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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
{T 0/2} 
1C_299/2011 
 
Urteil vom 19. August 2011 
I. öffentlich-rechtliche Abteilung 
 
Besetzung 
Bundesrichter Fonjallaz, Präsident, 
Bundesrichter Aemisegger, Merkli, 
Gerichtsschreiber Forster. 
 
Verfahrensbeteiligte 
X.________, Beschwerdeführer, vertreten durch Fürsprecher Georg Friedli, 
 
gegen 
 
Staatsanwaltschaft des Kantons Bern, 
Region Oberland, Scheibenstrasse 11, 3600 Thun. 
 
Gegenstand 
Internationale Rechtshilfe in Strafsachen 
an Deutschland, 
 
Beschwerde gegen den Entscheid vom 21. Juni 2011 
des Bundesstrafgerichtes, II. Beschwerdekammer. 
 
Sachverhalt: 
 
A. 
Mit Entscheid vom 21. Juni 2011 trat das Bundesstrafgericht, II. Beschwerdekammer, auf eine Beschwerde von X.________ gegen die Schlussverfügung vom 23. Dezember 2010 des Untersuchungsrichteramtes IV Berner Oberland (betreffend Herausgabe von Bankunterlagen) nicht ein. 
 
B. 
X.________ ficht den Entscheid des Bundesstrafgerichtes mit Beschwerde vom 4. Juli 2011 beim Bundesgericht an und beantragt, der Entscheid sei aufzuheben und an das Bundesstrafgericht (zur materiellen Behandlung) zurückzuweisen. Auf die Stellungnahme des Bundesamtes für Justiz vom 18. Juli 2011 replizierte der Beschwerdeführer (innert erstreckter Frist) am 12. August 2011. 
 
Erwägungen: 
 
1. 
Gemäss Art. 84 BGG ist gegen einen Entscheid auf dem Gebiet der internationalen Rechtshilfe in Strafsachen die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten nur zulässig, wenn er eine Auslieferung, eine Beschlagnahme, eine Herausgabe von Gegenständen oder Vermögenswerten oder eine Übermittlung von Informationen aus dem Geheimbereich betrifft und es sich um einen besonders bedeutenden Fall handelt (Abs. 1). Ein besonders bedeutender Fall liegt insbesondere vor, wenn Gründe für die Annahme bestehen, dass elementare Verfahrensgrundsätze verletzt worden sind oder das Verfahren im Ausland schwere Mängel aufweist (Abs. 2). 
 
2. 
Nach Art. 109 BGG entscheidet die Abteilung in Dreierbesetzung über Nichteintreten auf eine Beschwerde, wenn kein besonders bedeutender Fall vorliegt (Abs. 1). Der Entscheid wird summarisch begründet (Abs. 3; zum vereinfachten Verfahren nach Art. 109 i.V.m. Art. 84 und Art. 107 Abs. 3 BGG vgl. näher BGE 133 IV 125 ff.). 
 
3. 
Zwar geht es in der streitigen Schlussverfügung um die Herausgabe von Bankunterlagen und damit um ein Sachgebiet, bei dem die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten nach Art. 84 Abs. 1 BGG insoweit möglich wäre. Zu prüfen ist jedoch zusätzlich, ob es sich hier um einen besonders bedeutenden Fall handelt. 
 
3.1 Das Bundesstrafgericht stützt seinen Nichteintretensentscheid auf die gesetzlichen Fristbestimmungen und die einschlägige bundesgerichtliche Praxis. Die Schlussverfügung sei der betroffenen Bank am 24. Dezember 2010 zugestellt worden. Die Beschwerde datiere vom 26. Januar 2011 und sei nicht innert der 30-tägigen Frist von Art. 80k IRSG erhoben worden. Angesichts seiner Banklagernd-Vereinbarung müsse sich der Beschwerdeführer die Zustellung an die Bank als fristauslösend anrechnen lassen. Die Bestimmungen über den Fristenstillstand seien nicht anwendbar (Art. 12 Abs. 2 IRSG). Die Schlussverfügung gelte im Zeitpunkt der Entgegennahme durch die Bank grundsätzlich als eröffnet, spätestens jedoch ab dem Zeitpunkt der Ablage der Verfügung im Banklagernd-Dossier, sofern der von der Verfügung betroffene Kontoinhaber mit seiner Bank eine Vereinbarung über die banklagernde Korrespondenz abgeschlossen und den Rechtshilfebehörden keine Zustelladresse in der Schweiz notifiziert hat. Der in Deutschland wohnhafte Beschwerdeführer habe eine entsprechende Vereinbarung mit seiner Bank getroffen, weshalb die Schlussverfügung am 24. Dezember 2010 fristauslösend eröffnet worden sei. Nach Ablauf der 30-tägigen Beschwerdefrist am 24. Januar 2011 sei das Rechtsmittel (am 26. Januar 2011) verspätet erhoben worden. 
 
3.2 Der Beschwerdeführer begründet das Vorliegen eines besonders bedeutenden Falles damit, dass eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung betreffend den Fristenlauf bei Zustellungen von Schlussverfügungen an Banken zu beurteilen sei. Er macht geltend, die Verfügung sei zwar schon am 24. Dezember 2010 bei seiner Bank eingetroffen. Erst am 27. Dezember 2010 habe diese das Dokument jedoch an ihre "Banklagernd-Stelle" (in einer anderen Stadt) weitergeleitet, wo die Schlussverfügung frühestens am 28. Dezember 2010 eingetroffen sei. Damit sei die Beschwerdeschrift (am 26. Januar 2011) fristgerecht der Post übergeben worden. 
 
3.3 Die Beschwerde gegen eine Schlussverfügung ist innert 30 Tagen seit der schriftlichen Mitteilung zu erheben (Art. 80k IRSG). Die Bestimmungen über den Fristenstillstand (sog. "Gerichtsferien") sind nicht anwendbar (Art. 12 Abs. 2 IRSG). Die ausführende Behörde stellt ihre Verfügung dem in der Schweiz wohnhaften Berechtigten zu bzw. dem im Ausland ansässigen Berechtigten mit Zustellungsdomizil in der Schweiz (Art. 80m Abs. 1 IRSG). Der Inhaber von Schriftstücken ist berechtigt, seinen Mandanten über das Vorliegen eines Ersuchens und alle in diesem Zusammenhang stehenden Tatsachen zu informieren, sofern die zuständige Behörde dies nicht ausnahmsweise unter Hinweis auf Art. 292 StGB und dessen Strafandrohung ausdrücklich untersagt hat (Art. 80n Abs. 1 IRSG). Eine Partei oder ihr Rechtsbeistand, die im Ausland wohnen, müssen ein Zustellungsdomizil in der Schweiz bezeichnen. Unterlassen sie dies, kann die Zustellung unterbleiben (Art. 9 IRSV). 
 
3.4 Zur Frage des Fristenlaufes bei Eröffnung von Rechtshilfeverfügungen an die betroffene kontenführende Bank wird in der bundesgerichtlichen Praxis wie folgt differenziert: Zwar sei die Bank nicht automatisch Stellvertreterin ihres Kunden, weshalb die Rechtsmittelfrist mangels spezieller interner Vereinbarung erst ab dem Zeitpunkt laufe, in dem die Bank den Kunden über die Rechtshilfemassnahmen informiert. Anders sei jedoch zu entscheiden, wenn zwischen der Bank und ihrem Kunden eine Korrespondenzvereinbarung besteht, wonach die Bank sowohl die Dokumente über die interne Kundenbeziehung als auch den Kunden betreffende externe Post weiterzuleiten oder zu verwahren habe. Im Falle einer sogenannten Banklagernd-Vereinbarung seien die der Bank zugestellten amtlichen Dokumente als dem Kunden rechtsgültig eröffnet anzusehen. Dabei könne es nicht darauf ankommen, ob die Bank ihren zivilrechtlichen Verpflichtungen zur Information und Weiterleitung tatsächlich nachgekommen ist oder nicht. Die Rechtsmittelfrist beginne vielmehr ab dem Zeitpunkt zu laufen, in dem der Kunde die fraglichen Informationen zur Kenntnis genommen hätte, falls die Bank ihrer internen Informationspflicht ohne Verzug nachgekommen wäre (BGE 124 II 124 E. 2d/aa S. 127 f. mit Hinweisen). Zwar könne diese Praxis für die von der Rechtshilfe Betroffenen streng erscheinen. Sie liege jedoch im öffentlichen Interesse an einem zügigen Rechtshilfeverfahren (vgl. Art. 17a IRSG) sowie im Interesse der Rechtssicherheit. Gerade bei Banklagernd-Vereinbarungen bestehe andernfalls die Gefahr von prozessualen Missbräuchen und Trölerei (BGE 124 II 124 E. 2d/dd S. 129 f. mit Hinweisen; Urteile 1C_345/2009 vom 10. September 2009 E. 3.4; 1A.212/2003 vom 30. August 2004 E. I/7.2-7.3). 
 
3.5 Der angefochtene Entscheid stützt sich auf die oben dargelegte Gesetzgebung und Rechtsprechung. Es stellen sich in diesem Zusammenhang keine neuen Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung. Der Beschwerdeführer behauptet nicht, dass er der ausführenden kantonalen Behörde (bis zum Erlass ihrer Schlussverfügung am 23. Dezember 2010) ein separates Zustellungsdomizil in der Schweiz mitgeteilt hätte. Es war nicht Aufgabe dieser Behörde, allfällige solche Domizile oder Rechtsvertreter des Beschwerdeführers von Amtes wegen ausfindig zu machen. Die von seinem Anwalt (im Beschwerdeverfahren) eingereichte Vollmacht datiert vom 7. Januar 2011. Auch der Grundsatz von Treu und Glauben rechtfertigt im vorliegenden Fall kein Abweichen von der genannten Gesetzgebung und Rechtsprechung. Dass das Bundesstrafgericht dem Rechtsstandpunkt des Beschwerdeführers nicht gefolgt ist, begründet keinen besonders bedeutenden Fall im Sinne von Art. 84 BGG (vgl. Urteil 1C_345/2009 vom 10. September 2009 E. 3; s. auch BGE 137 II 128 E. 1 S. 129-131; 136 IV 20 E. 1.2 S. 22; 134 IV 156 E. 1.3.4 S. 161; je mit Hinweisen). Die in der Beschwerde vertretene Auffassung würde im Übrigen zur stossenden Konsequenz führen, dass die kontenführende Bank es in der Hand hätte, durch Weiterversenden der eingehenden Kundenpost an eine externe "Banklagernd-Stelle" die gesetzliche Beschwerdefrist erheblich auszudehnen bzw. zu unterlaufen. 
 
Ebenso wenig wäre ersichtlich, dass im vorliegenden Fall elementare Verfahrensgrundsätze verletzt worden wären; und auch sonst wie erscheint der Fall nicht von aussergewöhnlicher Tragweite im Sinne von Art. 84 BGG. Die Beschwerde erweist sich als unzulässig. 
 
4. 
Auf die Beschwerde ist nicht einzutreten. 
 
Bei diesem Verfahrensausgang sind die Gerichtskosten dem Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Eine Parteientschädigung ist nicht zuzusprechen (Art. 68 BGG). Mit diesem Urteil wird das (Eventual-)Begehren um aufschiebende Wirkung der Beschwerde hinfällig (vgl. auch Art. 103 Abs. 2 lit. c BGG). 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht: 
 
1. 
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten. 
 
2. 
Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. 
 
3. 
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, der Staatsanwaltschaft des Kantons Bern sowie dem Bundesstrafgericht, II. Beschwerdekammer, und dem Bundesamt für Justiz schriftlich mitgeteilt. 
 
Lausanne, 19. August 2011 
Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Fonjallaz 
 
Der Gerichtsschreiber: Forster