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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
{T 0/2} 
8C_569/2009 
 
Urteil vom 19. März 2010 
I. sozialrechtliche Abteilung 
 
Besetzung 
Bundesrichter Ursprung, Präsident, 
Bundesrichter Frésard, Bundesrichterin Niquille, 
Gerichtsschreiber Grunder. 
 
Verfahrensbeteiligte 
B.________, 
vertreten durch Advokat Nikolaus Tamm, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen 
 
Schweizerische Unfallversicherungsanstalt (SUVA), Fluhmattstrasse 1, 6004 Luzern, 
Beschwerdegegnerin. 
 
Gegenstand 
Unfallversicherung, 
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Kantonsgerichts Basel-Landschaft vom 20. März 2009. 
 
Sachverhalt: 
 
A. 
Mit rechtskräftig gewordener Verfügung vom 28. Juli 1997 sprach die Schweizerische Unfallversicherungsanstalt (SUVA) dem als Gipser erwerbstätig gewesenen B.________ (Jhrg. 1960) wegen der Folgen eines Sturzes vom 7. März 1996 (Calcaneusfraktur und Fraktur des medialen Malleolus im rechten Fussgelenk) ab 1. August 1997 eine Invalidenrente gestützt auf eine Erwerbsunfähigkeit von 25 % sowie eine Integritätsentschädigung aufgrund einer Integritätseinbusse von 15 % zu. 
 
Im Rahmen eines Revisionsverfahrens stellte die SUVA fest, dass seit 1. Oktober 2005 nunmehr eine Erwerbsunfähigkeit von 32 % bestehe; in Bezug auf die Integritätseinbusse liege keine erhebliche Verschlimmerung des Krankheitsbildes am rechten Sprunggelenk vor (Verfügung vom 12. September 2007). Eine Einsprache wies sie ab (Einspracheentscheid vom 20. Juni 2008). 
 
B. 
In teilweiser Gutheissung der hiegegen eingereichten Beschwerde sprach das Kantonsgericht Basel-Landschaft dem Versicherten mit Wirkung ab 1. Oktober 2005 eine Unfallversicherungsrente in Höhe von 39 % zu; im Übrigen wies es die Beschwerde ab (Entscheid vom 20. März 2009). 
 
C. 
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten lässt B.________ beantragen, unter Aufhebung des vorinstanzlichen Entscheids sei ihm eine Rente auf der Basis eines Invaliditätsgrades von mindestens 40 % auszurichten. 
 
Die SUVA schliesst auf Abweisung der Beschwerde. Das Bundesamt für Gesundheit verzichtet auf eine Vernehmlassung. 
 
Erwägungen: 
 
1. 
1.1 Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann wegen Rechtsverletzung gemäss Art. 95 und Art. 96 BGG erhoben werden. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Es ist somit weder an die in der Beschwerde geltend gemachten Argumente noch an die Erwägungen der Vorinstanz gebunden; es kann eine Beschwerde aus einem anderen als dem angerufenen Grund gutheissen und es kann sie mit einer von der Argumentation der Vorinstanz abweichenden Begründung abweisen (vgl. BGE 132 II 257 E. 2.5 S. 262; 130 III 136 E. 1.4 S. 140). Das Bundesgericht prüft grundsätzlich nur die geltend gemachten Rügen; es ist nicht gehalten, wie eine erstinstanzliche Behörde alle sich stellenden rechtlichen Fragen zu prüfen, wenn diese vor Bundesgericht nicht mehr vorgetragen wurden (BGE 133 II 249 E. 1.4.1 S. 254). 
 
1.2 Im Beschwerdeverfahren um die Zusprechung oder Verweigerung von Geldleistungen der Militär- oder Unfallversicherung ist das Bundesgericht nicht an die vorinstanzliche Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts gebunden (Art. 97 Abs. 2 und Art. 105 Abs. 3 BGG). 
 
2. 
Streitgegenstand bildet einzig die vorinstanzliche Bestimmung des Invaliditätsgrades (Art. 16 ATSG). 
2.1 
2.1.1 Nach den Erwägungen im angefochtenen Entscheid ist mit der SUVA davon auszugehen, dass der Versicherte ohne unfallbedingte Gesundheitsbeeinträchtigung weiterhin als Gipser bei der X.________ tätig wäre. Mangels zweckdienlicher Auskünfte zur mutmasslichen Lohnentwicklung dieses Betriebes habe die SUVA weiter zutreffend den der ursprünglichen Verfügung zugrunde gelegten, tatsächlich erzielten Verdienst vor Eintritt des Gesundheitsschadens (Fr. 67'016.-) an die Nominallohnentwicklung angepasst und dabei ein massgebendes hypothetisches Valideneinkommen von Fr. 72'274.- ermittelt. 
2.1.2 Der Beschwerdeführer macht geltend, entgegen der vorinstanzlichen Auffassung habe der ehemalige Arbeitgeber am 20. Dezember 2003 die Löhne für die Jahre 2000 bis 2002 mit einem jeweils unveränderten Grundgehalt, zuzüglich Anteil 13. Monatslohn, Ferienentschädigung und Familienzulagen, mithin einen Jahresverdienst von Fr. 74'859.- bestätigt. Dazu ist festzuhalten, dass die von der Firma X.________ angegebenen "Kinder-/Familienzulagen" in Höhe von Fr. 480.- bei der Bestimmung des hypothetischen Valideinkommens nicht einbezogen werden können. Der Invaliditätsgrad drückt die aus der gesundheitlichen Beeinträchtigung folgende Einbusse an Erwerbskraft aus und ist anhand eines Einkommensvergleichs zu ermitteln (Art. 7 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 16 ATSG). Dies bedeutet, dass für die Invaliditätsbemessung grundsätzlich nur Einkünfte veranschlagt werden dürfen, die der Versicherte aus einer auf die Erzielung von Erwerbseinkommen gerichteten Tätigkeit gewinnen und von denen Beiträge gemäss AHVG erhoben würden (vgl. Art. 25 Abs. 1 IVV; MEYER-BLASER, Rechtsprechung zum IVG, Zürich 1997, S. 200; KIESER, ATSG-Kommentar, Zürich/Basel/Genf 2009, S. 210). Sozialleistungen wie die Kinder- und Familienzulagen stellen indes kein Entgelt für eine Arbeitsleistung im Sinne der Rechtslage zur Bestimmung des Invaliditätsgrades dar. 
2.1.3 Auf der anderen Seite bringt der Beschwerdeführer zutreffend vor, dass der Vorinstanz bei der Indexierung des der ursprünglichen Rentenverfügung vom 28. Juli 1997 zugrunde gelegten Valideneinkommens offensichtlich ein Fehler unterlaufen ist. Sie ging vom Nominallohnindex für das Baugewerbe des Jahres 2004 aus. Heranzuziehen ist jedoch derjenige im revisionsrechtlich massgeblichen Zeitpunkt der Rentenerhöhung im Jahre 2005, der gemäss Statistischem Jahrbuch der Schweiz 2007, Bundesamt für Statistik (BFS), Tabelle T.3.4.3.1, Position 45 Baugewerbe, S. 107 114.0 Punkte betrug. In die Vergleichsrechnung ist daher ein Valideneinkommen von Fr. 73'108.40 (Fr. 67'016.- x 114,0 : 104,5) einzusetzen. 
2.2 
2.2.1 Das kantonale Gericht legte das hypothetische Invalideneinkommen ausgehend von den Tabellenlöhnen der Schweizerischen Lohnstrukturerhebung 2004 des BFS unter Berücksichtigung der bis 2005 eingetretenen Nominallohnentwicklung, der unfallbedingten Einschränkung der Leistungsfähigkeit von 20 % und eines Tabellenlohnabzuges von 5 % fest (Fr. 43'951.-). Der Beschwerdeführer macht eine Kürzung um mindestens 15 % geltend. 
 
2.2.2 Mit dem Abzug vom Tabellenlohn soll der Tatsache Rechnung getragen werden, dass persönliche und berufliche Merkmale, wie Art und Ausmass der Behinderung, Lebensalter, Dienstjahre, Nationalität oder Aufenthaltskategorie und Beschäftigungsgrad Auswirkungen auf die Lohnhöhe haben können (BGE 126 V 321 E. 3b/aa S. 323) und je nach Ausprägung die versicherte Person deswegen die verbliebene Arbeitsfähigkeit auch auf dem ausgeglichenen Arbeitsmarkt nur mit unterdurchschnittlichem Erfolg zu verwerten vermag (BGE 126 V 75 E. 5b/aa in fine S. 80). Die Frage, ob ein Abzug vorzunehmen sei, ist rechtlicher Natur, die Bestimmung eines solchen Abzuges dagegen Ermessensfrage, die im Gegensatz zum früheren Recht (vgl. Art. 104 lit. c OG) nicht zu prüfen ist (Art. 95 und 97 BGG). Gerügt werden kann nur die Höhe des Abzuges im Hinblick auf Ermessensüberschreitung oder -missbrauch als Formen rechtsfehlerhafter (Art. 95 lit. a BGG) Ermessensbetätigung (BGE 132 V 393 E. 3.3 S. 399; Urteil 9C_24/2009 vom 6. März 2009 E. 1.2 [publ. in: SVR 2009 IV Nr. 34 S. 95]). Die freie gerichtliche Ermessensprüfung im Sinne der Angemessenheitskontrolle ist mit Inkrafttreten des BGG am 1. Januar 2007 auch auf dem Gebiet der Geldleistungen der Militär- und Unfallversicherung ausgeschlossen (vgl. Urteile 8C_701/2008 vom 12. Juni 2009 E. 4.2.2 und 8C_664/2007 vom 14. April 2008 E. 8.1; ULRICH MEYER, Basler Kommentar zum Bundesgerichtsgesetz, Basel 2008, N 30 zu Art. 105 BGG; MARKUS SCHOTT, Basler Kommentar zum Bundesgerichtsgesetz, Basel 2008, N 26 zu Art. 97 BGG). 
2.2.3 Die Vorinstanz erwog, die ärztlich festgestellten schmerzbedingten Beeinträchtigungen seien in der Leistungseinbusse von 20 % bei zumutbarem ganztägigem Arbeitseinsatz enthalten, weshalb eine (überproportional) tiefere Entlöhnung im Vergleich zum statistischen Durchschnittswert nicht zu erwarten sei. Daher lasse sich der von der SUVA vorgenommene Abzug von 15 % nicht rechtfertigen. Anderseits sei zu erwarten, dass der auf zwei Gehstöcke angewiesene Versicherte auf dem ausgeglichenen Arbeitsmarkt lohnmässig benachteiligt sei, zumal er beim Gehen nicht zugleich noch irgendwelche Gegenstände zu tragen vermöge. Dadurch werde er hinsichtlich zumutbarer Arbeitsgelegenheiten zusätzlich eingeschränkt, sodass nur noch leichteste Tätigkeiten in faktisch ausschliesslich sitzender Postion möglich seien. Daher rechtfertige sich ein zur Rendementbeschränkung hinzukommender leidensbedingter Abzug von 5 %. 
 
Es ist nicht ersichtlich, inwiefern diese Beurteilung "unhaltbar" ist, wie der Beschwerdeführer ohne nähere Begründung geltend macht. Zum einen legt das kantonale Gericht durchaus triftige Gründe (vgl. BGE 126 V 75) dar, vom Einspracheentscheid der SUVA vom 20. Juni 2008 abzuweichen. Ein Ermessensmissbrauch, der nur gegeben ist, wenn die Behörde sich von unsachlichen, dem Zweck der massgebenden Vorschriften fremden Erwägungen leiten lässt oder allgemeine Rechtsprinzipien, wie das Verbot von Willkür und von rechtsungleicher Behandlung, verletzt (BGE 130 III 611 E. 1.2 S. 615 und 123 V 150 E. 2 S. 152, je mit Hinweisen), liegt jedenfalls nicht vor. 
 
3. 
Aus dem Vergleich des Valideneinkommens von Fr. 73'108.40 (E. 2.1.3 in fine hievor) mit dem Invalideneinkommen von Fr. 43'951.- (E. 2.2.1) resultiert eine unfallbedingte Erwerbseinbusse von (aufgerundet) 40 %, weshalb die Beschwerde gutzuheissen ist. 
 
4. 
Dem Prozessausgang entsprechend sind die Gerichtskosten der SUVA aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 Satz 1 BGG). Sie hat dem Beschwerdeführer infolge Obsiegens eine Parteientschädigung zu bezahlen (Art. 68 Abs. 1 und 2 BGG). 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht: 
 
1. 
Die Beschwerde wird gutgeheissen. Der Entscheid des Kantonsgerichts Basel-Landschaft, Abteilung Sozialversicherungsrecht, vom 20. März 2009 und der Einspracheentscheid der Schweizerischen Unfallversicherungsanstalt (SUVA) vom 20. Juni 2008 werden insoweit aufgehoben, als festgestellt wird, dass der Beschwerdeführer ab 1. Oktober 2005 basierend auf einem Invaliditätsgrad von 40 % Anspruch auf eine Invalidenrente nach UVG hat. 
 
2. 
Die Gerichtskosten von Fr. 750.- werden der Beschwerdegegnerin auferlegt. 
 
3. 
Die Beschwerdegegnerin hat den Beschwerdeführer für das bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 2800.- zu entschädigen. 
 
4. 
Die Sache wird zur Neuverlegung der Parteientschädigung des vorangegangenen Verfahrens an das Kantonsgericht Basel-Landschaft, Abteilung Sozialversicherungsrecht, zurückgewiesen. 
 
5. 
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Kantonsgericht Basel-Landschaft, Abteilung Sozialversicherungsrecht, und dem Bundesamt für Gesundheit schriftlich mitgeteilt. 
 
Luzern, 19. März 2010 
 
Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber: 
 
Ursprung Grunder