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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
{T 0/2} 
 
6B_1112/2013  
   
   
 
 
 
Urteil vom 20. März 2014  
 
Strafrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Mathys, Präsident, 
Bundesrichterin Jacquemoud-Rossari, 
Bundesrichter Oberholzer, 
Gerichtsschreiber Held. 
 
Verfahrensbeteiligte 
X._________, 
vertreten durch Advokat Dr. Christian von Wartburg, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen  
 
Migrationsamt des Kantons Basel-Stadt, Spiegelgasse 12, 4051 Basel,  
Beschwerdegegner. 
 
Gegenstand 
Mehrfache Beschäftigung von Ausländerinnen und Ausländer ohne Bewilligung; rechtliches Gehör, 
 
Beschwerde gegen das Urteil des Appellationsgerichts des Kantons Basel-Stadt, Ausschuss, vom 20. August 2013. 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.   
Die Anklage wirft X._________ vor, vier ausländische Frauen ohne Bewilligung beschäftigt zu haben, welche in der von ihm betriebenen "A._________ Bar" ihre Liebesdienste angeboten und sich in den darüber liegenden, von ihm vermieteten Zimmern, prostituiert hätten. 
 
B.   
Das Appellationsgericht des Kantons Basel-Stadt verurteilte X._________ am 20. August 2013 zweitinstanzlich wegen mehrfacher Beschäftigung von Ausländerinnen ohne Bewilligung zu einer bedingten Geldstrafe von 40 Tagessätzen zu Fr. 120.-- und einer Busse von Fr. 4'000.--. In einem Fall sprach es X._________ von der Anklage frei. 
 
C.   
X._________ erhebt Beschwerde in Strafsachen. Er beantragt, das angefochtene Urteil sei aufzuheben, und er sei von der Anklage freizusprechen. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
 
1.1. Der Beschwerdeführer rügt eine Verletzung seines Konfrontationsanspruchs. Er sei im Verlauf des Verfahrens den befragten Frauen nicht gegenübergestellt worden. Dass sich aus deren Aussagen nichts Belastendes ergebe, sei unbeachtlich, da der Anspruch auf Konfrontation formeller Natur sei.  
 
1.2. Die Vorinstanz führt aus, B._________, C._________ und D._________ seien als beschuldigte Personen im Rahmen des gegen sie geführten Strafverfahrens wegen des Verdachts auf Widerhandlung gegen das Ausländergesetz befragt und im Anschluss an die Einvernahme weggewiesen worden. Eine Konfrontation mit dem Beschwerdeführer sei nicht mehr möglich gewesen. Die Aussagen der Frauen seien jedoch von untergeordneter Bedeutung, da sie die dem Beschwerdeführer gemachten Vorwürfe bestritten. Dessen strafbares Verhalten sei aufgrund weiterer Indizien und Beweise, namentlich seiner eigenen Aussage, erstellt. Da seitens der drei Frauen keine den Beschwerdeführer belastenden Aussagen vorlägen, sei dessen Konfrontationsrecht nicht verletzt.  
 
1.3. Die Rüge, das angefochtene Urteil sei wegen Nichtgewährung des Konfrontationsrechts aufzuheben, geht an der Sache vorbei. Der in Art. 147 Abs. 1 StPO, Art. 29 Abs. 2 BV und Art. 6 Ziff. 3 lit. d EMRK garantierte Konfrontationsanspruch des Beschuldigten setzt voraus, dass die ihn belastenden Aussagen der Zeugen in die Beweiswürdigung einfliessen und für den Tatnachweis verwertet werden. Dies ist vorliegend nicht der Fall. Der Beschwerdeführer räumt selbst ein, dass die Aussagen der drei Frauen ihn nicht belasten. Zudem sind die Aussagen für den Tatnachweis unerheblich und von der Vorinstanz bei der Sachverhaltsfeststellung nicht berücksichtigt worden. Der anwaltlich vertretene Beschwerdeführer trägt selbst vor, den drei Frauen Zimmer über der von ihm betriebenen Bar vermietet zu haben (kantonale Akten, act. 38 ff.). Er bestreitet auch nicht, dass diese in seiner Bar Kontakte geknüpft und die von ihm vermieteten Zimmer genutzt haben, um illegal sexuelle Dienstleistungen anzubieten. Dies ergibt sich auch aus den übrigen Ermittlungen. Eine Verletzung des rechtlichen Gehörs des Beschwerdeführers ist nicht gegeben.  
 
2.  
 
2.1. Der Beschwerdeführer rügt eine Verletzung von Art. 4 und Art. 7 des Bundesgesetzes vom 20. Juni 2003 über die verdeckte Ermittlung (aBVE; AS 2004 1409). Das Vorgehen der Polizei im Zusammenhang mit D._________ stelle eine verdeckte Ermittlung dar. Es habe sowohl an den hierfür erforderlichen materiellen Voraussetzungen als auch an einer richterlichen Anordnung gefehlt. Dies führe zur Unverwertbarkeit der Ermittlungsergebnisse.  
 
2.2. Die Zulässigkeit des Einsatzes vom Juni 2009 und die Frage nach der Verwertbarkeit der gewonnenen Erkenntnisse richten sich nach dem damals geltenden Bundesgesetz über die verdeckte Ermittlung (Art. 453 Abs. 1 StPO; Art. 448 Abs. 2 StPO).  
Die verdeckte Ermittlung nach aBVE bezweckt die als besonders schwer eingestuften Katalogstraftaten gemäss Art. 4 Abs. 2 aBVE aufzuklären (Art. 1 aBVE). Die Ernennung und der Einsatz des verdeckten Ermittlers bedürfen der richterlichen Genehmigung (Art. 7 Abs. 1 und Art. 17 Abs. 1 aBVE). Fehlt diese, dürfen die gewonnenen Erkenntnisse weder für weitere Ermittlungen noch zum Nachteil einer beschuldigten Person verwendet werden (Art. 18 Abs. 5 Satz 2 aBVE). 
Im Zweifelsfall ist davon auszugehen, dass jedes Anknüpfen von Kontakten mit einer verdächtigen Person zu Ermittlungszwecken durch einen nicht als solchen erkennbaren Polizeiangehörigen ungeachtet des Täuschungsaufwandes und der Eingriffsintensität als verdeckte Ermittlung im Sinne des aBVE zu qualifizieren ist (BGE 134 IV 266 E. 3.7; Urteil 6B_610/2013 vom 12. Dezember 2013 E. 3.5 mit Hinweisen ). Wesentliches Kriterium ist das "Anknüpfen von Kontakten". Dieses enthält das Element eines aktiven, zielgerichteten Verhaltens (Urteile 6B_610/2013 vom 12. Dezember 2013 E. 3.5; 6B_146/2011 vom 22. Dezember 2011 E. 4.2; je mit Hinweisen). Dieses ist nicht ohne Weiteres gegeben, wenn ein nicht als solcher erkennbarer Polizeiangehöriger z.B. bei einer Observation von der Zielperson angesprochen wird, sich auf ein kurzes Gespräch einlässt und zu erkennen gibt, dass er an der angebotenen Leistung nicht interessiert ist (Urteile 6B_610/2013 vom 12. Dezember 2013 E. 3.5; 6B_837/2009 vom 8. März 2010 E. 3.4 mit Hinweis). 
 
2.3. Die Vorinstanz verletzt kein Bundesrecht, wenn sie den polizeilichen Einsatz nicht als verdeckte Ermittlung qualifiziert. D._________ sprach den Polizeibeamten in Zivil, welcher ohne weiter aktiv zu werden die Strasse entlang ging, von sich aus an und offerierte ihm durch das offene Fenster der "A._________ Bar" Liebesdienste ("to make love"). Der Polizist willigte zum Schein ein und liess sich zum Eingang nebenan führen, während ein Kollege, ohne zu intervenieren, das Geschehen beobachtete. Das Verhalten des Polizeibeamten stellt kein aktives, zielgerichtetes Anknüpfen von Kontakten im Sinne der zitierten Rechtsprechung dar und fällt nicht in den Anwendungsbereich des aBVE. Es erschöpfte sich im passiven Mitwirken, D._________ wenige Schritte zum benachbarten Hauseingang zu folgen, wo er sich dann auch sofort als Polizeibeamter zu erkennen gab. Soweit der Beschwerdeführer (indirekt) vorbringt, der Beamte habe die Kontaktaufnahme "provoziert", da er aktiv und zielgerichtet auf Kontaktanknüpfung aus gewesen sei, weicht er von den verbindlichen Sachverhaltsfeststellungen der Vorinstanz ab, ohne darzutun, weshalb diese schlechterdings unhaltbar sind (vgl. Art. 105 Abs. 1 und 2 BGG). Die Rüge erweist sich als unbegründet.  
 
3.  
 
3.1. Der Beschwerdeführer rügt eine bundesrechtswidrige Anwendung von Art. 117 Abs. 1 AuG. Er macht wie im kantonalen Verfahren geltend, kein Arbeitgeber im Sinne der zitierten Bestimmungen zu sein. Er habe lediglich eine Bar betrieben und Zimmer an Personen vermietet, welche damit das Recht zur freien Nutzung erhielten. Für deren Verhalten sei er nicht verantwortlich.  
 
 
3.2. Gemäss Art. 117 Abs. 1 AuG macht sich u.a. strafbar, wer als Arbeitgeberin oder Arbeitgeber vorsätzlich Ausländerinnen und Ausländer beschäftigt, die in der Schweiz nicht zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit berechtigt sind. Der Arbeitgeber hat sich vor dem Stellenantritt der Ausländerin oder des Ausländers durch Einsicht in den Ausweis oder durch Nachfrage bei den zuständigen Behörden zu vergewissern, dass die Berechtigung zur Erwerbstätigkeit in der Schweiz besteht (Art. 91 Abs. 1 AuG).  
 
3.3. Der Schuldspruch wegen mehrfacher Beschäftigung von Ausländerinnen ohne Bewilligung (Art. 117 Abs. 1 AuG) verstösst nicht gegen Bundesrecht. Die Vorinstanz geht in Anwendung der bundesgerichtlichen Rechtsprechung (BGE 137 IV 159 E. 1.4; 128 IV 170 E. 4.1 f.) von einem weiten, faktischen Arbeitgeberbegriff aus. Der Einwand des Beschwerdeführers, für die Annahme eines Beschäftigungsverhältnisses sei zwingend die Ausrichtung eines Lohnes durch den Arbeitgeber erforderlich, geht fehl. Beschäftigen im Sinne von Art. 117 Abs. 1 AuG bedeutet, jemanden eine Berufstätigkeit ausüben zu lassen, ohne dass es auf die Natur des Rechtsverhältnisses ankommt (128 IV 170 E. 4.1 f.). Entscheidend ist, dass der Beschwerdeführer eine Bar betreibt, in welcher Prostituierte mit seiner zumindest stillschweigenden Einwilligung Gäste animieren, und diesen in der gleichen Liegenschaft Zimmer vermietet, in denen sie nach der Animation den Gästen ihre Dienste anbieten. Damit stellt er, wenn auch vordergründig in getrennten Räumlichkeiten, Ausländerinnen gegen Entgelt gesamthaft eine Infrastruktur zur Verfügung, damit sie ohne die erforderliche Bewilligung der Prostitution nachgehen können. Soweit der Beschwerdeführer einwendet, der Barbetrieb und die Zimmervermietung erfolgten "parallel" und damit unabhängig voneinander, weicht er von den verbindlichen Feststellungen der Vorinstanz ab, wonach er ausgesagt hat, die Wohnung aus Angst vor geschäftsschädigender (aus dem Rotlichtmilieu) Konkurrenz gemietet zu haben.  
 
4.   
Die Beschwerde ist abzuweisen, soweit auf sie eingetreten werden kann. Die bundesgerichtlichen Kosten sind dem Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.   
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist. 
 
2.   
Die Gerichtskosten von Fr. 4'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. 
 
3.   
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Appellationsgericht des Kantons Basel-Stadt, Ausschuss, schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 20. März 2014 
 
Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Mathys 
 
Der Gerichtsschreiber: Held