Wichtiger Hinweis:
Diese Website wird in älteren Versionen von Netscape ohne graphische Elemente dargestellt. Die Funktionalität der Website ist aber trotzdem gewährleistet. Wenn Sie diese Website regelmässig benutzen, empfehlen wir Ihnen, auf Ihrem Computer einen aktuellen Browser zu installieren.
Zurück zur Einstiegsseite Drucken
Grössere Schrift
 
Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
{T 0/2} 
5G_1/2013 
 
Urteil vom 21. März 2013 
II. zivilrechtliche Abteilung 
 
Besetzung 
Bundesrichter von Werdt, Präsident, 
Bundesrichterin Hohl, 
Bundesrichter Marazzi, Herrmann, Schöbi, 
Gerichtsschreiberin Friedli-Bruggmann. 
 
Verfahrensbeteiligte 
X.________, 
Gesuchsteller, 
 
gegen 
 
Z.________, 
vertreten durch Rechtsanwalt Thomas Ulrich, 
Gesuchsgegnerin. 
 
Gegenstand 
Fristwiederherstellung (Eheschutz), unentgeltliche Rechtspflege, 
 
im Zusammenhang mit dem Urteil des Schweizerischen Bundesgerichts 5A_97/2013 vom 4. Februar 2013. 
 
Sachverhalt: 
 
A. 
Mit Entscheid vom 13. Dezember 2012 wies das Obergericht des Kantons Zug eine Berufung von X.________ gegen einen erstinstanzlichen Eheschutzentscheid ab. Gegen diesen Entscheid erhob X.________ mit Eingabe vom 31. Januar 2013 Beschwerde an das Bundesgericht und ersuchte für dieses Verfahren um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege. Der Präsident der II. zivilrechtlichen Abteilung des Bundesgerichts trat mit Urteil vom 4. Februar 2013 wegen Verspätung auf die Beschwerde nicht ein und wies das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege ab (Urteil 5A_97/2013). 
 
B. 
Am 14. Februar 2013 hat X.________ (nachfolgend Gesuchsteller) ein Gesuch um Wiederherstellung der Beschwerdefrist gemäss Art. 50 BGG an das Bundesgericht gerichtet und er hat wiederum die unentgeltliche Rechtspflege beantragt. Auf die Begründung des Wiederherstellungsgesuchs wird, soweit erforderlich, in den Erwägungen eingegangen. 
Gestützt auf die Behauptung des Gesuchstellers, er habe von einer Mitarbeiterin des Bundesgerichts eine falsche Auskunft betreffend Frist erhalten, nahm der Präsident der II. zivilrechtlichen Abteilung des Bundesgerichts interne Abklärungen vor. Mit Schreiben vom 26. Februar 2013 liess er dem Gesuchsteller das Ergebnis der Abklärungen inkl. Protokollauszug des intern verzeichneten Telefongesprächs zukommen. Hierzu nahm der Gesuchsteller am 7. März 2013 schriftlich Stellung. 
 
Erwägungen: 
 
1. 
Der obergerichtliche Entscheid vom 13. Dezember 2012 wurde dem damaligen Anwalt des Gesuchstellers am 17. Dezember 2012 zugestellt. Die Frist zur Einreichung der Beschwerde beträgt gemäss Art. 100 Abs. 1 BGG 30 Tage. Da es sich beim Eheschutzverfahren um ein Massnahmeverfahren im Sinne von Art. 98 BGG handelt, gilt kein Fristenstillstand (Art. 46 Abs. 2 BGG; BGE 133 III 393 E. 5 S. 396 f.). Die Beschwerde hätte somit spätestens am 16. Januar 2013 eingereicht werden müssen. Da die Beschwerde erst am 31. Januar 2013 der Post übergeben wurde, war sie verspätet. Der Gesuchsteller bestreitet dies auch nicht. 
 
2. 
Nach Art. 50 Abs. 1 BGG wird eine Frist wiederhergestellt, wenn eine Partei oder ihr Vertreter beziehungsweise ihre Vertreterin durch einen anderen Grund als die mangelhafte Eröffnung unverschuldeterweise abgehalten wurde, fristgerecht zu handeln, und sofern diese Partei unter Angabe des Grundes innert 30 Tagen nach Wegfall des Hindernisses darum ersucht. Die Wiederherstellung kann auch nach Eröffnung des Urteils bewilligt werden (Art. 50 Abs. 2 BGG). 
Auf Wiederherstellung der Frist ist nur zu erkennen, wenn die Säumnis auf ein "unverschuldetes Hindernis", also auf die - objektive oder subjektive - Unmöglichkeit, rechtzeitig zu handeln, zurückzuführen ist. Waren der Gesuchsteller bzw. sein Vertreter wegen eines von ihrem Willen unabhängigen Umstandes verhindert, zeitgerecht zu handeln, liegt objektive Unmöglichkeit vor. Subjektive Unmöglichkeit wird angenommen, wenn zwar die Vornahme einer Handlung objektiv betrachtet möglich gewesen wäre, der Betroffene aber durch besondere Umstände, die er nicht zu verantworten hat, am Handeln gehindert worden ist. Die Wiederherstellung ist nach der bundesgerichtlichen Praxis nur bei klarer Schuldlosigkeit des Gesuchstellers und seines Vertreters zu gewähren (Urteile 6S.54/2006 vom 2. November 2006 E. 2.2.1; 1P.123/2005 vom 14. Juni 2005 E. 1.1 und 1.2 mit zahlreichen Hinweisen; vgl. weiter BGE 112 V 255 E. 2a S. 255 f.; Urteil 8F_3/2011 vom 28. Juli 2011). 
 
3. 
3.1 
Zur Begründung der Verspätung bringt der Gesuchsteller vor, sein damaliger Anwalt habe ihm die Auskunft erteilt, dass die Beschwerdefrist über Weihnachten stillstehe und erst am 3. Januar 2013 zu laufen beginne. Als Beweis legt der Gesuchsteller eine E-Mail des früheren Prozessvertreters vom 10. Januar 2013 ins Recht. 
 
Dieses Vorbringen vermag nicht zur Wiederherstellung der versäumten Rechtsmittelfrist zu führen. Eine Partei muss sich Fehler ihrer Vertreter oder Erfüllungsgehilfen wie eigene anrechnen lassen; Erfüllungsgehilfe ist nicht nur, wer der Autorität der Partei oder ihres Vertreters untersteht, sondern jede Hilfsperson, ohne dass ein ständiges Rechtsverhältnis zu ihr nötig ist (BGE 114 Ib 67 E. 2 und 3 S. 69 ff.; Urteil 8C_345/2009 vom 2. Juni 2009 E. 1.2 mit weiteren Hinweisen). 
Vorliegend steht fest - und wurde auch vom Gesuchsteller nicht bestritten -, dass der kantonale Entscheid dem damaligen Rechtsvertreter am 17. Dezember 2012 ordnungsgemäss eröffnet worden ist. Wenn der Anwalt die falsche Auskunft gab, dass die Rechtsmittelfrist vom 18. Dezember 2012 bis zum 2. Januar 2013 nicht laufe, und der Gesuchsteller dadurch in einen faktischen "Irrtum" versetzt wurde, so stellt dies gemäss zitierter Rechtsprechung kein unverschuldetes Hindernis im Sinne von Art. 50 Abs. 1 BGG dar; vielmehr wird dem Gesuchsteller das Verschulden des ehemaligen Anwalts angerechnet. 
 
3.2 Weiter macht der Gesuchsteller geltend, dass ihm eine Mitarbeiterin der zentralen Kanzlei des Bundesgerichts telefonisch bestätigt habe, dass die Gerichtsferien gelten würden und somit die Frist erst am 3. Januar 2013 zu laufen beginne. 
Aus dem von der betroffenen Mitarbeiterin erstellten Telefonprotokoll ist ersichtlich, dass das Telefongespräch am 29. Januar 2013 stattfand; ein früheres Gespräch ist nicht verzeichnet. In seiner Stellungnahme vom 7. März 2013 bestreitet dies der Gesuchsteller nicht. Die telefonische Anfrage des Gesuchstellers erfolgte somit zu einem Zeitpunkt, an welchem die Beschwerdefrist bereits abgelaufen war. Die falsche Telefonauskunft vermag daher nicht als Rechtfertigung für eine Wiederherstellung zu dienen. 
 
4. 
4.1 Schliesslich wendet der Gesuchsteller ein, er habe (auch) aus gesundheitlichen Gründen die Beschwerde nicht rechtzeitig einreichen können. Er legt dazu zwei Berichte von Dr. med. Y.________ vom 4. November 2012 und von Dr. med. W.________ vom 14. Februar 2013 vor. 
 
4.2 Ein Krankheitszustand bildet gemäss Rechtsprechung nur dann ein unverschuldetes, zur Wiederherstellung führendes Hindernis, wenn und solange er jegliches auf die Fristwahrung gerichtete Handeln verunmöglicht (vgl. BGE 119 II 86 E. 2a S. 87 f.; Urteil 6S.54/2006 vom 2. November 2006 E. 2.2.1). Dies kann gegeben sein, wenn der Gesuchsteller nicht mehr in der Lage ist, einen Vertreter mit der Fristwahrung zu beauftragen (BGE 119 II 86 E. 2a S. 87 f.; Urteil 1P.310/2006 vom 5. Juli 2006 E. 2.3 mit Hinweisen), oder wenn das Hindernis im Vertreter selbst liegt. In einem unveröffentlichten Bundesgerichtsentscheid vom 23. Oktober 1978 (zitiert bei: Erhard Schweri, Eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerde in Strafsachen, Bern 1993, N. 417) wurde dies beispielsweise für den Fall einer nicht ohne weiteres wahrnehmbaren geistigen Störung des Anwalts (Schizophrenie) bejaht. 
 
4.3 Aus dem als "Abschlussbericht" bezeichneten Schreiben von Dr. Y.________ geht hervor, dass dieser den Gesuchsteller nur bis zum 31. Oktober 2012 behandelt hat. Die Behandlung war bereits beendet, bevor das Obergericht sein Urteil eröffnete, damit kann dieser Bericht zum Vornherein die verspätete Beschwerdeeinreichung nicht rechtfertigen. Das ärztliche Zeugnis von Dr. W.________ beschränkt sich auf die Angabe, dass der Patient in der fraglichen Zeitspanne "unter schweren Konzentrationsstörungen und existenziellen Ängsten" gelitten habe und dieser weiterhin wegen Krankheit in seiner Behandlung sei. Diese Angaben genügen indes nicht als Begründung, weshalb der Gesuchsteller nicht in der Lage hätte sein sollen, die Beschwerdefrist zu wahren oder einen neuen Rechtsanwalt damit zu beauftragen. Die zusätzlichen Ausführungen des Gesuchstellers in der Stellungnahme vom 7. März 2013 dazu, dass er starke Psychopharmaka genommen habe, vermögen ebenfalls nicht zu belegen, dass ihn dies objektiv oder subjektiv daran gehindert hätte, rechtzeitig zu handeln. 
Zusammengefasst ist kein Grund dargetan, welcher die Wiederherstellung der versäumten Frist rechtfertigen würde. Das Wiederherstellungsgesuch ist abzuweisen. 
 
5. 
Entsprechend dem Verfahrensausgang sind die Kosten des bundesgerichtlichen Verfahrens dem Gesuchsteller aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG). 
Wie die vorstehenden Erwägungen zeigen, muss das Gesuch um Wiederherstellung als von vornherein aussichtslos bezeichnet werden. Somit kann auch dem Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege nicht entsprochen werden (Art. 64 Abs. 1 BGG). 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht: 
 
1. 
Das Gesuch um Wiederherstellung der Frist wird abgewiesen. 
 
2. 
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird abgewiesen. 
 
3. 
Die Gerichtskosten von Fr. 800.-- werden dem Gesuchsteller auferlegt. 
 
4. 
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Zug, II. Zivilabteilung, schriftlich mitgeteilt. 
 
Lausanne, 21. März 2013 
 
Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: von Werdt 
 
Die Gerichtsschreiberin: Friedli-Bruggmann