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[AZA] 
I 302/99 Ca 
 
III. Kammer  
 
Bundesrichter Schön, Spira und Bundesrichterin Widmer; 
Gerichtsschreiberin Glanzmann 
 
Urteil vom 21. Februar 2000  
 
in Sachen 
 
B.________, 1934, Beschwerdeführer, vertreten durch Rechts- 
anwalt W.________, 
 
gegen 
 
IV-Stelle des Kantons Thurgau, St. Gallerstrasse 13, 
Frauenfeld, Beschwerdegegnerin, 
 
und 
 
AHV/IV-Rekurskommission des Kantons Thurgau, Weinfelden 
 
    A.- Mit zwei Verfügungen vom 23. Dezember 1998 sprach 
die IV-Stelle des Kantons Thurgau dem 1934 geborenen 
B.________ vom 1. Februar 1997 bis 31. Januar 1998 auf 
Grund einer Erwerbseinbusse von 100 % eine ganze und ab 
1. Februar 1998 bei einer solchen von 54 % eine halbe 
Invalidenrente (je samt Zusatzrente für die Ehefrau) zu. 
    B.- Die dagegen eingereichte Beschwerde wies die 
AHV/IV-Rekurskommission des Kantons Thurgau ab (Entscheid 
vom 12. April 1999). 
 
    C.- Der Versicherte lässt Verwaltungsgerichtsbeschwer- 
de führen und beantragen, ihm sei vom 1. Februar 1998 bis 
31. Januar 1999, eventuell 30. September 1998, eine ganze 
Invalidenrente samt Zusatzrente für die Ehefrau zuzuerken- 
nen. 
    Die IV-Stelle schliesst auf Abweisung der Verwaltungs- 
gerichtsbeschwerde. Das Bundesamt für Sozialversicherung 
lässt sich nicht vernehmen. 
 
Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:  
 
    1.- a) Die Vorinstanz hat die gesetzlichen Bestimmun- 
gen über die Voraussetzungen und den Umfang des Rentenan- 
spruchs (Art. 28 Abs. 1 und Abs. 1bis IVG) sowie die Inva- 
liditätsbemessung bei Erwerbstätigen nach der allgemeinen 
Methode des Einkommensvergleichs (Art. 28 Abs. 2 IVG; BGE 
104 V 136 Erw. 2a und b) zutreffend dargelegt. Richtig sind 
auch die Ausführungen über die den ärztlichen Auskünften 
bei der Ermittlung des Invaliditätsgrades zukommende Bedeu- 
tung (BGE 115 V 134 Erw. 2, 114 V 314 Erw. 3c, 105 V 158 
Erw. 1). Darauf kann verwiesen werden. 
 
    b) Zu ergänzen ist, dass gemäss Art. 88a Abs. 1 IVV 
die anspruchsbeeinflussende Änderung bei einer Verbesserung 
der Erwerbsfähigkeit für die Herabsetzung oder Aufhebung 
der Leistung von dem Zeitpunkt an zu berücksichtigen ist, 
in dem angenommen werden kann, dass sie voraussichtlich 
längere Zeit dauern wird; sie ist in jedem Fall zu berück- 
sichtigen, nachdem sie ohne wesentliche Unterbrechung drei 
Monate angedauert hat und voraussichtlich weiterhin an- 
dauern wird. 
    Art. 88a IVV bezieht sich zwar auf die Revision be- 
reits laufender Renten. Er ist sinngemäss aber auch dann 
anzuwenden, wenn die anspruchsbeeinflussende Änderung des 
Invaliditätsgrades noch vor Erlass der Rentenverfügung ein- 
getreten ist mit der Folge, dass dann gleichzeitig die Än- 
derung mitberücksichtigt wird (BGE 109 V 127 Erw. 4a; ZAK 
1990 S. 518 Erw. 2). Formalrechtlich liegt in diesen Fällen 
eine doppelte Verfügung vor, die sich gleichzeitig über die 
Zusprechung der Leistung und die Revision derselben aus- 
spricht (ZAK 1984 S. 133 Erw. 3). 
 
    2.- Streitig und zu prüfen ist der Umfang des Renten- 
anspruchs ab 1. Februar 1998 bis zum Datum der angefochte- 
nen Verfügungen vom 23. Dezember 1998, welches rechtspre- 
chungsgemäss die zeitliche Grenze der richterlichen Prü- 
fungsbefugnis bildet (BGE 121 V 366 Erw. 1b mit Hinweisen). 
 
    a) In medizinischer Hinsicht steht fest und ist unbe- 
stritten, dass der Beschwerdeführer wegen seinen multiplen 
Leiden (rezidivierende Hyperventilation, Belastungshyper- 
tonie, Hypercholesterinämie und Hypertriglyzeridämie, Le- 
bersteatos sowie kleine axiale Hiatushernie) seit Ende De- 
zember 1995 in der zuletzt ausgeübten Beschäftigung als 
Galvaniker nicht mehr tätig sein kann. Dagegen ist ihm ab 
Januar 1998 eine körperlich leichte Arbeit vollumfänglich 
zumutbar. 
 
    b) Was die erwerbliche Seite betrifft, so ist hier für 
die Bestimmung des trotz Invalidität zumutbarerweise noch 
realisierbaren Einkommens (Invalideneinkommen) von den 
Tabellenlöhnen der vom Bundesamt für Statistik herausgege- 
benen Schweizerischen Lohnstrukturerhebung (LSE) auszugehen 
(vgl. BGE 124 V 322 Erw. 3b/aa mit Hinweisen). Laut Tabelle 
A 1 der LSE 1996 belief sich der Zentralwert für die mit 
einfachen und repetitiven Aufgaben (Anforderungsniveau 4) 
beschäftigten Männer im privaten Sektor (bei einer wöchent- 
lichen Arbeitszeit von 40 Stunden) im Jahre 1996 auf 
Fr. 4294.-, was bei Annahme einer betriebsüblichen durch- 
schnittlichen Arbeitszeit von 41,9 Stunden (Die Volkswirt- 
schaft, 1999 Heft 12, Anhang S. 27, Tabelle B 9.2) ein Ge- 
halt von monatlich Fr. 4498.- oder Fr. 53'976.- im Jahr 
(12 x Fr. 2298.-) ergibt (vgl. BGE 124 V 323 Erw. 3b/bb). 
Allfälligen Erschwernissen, wie dem Umstand, dass gesund- 
heitlich beeinträchtigte Personen, die selbst bei leichten 
Hilfsarbeitertätigkeiten behindert sind, im Vergleich zu 
voll leistungsfähigen und entsprechend einsetzbaren Ar- 
beitnehmerinnen und Arbeitnehmern lohnmässig benachteiligt 
sind und deshalb in der Regel mit unterdurchschnittlichen 
Lohnansätzen rechnen müssen, ist - wie das kantonale Ge- 
richt korrekt erkannt hat - durch einen Abzug von bis zu 
25 % (vgl. nicht publizierte Erw. 4b des Urteils BGE 114 V 
310; AHI 1998 S. 177 Erw. 3a) vom Medianwert des herange- 
zogenen Tabellenlohnes und nicht durch das Abstellen auf 
Frauenlöhne Rechnung zu tragen. 
    Im vorliegenden Fall erweist sich der vom kantonalen 
Gericht zugestandene Abzug von 25 % auch in Anbetracht des 
fortgeschrittenen Alters des Beschwerdeführers als angemes- 
sen (vgl. AHI 1999 S. 242 Erw. 4c). Die von diesem erwähnte 
Tatsache, dass jüngere Arbeitnehmer bei der Anstellung all- 
gemein bevorzugt werden, rechtfertigt keinen zusätzlichen 
Abzug, da Erwerbslosigkeit wegen des Alters keinen (höhe- 
ren) Rentenanspruch zu begründen vermag (AHI 1999 S. 238 
Erw. 1 mit Hinweisen). Daraus resultiert ein Invalidenein- 
kommen von Fr. 40'482.- (Fr. 53'976.- x 0,75). Die Gegen- 
überstellung mit dem unbestritten gebliebenen Einkommen 
ohne Invalidität von Fr. 90'000.- im Jahre 1996 führt zu 
einem Invaliditätsgrad von rund 55 %. Von einer Aufwertung 
der Einkommenszahlen auf den in tatbeständlicher Hinsicht 
massgebenden Zeitpunkt des Verfügungserlasses am 23. Dezem- 
ber 1998 kann abgesehen werden, da sich der Quotient des 
Einkommensvergleiches dadurch nicht ändert. 
    c) Bei diesen Gegebenheiten besteht ab 1. Februar 1998 
lediglich noch Anspruch auf eine halbe Invalidenrente (vgl. 
Erw. 1). 
    Insoweit der Beschwerdeführer die Ausrichtung der gan- 
zen Rente über dieses Datum hinaus mit der Begründung bean- 
tragt, die IV-Stelle hätte ihn im Hinblick auf eine recht- 
zeitige Anmeldung bei der Arbeitslosenversicherung unver- 
züglich und nicht erst im Rahmen des Vorbescheids vom 
15. September 1998 auf die von seinem Hausarzt am 23. März 
und 22. Juni 1998 für leichte Arbeit attestierte Arbeits- 
fähigkeit aufmerksam machen müssen, lässt er ausser Acht, 
dass im Verfahren vor den IV-Stellen keine allgemeine Mit- 
teilungspflicht besteht. Allein zur "geplanten Erledigung" 
hat die IV-Stelle den Versicherten zu informieren bzw. an- 
zuhören (Art. 73bis IVV; zur Publikation vorgesehenes Ur- 
teil D. vom 19. November 1999, I 204/98). Dagegen steht es 
dem Versicherten frei, selber Akteneinsicht zu verlangen 
und sich über den Stand des Verfahrens zu erkundigen. Nach- 
dem für die Erstellung des Arztzeugnisses vom 23. März 1998 
eine Konsultation notwendig gewesen war, hätte er - wie 
bereits die Vorinstanz festgehalten hat - spätestens dann- 
zumal um seine Arbeitsfähigkeit wissen müssen. Im Übrigen 
fällt eine anspruchsbeeinflussende Änderung des Invalidi- 
tätsgrades auch bei gleichgebliebenem Gesundheitszustand in 
Betracht, wenn sich z.B., wie hier, die erwerblichen Aus- 
wirkungen erheblich verändert haben (BGE 113 V 275 Erw. 1a 
mit Hinweisen; siehe auch BGE 112 V 372 Erw. 2b und 390 
Erw. 1b). Die Einwendungen des Beschwerdeführers sind daher 
unbegründet und der kantonale Entscheid sowie die zwei Ver- 
fügungen der IV-Stelle vom 23. Dezember 1998 sind (im Er- 
gebnis) nicht zu beanstanden. 
Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht:  
 
I.Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen. 
 
II.Es werden keine Gerichtskosten erhoben. 
 
III.Dieses Urteil wird den Parteien, der AHV/IV-Rekurskom- 
    mission des Kantons Thurgau, der Ausgleichskasse des 
    Kantons Thurgau und dem Bundesamt für Sozialversiche- 
    rung zugestellt. 
 
 
Luzern, 21. Februar 2000 
 
Im Namen des 
Eidgenössischen Versicherungsgerichts 
Der Präsident der III. Kammer: 
 
Die Gerichtsschreiberin: