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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
9C_386/2013 {T 0/2}  
   
   
 
 
 
Urteil vom 20. September 2013  
 
II. sozialrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Kernen, Präsident, 
Bundesrichterinnen Pfiffner, Glanzmann, 
Gerichtsschreiber R. Widmer. 
 
Verfahrensbeteiligte 
1. I.________ GmbH, 
2. A.________, 
3. B.________, 
4. C.________, 
alle vier vertreten durch Rechtsanwalt Adrian S. Müller, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen  
 
Ausgleichskasse des Schweizerischen Gewerbes, Brunnmattstrasse 45, 3007 Bern,  
Beschwerdegegnerin. 
 
Gegenstand 
Alters- und Hinterlassenenversicherung, 
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Bern 
vom 17. April 2013. 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.   
Mit Verfügung vom 11. Februar 2011 stellte die Ausgleichskasse des Schweizerischen Gewerbes fest, die Maklertätigkeit für die I.________ GmbH gelte mit wenigen Ausnahmen als unselbstständige Erwerbstätigkeit mit der Folge, dass die I.________ GmbH über die paritätischen Beiträge abzurechnen habe. Hieran hielt die Ausgleichskasse auf Einsprache hin mit Entscheid vom 13. April 2011 fest. 
 
B.   
In Gutheissung der von der Gesellschaft hiegegen eingereichten Beschwerde hob das Verwaltungsgericht des Kantons Bern den Einspracheentscheid auf mit der Feststellung, dass die mit der I.________ GmbH vertraglich verbundenen Maklerinnen und Makler hinsichtlich dieser Zusammenarbeit als selbstständig erwerbend gälten. 
Mit Urteil vom 6. August 2012 hiess das Bundesgericht eine vom Bundesamt für Sozialversicherungen eingereichte Beschwerde gut, hob den angefochtenen Gerichtsentscheid auf und wies die Sache an das kantonale Gericht zurück, damit es die betroffenen Maklerinnen und Makler zum Beschwerdeverfahren beilade und neu entscheide. Das Verwaltungsgericht lud mit Verfügung vom 20. November 2012 sechs Personen zum Verfahren bei und räumte ihnen Gelegenheit zur Stellungnahme ein. Mit einer weiteren Verfügung vom 5. Februar 2013 hob es die Beiladung der einen Person wieder auf. Mit Entscheid vom 17. April 2013 wies das Verwaltungsgericht die Beschwerde ab. 
 
C.   
Die I.________ GmbH, B.________, C.________ und A.________ lassen Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten führen mit den Anträgen, unter Aufhebung des vorinstanzlichen Entscheides und des Einspracheentscheides sei festzustellen, dass die Maklertätigkeit im Maklerverbund I.________ GmbH als selbstständige Erwerbstätigkeit gilt; eventuell sei die Sache zu neuer Entscheidung an das Verwaltungsgericht zurückzuweisen. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.   
Mit der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann u.a. die Verletzung von Bundesrecht gerügt werden (Art. 95 lit. a BGG). Die Feststellung des Sachverhalts kann nur gerügt werden, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht und wenn die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1 BGG). Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Es kann die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz von Amtes wegen berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht (Art. 105 Abs. 2 BGG). 
 
2.   
Die Vorinstanz hat die Bestimmungen über den massgebenden Lohn (Art. 5 Abs. 2 AHVG) und das Einkommen aus selbstständiger Erwerbstätigkeit (Art. 9 Abs. 1 AHVG) sowie die zur Abgrenzung der selbstständigen von der unselbstständigen Erwerbstätigkeit ergangene Rechtsprechung (BGE 123 V 161 E. 1 S. 163, 122 V 169 E. 3c S. 172, 125 V 383 E. 2a S. 385) zutreffend wiedergegeben. Darauf wird verwiesen. 
 
3.  
 
3.1. Das kantonale Gericht stellt die gestützt auf den Zusammenarbeitsvertrag zwischen der I.________ GmbH und den Maklerinnen und Maklern fest, dass diese im Aussenverhältnis in eigenem Namen und auf eigene Rechnung tätig seien. Im Standard-Maklervertrag seien der Makler oder die Maklerin als Partei aufgeführt und durch den Vertrag berechtigt und verpflichtet. Für unselbstständige Tätigkeit spreche der Umstand, dass alle Rechnungen von der Beschwerdeführerin gestellt werden und alle Zahlungen der Kunden an diese zu leisten sind. Dies führe für die Makler und Maklerinnen zu einer wirtschaftlichen Abhängigkeit, seien sie doch darauf angewiesen, dass die Beschwerdeführerin den ihnen zustehenden Anteil am Maklerlohn auszahlt. Sodann organisiere die Beschwerdeführerin als Maklerverbund das Geschäft einseitig; dies komme namentlich in der ausführlichen Provisionsregelung im Zusammenarbeitsvertrag zum Ausdruck. Für die Makler bestehe des Weiteren kein massgebliches Delkredere-Risiko. Die Gefahr, für Kundenausstände persönlich haften zu müssen, lasse sich auf ein Minimum begrenzen und bleibe kalkulierbar. Für unselbstständige Erwerbstätigkeit sprächen auch die Verpflichtung der Makler zur Schulung, zur Teilnahme an monatlichen Maklersitzungen und an Messeauftritten sowie weitere Punkte, die eine arbeitsorganisatorische Abhängigkeit belegen. Zu berücksichtigen sei schliesslich die Verpflichtung zu mindestens zwölf Immobilienverkäufen im Jahr, bei deren Nichteinhaltung eine Grundgebühr zu entrichten ist, welcher der Charakter einer Konventionalstrafe zukomme. Insgesamt liege eine ausgeprägte faktische betriebswirtschaftliche und -organisatorische Einbindung in den Maklerverbund vor. Die betroffenen Maklerinnen und Makler seien wirtschaftlich betrachtet Teil der Arbeitsorganisation. Gleichzeitig fehle es an einem Unternehmerrisiko, welches über die alleinige Abhängigkeit vom persönlichen Arbeitserfolg hinausgeht. Damit sei von unselbstständiger Erwerbstätigkeit auszugehen.  
 
3.2. Der Auffassung der Vorinstanz ist beizupflichten. Die Beschwerdeführer vermögen nicht darzutun, inwiefern das kantonale Gericht den rechtserheblichen Sachverhalt offensichtlich unrichtig festgestellt haben soll. Ebenso wenig lässt sich der Beschwerde entnehmen, in welchen Punkten der angefochtene Entscheid Bundesrecht verletzen könnte.  
 
3.2.1. Soweit sich die Beschwerdeführer einlässlich mit der Tatsache befassen, dass die Vorinstanz die Beschwerde zunächst mit Entscheid vom 1. März 2012 gutgeheissen, nach der Rückweisung der Sache durch das Bundesgericht mit dem vorliegenden Entscheid vom 17. April 2013 hingegen abgewiesen hat, erübrigen sich zusätzliche Erörterungen, zumal die Beschwerdeführer selbst ausdrücklich einräumen, dass mit diesem Vorgehen kein Recht verletzt wurde. Ein Verstoss gegen den Grundsatz von Treu und Glauben ist entgegen der Andeutung in der Beschwerde nicht zu erkennen.  
 
3.2.2. Soweit die Beschwerdeführer geltend machen, die Maklerinnen und Makler hätten entgegen dem Entscheid der Vorinstanz ein Unternehmerrisiko zu tragen, vermögen sie keine Bundesrechtsverletzung zu begründen. Vielmehr beschränken sie sich in diesem Kontext darauf, die einzelnen Sachverhaltselemente abweichend von der Vorinstanz zu gewichten, welche beispielsweise das zentrale Inkasso durch die Gesellschaft als Merkmal einer unselbstständigen Erwerbstätigkeit bezeichnet hat.  
 
3.2.3. Nicht klar ist sodann, inwiefern das Verwaltungsgericht hinsichtlich der Frage nach einem Delkredere-Risiko eine Rechtsverletzung begangen haben soll. Auch hier erschöpfen sich die Argumente der Beschwerdeführer im Wesentlichen in einer vom angefochtenen Entscheid divergierenden Darstellung des Sachverhalts, aus welcher nicht auf eine Bundesrechtsverletzung zu schliessen ist.  
 
3.2.4. Ob sodann die Erwägungen der Vorinstanz, bezüglich der Werbekosten liege faktisch eine Vorleistungspflicht des Auftraggebers vor, unrichtig sind, ist schon deshalb nicht zu prüfen, weil es sich um einen Nebenpunkt handelt, der für die Qualifikation der Maklertätigkeit im vorliegenden Fall nicht ausschlaggebend ist.  
 
3.2.5. Im zentralen Punkt der betriebswirtschaftlichen und arbeitsorganisatorischen Abhängigkeit berufen sich die Beschwerdeführer zunächst auf den Entscheid des Verwaltungsgerichts vom 1. März 2012 und unterstellen der Vorinstanz, im zweiten, vorliegend angefochtenen Entscheid diejenigen Merkmale zu verschweigen, die klar für eine selbstständige Erwerbstätigkeit der Maklerinnen und Makler sprächen. Die Beschwerdeführer verkennen, dass bei den das AHV-rechtliche Beitragsstatut betreffenden Fällen entsprechend dem vorinstanzlichen Entscheid regelmässig eine Abwägung vorzunehmen ist, weil sowohl Indizien für selbstständige als auch Anhaltspunkte für unselbstständige Erwerbstätigkeit gegeben sind. Dass die Vorinstanz auf das Vorliegen unselbstständiger Erwerbstätigkeit geschlossen hat, ist die Folge einer sorgfältigen und zutreffenden Würdigung der Sachverhaltselemente im Lichte der in Betracht fallenden rechtlichen Merkmale und verletzt kein Bundesrecht. Eine Rechtsverletzung liegt auch insoweit nicht vor, als die Vorinstanz nicht alle zu Gunsten des von den Beschwerdeführern vertretenen Standpunktes sprechenden Merkmale aufgezählt hat.  
 
4.   
Soweit die Beschwerdeführer abschliessend das Dispositiv der Feststellungsverfügung der Ausgleichskasse vom 11. Februar 2011 als unklar und widersprüchlich rügen, kann darauf nicht eingegangen werden. Gegen die entsprechende Verfügung erhob die I.________ GmbH am 9. März 2011 Einsprache, welche die Ausgleichskasse mit Entscheid vom 13. April 2011 abwies. Der Einspracheentscheid, nicht die Verfügung, bildete Anfechtungsgegenstand des erstinstanzlichen Beschwerdeverfahrens (SVR 2005 AHV Nr. 9 S. 30, H 53/04) und trat damit an die Stelle der Verfügung. Diese, soweit angefochten, hat seit Erlass des Einspracheentscheides jede rechtliche Bedeutung verloren (BGE 131 V 407 E. 2.1.2.1 S. 412, 130 V 424 E. 1.1 S. 425; RKUV 2001 Nr. U 419 S. 101 E. 2c, U 170/00; SVR 2013 UV Nr. 9 S. 29, 8C_592/2012). 
 
5.   
Eine Rückweisung der Sache an die Vorinstanz, wie eventualiter beantragt, erübrigt sich, da der rechtserhebliche Sachverhalt vollständig abgeklärt wurde. 
 
6.   
Dem Verfahrensausgang entsprechend sind die Gerichtskosten den unterliegenden Beschwerdeführern aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.   
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist. 
 
2.   
Die Gerichtskosten von Fr. 1'600.- werden den Beschwerdeführern je zu einem Viertel auferlegt. 
 
3.   
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Bern, Sozialversicherungsrechtliche Abteilung, und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Luzern, 20. September 2013 
 
Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Kernen 
 
Der Gerichtsschreiber: Widmer