Wichtiger Hinweis:
Diese Website wird in älteren Versionen von Netscape ohne graphische Elemente dargestellt. Die Funktionalität der Website ist aber trotzdem gewährleistet. Wenn Sie diese Website regelmässig benutzen, empfehlen wir Ihnen, auf Ihrem Computer einen aktuellen Browser zu installieren.
Zurück zur Einstiegsseite Drucken
Grössere Schrift
 
Eidgenössisches Versicherungsgericht 
Tribunale federale delle assicurazioni 
Tribunal federal d'assicuranzas 
 
Sozialversicherungsabteilung 
des Bundesgerichts 
 
Prozess 
{T 7} 
C 337/01 /Gi 
 
Urteil vom 19. Juli 2002 
II. Kammer 
 
Besetzung 
Präsident Schön, Bundesrichter Ursprung und Frésard; Gerichtsschreiberin Riedi Hunold 
 
Parteien 
D.________, 1963, Beschwerdeführer, 
 
gegen 
 
Kantonale Amtsstelle für Arbeitslosenversicherung Basel-Stadt, Utengasse 36, 4058 Basel, Beschwerdegegnerin 
 
Vorinstanz 
Kantonale Schiedskommission für Arbeitslosenversicherung Basel-Stadt 
 
(Entscheid vom 4. Oktober 2001) 
 
Sachverhalt: 
A. 
Mit Verfügung vom 21. Juni 2001 stellte die Kantonale Amtsstelle für Arbeits-losenversicherung (nachfolgend: Kantonale Amtsstelle) fest, dass D.________ (geboren 1963) ab 1. Juli 2000 keinen Anspruch auf Arbeitslosenentschädi-gung habe, da er nicht in der Schweiz wohne. 
B. 
Die hiegegen erhobene Beschwerde wies die Kantonale Schiedskommission für Arbeitslosenversicherung Basel-Stadt (heute: Sozialversicherungsgericht Basel-Stadt) mit Entscheid vom 4. Oktober 2001 ab. 
C. 
D.________ führt Verwaltungsgerichtsbeschwerde mit dem Antrag, es sei der vorinstanzliche Entscheid aufzuheben und festzustellen, dass er gestützt auf Art. 8 Abs. 2 des Abkommens der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Bundesrepublik Deutschland über Arbeitslosenversicherung, eventualiter ge-stützt auf einen fortgeltenden arbeitslosenversicherungsrechtlichen schweize-rischen Wohnsitz, zum Bezug von Arbeitslosenentschädigung in der Schweiz berechtigt sei. 
 
Die Kantonale Amtsstelle schliesst sinngemäss auf Abweisung der Verwal-tungsgerichtsbeschwerde. Das Staatssekretariat für Wirtschaft verzichtet auf eine Vernehmlassung. 
 
Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung: 
1. 
Streitig ist, ob der Beschwerdeführer Anspruch auf Arbeitslosenentschädigung hat. 
2. 
2.1 
Entgegen den vorinstanzlichen Ausführungen ist für die Beurteilung des Wohnens in der Schweiz nach Art. 8 Abs. 1 lit. c AVIG nicht der zivilrechtliche Wohnsitz nach Art. 23 ff. ZGB massgebend. Vielmehr ist diese Anspruchsbe rechtigung erfüllt, wenn sich der gewöhnliche Aufenthalt der versicherten Person in der Schweiz befindet, sie die Absicht hat, diesen Aufenthalt während einer gewissen Zeit aufrecht zu erhalten, und zudem ihr Lebensmittelpunkt in der Schweiz liegt (BGE 125 V 466 Erw. 2a mit Hinweisen). Die Voraussetzung des Wohnens in der Schweiz muss nicht nur bei Eintritt des Versicherungsfalles, sondern während des gesamten Zeitraums, für welchen Leistungen geltend gemacht werden, erfüllt sein (SVR 1996 ALV Nr. 77 S. 236 Erw. 3a). 
2.2 
Gemäss Art. 8 Abs. 1 des Abkommens zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Bundesrepublik Deutschland über Arbeitslosen-versicherung vom 20. Oktober 1982 (nachfolgend: Abkommen; SR 0.837.913.6) erhalten Grenzgänger Arbeitslosenentschädigung nach den Rechtsvorschriften des Vertragsstaates, in dessen Gebiet sie wohnen. Abweichend von Abs. 1 erhalten Grenzgänger Arbeitslosenentschädigung nach den Rechtsvorschriften des Vertragsstaates, in dessen Gebiet sie beschäftigt gewesen sind, als ob sie dort wohnten, solange sie ihren bisherigen Wohnort im anderen Vertragsstaat beibehalten und dort nicht zur Aufnahme einer unselbstständigen Erwerbs-tätigkeit berechtigt sind (Art. 8 Abs. 2 des Abkommens). Unter Grenzgängern sind Arbeitnehmer zu verstehen, für welche auf Grund ihrer regelmässigen und ordnungsgemässen Beschäftigung in der Grenzzone eines Vertragsstaats dessen Rechtsvorschriften gelten und die in der Grenzzone des andern Vertragsstaats wohnen, d.h. sich gewöhnlich und rechtmässig aufhalten (Art. 1 Ziff. 5 und 6 des Abkommens). Die Begriffe "regelmässig" und "Grenzzone" sind im Abkommen nicht weiter umschrieben, sodass für deren Auslegung auf die nationale Gesetzgebung zurückgegriffen wird; gemäss Art. 23 Abs. 3 der Verordnung über die Begrenzung der Zahl der Ausländer (BVO; SR 823.21) müssen Grenzgänger täglich an ihren Wohnort zurückkehren und ihre Beschäftigung sowie ihren Wohnort in der Grenzzone haben, wobei die Grenzzonen im Anhang des Staatsvertrags mit dem jeweiligen Nachbarstaat enumeriert werden (vgl. Patricia Usinger-Egger, Die soziale Sicherheit der Arbeitslosen in der Verordnung [EWG] Nr. 1408/71 und in den bilateralen Abkommen zwischen der Schweiz und ihren Nachbarstaaten, Diss. Freiburg, Zürich 2000, S. 120 f.). Ebenso ist für die Auslegung des Begriffs "wohnen" die nationale Gesetzgebung massgebend; darunter ist im Bereich der Arbeits-losenversicherung der rechtmässige, d.h. bewilligungsabhängige, tatsächliche Aufenthalt mit dem Willen, diesen beizubehalten, zu verstehen (qualifizierter gewöhnlicher Aufenthalt; BGE 125 V 466 Erw. 2a; Usinger-Egger, a.a.O., S. 118 f.). Im Rahmen der Staatsverträge kann durchaus ein nach innerstaatlichem Recht nicht vorgesehener Leistungsexport stattfinden (Usinger-Egger, a.a.O., S. 135). 
3. 
Der Versicherte war vor Eintritt der Arbeitslosigkeit in der Schweiz erwerbstätig und hat entsprechend Beiträge an die Arbeitslosenversicherung geleistet. Nach eigenen Angaben hielt er sich ab April 2000 regelmässig bei seiner Familie in Deutschland auf. Er habe im Herbst 2000 seine Situation mit der Einwohnerkontrolle besprochen und eine Frist bis Juni 2001 erhalten, um einen Wohnsitz anzugeben. Bis dahin sei er in Basel gemeldet gewesen, wo er auch seine Steuern bezahlt habe. Eine Anmeldung bei den Behörden in Deutschland sei nie erfolgt. 
4. 
4.1 
Das Erfordernis des Wohnens in der Schweiz im Sinne von Art. 8 Abs. 1 lit. c AVIG ist nicht erfüllt, da der Beschwerdeführer sich mehrheitlich in Deutschland aufhielt und sein Lebensmittelpunkt bei seiner Familie in Deutschland lag; daran ändert auch der Umstand nichts, dass der Versicherte weiterhin in Basel gemeldet war und dort seine Steuern beglich. 
4.2 
Zu prüfen bleibt, ob die Voraussetzungen zum Leistungsbezug in der Schweiz auf Grund des Abkommens gegeben sind. 
 
Beim Versicherten handelt es sich nicht um einen Grenzgänger im Sinne des Abkommens, da er zu keiner Zeit einen rechtmässigen, d.h. geregelten Aufenthalt in Deutschland aufwies. Es kann somit offen bleiben, ob er zur Auf nahme einer unselbstständigen Erwerbstätigkeit in Deutschland im Sinne von Art. 8 Abs. 2 des Abkommens berechtigt gewesen wäre. 
4.3 
Entgegen der Ansicht des Versicherten ist Art. 24 Abs. 1 ZGB, wonach der alte Wohnsitz bis zur Begründung eines neuen weitergilt, nicht analog anwendbar, da die Bestimmungen des ZGB für den Begriff des Wohnens in der Ar beitslosenversicherung nicht massgebend sind (vgl. Urteil P. vom 31. Juli 2001, C 303/00). Auch kann er keinen "fortgeltenden arbeitslosenversicherungs-rechtlichen Wohnsitz" aus Art. 12 AVIG ableiten; denn diese Norm bezieht sich nur auf ausländische Personen, die sich in der Schweiz aufhalten. 
4.4 
Nach dem Gesagten steht dem Beschwerdeführer weder gestützt auf die innerstaatlichen Normen noch auf den Staatsvertrag mit Deutschland ein Anspruch auf Arbeitslosenentschädigung für die Zeit zwischen 1. Juli 2000 und 31. Juli 2001 zu. 
 
Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht: 
 
1. 
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen. 
2. 
Es werden keine Gerichtskosten erhoben. 
3. 
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht Basel-Stadt, der Arbeitslosenkasse GBI, Basel und dem Staatssekretariat für Wirtschaft zugestellt. 
Luzern, 19. Juli 2002 
Im Namen des Eidgenössischen Versicherungsgerichts 
Der Präsident der II. Kammer: Die Gerichtsschreiberin: