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Eidgenössisches Versicherungsgericht 
Tribunale federale delle assicurazioni 
Tribunal federal d'assicuranzas 
 
Sozialversicherungsabteilung 
des Bundesgerichts 
 
Prozess 
{T 7} 
I 349/05 
 
Urteil vom 21. April 2006 
III. Kammer 
 
Besetzung 
Präsident Ferrari, Bundesrichter Meyer und Lustenberger; Gerichtsschreiber Arnold 
 
Parteien 
Sammelstiftung N.________, Beschwerdeführerin, 
 
gegen 
 
IV-Stelle des Kantons Zürich, Röntgenstrasse 17, 8005 Zürich, Beschwerdegegnerin, 
 
betreffend S.________, 1964, 
 
Vorinstanz 
Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich, Winterthur 
 
(Entscheid vom 13. April 2005) 
 
Sachverhalt: 
A. 
Die 1964 geborene S.________ leidet an angeborener Epilepsie (Ziff. 387 GgV-Anhang), für deren Behandlung die Invalidenversicherung medizinische Massnahmen zugesprochen hat (Verfügungen vom 23. April 1974 und 26. August 1980). Als gelernte Buchhändlerin ist sie seit 1991 in der genossenschaftlich organisierten Buchhandlung X.________ teilzeitlich tätig und bei der Sammelstiftung N.________ (im Folgenden: Sammelstiftung) berufsvorsorgerechtlich versichert. Am 16. Juli 2003 meldete sie sich unter Hinweis auf das epileptische Leiden, wiederkehrende Angst- und Panikattacken sowie andauernde Schwindelzustände zum Leistungsbezug (Rente) an. Die IV-Stelle des Kantons Zürich klärte die beruflich-erwerblichen und die gesundheitlichen Verhältnisse ab, um ihr mit Verfügung vom 10. Februar 2004 rückwirkend ab 1. Juli 2003 eine halbe Invalidenrente (bei einem Invaliditätsgrad von 50 %) zuzusprechen. Nach Einsprache der Sammelstiftung setzte die Verwaltung den Rentenbeginn auf den 1. Februar 2003 fest und sprach S.________ mit Verfügung vom 25. Juni 2004 für die Monate Februar bis Juni 2003 ebenfalls eine halbe Invalidenrente zu. 
B. 
Auf Beschwerde der Sammelstiftung hin änderte das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich den die Rentenverfügung vom 10. Februar 2004 betreffenden Einspracheentscheid und die Verfügung vom 25. Juni 2004 insoweit ab, als S.________ ab Februar 2003 Anspruch auf eine Viertelsrente und ab Mai 2003 auf eine halbe Rente habe. Im übrigen werde die Beschwerde, soweit darauf einzutreten sei, abgewiesen (kantonaler Gerichtsentscheid vom 13. April 2005, Dispositiv-Ziff. 1). 
C. 
Die Sammelstiftung führt Verwaltungsgerichtsbeschwerde mit folgendem Rechtsbegehren: 
 
"Das Urteil sei aufzuheben und die Vorinstanz anzuhalten, den Einspracheentscheid der Beschwerdegegnerin (...) aufzuheben und sie anzuhalten, den Beginn der Wartezeit genauer abzuklären." 
 
Die IV-Stelle schliesst auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde. Das Bundesamt für Sozialversicherung verzichtet auf eine Vernehmlassung. 
D. 
Am 29. März 2006 teilte das Gericht S.________ mit, aus verfahrensrechtlichen Gründen stelle sich die Frage, ob wegen fehlender Rechtsmittelbefugnis der Sammelstiftung der kantonale Gerichtsentscheid, der die Rentenverfügung vom 10. Februar 2004 betreffende Einspracheentscheid sowie die Verfügung vom 25. Juni 2004 aufzuheben seien und es bei der Zusprechung einer halben Invalidenrente ab 1. Juli 2003 gemäss der Verfügung vom 10. Februar 2004 bleibe. S._______ erklärte, sie verzichte auf eine Äusserung zur Sache (Schreiben vom 5. April 2006). 
 
Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung: 
1. 
Das Eidgenössische Versicherungsgericht prüft von Amtes wegen und ohne Bindung an die Parteianträge die formellen Gültigkeitserfordernisse in Bezug auf das kantonale Beschwerdeverfahren, insbesondere auch die Frage, ob die Vorinstanz zu Recht auf die Beschwerde oder Klage eingetreten ist. Ein materieller Entscheid ist von Amtes wegen aufzuheben, wenn sich im Rechtsmittelverfahren ergibt, dass es an einer Prozessvoraussetzung fehlte (Urteil S. vom 5. Oktober 2005, B 91/04, mit Hinweisen auf BGE 119 V 12 Erw. 1 und Urteil R.H. vom 30. März 1999, U 201/98, Erw. 1 mit Hinweisen auf Rechtsprechung und Literatur). 
2. 
Zu den Sachurteilsvoraussetzungen gehört die Beschwerdelegitimation oder Rechtsmittelbefugnis (statt vieler: Ulrich Zimmerli/Walter Kälin/Regina Kiener, Grundlagen des öffentlichen Verfahrensrechts, Bern 2004, S. 110). 
 
Im hier zu beurteilenden Fall stellt sich die Frage, ob eine Einrichtung der beruflichen Vorsorge im iv-rechtlichen Verfahren zur Einreichung von Rechtsmitteln legitimiert ist, wenn sie die Rentenzusprechung als richtig anerkennt und einzig der Beginn der berufsvorsorgerechtlich massgebenden 20%igen Arbeitsunfähigkeit der Versicherten als unzutreffend rügt (vgl. die Eingabe der Beschwerdeführerin im kantonalen Prozess vom 29. März 2005 sowie die Verwaltungsgerichtsbeschwerde, S. 2 oben). 
2.1 Erlässt ein Versicherungsträger eine Verfügung, welche die Leistungspflicht eines anderen Trägers berührt, so hat er auch ihm die Verfügung zu eröffnen; dieser kann die gleichen Rechtsmittel ergreifen wie die versicherte Person (Art. 49 Abs. 4 ATSG). Der Ausdruck des "Berührtseins" findet sich auch in Art. 59 ATSG, wonach zur Beschwerde berechtigt ist, wer durch die angefochtene Verfügung oder den Einspracheentscheid berührt ist und ein schutzwürdiges Interesse an deren Aufhebung oder Änderung hat. Zu letzterer, die Beschwerdelegitimation im kantonalen Gerichtsverfahren (wie auch im Einspracheverfahren: BGE 130 V 562 Erw. 3.2) betreffenden Norm hat das Eidgenössische Versicherungsgericht festgestellt, dass die Begriffe des "Berührtseins" und des "schutzwürdigen Interesses" in gleicher Weise auszulegen sind wie für das bundesrechtliche Verwaltungsgerichtsbeschwerdeverfahren nach Art. 103 lit. a OG (BGE 130 V 390 Erw. 2.2, 563 Erw. 3.2 in fine). Nichts anderes kann für den Anwendungsbereich von Art. 49 Abs. 4 ATSG gelten. Auch hier ist demnach derjenige anderweitige Versicherungsträger berührt, der in einer besonderen, beachtenswerten, nahen Beziehung zur Streitsache steht, mithin in rechtlichen oder tatsächlichen Interessen spürbar betroffen ist (noch nicht in der Amtlichen Sammlung veröffentlichtes Urteil X. vom 24. Januar 2006, P 48/05, Erw. 3.1 mit Hinweisen). 
2.2 Im zur Publikation in der Amtlichen Sammlung bestimmten Urteil N. vom 9. Dezember 2005, I 66/05, äusserte sich das Eidgenössische Versicherungsgericht zum Verhältnis zwischen Erster Säule (Invalidenversicherung) und Zweiter Säule (berufliche Vorsorge) und stellte fest, dass im Unterschied zum Verhältnis Invalidenversicherung zur Unfallversicherung die durch die Judikatur näher umschriebene Bindungswirkung der Invaliditätsbemessung der Invalidenversicherung für die (obligatorische) berufliche Vorsorge (BGE 115 V 208 und 215 sowie 118 V 39 Erw. 2 und 3 sowie seitherige Urteile) in den Art. 23 ff. BVG positivrechtlich ausdrücklich verankert ist. Das zeigt sich darin, dass sich der Leistungsanspruch auf eine Invalidenrente der obligatorischen beruflichen Vorsorge an den sachbezüglichen Voraussetzungen des IVG orientiert (Art. 23 lit. a BVG in der seit 1. Januar 2005 gültigen Fassung), die Höhe der berufsvorsorgerechtlichen Rente analog zu derjenigen nach IVG bestimmt wird und schliesslich für den Beginn des Anspruchs auf eine BVG-Invalidenrente gestützt auf Art. 26 Abs. 1 BVG sinngemäss die entsprechenden iv-rechtlichen Bestimmungen (Art. 29 IVG) gelten. An dieser gesetzlichen Konzeption, die auf der Überlegung fusst, die Organe der (obligatorischen) beruflichen Vorsorge von eigenen aufwändigen Abklärungen freizustellen, und nur bezüglich Feststellungen und Beurteilungen der IV-Organe gilt, welche im invalidenversicherungsrechtlichen Verfahren für die Festlegung des Anspruchs auf eine Invalidenrente entscheidend waren (vgl. Urteil M. vom 14. August 2000, B 50/99, Erw. 2b), hat sich mit In-Kraft-Treten des ATSG, welchem die berufliche Vorsorge grundsätzlich nicht untersteht (vgl. hiezu im Allgemeinen: Ueli Kieser, ATSG-Kommentar, S. 38 Rz 18 ff. sowie bezüglich Überentschädigung: BGE 130 V 78), nichts geändert. Indem die Invaliditätsbemessung der Invalidenversicherung für die Organe der (obligatorischen) beruflichen Vorsorge somit nach wie vor prinzipiell bindend ist, ist sie geeignet, die Leistungspflicht des BVG-Versicherers in grundsätzlicher, zeitlicher und masslicher Hinsicht im Sinne von Art. 49 Abs. 4 ATSG (unmittelbar) zu berühren. Die Organe der beruflichen Vorsorge sind daher zur Einsprache gegen die Verfügung oder zur Beschwerde gegen den Einspracheentscheid der IV-Stelle über den Rentenanspruch als solchen oder den Invaliditätsgrad berechtigt; ebenso ist der BVG-Versicherer befugt, Verwaltungsgerichtsbeschwerde ans Eidgenössische Versicherungsgericht gegen Entscheide kantonaler Gerichte in Streitigkeiten um eine Rente der Invalidenversicherung zu führen (Erw. 3.2 und 3.3.1 des genannten, zur Publikation vorgesehenen Urteils N. [I 66/05]). 
2.3 Die Rechtsmittelbefugnis des BVG-Versicherers setzt jedoch voraus, dass die iv-rechtliche Leistungszusprechung an sich beanstandet wird, sei es grundsätzlich, der Höhe nach oder hinsichtlich ihres Beginns. Wird - wie hier - die iv-rechtliche Leistungszusprechung seitens des BVG-Versicherers grundsätzlich, masslich und der Höhe nach als zutreffend anerkannt und einzig eine über den Beginn des Wartejahres nach IVG (Art. 29 Abs. 1 lit. b IVG) zurückreichende Arbeitsunfähigkeit im berufsvorsorgerechtlich massgebenden Umfang von mindestens 20 % behauptet, ist der BVG-Versicherer nicht legitimiert, Rechtsmittel im iv-rechtlichen Verfahren einzureichen. Es mangelt ihm hiefür an einem schutzwürdigen Interesse. Denn rechtsprechungsgemäss schliesst die Festsetzung der Rente durch die Invalidenversicherung nicht aus, dass die den berufsvorsorgerechtlichen Anspruch auf Invalidenleistungen begründende Arbeitsunfähigkeit in geringerem Ausmasse schon mehr als ein Jahr zuvor eingetreten ist. Art. 29 Abs. 1 lit. b IVG als Anspruchsvoraussetzung verlangt, dass während eines Jahres ohne wesentlichen Unterbruch eine durchschnittlich mindestens 40%ige Arbeitsunfähigkeit bestand. Hingegen fällt iv-rechtlich nicht ins Gewicht, und ist mithin darüber auch nicht zu befinden, ob bereits vor Beginn des Wartejahres Arbeitsunfähigkeiten bestanden haben mögen (vgl. Urteil P. vom 11. Juli 2000, Erw. 4, B 47/98, zusammengefasst in SZS 2003 S. 45). Insoweit fällt auch eine Bindungswirkung ausser Betracht. 
2.4 Die Vorinstanz hat dies grundsätzlich richtig erkannt, indem sie erwog, ob und inwieweit die Beschwerdeführerin als Einrichtung der beruflichen Vorsorge für das Risiko Invalidität Leistungen zu erbringen habe, sei nicht Gegenstand des kantonalen Gerichtsverfahrens. Mangelte es der Beschwerdeführerin an der Legitimation zur Beschwerde gegen die auf Einsprache hin zugesprochene halbe Invalidenrente ab Februar 2003, ist die vorinstanzliche Beschwerde indes nicht bloss teilweise, sondern als Ganzes unzulässig. Entsprechendes gilt für den durch die Beschwerdeführerin provozierten Einspracheentscheid, weil die Legitimationsvoraussetzungen für die Einsprache mit denjenigen für die Einreichung der Beschwerde übereinstimmen (vgl. Erw. 2.1 hievor) und bereits im Verwaltungsverfahren manifest wurde, dass es der Beschwerdeführerin einzig darum ging, eine über den Beginn des Wartejahres nach IVG (Art. 29 Abs. 1 lit. b IVG) zurückreichende Arbeitsunfähigkeit im berufsvorsorgerechtlich massgebenden Umfang von mindestens 20 % geltend zu machen. 
3. 
Nach dem Gesagten sind der kantonale Gerichtsentscheid, der die Verfügung vom 10. Februar 2004 betreffende, undatierte Einspracheentscheid und die Verfügung der IV-Stelle vom 25. Juni 2004 aufzuheben und es bleibt bei der durch die Verwaltung zugesprochenen halben Invalidenrente ab Juli 2003 (gemäss Verfügung vom 10. Februar 2004). 
4. 
Bei diesem Verfahrensausgang wird die Beschwerdeführerin kostenpflichtig (Art. 156 OG). 
Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht: 
 
1. 
In Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde im Sinne der Erwägungen werden der Entscheid des Sozialversicherungsgerichts des Kantons Zürich vom 13. April 2005, der die Verfügung vom 10. Februar 2004 betreffende Einspracheentscheid und die Verfügung vom 25. Juni 2004 aufgehoben. 
2. 
Die Gerichtskosten von Fr. 1000.- werden der Beschwerdeführerin auferlegt und mit dem geleisteten Kostenvorschuss verrechnet. Der Betrag von Fr. 2000.- wird der Beschwerdeführerin zurückerstattet. 
3. 
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich, der Ausgleichskasse des Kantons Zürich, dem Bundesamt für Sozialversicherung und S.________ zugestellt. 
Luzern, 21. April 2006 
Im Namen des Eidgenössischen Versicherungsgerichts 
 
Der Präsident der III. Kammer: Der Gerichtsschreiber: