Wichtiger Hinweis:
Diese Website wird in älteren Versionen von Netscape ohne graphische Elemente dargestellt. Die Funktionalität der Website ist aber trotzdem gewährleistet. Wenn Sie diese Website regelmässig benutzen, empfehlen wir Ihnen, auf Ihrem Computer einen aktuellen Browser zu installieren.
Zurück zur Einstiegsseite Drucken
Grössere Schrift
 
 
Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
                 
 
 
9C_240/2019  
 
 
Urteil vom 18. Juni 2019  
 
II. sozialrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichterin Pfiffner, Präsidentin, 
Bundesrichterinnen Glanzmann, Moser-Szeless, 
Gerichtsschreiberin Oswald. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
vertreten durch Rechtsanwalt Marc Weber, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen  
 
Ausgleichskasse des Kantons Zürich, Röntgenstrasse 17, 8005 Zürich, 
Beschwerdegegnerin. 
 
Gegenstand 
Alters- und Hinterlassenenversicherung (Beitragspflicht), 
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Sozialversicherungsgerichts des Kantons Zürich 
vom 5. Februar 2019 (AB.2017.00026). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.   
Am 27. Juli 2016 meldete das kantonale Steueramt der Ausgleichskasse des Kantons Zürich (fortan: Ausgleichskasse) für das Steuerjahr 2012 ein Einkommen von A.________ aus selbständiger Erwerbstätigkeit von Fr. 360'035.- sowie ein im Betrieb investiertes Eigenkapital von Fr. 160'537.-. Die Ausgleichskasse setzte am 4. August 2016 die Beiträge für Selbständigerwerbende (inkl. Verwaltungskosten) für das Jahr 2012 auf Fr. 39'173.40 fest. Auf Einsprache hin stellte sie - gestützt auf ein am 9. November 2016 mitgeteiltes Rektifikat des kantonalen Steueramtes - fest, für die Bemessung der Beiträge sei von einem Einkommen aus selbständiger Erwerbstätigkeit von Fr. 118'625.- sowie einem im Betrieb investierten Eigenkapital von Fr. 0.- auszugehen (Einspracheentscheid vom 27. Februar 2017). 
 
B.   
Die hiergegen gerichtete Beschwerde wies das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich mit Entscheid vom 5. Februar 2019 ab. 
 
C.   
A.________ führt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten mit dem Antrag, es sei der Entscheid des Sozialversicherungsgerichts des Kantons Zürich vom 5. Februar 2019 aufzuheben und sein Einkommen aus selbständiger Erwerbstätigkeit für die Bemessung der persönlichen AHV-Beiträge des Jahres 2012 auf Fr. 0.- festzusetzen. Eventualiter sei der vorinstanzliche Entscheid aufzuheben und die Sache zur neuen Beurteilung an das kantonale Gericht zurückzuweisen. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
 
1.1. Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann u.a. die Verletzung von Bundesrecht gerügt werden (Art. 95 lit. a BGG), die Feststellung des Sachverhalts durch die Vorinstanz nur, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht und die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1 BGG). Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Es kann deren Sachverhaltsfeststellung von Amtes wegen berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht (Art. 105 Abs. 2 BGG).  
 
1.2. Im Sozialversicherungsverfahren gelten der Untersuchungsgrundsatz sowie der Grundsatz der freien Beweiswürdigung (Art. 43 Abs. 1 und Art. 61 lit. c ATSG). Der rechtserhebliche Sachverhalt ist von Amtes wegen unter Mitwirkung der Parteien zu ermitteln. In diesem Sinne rechtserheblich sind alle Tatsachen, von deren Vorliegen es abhängt, ob über den streitigen Anspruch so oder anders zu entscheiden ist. Der Verzicht auf weitere Abklärungen oder im Beschwerdefall auf Rückweisung der Sache zu diesem Zweck (antizipierte Beweiswürdigung) verletzt etwa dann Bundesrecht (Art. 95 lit. a BGG), wenn der festgestellte Sachverhalt unauflösbare Widersprüche enthält oder wenn eine entscheidwesentliche Tatfrage auf unvollständiger Beweisgrundlage beantwortet wird (zum Ganzen etwa Urteil 9C_393/2017 vom 20. September 2017 E. 2.2 mit Hinweisen).  
 
2.   
Streitig und zu prüfen ist, ob die Vorinstanz bezüglich der Liegenschaft des Beschwerdeführers in B.________ zu Recht eine reine Verwaltung von privatem Vermögen verneint und die Mietzinseinnahmen (nach Abzug eines Verlusts aus selbständiger Erwerbstätigkeit in den USA, der Kosten für Liegenschaftsunterhalt sowie der Hypothekarzinsen) als Einkommen aus selbständiger Erwerbstätigkeit der AHV-Beitragspflicht unterstellt hat. 
 
3.   
Die massgeblichen rechtlichen Grundlagen sowie die Rechtsprechung zur Abgrenzung der Verwaltung des eigenen Vermögens von der gewerbsmässigen Nutzung von Liegenschaften hat die Vorinstanz einlässlich und zutreffend wiedergegeben. Darauf wird verwiesen (vgl. ausserdem etwa BGE 141 V 234 E. 6.2 S. 244 f.; SVR 2017 AHV Nr. 10 S. 27, 9C_591/2016 E. 3.2 f.). 
 
4.  
 
4.1. Gemäss - für das Bundesgericht grundsätzlich verbindlicher (E. 1.1 hiervor) - Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz ist der Beschwerdeführer Verwaltungsratspräsident der X.________ AG, Geschäftsführer und Inhaber der Y.________ Ltd., USA, sowie beteiligt an der Z.________ LP, USA. Ausserdem hält er mehrere Liegenschaften, wobei einzig mit derjenigen in B.________ Mietzinseinnahmen generiert werden, während die übrigen von ihm selbst oder seinen Familienangehörigen bewohnt bzw. genutzt werden. Die Liegenschaft in B.________ hat der Versicherte nach vorinstanzlicher Feststellung am 11. September 2009 als Bauland erworben, im Jahr 2011 überbaut und am 1. Juni 2013 wieder veräussert. Das Steueramt habe die erwirtschafteten Liegenschaftserträge für die Steuerperiode 2011 als Einkünfte aus selbständigem Haupterwerb qualifiziert und angegeben, die endgültige Qualifikation der Liegenschaft als Geschäftsvermögen werde bei der Steuerveranlagung für das Jahr 2013 erfolgen, die indes im Zeitpunkt des kantonalen Entscheids noch nicht rechtskräftig gewesen sei. Auf der Liegenschaft in B.________ hätten am 31. Dezember 2012 zwei Hypotheken von Fr. 1'800'000.- bzw. Fr. 6'350'000.- gelastet; der kantonale Steuerwert habe gemäss interkantonaler Steuerausscheidung des Kantons betreffend das Jahr 2013 Fr. 9'689'000.-, der Repartitionswert Fr. 6'782'300.- betragen.  
 
4.2. Das kantonale Gericht würdigte das beschriebene Vorgehen als aktives, auf Wertvermehrung gerichtetes Tätigwerden des Beschwerdeführers. Da überdies die Besitzdauer lediglich kurz gewesen sei, die Finanzierung überwiegend mit fremden Mitteln erfolgt sei, und der Versicherte die günstige Marktentwicklung im Bereich der Wohnungspreise ausgenutzt habe, habe eine betriebliche (gewerbliche) Nutzung der fraglichen Liegenschaft vorgelegen. Nicht von Belang sei vor diesem Hintergrund, dass der Beschwerdeführer hauptberuflich nicht im Immobilienhandel oder in der Baubranche tätig sei.  
 
5.  
 
5.1. Der Beschwerdeführer rügt, das Sozialversicherungsgericht habe es in Verletzung des Untersuchungsgrundsatzes (Art. 61 lit. c ATSG) unterlassen, Feststellungen zu den für die Abgrenzung zwischen selbständiger Erwerbstätigkeit durch Liegenschaftenhandel und reiner (privater) Vermögensverwaltung massgeblichen tatsächlichen Grundlagen zu treffen. Dies betreffe insbesondere die Kriterien des Fremdfinanzierungsgrades und des Ausnutzens einer günstigen Marktentwicklung. Eine Rückweisung an das kantonale Gericht zur Vornahme der notwendigen Abklärungen sei geboten.  
 
5.1.1. Die Vorinstanz hat tatsächliche Feststellungen getroffen zur Höhe der hypothekarischen Belastung am 31. Dezember 2012 sowie zur steuerlichen Bewertung der Liegenschaft für das Jahr 2013 (E. 4.1 hiervor). Hingegen fehlen Feststellungen zu den eingesetzten Eigenmitteln und damit zum Fremdfinanzierungsgrad. Diesbezüglich hat zwar auch der Beschwerdeführer im vorinstanzlichen Verfahren weder zweckdienliche Angaben gemacht noch Beweismittel angeboten. Dies kann ihm jedoch nicht als Verletzung seiner im vorinstanzlichen Verfahren geltenden Mitwirkungspflicht (Art. 61 lit. c ATSG) angelastet werden. Der Versicherte weist zu Recht darauf hin, dass der Fremdfinanzierungsgrad erstmals im Entscheid des Sozialversicherungsgerichts thematisiert wird, weshalb er zu diesbezüglichen Ausführungen bis und mit dem vorinstanzlichen Verfahren - in dem er noch nicht anwaltlich vertreten war - keine Veranlassung hatte.  
 
5.1.2. Zur vom Sozialversicherungsgericht bejahten Ausnutzung einer günstigen Marktentwicklung im Bereich der Wohnungspreise finden sich weder im kantonalen Entscheid tatsächliche Feststellungen noch kann der Sachverhalt anhand der Akten ergänzt werden (vorne E. 1.1).  
 
5.1.3. Zur Häufigkeit der Immobiliengeschäfte hat das Sozialversicherungsgericht festgestellt, der Beschwerdeführer halte mehrere Liegenschaften, generiere jedoch nur mit der fraglichen Liegenschaft in B.________ Mieteinnahmen, während die übrigen von ihm selbst oder Familienangehörigen bewohnt bzw. genutzt würden (oben E. 4.1). Welche weiteren Abklärungen die Vorinstanz diesbezüglich hätte tätigen sollen, zeigt der Beschwerdeführer weder auf noch ist dies ersichtlich. Gleiches gilt bezüglich der Verwendung von spezifischen Fachkenntnissen und der Nähe zur beruflichen Tätigkeit, was das kantonale Gericht verneinte, sowie hinsichtlich der Vorgehensweise, die das Sozialversicherungsgericht in seiner E. 3.2 skizzierte. Wurden nach vorinstanzlicher Feststellung keine weiteren Immobiliengeschäfte getätigt, erübrigten sich sodann Feststellungen zu einer allfälligen Reinvestition des aus dem Verkauf der Liegenschaft in B.________ erzielten Gewinns.  
 
5.1.4. Nach dem Gesagten hat das kantonale Gericht die entscheidwesentlichen Tatfragen nach Fremdfinanzierungsgrad und Ausnutzen einer günstigen Marktentwicklung auf unvollständiger Beweisgrundlage beantwortet, wodurch es den Untersuchungsgrundsatz verletzt hat (oben E. 1.2).  
 
5.1.5. Die novenrechtliche Zulässigkeit (Art. 99 Abs. 1 BGG) der vom Beschwerdeführer erstmals vor Bundesgericht eingereichten Grundstückgewinnsteuerveranlagung vom 3. Juni 2013 sowie der Grafiken zur Preisentwicklung von Häusern und Wohnungen in B.________ und der gestützt darauf in der Beschwerde gemachten neuen tatsächlichen Behauptungen kann offen bleiben. Selbst unter Berücksichtigung dieser Noven wäre der Sachverhalt nicht liquid, und lässt sich deshalb so oder anders nicht überprüfen, ob der vorinstanzliche Entscheid materiell Bundesrecht verletzt.  
 
5.1.6. Die Sache ist deshalb zu weiterer Abklärung und neuem Entscheid an das kantonale Gericht zurückzuweisen (Art. 107 Abs. 2 BGG).  
 
5.2. Bei diesem Verfahrensausgang erübrigen sich Weiterungen zur gerügten Verletzung des rechtlichen Gehörs sowie der daraus abgeleiteten Prüfungs- und Begründungspflicht (Art. 29 Abs. 2 BV, Art. 61 lit. h ATSG und Art. 112 Abs. 1 lit. b BGG; vgl. Urteil 9C_78/2017 vom 26. Januar 2018 E. 5.3 mit Hinweisen) ebenso wie zur willkürlichen Auswahl einzelner Kriterien durch die Vorinstanz im Rahmen der Beweiswürdigung. Die Vorinstanz wird - nach Vornahme der notwendigen Sachverhaltsabklärungen unter Mitwirkungspflicht des Versicherten (Art. 61 lit. c ATSG) - selbstredend sämtliche relevanten Kriterien zu würdigen, die Parteivorbringen zu prüfen und ihren neuen Entscheid zu begründen haben.  
 
6.   
Auf einen Schriftenwechsel wird angesichts des Verfahrensausgangs verzichtet, der insoweit einen formellen Hintergrund aufweist, als die Vorinstanz über eine illiquide Sachlage entschieden hat Die Einholung einer Vernehmlassung zur Beschwerde käme einem Leerlauf gleich und würde nur weitere Kosten verursachen. Damit ist ein Schriftenwechsel aus Gründen der Prozessökonomie nicht erforderlich (Art. 102 Abs. 1 BGG; vgl. statt vieler Urteil 9C_296/2018 vom 14. Februar 2019 E. 8). 
 
7.   
Die Rückweisung der Sache zu erneutem Entscheid kommt praxisgemäss einem Obsiegen der beschwerdeführenden Partei gleich, unabhängig davon, ob sie beantragt oder ob das entsprechende Begehren im Haupt- oder im Eventualantrag gestellt wird (BGE 132 V 215 E. 6.1 S. 235; zuletzt bestätigt in Urteil 9C_861/2017 vom 14. Mai 2019 E. 7.1). Die Beschwerdegegnerin hat daher die Gerichtskosten zu tragen und dem Beschwerdeführer eine Parteientschädigung auszurichten (Art. 66 Abs. 1 und 68 Abs. 1 BGG). 
 
 
 Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.   
Die Beschwerde wird teilweise gutgeheissen und der Entscheid des Sozialversicherungsgerichts des Kantons Zürich vom 5. Februar 2019 aufgehoben. Die Sache wird zu neuer Entscheidung im Sinne der Erwägungen an die Vorinstanz zurückgewiesen. Im Übrigen wird die Beschwerde abgewiesen. 
 
2.   
Die Gerichtskosten von Fr. 1'100.- werden der Beschwerdegegnerin auferlegt. 
 
3.   
Die Beschwerdegegnerin hat den Beschwerdeführer für das bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 2'800.- zu entschädigen. 
 
4.   
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Luzern, 18. Juni 2019 
Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Die Präsidentin: Pfiffner 
 
Die Gerichtsschreiberin: Oswald