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Eidgenössisches Versicherungsgericht 
Tribunal fédéral des assurances 
Tribunale federale delle assicurazioni 
Tribunal federal d'assicuranzas 
 
Sozialversicherungsabteilung 
des Bundesgerichts 
        
 
                 
 
Prozess       {T 7} 
 
       I 736/06  
 
 
Urteil vom 20. November 2006  
 
III. Kammer  
 
Besetzung 
Präsident Ferrari, Bundesrichter Meyer und Lustenberger; Gerichtsschreiber Arnold 
 
Parteien 
A.________, 1963, Beschwerdeführer, 
 
gegen  
 
IV-Stelle des Kantons St. Gallen, Brauerstrasse 54, 9016 St. Gallen, Beschwerdegegnerin 
 
Vorinstanz 
Versicherungsgericht des Kantons St. Gallen, St. Gallen 
 
(Entscheid vom 30. Juni 2006) 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.   
A.________ (geb. 1963) meldete sich am 12. September 2003 wegen der Restfolgen (Rücken- und Beinschmerzen) eines am 13. September 2002 erlittenen Unfalles (Sturz beim Manövrieren eines Handstaplers) bei der Invalidenversicherung zum Leistungsbezug an. Die IV-Stelle St. Gallen klärte die medizinischen und beruflich-erwerblichen Verhältnisse ab. Sie holte unter anderem eine polydisziplinäre Expertise bei der Medizinischen Abklärungsstelle (MEDAS) vom 28. Juni 2004 (mit orthopädischem und psychiatrischem Teilgutachten) ein und veranlasste eine vom 9. Mai bis 21. August 2005 dauernde berufliche Abklärung, die verwaltungsextern durch die Institution X.________, Produktion und Dienstleistung, durchgeführt wurde (Schlussbericht vom 2. September 2005). Mit Verfügung vom 25. Januar 2006 bejahte die IV-Stelle den Anspruch auf Umschulung zum Informatiker "ITC Professional Web SIZ" im Zentrum Y.________ in der Zeit vom 30. Januar 2006 bis 31. Januar 2007; über den Taggeldanspruch, der bestehe, solange die Eingliederungsmassnahme tatsächlich durchgeführt werde, werde separat befunden. Mit Verfügung vom 3. Februar 2006 sprach die IV-Stelle A.________ (für die Taggeldperiode 2006) Taggelder in Höhe von Fr. 101.60 "pro Eingliederungstag" zu. Auf Einsprache des Versicherten hin bejahte die Verwaltung den Anspruch "auf 2 Tage Taggeld pro Schultag, d.h. auf insgesamt vier Tage Taggeld pro Woche" (Einspracheentscheid vom 6. April 2006). 
 
B.   
In teilweiser Gutheissung der von A.________ dagegen eingereichten Beschwerde wies das Versicherungsgericht des Kantons St. Gallen die Sache an die IV-Stelle zurück, damit diese im Sinne der Erwägungen ergänzende Abklärungen treffe und anschliessend über den Anspruch auf Taggelder neu verfüge (Entscheid vom 30. Juni 2006, versandt am 6. Juli 2006). 
 
C.   
A.________ führt Verwaltungsgerichtsbeschwerde mit dem Rechtsbegehren, der "Anspruch auf Grundentschädigung sei gutzuheissen". 
Die IV-Stelle schliesst auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde. Das Bundesamt für Sozialversicherung (BSV) verzichtet auf eine Vernehmlassung. 
 
 
Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:  
 
1.   
Streitig und zu prüfen ist der Anspruch auf Taggeldleistungen während der von der IV übernommenen Umschulung zum Informatiker "ITC Professional Web SIZ". Weil die Verwaltung laut Verfügung vom 3. Februar 2006 ausschliesslich über die Taggeldberechtigung für das Jahr 2006 befand, ist die Anspruchsprüfung - letzt- wie bereits vorinstanzlich - beschränkt auf die Zeit bis 31. Dezember 2006. Mit Blick darauf, dass der angefochtene Entscheid am 30. Juni 2006 ergangen und am 6. Juli 2006 der Post übergeben worden ist, stellt sich zunächst die Frage, nach welchen Kognitionsregeln die Sache zu beurteilen ist. 
 
1.1. Der angefochtene Entscheid betrifft Leistungen der Invalidenversicherung. Gemäss Art. 132 Abs. 2 OG (in der Fassung gemäss Ziff. III des Bundesgesetzes vom 16. Dezember 2005 über die Änderung des IVG, in Kraft seit 1. Juli 2006, in Verbindung mit Art. 104 lit. a und b sowie Art. 105 Abs. 2 OG) prüft das Eidgenössische Versicherungsgericht nur, ob das vorinstanzliche Gericht Bundesrecht verletzte, einschliesslich Überschreitung oder Missbrauch des Ermessens, oder ob der rechtserhebliche Sachverhalt offensichtlich unrichtig, unvollständig oder unter Verletzung wesentlicher Verfahrensbestimmungen festgestellt wurde.  
 
1.2. Im Hinblick darauf, dass die Verwaltungsgerichtsbeschwerde am 4. September 2006 der Post übergeben wurde und am 5. September 2006 beim Eidgenössischen Versicherungsgericht einging, ist Art. 132 Abs. 2 OG anwendbar, obwohl der angefochtene Entscheid vom 30. Juni 2006 datiert und somit vor dem Inkrafttreten der Gesetzesänderung ergangen ist. Die massgebliche Übergangsbestimmung (lit. c von Ziff. II der Gesetzesänderung vom 16. Dezember 2005) erklärt bisheriges Recht für die im Zeitpunkt des Inkrafttretens beim Eidgenössischen Versicherungsgericht anhängigen Beschwerden für anwendbar. Das trifft hier nicht zu. Es verhält sich anders als nach dem auf den 1. Januar 2007 in Kraft tretenden Art. 132 Abs. 1 des Bundesgesetzes über das Bundesgericht (BGG), welcher das neue Recht erst auf diejenigen Beschwerdeverfahren intertemporalrechtlich für anwendbar erklärt, in denen nicht nur die Sache am 1. Januar 2007 beim Bundesgericht anhängig war, sondern in denen auch der angefochtene Entscheid nach Inkrafttreten des BGG ergeht.  
 
2.  
 
2.1. Gemäss Art. 22 Abs. 1 erster Satz IVG (in der Fassung gemäss Ziff. I des Bundesgesetzes vom 21. März 2003 [4. IV-Revision], in Kraft seit 1. Juli 2004) haben Versicherte während der Eingliederung Anspruch auf ein Taggeld, wenn sie an wenigstens drei aufeinander folgenden Tagen wegen der Eingliederung verhindert sind, einer Arbeit nachzugehen, oder in ihrer gewohnten Tätigkeit zu mindestens 50 Prozent arbeitsunfähig (Art. 6 ATSG) sind. Das Taggeld besteht aus einer Grundentschädigung, auf die alle Versicherte Anspruch haben, und einem Kindergeld für Versicherte mit Kindern (Art. 22 Abs. 2 IVG).  
 
Art. 17bis IVV ("Nicht zusammenhängende Tage"; in Kraft seit 1. Juli 1987, AS 1987 456) bestimmt, dass der Versicherte, der innerhalb eines Monats an mindestens drei nicht zusammenhängenden Tagen in Eingliederung steht, Anspruch auf ein Taggeld hat: 
 
a. für die Eingliederungstage, wenn er wegen der Massnahme ganztags verhindert ist, der Arbeit nachzugehen; 
 
b. für die Eingliederungstage und die dazwischen liegenden Tage, wenn er in seiner gewohnten Tätigkeit zu mindestens 50 % arbeitsunfähig ist. 
 
2.2. Nach den verbindlichen Feststellungen der Vorinstanz (Art. 105 Abs. 2 OG) umfasst die von der IV übernommene Umschulung zum Informatiker "ITC Professional Web SIZ" zwei Unterrichtsmodule (vom 30. Januar bis 23. Mai 2006 und vom 15. Juni 2006 bis 31. Januar 2007), welche an jeweils zwei Tagen pro Woche abendliche Schulbesuche beinhalten. Die Verwaltung hat in der Verfügung vom 3. Februar 2006 - implizite - gestützt auf Art. 17bis lit. a IVV einen Anspruch auf Taggelder für die Eingliederungstage, d.h. zwei (Schul-) Tage pro Woche, bejaht. Auf Einsprache hin erwog die IV-Stelle, dass der Versicherte grundsätzlich nur an den Schultagen, also an zwei Tagen pro Woche, wegen der Eingliederung verhindert sei, einer Arbeit nachzugehen. Allerdings treffe es zu, dass seine Möglichkeiten zur Erfüllung von Arbeitsleistungen durch die grössere Lernzeit eingeschränkt seien. Um das Ausbildungsziel nicht zu gefährden, rechtfertige es sich, zwei Tage Taggeld pro Schultag, d.h. vier Tage Taggeld pro Woche zuzusprechen. Auf diese Weise habe der Versicherte die Möglichkeit und den Auftrag, das in der Schule Gelernte in Übungen anzuwenden.  
Die Vorinstanz begründete ihren auf Rückweisung lautenden Entscheid unter Hinweis auf die Verwaltungspraxis (Kreisschreiben über die Taggelder der Invalidenversicherung [KSTI], gültig ab 1. Januar 2004) im Wesentlichen damit, der Sachverhalt sei in verschiedener Hinsicht nicht ausreichend abgeklärt worden. Auch sie hat dabei den strittigen Anspruch ausschliesslich unter dem Blickwinkel von Art. 17bis lit. a IVV beurteilt. Dies macht der zusammenfassende Rückweisungsauftrag (vorinstanzlicher Entscheid, S. 7 f.) deutlich, wonach die Verwaltung u.a. zu klären habe, in welchem Rahmen sich die gesamte zeitliche Belastung der vom Beschwerdeführer besuchten Kurse am BVS bei einem durchschnittlichen Schüler bewege. Weiter sei anhand der Akten und allenfalls unter Beizug des RAD abzuklären, in welchem Ausmass der Beschwerdeführer eine den Normalfall übersteigende, längere Studienzeit benötige. Daraus sei zu ermitteln, welcher Stunden- und Tagesbedarf dem Beschwerdeführer insgesamt zugebilligt werden müsse. 
 
2.3. Zu prüfen ist der Anspruch auf Taggeldleistungen während der von der IV übernommenen Umschulung zum Informatiker "ITC Professional Web SIZ" in der Zeit bis 31. Dezember 2006 (Erw. 1 Ingress hievor) nach Massgabe von Art. 22 Abs. 1 IVG i.V.m. Art. 17bis IVV. Streitgegenstand bilden dabei beide Tatbestandsvarianten gemäss Art. 17bis lit. a und b IVV. Ob ausschliesslich Eingliederungstage (lit. a) oder unter der Voraussetzung der mindestens 50%igen Arbeitsunfähigkeit in der gewohnten Tätigkeit auch die dazwischen liegenden Tage anspruchsbegründend sind (lit. b), hängt in sachverhaltsmässiger Hinsicht aufs Engste zusammen. Indem die Vorinstanz den Anspruch ausschliesslich unter dem Blickwinkel von Art. 17bis lit. a IVV beurteilte und sie keine Feststellung zur Arbeitsunfähigkeit in der gewohnten Tätigkeit machte, ist der von ihr erhobene Sachverhalt unvollständig und als solcher nicht bindend (Art. 105 Abs. 2 OG). Obgleich die Vorinstanz ihren Beurteilungsspielraum zu Unrecht eingeschränkt hat, rechtfertigt es sich im hier zu beurteilenden Fall nicht, den angefochtenen Entscheid aufzuheben und die Sache an die Vorinstanz zurückzuweisen (vgl. Art. 114 Abs. 2 erster Halbsatz, zweiter Teilsatz OG). Gestützt auf das von der Verwaltung eingeholte polydisziplinäre Gutachten der MEDAS Ostschweiz vom 28. Juni 2004, das alle rechtsprechungsgemässen Kriterien für beweiskräftige Entscheidungsgrundlagen erfüllt und dem daher voller Beweiswert zukommt (BGE 125 V 352 Erw. 3 mit Hinweisen), ist davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer hinsichtlich sämtlicher Tätigkeiten im Umfang von 20 % eingeschränkt ist. Soweit der Beschwerdeführer letztinstanzlich zumindest sinngemäss behauptet, in höherem, anspruchsbegründendem Masse arbeitsunfähig zu sein, vermag dies die gutachterliche Stellungnahme zur Arbeitsfähigkeit nicht zu erschüttern. Unter diesen - liquiden - Umständen rechtfertigt es sich, dass das Eidgenössische Versicherungsgericht den letztinstanzlich geltend gemachten Anspruch auf Taggelder nach Massgabe von Art. 17bis lit. b IVV prüft und im Wege eines abschliessenden Entscheides (Art. 114 Abs. 2 erster Halbsatz, erster Teilsatz OG; vgl. BGE 125 II 110 Erw. 2d, 97 V 136) verneint.  
 
2.4. In der Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird nichts vorgebracht, was den kantonalen Gerichtsentscheid, soweit er die Rückweisung zwecks ergänzender Abklärung und neuer Verfügung über den Anspruch auf Taggelder gemäss Art. 17bis lit. a IVV betrifft, als mangelhaft im Sinne von Art. 105 Abs. 2 OG oder als bundesrechtswidrig (Art. 104 lit. a OG) erscheinen liesse. Die Verwaltung wird deshalb nach ergänzenden Abklärungen über den Anspruch auf Taggelder gemäss Art. 17bis lit. a IVV neu zu befinden haben.  
 
 
 Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht:  
 
1.   
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird im Sinne der Erwägungen abgewiesen. 
 
2.   
Die Gerichtskosten von Fr. 500.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt und mit dem geleisteten Kostenvorschuss verrechnet. 
 
3.   
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Versicherungsgericht des Kan-tons St. Gallen, dem Bundesamt für Sozialversicherungen und der Ausgleichskasse des Kantons St. Gallen zugestellt. 
 
 
Luzern, 20. November 2006 
 
Im Namen des Eidgenössischen Versicherungsgerichts 
Der Präsident der III. Kammer:       Der Gerichtsschreiber: