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Eidgenössisches Versicherungsgericht 
Tribunale federale delle assicurazioni 
Tribunal federal d'assicuranzas 
 
Sozialversicherungsabteilung 
des Bundesgerichts 
 
Prozess 
{T 7} 
I 389/02 
 
Urteil vom 20. März 2003 
III. Kammer 
 
Besetzung 
Präsident Borella, Bundesrichter Lustenberger und Kernen; Gerichtsschreiber Ackermann 
 
Parteien 
Verein X.________, Beschwerdeführer, 
 
gegen 
 
Bundesamt für Sozialversicherung, Effingerstrasse 20, 3003 Bern, Beschwerdegegner 
 
Vorinstanz 
Eidgenössisches Departement des Innern, Bern 
 
(Entscheid vom 7. Mai 2002) 
 
Sachverhalt: 
A. 
Mit Schreiben vom 14. Juli 1999 eröffnete das Bundesamt für Sozialversicherung (BSV) dem Verein X.________ als Träger des Wohnheims Y.________ den Einrichtungs- und Betriebsbeitrag für das Rechnungsjahr 1997 in Höhe von insgesamt Fr. 1'606'672.-, wobei der Betriebsbeitrag - wie bereits in den Jahren 1992 bis 1996 ohne Beanstandung erfolgt - auf Fr. 270.- pro Behindertentag begrenzt wurde. Nachdem der Verein X.________ gegen die Begrenzung des Betriebsbeitrages - nicht aber gegen die Höhe des Einrichtungsbeitrages - Einwände erhoben hatte, lehnte das BSV mit Verfügung vom 2. Juni 2000 die Aufhebung des Richtwertes von Fr. 270.- pro Tag und Behinderten ab und bestätigte die Höhe des Betriebsbeitrages von Fr. 1'604'340.- 
B. 
Die dagegen erhobene Beschwerde wies das Eidgenössische Departement des Innern (EDI) mit Entscheid vom 7. Mai 2002 kostenfällig ab. 
C. 
Der Verein X.________ führt Verwaltungsgerichtsbeschwerde mit den Anträgen, unter Aufhebung der Verfügung des BSV vom 2. Juni 2000 und des Beschwerdeentscheides des EDI vom 7. Mai 2002 sei das BSV anzuweisen, die behinderungsbedingten Mehrkosten des Wohnheims Y.________ für das Jahr 1997 nebst Zins seit dem 21. September 1999 zu bezahlen; eventualiter sei eine Expertise über die wirtschaftliche und zweckmässige Betriebsführung des Wohnheims zu erstellen. 
 
Sowohl das EDI als auch das BSV schliessen auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde. 
 
Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung: 
1. 
Nach der Rechtsprechung betreffen Streitigkeiten um Beiträge nach Art. 73 IVG keine Versicherungsleistungen im Sinne von Art. 132 OG (BGE 124 V 267 Erw. 2 mit Hinweisen). Folglich richtet sich die Kognition des Eidgenössischen Versicherungsgerichts nach Art. 104 und 105 OG. Das Eidgenössische Versicherungsgericht hat daher zu prüfen, ob Bundesrecht, einschliesslich Überschreitung oder Missbrauch des Ermessens, verletzt wurde oder ob der rechtserhebliche Sachverhalt unrichtig oder unvollständig festgestellt worden ist (Art. 104 lit. a und b OG). An die vorinstanzliche Feststellung des Sachverhalts ist es nicht gebunden, weil nicht eine Rekurskommission oder ein kantonales Gericht im Sinne von Art. 105 Abs. 2 OG entschieden hat (BGE 124 V 267 Erw. 2 mit Hinweisen). 
 
Ferner ist das Verfahren kostenpflichtig (Art. 134 OG e contrario). 
2. 
2.1 Am 1. Januar 2003 ist das Bundesgesetz über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts (ATSG) vom 6. Oktober 2000 in Kraft getreten. Mit ihm sind zahlreiche Bestimmungen im Invalidenversicherungsbereich geändert worden. Weil in zeitlicher Hinsicht grundsätzlich diejenigen Rechtssätze massgebend sind, die bei der Erfüllung des zu Rechtsfolgen führenden Tatbestandes Geltung haben (BGE 127 V 467 Erw. 1), und weil ferner das Sozialversicherungsgericht bei der Beurteilung eines Falles grundsätzlich auf den bis zum Zeitpunkt des Erlasses der streitigen Verfügung (hier: 2. Juni 2000) eingetretenen Sachverhalt abstellt (BGE 121 V 366 Erw. 1b), sind im vorliegenden Fall die bis zum 31. Dezember 2002 geltenden Bestimmungen anwendbar. 
2.2 Die Vorinstanz hat die Voraussetzungen für die Gewährung von Beiträgen der Invalidenversicherung an den Betrieb von Anstalten, Werkstätten und Wohnheimen (Art. 73 IVG; Art. 105 f. IVV in Verbindung mit Art. 100 Abs. 1 IVV und Art. 75 Abs. 1 IVG) sowie das diesbezügliche Verfahren (Art. 107 IVV) zutreffend dargelegt. Darauf wird verwiesen. 
 
Es bleibt zu ergänzen, dass das BSV in Ziff. 15 ff. des Kreisschreibens über die Gewährung von Betriebsbeiträgen an Wohnheime und Tagesstätten für Behinderte (gültig ab 1. Januar 1987; nachfolgend "Kreisschreiben") sowie in vier Nachträgen zu dieser Verwaltungsweisung (gültig ab 1. Januar 1987, 1. Januar 1988, 1. Januar 1999 und 1. Januar 2000) detaillierte Vorschriften festgehalten hat. 
 
Zu ergänzen ist weiter, dass Verwaltungsweisungen für das Sozialversicherungsgericht nicht verbindlich sind. Es soll sie bei seiner Entscheidung mit berücksichtigen, sofern sie eine dem Einzelfall angepasste und gerecht werdende Auslegung der anwendbaren gesetzlichen Bestimmungen zulassen. Es weicht anderseits insoweit von Weisungen ab, als sie mit den anwendbaren gesetzlichen Bestimmungen nicht vereinbar sind (BGE 127 V 61 Erw. 3a, 126 V 68 Erw. 4b, 427 Erw. 5a, 125 V 379 Erw. 1c, je mit Hinweisen). 
3. 
Unbestritten ist der grundsätzliche Anspruch des Beschwerdeführers auf Betriebsbeiträge. Streitig sind dagegen deren Höhe und dabei insbesondere, ob der vom BSV angewandte - jedoch nirgends publizierte - Ansatz von höchstens Fr. 270.- pro Tag und Behinderten rechtmässig ist. 
 
Das EDI hat die Plafonierung der Betriebsbeiträge für Einrichtungen im Bereich Wohnen mit integrierter Beschäftigung für Schwerstbehinderte auf maximal Fr. 270.- pro Tag und Behinderten geschützt, da mit diesem Betrag unter dem Aspekt der Wirtschaftlichkeit und Zweckmässigkeit ein guter Qualitätsstandard sichergestellt werden könne; so lägen denn auch die Kosten vergleichbarer Wohnheime klar unter Fr. 270.- pro Tag und Behinderten. 
3.1 Der Beschwerdeführer bestreitet zuerst die Möglichkeit der Verwaltung, die Beiträge nach oben zu begrenzen: In dieser Hinsicht führt er aus, dass nach Art. 73 IVG ein Anspruch auf Betriebsbeiträge bestehe und in casu zusätzliche Betriebskosten aus der Unterbringung von Invaliden vorlägen, die nicht anderweitig gedeckt seien; dieser Anspruch werde jedoch nur dann erfüllt, wenn die zusätzlichen Betriebskosten vollständig gedeckt seien resp. wenn der maximale Betrag von Fr. 270.- pro Tag und Behinderten alle entsprechenden Kosten abdecke. 
 
Gemäss Art. 75 Abs. 1 IVG setzt der Bundesrat die Höhe der Beiträge fest und kann deren Gewährung von weiteren Voraussetzungen abhängig machen oder mit Auflagen verbinden; diese Kompetenz ist in Art. 107 Abs. 2 IVV an das BSV subdelegiert worden. Damit sind - entgegen der Auffassung in der Verwaltungsgerichtsbeschwerde - durch die Beiträge der Invalidenversicherung nicht alle durch die Unterbringung von Invaliden entstehenden zusätzlichen Kosten zu decken resp. der entsprechende Maximalbeitrag muss diese nicht vollumfänglich umfassen. Der Grund für diese Einschränkung findet sich im Gleichbehandlungsgebot, denn es kann für die eidgenössische Invalidenversicherung nicht massgebend sein, wie die Kantone die Höhe der Ergänzungsleistungen festsetzen (Art. 1 Abs. 1 ELG in der bis Ende 1997 geltenden Fassung), welche wiederum Einkommen der Behinderten darstellen und einen Einfluss auf die zu bezahlenden Pensionskosten, d.h. die Einnahmen der Anstalt, haben. Die Festsetzung eines Maximalansatzes ist ein geeignetes Mittel, um gleiche Leistungen von Wohnheimen mit gleich hohen Beiträgen zu finanzieren, wobei - anders als etwa bei einer einheitlich ausgestalteten Pauschale - den Umständen des Einzelfalles Rechnung getragen werden kann, indem der Beitrag nicht in jedem Fall voll ausgeschöpft werden muss. So ist denn auch bereits in SVR 2000 Nr. IV 12 S. 36 Erw. 6d die Plafonierung der Beiträge durch das BSV vom Eidgenössischen Versicherungsgericht geschützt worden. Damit erweist sich die Festsetzung eines Maximalbeitrages für die Betriebsbeiträge der Invalidenversicherung nicht als bundesrechtswidrig (Art. 104 lit. a OG). 
3.2 Wenn die Obergrenze des täglichen Betriebsbeitrages rechtsgültig festgelegt werden kann (vgl. Erw. 3.1 hievor), ist in einem zweiten Schritt zu prüfen, ob der konkrete Maximalbeitrag von Fr. 270.- rechtmässig ist. In der Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird in dieser Hinsicht denn auch beanstandet, dass der Maximalansatz von Fr. 270.- pro Tag und Behinderten willkürlich sei, einen Ermessensmissbrauch darstelle und der Kostenrealität in Heimen schwerstbehinderter Menschen nicht gerecht werde. 
 
Wie das EDI in seiner Vernehmlassung ausführt, erhalten 685 Wohnheime Beiträge der Invalidenversicherung. Im Rahmen einer Auswertung der Daten von 350 dieser Einrichtungen habe sich ergeben, dass von 218 Wohnheimen mit Beschäftigung nur deren acht anrechenbare Kosten von mehr als Fr. 270.- pro Tag und Behinderten aufwiesen, während die meisten Heime für Schwerstbehinderte unter diesem Richtwert lägen. Damit erweist sich der vom BSV auf Fr. 270.- festgelegte Maximalwert für den Beitrag pro Tag und Behinderten als angemessen, da die anrechenbaren Kosten des absolut überwiegenden Teils der unterstützten Institutionen unter diesem Betrag liegen, ohne dass die Qualität darunter leidet. Da dies auch für Institutionen gilt, die - wie hier - Schwerstbehinderte betreuen, sollte das Wohnheim Y.________ bei wirtschaftlicher und zweckmässiger Betriebsführung mit dem Maximalwert von Fr. 270.- seine zusätzlichen Kosten decken können und zwar ohne Umorganisation im Sinne einer Durchmischung der betreuten Personen. Eine Verletzung von Bundesrecht (Art. 104 lit. a OG) liegt nicht vor; die vom Beschwerdeführer verlangte Expertise über die wirtschaftliche und zweckmässige Betriebsführung des Heimes ist für das vorliegende Verfahren nicht notwendig. 
3.3 Weiter rügt der Beschwerdeführer sinngemäss, dass der Bundesrat in Art. 107 Abs. 2 IVV nur das Verfahren zur Beitragsausrichtung an das BSV delegiert habe, nicht jedoch auch die Kompetenz, eine obere Limite festzusetzen. Dieser Einwand ist jedoch nicht zu hören, da - wie bereits in Erw. 3.1 hievor erwähnt - der Bundesrat in Art. 107 Abs. 2 IVV auch die Festsetzung der Höhe der Beiträge und deren Gewährung in Abhängigkeit von weiteren Voraussetzungen an das BSV subdelegiert hat; eine Verletzung von Bundesrecht (Art. 104 lit. a OG) ist nicht ersichtlich. 
3.4 In der Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird zudem vorgebracht, dass der maximale Betriebsbeitrag nicht in den Verwaltungsweisungen genannt werde. In Anbetracht der Tatsache, dass die Anwendung des Richtwertes den Institutionen genügend frühzeitig angekündigt wird (vgl. auch Erw. 3.5 in fine hienach) und im Übrigen nur ein geringer Teil der unterstützten Einrichtungen über diesem Wert liegt, ist eine Publikation des Maximalbetrages nicht unbedingt erforderlich, auch wenn dies im Sinne einer klaren Rechtslage wünschbar wäre; eine Verletzung von Bundesrecht (Art. 104 lit. a OG) liegt indessen nicht vor. 
3.5 Schliesslich beruft sich der Beschwerdeführer darauf, dass andere Heime Betriebsbeiträge von über Fr. 270.- pro Tag und Behinderten erhielten; damit ist zu prüfen, ob der Beschwerdeführer allenfalls unter dem Gesichtspunkt der Gleichbehandlung im Unrecht Anspruch auf den Maximalbetrag überschreitende Betriebsbeiträge hat. 
 
Nach der Rechtsprechung geht der Grundsatz der Gesetzmässigkeit der Verwaltung in der Regel der Rücksicht auf die gleichmässige Rechtsanwendung vor. Der Umstand, dass das Gesetz in anderen Fällen nicht oder nicht richtig angewendet worden ist, gibt dem Bürger grundsätzlich keinen Anspruch darauf, ebenfalls abweichend vom Gesetz behandelt zu werden. Das gilt jedoch nur, wenn lediglich in einem einzigen oder in einigen wenigen Fällen eine abweichende Behandlung dargetan ist. Wenn dagegen die Behörde die Aufgabe der in anderen Fällen geübten gesetzwidrigen Praxis ablehnt, kann der Bürger verlangen, dass die gesetzwidrige Begünstigung, die den Dritten zuteil wird, auch ihm gewährt werde, soweit dies nicht andere legitime Interessen verletzt. Die Anwendung der Gleichbehandlung im Unrecht setzt als Vorbedingung voraus, dass die zu beurteilenden Sachverhalte identisch oder zumindest ähnlich sind (BGE 126 V 392 Erw. 6a mit Hinweisen). Diese Voraussetzungen für die Gleichbehandlung im Unrecht sind jedoch vorliegend nicht gegeben, da das BSV die Ausrichtung der den Maximalsatz übersteigenden Beiträge nach und nach - wegen der Beachtung von Übergangsfristen (vgl. Erw. 3.4 hievor) jedoch nicht per sofort - aufgibt und diese Vereinheitlichung der Praxis bereits im hier massgebenden Jahr 1997 praktiziert worden ist. 
3.6 Da die Höhe des zugesprochenen Beitrages nicht weiter bestritten ist, hat der Beschwerdeführer Anspruch auf Fr. 1'604'340.- Betriebsbeiträge für das Jahr 1997. 
4. 
Das Verfahren ist kostenpflichtig (Art. 134 OG e contrario). 
 
Die Begründung des vorinstanzlichen Entscheides geht mehr aus der Vernehmlassung des EDI im letztinstanzlichen Verfahren als aus dem Entscheid selber hervor, was insbesondere die Begründung der Zulässigkeit der Beschränkung des Betriebsbeitrages auf maximal Fr. 270.- pro Tag und Behinderten betrifft (vgl. Erw. 3.2 hievor). Da sich der Beschwerdeführer deshalb in guten Treuen zur Prozessführung veranlasst sehen durfte, rechtfertigt es sich, trotz seines Unterliegens, von einer Auferlegung der Gerichtskosten an ihn abzusehen (Art. 156 Abs. 3 OG in Verbindung mit Art. 135 OG). 
Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht: 
1. 
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen. 
2. 
Es werden keine Gerichtskosten erhoben. 
3. 
Der geleistete Kostenvorschuss von Fr. 6000.- wird dem Beschwerdeführer zurückerstattet. 
4. 
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Eidgenössischen Departement des Innern zugestellt. 
Luzern, 20. März 2003 
 
 
Im Namen des Eidgenössischen Versicherungsgerichts 
 
Der Präsident der III. Kammer: Der Gerichtsschreiber: