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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
{T 0/2} 
6B_61/2013 
 
Urteil vom 21. Februar 2013 
Strafrechtliche Abteilung 
 
Besetzung 
Bundesrichter Mathys, Präsident, 
Bundesrichter Denys, Oberholzer, 
Gerichtsschreiber Faga. 
 
Verfahrensbeteiligte 
X.________, 
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Beat Frischkopf, 
Beschwerdeführerin, 
 
gegen 
 
Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Luzern, Zentralstrasse 28, 6003 Luzern, 
Beschwerdegegnerin. 
 
Gegenstand 
Verletzung der Verkehrsregeln; Willkür, rechtliches Gehör etc., 
 
Beschwerde gegen das Urteil des Obergerichts 
des Kantons Luzern, 4. Abteilung, vom 16. November 2012. 
 
Sachverhalt: 
 
A. 
X.________ wird vorgeworfen, am 27. November 2010 mit dem Personenwagen "Subaru" (Kontrollschild LU xxx) von Retschwil her kommend in Richensee die Kreuzung mit der Seetalstrasse bei auf rot geschalteter Lichtsignalanlage befahren und damit eine Kollision mit dem von Y.________ auf der Seetalstrasse in Richtung Hochdorf gelenkten Personenwagen verursacht zu haben. 
 
B. 
Das Bezirksgericht Hochdorf sprach X.________ am 16. Januar 2012 wegen Nichtbeachtens des Haltesignals einer Lichtsignalanlage der qualifizierten Widerhandlung gegen das Strassenverkehrsgesetz schuldig und verurteilte sie zu einer Geldstrafe von 30 Tagessätzen zu je Fr. 135.-- und einer Busse von Fr. 800.--. Den Vollzug der Geldstrafe schob es auf und setzte die Probezeit auf zwei Jahre fest. 
 
Auf Berufung von X.________ bestätigte das Obergericht des Kantons Luzern am 16. November 2012 das erstinstanzliche Urteil. 
 
C. 
X.________ erhebt Beschwerde in Strafsachen. Sie beantragt, das angefochtene Urteil sei aufzuheben, und sie sei vollumfänglich freizusprechen. Eventualiter sei sie der einfachen Verletzung von Verkehrsregeln schuldig zu sprechen und milde zu bestrafen; subeventualiter sei die Sache zur neuen Beurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen. 
 
Erwägungen: 
 
1. 
1.1 Die Beschwerdeführerin macht eine Verletzung des rechtlichen Gehörs geltend. Die Vorinstanz habe es abgelehnt, die von ihr angerufenen Zeugen zu befragen. 
 
1.2 Die Vorinstanz hat auf die Befragung der offerierten Zeugen verzichtet, da diese keine relevanten Aussagen zum Anklagesachverhalt machen könnten. 
 
1.3 Über Tatsachen, die unerheblich, offenkundig, der Strafbehörde bekannt oder bereits rechtsgenügend nachgewiesen sind, wird nicht Beweis geführt (Art. 139 Abs. 2 StPO). Beweisanträge können abgelehnt werden, wenn damit die Beweiserhebung über Tatsachen verlangt wird, die unerheblich, offenkundig, der Strafbehörde bekannt oder bereits rechtsgenügend erwiesen sind (Art. 318 Abs. 2 StPO). 
 
Die von der Beschwerdeführerin angerufenen Zeugen hatten sich auf einen von ihr verfassten Zeitungsaufruf gemeldet. Keiner von ihnen hatte den Vorfall vom 27. November 2010 beobachtet. Selbst nach der Darstellung der Beschwerdeführerin hätten die Zeugen lediglich bestätigen können, dass die Lichtsignalanlage verschiedentlich nicht richtig funktioniert habe. Nachdem von den angerufenen Zeugen nur allgemeine Aussagen zu tatsächlichen oder vermeintlichen Fehlfunktionen der Lichtsignalanlage, nicht aber weitere Erkenntnisse zur fraglichen Rotlichtübertretung vom 27. November 2010 erwartet werden konnten, durfte die Vorinstanz ohne Weiteres auf deren Einvernahme verzichten. 
 
2. 
2.1 Die Beschwerdeführerin wendet sich gegen die Beweiswürdigung der Vorinstanz, erhebt verschiedene Einwendungen gegen die Funktionstauglichkeit der Lichtsignalanlage im Allgemeinen und zum Zeitpunkt des Unfalls im Besonderen und macht eine Verletzung der Unschuldsvermutung geltend. 
 
2.2 Die Vorinstanz hat im Rahmen des Berufungsverfahrens beim Forensischen Institut Zürich einen Bericht zum Funktionieren der Lichtsignalanlage und zur Verlässlichkeit der Störungsprotokolle eingeholt. Sie forderte überdies bei der Dienststelle Verkehr und Infrastruktur des Kantons Luzern die Rotlichtfahrerprotokolle für den Unfallzeitpunkt und den Zeitraum vom 31. Juli bis 9. August 2012 an. Schliesslich zog sie ein weiteres Rotlichtfahrerprotokoll einer mit der Unfallkreuzung vergleichbaren Kreuzung bei. Sie gelangte nach eingehender Würdigung der Beweise zum Ergebnis, dass die Lichtsignalanlage am Unfalltag störungsfrei funktionierte, das Rotlichtfahrerprotokoll verlässlich war und die Beschwerdeführerin beim Befahren der Unfallkreuzung das Rotlicht missachtete. 
 
2.3 Die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz kann nur gerügt werden, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht und wenn die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1 BGG; siehe Art. 105 Abs. 1 und 2 BGG). Offensichtlich unrichtig ist die Sachverhaltsfeststellung, wenn sie willkürlich ist (BGE 137 III 226 E. 4.2 S. 234 mit Hinweisen; zum Begriff der Willkür BGE 138 I 49 E. 7.1 S. 51 mit Hinweisen). Ebenfalls unter dem Gesichtspunkt der Willkür prüft das Bundesgericht, inwiefern das Sachgericht den Grundsatz "in dubio pro reo" als Beweiswürdigungsregel verletzt hat. Diese aus der Unschuldsvermutung (Art. 32 Abs. 1 BV und Art. 6 Ziff. 2 EMRK) abgeleitete Maxime wurde wiederholt dargelegt, worauf zu verweisen ist (BGE 127 I 38 E. 2a S. 41 mit Hinweisen). Die Rüge der Verletzung von Grundrechten (einschliesslich der Willkür bei der Sachverhaltsfeststellung) muss in der Beschwerde anhand des angefochtenen Entscheids präzise vorgebracht und substanziiert begründet werden, andernfalls darauf nicht eingetreten wird (Art. 106 Abs. 2 BGG; BGE 137 IV 1 E. 4.2.3 S. 5; 136 I 65 E. 1.3.1 S. 68; je mit Hinweisen). 
 
2.4 Soweit die Beschwerdeführerin der vorinstanzlichen Beweiswürdigung lediglich ihre Sicht der Dinge gegenüberstellt, ohne darzulegen, inwiefern der Entscheid auch im Ergebnis schlechterdings unhaltbar sein sollte, erschöpfen sich ihre Ausführungen in einer appellatorischen Kritik am angefochtenen Entscheid. Darauf ist nicht einzutreten. Dies ist z.B. der Fall, wenn sie vorbringt, auf das Störungstagebuch und die Aussagen des Mitarbeiters der A.________ AG könne nicht abgestellt werden, weil die A.________ AG als Herstellerin der Lichtsignalanlage ein eigenes Interesse daran habe, die Zuverlässigkeit ihres Produkts zu bestätigen, oder wenn sie einwendet, dass die Schweizerischen Bundesbahnen SBB bei der Steuerung ihrer Lichtsignalanlagen andere technische Komponenten zur Anwendung bringen würden. 
 
Auch im Übrigen erschöpft sich die Beschwerde weitgehend in einer Wiedergabe der bereits im vorinstanzlichen Verfahren eingenommenen Standpunkte. Sie ergeht sich in Spekulationen über mögliche Fehlerquellen der Lichtsignalanlage und theoretisch denkbare andere Verfahrensabläufe, ohne dass sie die Beweiswürdigung der Vorinstanz in Zweifel ziehen, geschweige denn als willkürlich darstellen könnte. 
 
Die Vorinstanz stützt ihren Schuldspruch nicht nur auf das Rotlichtfahrerprotokoll und die von ihr beigezogenen technischen Berichte ab, sondern hat auch eingehend die Aussagen der beiden Unfallbeteiligten gewürdigt. Für die Behauptung der Beschwerdeführerin, bereits vor ihr habe bei Grünlicht ein silberfarbenes Fahrzeug im Abstand von 20 bis 30 Metern die Kreuzung überquert, findet sich in den Akten keine Stütze. 
 
2.5 Insgesamt zeigt die Beschwerdeführerin nicht in einer den Anforderungen von Art. 97 Abs. 1 BGG genügenden Weise auf, dass und inwiefern das Beweisergebnis der Vorinstanz schlechterdings nicht mehr vertretbar und damit willkürlich ist. 
 
3. 
3.1 Die Beschwerdeführerin wendet sich mit ihrem Eventualantrag gegen die rechtliche Subsumtion der Vorinstanz und stellt sich auf den Standpunkt, dass ihr nur ein leichtes Verschulden im Sinne einer einfachen Verkehrsregelverletzung zur Last gelegt werden könne. Ihre Ausführungen sind weitgehend unverständlich, wenn sie etwa geltend macht, die Kreuzung sei derart unübersichtlich, "dass die Pflichtwidrigkeit schon wieder als Vorsätzlichkeit interpretiert werden müsste, was jedoch Sachverhalt und Beweislage hier nicht zulassen würden", oder wenn sie sich darauf beruft, dass sie als "allein erziehende Mutter" weder bei Rotlicht über eine solche gänzlich nicht einsehbare Kreuzung fahren würde noch "sich bei ihrem geringen Einkommen ... derart finanziell verschulden (würde), wenn sie nicht von ihrer Unschuld überzeugt wäre" (Beschwerde, S. 11 f.). In welcher Weise diese Argumente zu einer Veränderung des rechtlichen Beurteilungsgesichtspunktes führen könnten, bleibt unergründlich. 
 
3.2 Die Vorinstanz hat in Übereinstimmung mit der bundesgerichtlichen Rechtsprechung (Urteil 6B_324/2012 vom 27. September 2012, E. 3) die Nichtbeachtung des Lichtsignals (Art. 27 Abs. 1 SVG i.V.m. Art. 68 SSV) als qualifizierte Widerhandlung gegen das Strassenverkehrsgesetz (Art. 90 Ziff. 2 SVG) eingestuft. Es besteht keine Veranlassung, von dieser Rechtsprechung abzuweichen. 
 
4. 
Die Beschwerde ist abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden kann. Bei diesem Ausgang sind die bundesgerichtlichen Kosten der Beschwerdeführerin aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG). 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht: 
 
1. 
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist. 
 
2. 
Die Gerichtskosten von Fr. 4'000.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt. 
 
3. 
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Luzern, 4. Abteilung, schriftlich mitgeteilt. 
 
Lausanne, 21. Februar 2013 
 
Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Mathys 
 
Der Gerichtsschreiber: Faga