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Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
{T 0/2} 
5D_57/2007 /bnm 
 
Urteil vom 20. August 2007 
II. zivilrechtliche Abteilung 
 
Besetzung 
Bundesrichter Raselli, Präsident, 
Bundesrichterinnen Escher, Hohl, 
Gerichtsschreiber Levante. 
 
Parteien 
X.________, 
Beschwerdeführer, 
vertreten durch Rechtsanwalt Thomas Gattlen, 
 
gegen 
 
Y.________ und Z.________, 
Beschwerdegegner, 
vertreten durch Rechtsanwalt Max Auer, 
Obergericht des Kantons Thurgau, Promenadenstrasse 12 A, 8500 Frauenfeld. 
 
Gegenstand 
Kosten (Dienstbarkeit), 
 
Subsidiäre Verfassungsbeschwerde gegen den Entscheid des Obergerichts des Kantons Thurgau vom 3. April 2007. 
 
Sachverhalt: 
A. 
X.________ ist Eigentümer der Parzelle Nr. 1 (Grundbuch A.________) und der südlich anschliessenden Parzelle Nr. 2 in A.________. Y.________ und Z.________ sind Miteigentümer der westlich angrenzenden Parzellen Nr. 3 und Nr. 4. Seit dem Jahre 2003 ist zwischen den Nachbarn ein Prozess hängig, der ein Fuss- und Fahrwegrecht zugunsten der Parzellen von X.________ und zulasten der Parzellen von Y.________ und Z.________ zum Gegenstand hat. Mit Urteil vom 10. Juli 2006 regelte das Bezirksgericht Bischofszell die Anordnungen betreffend die Rechte und Lasten der von der Dienstbarkeit betroffenen Grundstücke, und das Fuss- und Fahrwegrecht wurde in seinem umstrittenen Teil auf die sich bei einer Einfahrt mit einem Personenwagen (Norm 640 201; max. Breite und Höhe je 1,80 m) ergebende Schleppkurve festgelegt, wobei die maximale Ausdehnung der Kurve mit 6,50 m festgesetzt wurde. 
B. 
Gegen das Urteil des Bezirksgerichts erhob X.________ Berufung. Er verlangte im Wesentlichen, das bezirksgerichtliche Urteil sei aufzuheben und zur Neuentscheidung zurückzuweisen, und es sei "die nötige Wendefläche auf Parzelle Nr. 3 für das Einschwenken eines Fahrzeuges gemäss VSS-Norm bei der Wegfahrt auf Parzelle Nr. 1 zum Einschwenken auf den Weg zwischen den Gebäuden Assekuranz Nr. ... und Nr. ... durch einen Gutachter feststellen zu lassen" (Hauptantrag). Eventuell sei festzustellen, dass das Fuss- und Fahrwegrecht auf Parzelle Nr. 3 die Fläche eines (näher bestimmten) Rechtecks umfasse. Y.________ und Z.________ verlangten in der Berufungsantwort die Abweisung der Berufung und ein Fuss- und Fahrwegrecht gemäss beigelegtem Plan bzw. in Form eines Rechtecks. 
C. 
Mit Entscheid des Obergerichts des Kantons Thurgau vom 3. April 2007 wurde die Berufung abgewiesen, soweit sie nicht durch Anerkennung erledigt wurde; weiter wurde das Fuss- und Fahrwegrecht mit (gemäss Plan) schraffierter Fläche - nicht in Form einer Kurve, wie im erstinstanzlichen Urteil, sondern in Form eines Rechtecks - festgelegt (Dispositiv-Ziff. 1). Das Obergericht auferlegte X.________ die Verfahrensgebühr für das Berufungsverfahren und die Entschädigungspflicht an die Gegenpartei (Dispositiv-Ziff. 2). 
D. 
X.________ führt mit Eingabe vom 23. Mai 2007 subsidiäre Verfassungsbeschwerde wegen Verletzung von Art. 9 BV und beantragt dem Bundesgericht, den Entscheid des Obergerichts aufzuheben und die Sache zur neuen Entscheidung an die Vorinstanz zurückzuweisen. 
 
Vernehmlassungen sind nicht eingeholt worden. 
 
Mit Präsidialverfügung vom 29. Mai 2007 wurde das Gesuch um aufschiebende Wirkung abgewiesen. 
 
Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 
1. 
1.1 Gegenstand des kantonalen Verfahrens bildet eine Dienstbarkeitsstreitigkeit, welche als vermögensrechtlich gilt (BGE 54 II 51 f.; Messmer/Imboden, Die eidgenössischen Rechtsmittel in Zivilsachen, Ziff. 58, S. 80). Der Streitwert (Art. 51 BGG) liegt nach Angabe des Obergerichts (Art. 112 Abs. 1 lit. d BGG) unter Fr. 30'000.--, was vom Beschwerdeführer nicht in Frage gestellt wird. Die Gerichtskosten und Parteientschädigung, die im kantonalen Verfahren lediglich als Nebenrechte geltend gemacht wurden, fallen für die Bestimmung des Streitwertes ausser Betracht (Art. 51 Abs. 3 BGG). Da die Streitwertgrenze gemäss Art. 74 Abs. 1 nicht erreicht ist und keine Ausnahme gemäss Art. 74 Abs. 2 BGG vorliegt, steht die Beschwerde in Zivilsachen nicht offen. Die subsidiäre Verfassungsbeschwerde ist grundsätzlich zulässig. 
1.2 Der Beschwerdeführer beantragt die Aufhebung des angefochtenen Entscheides, begründet sein Begehren indessen einzig mit der Rüge der willkürlichen Kostenverlegung durch das Obergericht. Soweit der Beschwerdeführer mehr als die Aufhebung von Ziff. 2b und c des Dispositives des angefochtenen Entscheides verlangt, kann auf die Beschwerde mangels hinreichender Begründung nicht eingetreten werden (Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG). 
1.3 Mit der Verfassungsbeschwerde kann die Verletzung von verfassungsmässigen Rechten gerügt werden (Art. 116 BGG). Das Bundesgericht prüft die Verletzung von Grundrechten nur insofern, als eine solche Rüge in der Beschwerde vorgebracht und begründet worden ist (Art. 117 i.V.m. Art. 106 Abs. 2 BGG). Es gilt das Rügeprinzip entsprechend der bisherigen Praxis zur staatsrechtlichen Beschwerde (vgl. Botschaft zur Totalrevision der Bundesrechtspflege, Ziff. 4.1.4.5, BBl. 2001 4202, S. 4344 ff.). 
1.4 Ein Entscheid verstösst gegen das Willkürverbot (Art. 9 BV), wenn er offensichtlich unhaltbar ist, zur tatsächlichen Situation in klarem Widerspruch steht, eine Norm oder einen unumstrittenen Rechtsgrundsatz krass verletzt oder in stossender Weise dem Gerechtigkeitsgedanken zuwiderläuft. Hingegen erweist sich ein Entscheid nicht bereits dann als willkürlich, wenn eine andere Lösung ebenfalls vertretbar ist oder gar vorzuziehen wäre. Zudem muss jeweils nicht nur die Begründung des Entscheids, sondern auch das Ergebnis unhaltbar sein (BGE 129 I 8 E. 2.1 S. 9). 
2. 
Der Beschwerdeführer ficht die Verlegung der Gerichts- und Parteikosten im Verfahren vor dem Obergericht an und rügt eine willkürliche Anwendung des kantonalen Rechts (§ 75 ZPO/TG, Kostentragung, und § 255 ZPO/TG, Wirkung der Abstandserklärung). 
2.1 Das Obergericht hat - was den Erfolg der Begehren betrifft - festgehalten, dass der Hauptantrag des Beschwerdeführers über das bis anhin (im ersten Berufungsverfahren) Verlangte hinausgehe und daher prozessual unzulässig sei. In einer weiteren Erwägung (E. 5) ist das Obergericht zum Ergebnis gelangt, dass selbst im Fall, dass das Hauptbegehren des Beschwerdeführers prozessual zulässig wäre, dieses nicht geschützt werden könnte. In Bezug auf das Eventualbegehren hat das Obergericht erwogen, dass dieses infolge Anerkennung durch die Beschwerdegegner ohne weiteres geschützt werden könne. 
 
Für der Verlegung der Kosten des Berufungsverfahrens hat das Obergericht im Wesentlichen festgehalten, dass die Anerkennung des Eventualantrages durch die Beschwerdegegner "an sich einen Antrag auf Bestätigung des angefochtenen Urteils [darstellt], korrigiert hinsichtlich des Versehens der Vorinstanz, dem Platzbedarf für die Wegfahrt nicht Rechnung getragen zu haben." Die Anwendung von § 255 ZPO/TG, wonach die Anerkennung in der Regel die Kosten- und Entschädigungspflicht nach sich zieht, erscheine als stossend, und in Würdigung der konkreten Umstände sei sachgerecht, dem Beschwerdeführer die Kosten- und Entschädigungspflicht im Berufungsverfahren aufzuerlegen. 
2.2 Der Beschwerdeführer begründet seinen Willkürvorwurf im Wesentlichen damit, dass der Antrag der Beschwerdegegner in der Berufungsantwort weitgehend mit seinem Eventualantrag übereinstimme; auch die Beschwerdegegner hätten beantragt, dass die gleiche Fläche (in Form eines Rechtecks) für die Ein- und Ausfahrt nutzbar sei. Anstelle der (von der Vorinstanz festgelegten) Fläche einer Schleppkurve sei die Fläche eines Rechtecks anerkannt worden, wobei diese Fläche grösser als jene der Schleppkurve sei. Die Vorinstanz halte zu Unrecht fest, dass die Beschwerdegegner den Antrag auf Bestätigung der vorinstanzlich festgelegten Schleppkurve gestellt hätten. Der Prozess sei infolge Anerkennung seines Eventualantrages erledigt worden. Es lägen keine Verhältnisse vor, welche eine Abweichung vom im kantonalen Prozessrecht festgelegten Grundsatz, wonach der Anerkennende unterliegt (§§ 75 und 255 ZPO/TG) und kosten- und entschädigungspflichtig wird, rechtfertigen würde. 
2.3 Gemäss § 75 ZPO/TG trägt in der Regel die unterliegende Partei die Gerichtskosten und soll, sofern das verlangt wird, zum Ersatz für alle dem Gegner verursachten notwendigen Kosten und Umtriebe verpflichtet werden (Abs. 1); soweit das Verfahren nicht vollständig zugunsten einer Partei ausgeht oder eine Partei unnötige Kosten verursacht hat, werden die Kosten anteilsmässig verlegt (Abs. 2). Die Abstandserklärung hat zur Folge, dass der Prozess am Protokoll abgeschrieben wird und dass in der Regel der Zurücktretende die gerichtlichen Kosten zu tragen und der Gegenpartei die aussergerichtlichen Kosten zu ersetzen hat (§ 255 ZPO/TG). Nach der kantonalen Praxis ist in Prozessen vermögensrechtlicher Natur hinsichtlich der Kostenverlegung prinzipiell darauf abzustellen, in welchem Ausmass der Anspruch des Klägers dem Werte nach geschützt wird (Merz, Die Praxis zur thurgauischen Zivilprozessordnung, 2. Aufl. Bern 2007, N. 10a zu § 75 ZPO/TG). Ausgangspunkt für die Kostenverlegung ist nach kantonaler Praxis der Hauptantrag (Merz, a.a.O., N. 10d zu § 75 ZPO/TG). 
 
Diese Bestimmungen und die Praxis entsprechen den allgemeinen Regeln der Verlegung der Gerichts- und Parteikosten im Zivilprozess. Massgebend ist das Erfolgsprinzip, auf der Vermutung beruhend, dass die unterliegende Partei die Kosten verursacht hat (BGE 119 Ia 1 E. 6b S. 2). Abweichungen von diesem Hauptgrundsatz sind zulässig, wo die Umstände dies nahelegen. Die Rechtsprechung betont jedoch den Ausnahmecharakter derart auf Billigkeitserwägungen gestützter Entscheide (Urteil P.731/1986 des Bundesgerichts vom 4. Juni 1986, E. 2b, SJ 1986 S. 615, mit Hinweisen; z.B. BGE 113 II 323 E. 9c und d S. 342 ff.; 112 Ib 322 E. 7 S. 333; 109 II 144 E. 4 S. 152). Auszugehen ist somit vom Endergebnis des Prozesses. Der Kläger unterliegt in dem Masse, als seine Klage als unzulässig oder unbegründet erklärt wird. Ausser Betracht fallen Eventualbegehren, soweit das Hauptbegehren geschützt wird. Dringt das Eventualbegehren durch, dessen Wert unter demjenigen des Hauptbegehrens liegt, so unterliegt der Kläger mit dem Mehrbetrag des Wertes des Hauptbegehrens (Guldener, Schweizerisches Zivilprozessrecht, 3. Aufl. Zürich 1979, S. 406 Anm. 6). 
2.4 Das Obergericht hat das Hauptbegehren des Beschwerdeführers für den Fall seiner prozessualen Zulässigkeit geprüft, jedoch nicht geschützt und in der Folge die Berufung als insoweit unbegründet erklärt. Darauf geht der Beschwerdeführer nicht ein. Er beschränkt sich in seiner Argumentation auf den Umstand, dass das Eventualbegehren von den Beschwerdegegnern anerkannt und die Berufung diesbezüglich infolge Anerkennung als erledigt abgeschrieben worden ist. Er stellt die Anerkennung des Eventualbegehrens durch die Gegenpartei nicht in das Verhältnis zum Hauptbegehren, mit welchem er unterlegen ist, und bezieht das Obsiegen im Eventualbegehren nicht auf das Endergebnis des Berufungsprozesses. Es ist jedoch anerkannt, dass eine Partei stärker als nach Massgabe ihres Unterliegens, sogar vollumfänglich mit Prozesskosten belastet werden kann, wo die Umstände dies nahelegen und solange der Hauptgrundsatz nicht in sein Gegenteil verkehrt wird (Urteil 5P.281/1998 des Bundesgerichts vom 1. September 1998, E. 3a, medialex 1998 S. 221). Der Beschwerdeführer legt insgesamt nicht dar, inwiefern vor dem Hintergrund seines Unterliegens im Hauptbegehren bzw. dem Endergebnis des Prozesses im Ergebnis unhaltbar sei, wenn das Obergericht den Beschwerdeführer als vollumfänglich unterliegende Partei erachtet hat. Da der Beschwerdeführer nicht darlegt, inwiefern der angefochtene Entscheid willkürlich sei, besteht kein hinreichender Anhaltspunkt, um in die Ermessensausübung des kantonalen Gerichts einzugreifen; auf die Beschwerde kann mangels genügender Begründung nicht eingetreten werden (Art. 117 i.V.m. Art. 106 Abs. 2 BGG). 
2.5 Bei diesem Ergebnis erübrigt sich zu prüfen, ob die Begründung des Obergerichts, wonach die Anerkennung des Eventualantrages durch die Beschwerdegegner an sich einen Antrag auf Bestätigung und auf gleichzeitige Korrektur des erstinstanzlichen Entscheides darstelle, vor dem Willkürverbot standhält. 
3. 
Aus diesen Gründen erweist sich die Verfassungsbeschwerde als unzulässig und kann darauf nicht eingetreten werden. Bei diesem Ausgang trägt der Beschwerdeführer die Verfahrenskosten (Art. 66 Abs. 1 BGG). Eine Parteientschädigung ist nicht zu sprechen, da keine Vernehmlassung eingeholt worden ist und den Beschwerdegegnern keine Kosten entstanden sind (Art. 68 BGG). 
Demnach erkennt das Bundesgericht: 
 
1. 
Auf die Verfassungsbeschwerde wird nicht eingetreten. 
2. 
Die Gerichtsgebühr von Fr. 1'000.-- wird dem Beschwerdeführer auferlegt. 
3. 
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Thurgau schriftlich mitgeteilt. 
Lausanne, 20. August 2007 
Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber: