Demzufolge ist die Beschwerde abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist. Dem Ausgang des Verfahrens entsprechend hat die Beschwerdeführerin für die Kosten vor dem Bundesgericht aufzukommen (Art. 66 Abs. 1 BG). Da die privaten Beschwerdegegner 1 vom vorliegenden Verfahren nicht betroffen sind, ist ihnen keine Parteientschädigung zuzusprechen. Hingegen hat die Beschwerdeführerin die private Beschwerdeführerin 2 für das bundesgerichtliche Verfahren angemessen zu entschädigen (Art. 68 Abs. 2 BGG). 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht: 
 
1. 
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist. 
 
2. 
Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt. 
 
3. 
Die Beschwerdeführerin hat die private Beschwerdegegnerin 2 für das bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 2'000.-- zu entschädigen. 
 
4. 
Dieses Urteil wird den Parteien, der Baudirektion, dem Regierungsrat und dem Verwaltungsgericht des Kantons Nidwalden, Verwaltungsabteilung, schriftlich mitgeteilt. 
 
Lausanne, 17. November 2011 
Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Fonjallaz 
 
Die Gerichtsschreiberin: Scherrer Reber