Wichtiger Hinweis:
Diese Website wird in älteren Versionen von Netscape ohne graphische Elemente dargestellt. Die Funktionalität der Website ist aber trotzdem gewährleistet. Wenn Sie diese Website regelmässig benutzen, empfehlen wir Ihnen, auf Ihrem Computer einen aktuellen Browser zu installieren.
Zurück zur Einstiegsseite Drucken
Grössere Schrift
 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
{T 0/2} 
4C.11/2007 /len 
 
Urteil vom 21. März 2007 
I. zivilrechtliche Abteilung 
 
Besetzung 
Bundesrichter Corboz, Präsident, 
Bundesrichterinnen Rottenberg Liatowitsch, Kiss, 
Gerichtsschreiberin Sommer. 
 
Parteien 
A.________, 
Beklagter und Berufungskläger, 
vertreten durch Fürsprecher Bruno C. Lenz, 
 
gegen 
 
Einwohnergemeinde der Stadt Bern, 
Klägerin und Berufungsbeklagte, 
vertreten durch Fürsprecher Samuel Huwiler. 
 
Gegenstand 
Mietvertrag; Kündigung, 
 
Berufung gegen den Entscheid des Obergerichts 
des Kantons Bern, Appellationshof, 2. Zivilkammer, 
vom 7. Dezember 2006. 
 
Sachverhalt: 
A. 
Die Einwohnergemeinde der Stadt Bern (Klägerin) vermietete A.________ (Beklagter) ein Ladenlokal samt Lagerräumen und WC/Lavabo an der Strasse B.________ in Bern. Der monatliche Mietzins betrug Fr. 1'620.-- (inkl. Nebenkosten), jeweils monatlich im voraus zahlbar. Der Beklagte bezahlte den Mietzins für den Monat Mai 2006 nicht. Am 12. Mai 2006 sandte ihm die Klägerin einen eingeschriebenen Brief mit dem Betreff "Letzte Mahnung/Kündigungsandrohung". Darin wurde auf den Mietzinsausstand von Fr. 1'620.-- für den Monat Mai 2006 hingewiesen und für die Bezahlung des Ausstands eine 30-tägige Zahlungsfrist angesetzt, unter Androhung der Kündigung im Fall der Nichtbezahlung. Die Zahlung erfolgte nicht. Am 23. Juni 2006 kündigte die Klägerin den Mietvertrag per 31. Juli 2006. 
B. 
Der Beklagte focht die Kündigung beim Mietamt der Stadt Bern an. Die Klägerin begehrte demgegenüber beim Gerichtspräsidenten 1 des Gerichtskreises VIII Bern-Laupen die Ausweisung des Beklagten. Mit Entscheid vom 14. September 2006 wies der Gerichtspräsident, bei dem zufolge Kompetenzattraktion beide Verfahren geführt wurden, das Begehren auf Ungültigerklärung der Kündigung ab und verurteilte den Beklagten, das Ladenlokal innert 3 Tagen ab Erhalt des Entscheids zu räumen und zu verlassen. 
Dagegen appellierte der Beklagte erfolglos an das Obergericht des Kantons Bern. Dieses wies mit Entscheid vom 7. Dezember 2006 die Kündigungsanfechtung ab und verurteilte den Beklagten, die von ihm benutzten Räumlichkeiten (Ladenlokal im Erdgeschoss samt Lagerräumen und WC/Lavabo) an der Strasse B.________, 3011 Bern, bis spätestens Freitag, 22.12.2006, 12.00 Uhr, zu räumen und zu verlassen. 
C. 
Der Beklagte beantragt mit Beschwerde in Zivilsachen, die Kündigung vom 23. Juni 2006 ungültig zu erklären und den Exmissionsentscheid aufzuheben. Ausserdem ersucht er um Erteilung der aufschiebenden Wirkung. 
Die Klägerin beantragt die Abweisung des Rechtsmittels, soweit darauf einzutreten sei. 
 
Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 
1. 
Das Bundesgesetz über das Bundesgericht vom 17. Juni 2005 (BGG; SR 173.110) ist am 1. Januar 2007 in Kraft getreten (AS 2006 1205, 1243). Da der angefochtene Entscheid vorher ergangen ist, richtet sich das Verfahren noch nach dem OG (Art. 132 Abs. 1 BGG). 
Das eingereichte Rechtsmittel wird daher als Berufung behandelt, womit das Gesuch um aufschiebende Wirkung hinfällig wird (Art. 54 Abs. 2 OG). 
Das angefochtene Urteil des Obergerichts ist ein berufungsfähiger Endentscheid im Sinne von Art. 48 Abs. 1 OG, nachdem das Gericht in Anwendung von Art. 274g Abs. 1 lit. a OR mit voller Kognition sowohl über die Kündigungsanfechtung als auch über das Ausweisungsbegehren entschieden hat (vgl. BGE 122 III 92 E. 2d; 119 II 141 E. 4b, 241 E. 4b). Sodann übersteigt der Streitwert bei einem monatlichen Mietzins von Fr. 1'620.-- die Grenze nach Art. 46 OG (vgl. Art. 271a Abs. 1 lit. e OR und Urteil 4C.198/2004 vom 6. Juli 2004, E. 2.2; BGE 111 II 384 E. 1). 
2. 
Nach Art. 55 Abs. 1 lit. c OG ist in der Berufungsschrift anzugeben, welche Bundesrechtssätze der angefochtene Entscheid verletzt und inwiefern er gegen sie verstösst. Fehl am Platz sind Rügen der Verletzung von Verfassungsrecht (Art. 43 Abs. 1 Satz 2 OG) und Ausführungen, die sich in unzulässiger Weise gegen die tatsächlichen Feststellungen und gegen die Beweiswürdigung der Vorinstanz richten. Auf solche Rügen wird nicht eingetreten (BGE 130 III 102 E. 2.2 S. 106, 136 E. 1.4; 127 III 73 E. 6a S. 81, 248 E. 2c, 543 E. 2c S. 547). 
3. 
Ist der Mieter nach der Übernahme der Sache mit der Zahlung fälliger Mietzinse oder Nebenkosten im Rückstand, so kann ihm der Vermieter nach Art. 257d Abs. 1 OR schriftlich eine Zahlungsfrist setzen und ihm androhen, dass bei unbenütztem Ablauf der Frist das Mietverhältnis gekündigt werde. Diese Frist beträgt bei Wohn- und Geschäftsräumen mindestens 30 Tage. Bezahlt der Mieter innert der gesetzten Frist nicht, so kann der Vermieter bei Wohn- und Geschäftsräumen mit einer Frist von mindestens 30 Tagen auf Ende eines Monats kündigen (Art. 257d Abs. 2 OR). 
3.1 Der Beklagte rügt, der angefochtene Entscheid verletze Art. 257d OR. Denn die Ansetzung einer Zahlungsfrist und die Kündigungsandrohung sei nicht "formgültig" erfolgt, weshalb wegen des zwingenden Charakters von Art. 257d OR die Kündigung vom 23. Juni 2006 nicht rechtens und demzufolge nicht gültig sei. Es treffe nicht zu, dass ihm Meldung über den Einschreibebrief der Klägerin gemacht worden sei, weder durch einen Avis in seinem Postfach noch durch eine mündliche Mitteilung. Die Erwägung der Vorinstanz, ihm sei am 15. Mai 2006 die Abholungseinladung für die Zahlungsfristansetzung ins Postfach gelegt worden, sei unrichtig. 
3.2 Die Vorinstanz gelangte in Würdigung der Beweise zum Ergebnis, dass die Abholungseinladung für das Schreiben betreffend Zahlungsfristansetzung und Kündigungsandrohung dem Beklagten am 15. Mai 2006 ins Postfach gelegt worden sei. Nach der Vorinstanz hinderte namentlich auch der Umstand, dass auf dem Briefumschlag zwischen dem Namen des Beklagten und dessen Adresse noch das Advokaturbüro C.________ erschien, nicht die korrekte Zustellung. Was der Beklagte dagegen vorbringt, ist unzulässige Kritik an der vorinstanzlichen Beweiswürdigung. Er schildert seine eigene Darstellung des Sachverhalts und beschreibt, wie seiner Meinung nach die Abläufe bei der Post bei Eingang eines Einschreibebriefes an einen Postfachinhaber erfolgen. Mit seinen Ausführungen wendet er sich in unzulässiger Weise gegen die tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz, ohne jedoch Sachverhaltsrügen im Sinne von Art. 63 Abs. 2 und Art. 64 OG zu erheben. Demnach kann auf seine Vorbringen nicht eingetreten werden (vgl. Erwägung 2) und eine Verletzung von Art. 257d OR ist nicht dargetan. 
