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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
{T 0/2} 
 
9C_426/2014  
   
   
 
 
 
Urteil vom 18. August 2014  
 
II. sozialrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Kernen, Präsident, 
Bundesrichterin Glanzmann, Bundesrichter Parrino, 
Gerichtsschreiberin Keel Baumann. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, vertreten durch 
Fürsprecherin Cordula E. Niklaus, 
Beschwerdeführerin, 
 
gegen  
 
IV-Stelle Schwyz, Rubiswilstrasse 8, 6438 Ibach,  
Beschwerdegegnerin. 
 
Gegenstand 
Invalidenversicherung, 
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Schwyz vom 9. April 2014. 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.   
Die 1968 geborene A.________, verheiratet und Mutter zweier Kinder (geb. 1985 und 1991), arbeitete bis 17. Dezember 2007 (letzter Arbeitstag) als Raumpflegerin. Im Juni 2008 meldete sie sich bei der Invalidenversicherung zum Leistungsbezug an. Mit Verfügung vom 25. Mai 2010 verneinte die IV-Stelle Schwyz einen Leistungsanspruch mangels Invalidität. Die von der Versicherten dagegen erhobene Beschwerde wies das Verwaltungsgericht des Kantons Schwyz mit Entscheid vom 25. Oktober 2010 ab; dieser erwuchs unangefochten in Rechtskraft. 
 
Im Januar 2012 liess A.________ eine Verschlechterung des Gesundheitszustandes geltend machen und erneut Leistungen beantragen. Vorbescheidsweise stellte die IV-Stelle in Aussicht, auf das Begehren nicht einzutreten, weil eine wesentliche Veränderung der tatsächlichen Verhältnisse seit der letzten Prüfung des Leistungsanspruches nicht hinreichend dargelegt worden sei. Auf die von der Versicherten unter Beilage medizinischer Unterlagen erhobenen Einwände hin veranlasste die IV-Stelle eine bidisziplinäre Begutachtung durch das Center B.________ (Gutachten vom 23. Oktober 2012). Am 11. Juli 2013 liess die IV-Stelle eine Haushaltabklärung vornehmen. Nach erneuter Durchführung des Vorbescheidverfahrens verneinte sie einen Rentenanspruch gestützt auf einen ermittelten Invaliditätsgrad von 32 % (Verfügung vom 31. Oktober 2013). 
 
B.   
Die von A.________ mit dem Antrag auf Zusprechung einer Dreiviertelsrente (eventualiter einer Viertelsrente) ab Juli 2012 erhobene Beschwerde wies das Verwaltungsgericht des Kantons Schwyz mit Entscheid vom 9. April 2014 ab. 
 
C.   
A.________ lässt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten führen und das im kantonalen Verfahren gestellte Rechtsbegehren erneuern. Des Weitern ersucht sie um Bewilligung der unentgeltlichen Prozessführung und Verbeiständung für das letztinstanzliche Verfahren. 
 
D.   
Am 12. August 2014 liess A.________ eine weitere Stellungnahme einreichen, in welcher sie an den gestellten Anträgen festhielt. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
 
1.1. Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann wegen Rechtsverletzung nach Art. 95 f. BGG erhoben werden. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Immerhin prüft es, unter Berücksichtigung der allgemeinen Begründungspflicht der Beschwerde (Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG), grundsätzlich nur die geltend gemachten Rügen, sofern die rechtlichen Mängel nicht geradezu offensichtlich sind (BGE 133 II 249 E. 1.4.1 S. 254). Es legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Es kann die Sachverhaltsfeststellung von Amtes wegen berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht (Art. 105 Abs. 2 BGG) und wenn die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1 BGG).  
 
1.2. Eine Sachverhaltsfeststellung ist nicht schon dann offensichtlich unrichtig, wenn sich Zweifel anmelden, sondern erst, wenn sie eindeutig und augenfällig unzutreffend ist (BGE 132 I 42 E. 3.1 S. 44). Es liegt noch keine offensichtliche Unrichtigkeit vor, nur weil eine andere Lösung ebenfalls in Betracht fällt, selbst wenn diese als die plausiblere erschiene (vgl. BGE 129 I 8 E. 2.1 S. 9; Urteil 9C_967/2008 vom 5. Januar 2009 E. 5.1). Diese Grundsätze gelten auch in Bezug auf die konkrete Beweiswürdigung (SVR 2012 BVG Nr. 11 S. 44, 9C_779/2010 E. 1.1.1 [nicht publiziert in: BGE 137 V 446]).  
 
1.3. Ob eine versicherte Person im Gesundheitsfall ganz, teilweise oder nicht erwerbstätig wäre (hypothetische Tatsache), beschlägt, wenn Ergebnis konkreter Beweiswürdigung, eine Tatsachenfeststellung, die nur auf Willkür hin letztinstanzlich überprüfbar ist (vgl. statt vieler SVR 2012 IV Nr. 53 S. 191, 9C_406/2011 E. 5.4 mit Hinweisen). Rechtsfragen sind die unvollständige Feststellung rechtserheblicher Tatsachen sowie die Missachtung des Untersuchungsgrundsatzes (Art. 43 Abs. 1, Art. 61 lit. c ATSG) und der Anforderungen an den Beweiswert. Es ist also vom Bundesgericht frei zu überprüfen, ob das kantonale Gericht eine inhaltsbezogene, umfassende, sorgfältige und objektive Beweiswürdigung vorgenommen hat (Art. 95 lit. a BGG; BGE 132 V 393 E. 4.1 S. 400; Urteil 9C_566/2008 vom 6. Oktober 2008 E. 4.1) und bei der Sachverhaltsermittlung vom Beweismass der überwiegenden Wahrscheinlichkeit ausgegangen ist (Urteil 9C_752/2008 vom 9. April 2009 E. 2.3.1 und 2.3.2).  
 
2.  
 
2.1. Streitig und zu prüfen ist der Rentenanspruch der Versicherten. Dabei besteht vorab Uneinigkeit in der Frage der anwendbaren Methode der Invaliditätsbemessung: Die IV-Stelle und die Vorinstanz gehen davon aus, die Versicherte wäre ohne gesundheitliche Beeinträchtigung zu 80 % erwerbstätig und zu 20 % im Haushalt beschäftigt, und wenden dementsprechend die gemischte Methode der Invaliditätsbemessung an. Demgegenüber stellt sich die Beschwerdeführerin auf den Standpunkt sie wäre im Gesundheitsfall in einem vollen Pensum erwerbstätig, womit ihr Invaliditätsgrad nach der Einkommensvergleichsmethode zu ermitteln wäre.  
 
2.2. Ob und gegebenenfalls in welchem zeitlichen Umfang eine in einem Aufgabenbereich tätige versicherte Person (Art. 5 Abs. 1 IVG in Verbindung mit Art. 8 Abs. 3 ATSG) ohne gesundheitliche Beeinträchtigung erwerbstätig wäre (Statusfrage), ergibt sich aus der Prüfung, was sie bei im Übrigen unveränderten Umständen täte, wenn keine gesundheitliche Beeinträchtigung bestünde. Entscheidend ist somit nicht, welches Ausmass der Erwerbstätigkeit der versicherten Person im Gesundheitsfall zugemutet werden könnte, sondern in welchem Pensum sie hypothetisch erwerbstätig wäre (BGE 133 V 504 E. 3.3 S. 507 f.; Urteil 9C_49/2008 vom 28. Juli 2008 E. 3.3; je mit Hinweisen). Bei im Haushalt tätigen Versicherten im Besonderen (vgl. Art. 27 IVV) sind die persönlichen, familiären, sozialen und erwerblichen Verhältnisse ebenso wie allfällige Erziehungs- und Betreuungsaufgaben gegenüber Kindern, das Alter, die beruflichen Fähigkeiten und die Ausbildung sowie die persönlichen Neigungen und Begabungen zu berücksichtigen. Massgebend sind die Verhältnisse, wie sie sich bis zum Erlass der Verfügung entwickelt haben, wobei für die hypothetische Annahme einer im Gesundheitsfall ausgeübten (Teil-) Erwerbstätigkeit der im Sozialversicherungsrecht übliche Beweisgrad der überwiegenden Wahrscheinlichkeit erforderlich ist (BGE 137 V 334 E. 3.2 S. 338; 130 V 393 E. 3.3 S. 396; 125 V 146 E. 2c S. 150; je mit Hinweisen; Ulrich Meyer, Rechtsprechung des Bundesgerichts zum Sozialversicherungsrecht, Bundesgesetz über die Invalidenversicherung [IVG], 2. Aufl. 2010, S. 288 ff.).  
 
3.  
 
3.1. Die Vorinstanz erwog, im Rahmen der ersten Verfügung vom 25. Mai 2010 sei die Anwendung der gemischten Methode mit einem Erwerbsanteil von 80 % und einem Haushaltsanteil von 20 % unbestritten gewesen. Die damals 42-jährige Versicherte habe mit dem Ehemann und den beiden bereits damals volljährigen Kindern im selben Haushalt gelebt. Inzwischen seien die beiden Kinder zwar ausgezogen; doch spreche dies noch nicht für eine Vollerwerbstätigkeit, weil die Versicherte bereits im Rahmen der ersten Rentenverfügung keine Kinder mehr zu betreuen gehabt habe. Es sei vielmehr davon auszugehen, dass diese damals mindestens teilweise im Haushalt mithalfen, zumal aktenkundig sei, dass die Tochter weiterhin ein- bis zweimal pro Woche im Haushalt der Eltern mithelfe. Gegen eine Aufstockung der im ersten Verfahren angenommenen Teilerwerbstätigkeit von 80 % spreche sodann auch, dass der Ehemann weiterhin IV-Rentner sei und die Versicherte sich anlässlich der zweiten Haushaltabklärung dahingehend geäussert habe, dass sie ihn nicht mehr (länger) alleine zu Hause lassen könne. Soweit die Versicherte auf die knappen finanziellen Verhältnisse hinweise, sei keine Veränderung seit der ersten Haushaltabklärung ersichtlich.  
 
3.2. Nach Auffassung der Versicherten hat die Vorinstanz die Tatsachen einseitig zu ihren Ungunsten gewürdigt und damit den rechtserheblichen Sachverhalt offensichtlich unrichtig festgestellt. Sie macht geltend, ihr Arbeitspensum von 100 % im Gesundheitsfall ergebe sich daraus, dass sie und ihr Ehemann ansonsten von seiner Invalidenrente von rund Fr. 3'400.- leben müssten sowie dass die beiden volljährigen Kinder die Ausbildung vollendet und eigene Familien gegründet hätten.  
 
3.3. Soweit die Versicherte sich auf die wirtschaftliche Notwendigkeit eines Vollpensums stützt, übersieht sie, dass rechtsprechungsgemäss nicht entscheidend ist, inwieweit die Ausübung einer Erwerbstätigkeit im Lichte der bestehenden finanziellen Verhältnisse als notwendig erscheint, sondern inwieweit sie unter Berücksichtigung der gesamten persönlichen, familiären, beruflichen und sozialen Situation als überwiegend wahrscheinlich zu betrachten ist (Urteil 9C_240/2013 vom 22. Oktober 2013 E. 3; I 160/02 vom 19. August 2002 E. 2.2). Dabei sind insbesondere auch die zuvor gelebten Verhältnisse zu berücksichtigen (vgl. dazu auch Urteil 9C_559/2009 vom 18. Dezember 2009 E. 4 [nicht publ. in: SVR 2010 IV Nr. 25 S. 111]). Da die Versicherte vor Beginn der Erkrankung Ende 2007, selbst als sich die Betreuungsaufgaben gegenüber ihren Kindern massgeblich verringerten, ihr Erwerbspensum (das bei allen Arbeitgebern zusammen aufgerundet maximal 80 % betrug) nicht erhöht hat, erscheint die Aufnahme eines Vollpensums nicht als überwiegend wahrscheinlich. Es sind keine objektiven Anhaltspunkte dafür gegeben, dass die im Rahmen der ersten Haushaltsabklärung gemachte Aussage, wonach sie ohne gesundheitliche Beeinträchtigung zu 80 % erwerbstätig wäre, nicht weiterhin Gültigkeit haben sollte. Vielmehr betonte die Versicherte im Rahmen der zweiten Haushaltabklärung, dass sie ihren gesundheitlich schwer beeinträchtigten Ehemann nicht (länger) alleine lassen könne, was sich mit einem höheren Pensum nicht vereinbaren liesse. Bei dieser Sachlage hat die Vorinstanz die Invaliditätsbemessung zu Recht nach der gemischten Methode mit einem Anteil von 80 % Erwerbstätigkeit und einem solchen von 20 % Haushalt vorgenommen.  
 
4.  
 
4.1. Es steht gestützt auf das Gutachten des Centers B.________ vom 23. Oktober 2012 fest und ist unbestritten, dass der Versicherten die Tätigkeit einer Raumpflegerin nicht mehr zugemutet werden kann, sie hingegen in einer körperlich leichten, geistig nicht zu anspruchsvollen Tätigkeit in einer wohlwollenden Umgebung zu 50 % arbeitsfähig ist. Uneinigkeit besteht in der Frage nach den erwerblichen Auswirkungen des festgestellten Gesundheitsschadens und dabei einzig darin, ob beim (unbestrittenermassen) anhand der Schweizerischen Lohnstrukturerhebung (LSE) zu ermittelnden Invalideneinkommen ein Abzug vom Tabellenlohn vorzunehmen ist. Die Versicherte hält einen solchen für gerechtfertigt, weil sie nur über eine mangelhafte berufliche Ausbildung und rudimentäre Sprachkenntnisse verfüge.  
 
4.2. Es trifft zwar zu, dass die Versicherte nach Abschluss der Schulzeit in Mazedonien (d.h. nach der achten Klasse) keine Berufsbildung oder Lehre absolviert hat. Da indessen im Rahmen des hier zur Anwendung gebrachten Anforderungsniveaus 4 der Tabellenlöhne (einfache und repetitive Tätigkeiten) - im Unterschied zu Niveau 3 - keine Berufs- und Fachkenntnisse vorausgesetzt sind, vermag die fehlende berufliche Ausbildung einen Abzug nicht zu rechtfertigen (Urteil 9C_667/2013 vom 29. April 2014 E. 5.3). Da die der Versicherten zumutbare Erwerbstätigkeit im Anforderungsniveau 4 definitionsgemäss keine guten Kenntnisse der deutschen Sprache erfordert, sind auch die geltend gemachten sprachlichen Schwierigkeiten nicht abzugsrelevant (Urteil 8C_939/2011 vom 13. Februar 2012 E. 5.2.3; vgl. auch 9C_633/2013 vom 23. Oktober 2013 E. 4.2).  
 
4.3. Wird das nach dem Gesagten korrekt ermittelte Invalideneinkommen von Fr. 26'684.- dem im letztinstanzlichen Verfahren unbestritten gebliebenen Valideneinkommen von Fr. 42'694.- gegenübergestellt und mit 80 % gewichtet, resultiert für den erwerblichen Bereich ein Teilinvaliditätsgrad von 29,99 %. Daraus ergibt sich ein - rentenausschliessender - Gesamtinvaliditätsgrad (unbestrittener Teilinvaliditätsgrad im Haushaltbereich: 6,45 %) von (gerundet) 36 %.  
 
5.   
Die Gerichtskosten werden der Beschwerdeführerin als unterliegender Partei auferlegt (Art. 66 Abs. 1 BGG), nachdem ihr Gesuch um unentgeltliche Prozessführung mit Verfügung vom 2. Juli 2014 abgelehnt worden ist. 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.   
Die Beschwerde wird abgewiesen. 
 
2.   
Die Gerichtskosten von Fr. 800.- werden der Beschwerdeführerin auferlegt. 
 
3.   
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Schwyz und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Luzern, 18. August 2014 
 
Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Kernen 
 
Die Gerichtsschreiberin: Keel Baumann