3.3 Ferner rügt der Beklagte, die Vorinstanz habe durch den Verzicht auf die Befragung des Posthalters, Herr D.________, die Abnahme eines beantragten Beweismittels verweigert, das für den Ausgang des Verfahrens wohl eine entscheidende Rolle gespielt hätte. Ebenso wenig sei nachvollziehbar, weshalb die beantragte Edition des "Retour-Buches" der Poststelle Belp nicht vorgenommen worden sei. 
Soweit er damit eine Verletzung seines Beweisführungsanspruchs nach Art. 8 ZGB geltend machen will, erweist sich die Rüge als unbegründet. Die Vorinstanz erachtete die Einvernahme von Herrn D.________ als unnötig, da sie aufgrund der vorliegenden Beweise, insbesondere Track & Trace und des Schreibens der Post, überzeugt war, die Avisierung sei erfolgt und Herr D.________ behandle als Posthalter wohl derart viele Avisierungen, dass er zum spezifischen Fall kaum genauere Angaben werde machen können, als die vorhandenen Beweismittel bereits belegten. Da das zur Edition beantragte "Retour-Buch" offiziell nicht mehr geführt werde, sei nicht davon auszugehen, dass es präzisere Angaben als Track & Trace enthalte. 
Mit diesem Vorgehen hat die Vorinstanz den bundesrechtlichen Beweisführungsanspruch nicht verletzt. Denn dieser schliesst insbesondere die vorweggenommene Beweiswürdigung nicht aus (BGE 126 III 315 E. 4a; 122 III 219 E. 3c S. 223, je mit Hinweisen). Eine beschränkte Beweisabnahme verletzt Art. 8 ZGB nicht, wenn der Richter schon nach deren Ergebnis von der Sachdarstellung einer Partei überzeugt ist, gegenteilige Behauptungen also für unbewiesen hält (BGE 130 III 591 E. 5.4 S. 602 mit Hinweisen). 
3.4 Schliesslich bringt der Beklagte vor, die im Zusammenhang mit Zahlungsaufforderungen nach Art. 257d OR zur Anwendung gelangende eingeschränkte Empfangstheorie (BGE 119 II 147 E. 2) gelte nicht, wenn der Absender den Brief nachweislich falsch adressiert habe und der Eingang des Briefes dem Adressaten nie mitgeteilt worden sei. Diese Rüge geht von vornherein fehl, weil sie auf Tatsachen aufbaut, die so nicht festgestellt wurden. Wie ausgeführt, stellte die Vorinstanz fest, dass die Abholungseinladung für das Schreiben betreffend Zahlungsfristansetzung und Kündigungsandrohung dem Beklagten am 15. Mai 2006 ins Postfach gelegt worden sei und der Umstand, wonach auf dem Briefumschlag zwischen dem Namen des Beklagten und dessen Adresse noch das Advokaturbüro C.________ erschien, die korrekte Zustellung nicht gehindert habe. Ist also davon auszugehen, dass die Mitteilung am 15. Mai 2006 im Postfach lag, gilt die Sendung mit dem Ablauf der siebentägigen Abholfrist, mithin am 22. Mai 2006, als in Empfang genommen. Dies hat die Vorinstanz zutreffend erkannt und eine Bundesrechtsverletzung ist nicht ersichtlich. 
4. 
Die Berufung ist demnach abzuweisen, soweit - mit Blick auf die grösstenteils im Bereich des Sachverhalts angesiedelten Rügen - überhaupt darauf eingetreten werden kann. Bei diesem Ausgang des Verfahrens wird der Beklagte kosten- und entschädigungspflichtig (Art. 156 Abs. 1 und Art. 159 Abs. 2 OG). 
5. 
Die Vorinstanz setzte dem Beklagten Frist, um bis am 22. Dezember 2006, 12.00 Uhr, das Mietobjekt zu räumen und zu verlassen. Der Beklagte stellt keinen (Eventual-)Antrag, diese Frist zu verlängern. Demzufolge ist keine neue Frist anzusetzen (Art. 63 Abs. 1 OG), was bedeutet, dass der Beklagte mit Rechtskraft dieses Urteils das Mietobjekt sofort zu räumen und zu verlassen hat. 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht: 
1. 
Die Berufung wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist. 
2. 
Die Gerichtsgebühr von Fr. 2'000.-- wird dem Beklagten auferlegt. 
3. 
Der Beklagte hat die Klägerin für das bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 2'500.-- zu entschädigen. 
4. 
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Bern, Appellationshof, 2. Zivilkammer, schriftlich mitgeteilt. 
Lausanne, 21. März 2007 
Im Namen der I. zivilrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
Der Präsident: Die Gerichtsschreiberin: