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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
{T 0/2} 
 
6B_1126/2013  
   
   
 
 
 
Urteil vom 21. Juli 2014  
 
Strafrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Mathys, Präsident, 
Bundesrichterin Jacquemoud-Rossari, 
Bundesrichter Rüedi, 
Gerichtsschreiberin Pasquini. 
 
Verfahrensbeteiligte 
S.X.________, 
vertreten durch Rechtsanwalt Leo R. Gehrer, 
Beschwerdeführerin, 
 
gegen  
 
Staatsanwaltschaft des Kantons St. Gallen, Schützengasse 1, 9001 St. Gallen,  
Beschwerdegegnerin. 
 
Gegenstand 
Verwendung des Verwertungserlöses, 
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Kantonsgerichts St. Gallen, Strafkammer, vom 10. September 2013. 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.   
Das Kreisgericht St. Gallen verurteile A.________ am 13. Dezember 2007 wegen mehrfacher Gläubigerschädigung durch Vermögensverminderung und mehrfacher Veruntreuung zu einer bedingten Freiheitsstrafe von 15 Monaten und zu einer Busse von Fr. 10'000.--. Vom Vorwurf der Geldwäscherei sprach es ihn frei. B.________ sprach es infolge Verjährung von den Vorwürfen der Geldwäscherei und der Gläubigerschädigung durch Vermögensverminderung frei. Das Kreisgericht zog die beschlagnahmten Eigentumswohnungen in V._________ und W.________, Spanien, ein und ordnete deren Verwertung an. Schliesslich erkannte es im Verfahren von A.________ auf eine Ersatzforderung des Staates und nahm vom Antrag von T.X.________ auf Zuweisung des Verwertungserlöses Vormerk. 
 
 Das Kantonsgericht St. Gallen stellte am 14. Dezember 2009 das Berufungsverfahren gegen den inzwischen verstorbenen A.________ ein. Im Verfahren von B.________ bestätigte es die Freisprüche. Es zog die Wohnungen ein, ordnete deren Verwertung an und hob die Ersatzforderung auf. Vom Antrag auf Zuweisung des Verwertungserlöses bis zur Höhe eines allfällig zugesprochenen Schadenersatzes nahm es Vormerk. 
 
B.   
Am 10. September 2013 wies das Kantonsgericht St. Gallen das Gesuch von S.X.________ betreffend Verwendung des Verwertungserlöses ab. 
 
C.   
S.X.________ führt Beschwerde in Strafsachen. Sie beantragt sinngemäss, der Entscheid des Kantonsgerichts St. Gallen vom 10. September 2013 sei aufzuheben. Der Erlös aus der Verwertung der eingezogenen Wohnungen sei ihr bis Fr. 437'215.05, zuzüglich 5 % Zins auf Fr. 300'000.-- ab 22. April 2010, zuzuweisen. Eventualiter sei die Sache zur neuen Entscheidung an die Vorinstanz zurückzuweisen. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.   
Die Beschwerdeführerin ist die Alleinerbin des ehemaligen Privatklägers T.X.________ (Entscheid S. 4 E. II.3). Sie ist zur Beschwerde gegen den Entscheid über die Zusprechung des Erlöses aus der Verwertung eingezogener Gegenstände legitimiert (BGE 136 IV 29 E. 1.9 mit Hinweis; NIKLAUS SCHMID [Hrsg.], Kommentar Einziehung, Organisiertes Verbrechen, Geldwäscherei, Band I, 2. Aufl. 2007, N. 19 zu Art. 73 StGB). 
 
2.   
 
2.1. Die Beschwerdeführerin rügt eine Verletzung von Art. 73 Abs. 1 StGB. Die Vorinstanz gehe beim erforderlichen Forderungstitel von einem zu engen Rechtsbegriff aus. Wenn die Erben des Schuldners die Erbschaft ausgeschlagen hätten, genüge es, dass die Forderung konkursamtlich festgestellt worden sei. Vorliegend sei die Zulassung der Schadenersatzforderung im Konkurs über die Erbschaft von A.________ einem Urteil oder Vergleich gleichzusetzen. Denn die Forderung sei durch die Kollokation anerkannt und es bestehe keine andere Möglichkeit, einen Forderungstitel zu erhalten (Beschwerde S. 5-7 Ziff. 11). Zudem erachte die Vorinstanz zu Unrecht den doppelten Konnex zwischen Anlasstat, ihrem Schaden und den beschlagnahmten Liegenschaften als nicht nachgewiesen. Die Vorinstanz prüfe, ob das Geld, das von A.________ deliktisch in die Liegenschaften eingesetzt worden sei, direkt von der C.________ AG oder der D.________ GmbH & Co. KG (nachfolgend: D.________) stamme. Auf diese Unterscheidung komme es aber nicht an, da die deliktischen Finanzierungsmittel in jedem Fall der C.________ AG zuzurechnen seien. Ausserdem habe die Beschwerdegegnerin den Antrag auf Zuweisung des Verwertungserlöses anerkannt (Beschwerde S. 5-11 Ziff. 11-14).  
 
2.2. Die Vorinstanz erwägt, es lägen Verbrechen als Anlasstaten vor. Der Schaden der Beschwerdeführerin sei durch keine Versicherung gedeckt und sie sei bereit, den entsprechenden Teil ihrer Forderung dem Staat abzutreten. Der Schadenersatzanspruch stamme aus einem Mietverhältnis zwischen T.X.________ und der C.________ AG. Im Konkurs der Letzteren seien T.X.________ Verlustscheine ausgestellt worden. Die Beschwerdeführerin bringe als zusätzliche Schadensposten Verzugszinsen und Anwaltskosten vor (Entscheid S. 5 E. III.2.a und b). Der C.________ AG sei durch die Tathandlungen von A.________ Haftungssubstrat entzogen worden. Die Mietforderung habe nicht befriedigt werden können. Der Konnex zwischen der Anlasstat von A.________ (Schädigung der Gläubiger der C.________ AG durch Entzug von Vermögenswerten der Gesellschaft) und dem Schaden der Beschwerdeführerin liege vor. Damit die Liegenschaften zu Gunsten der Beschwerdeführerin verwertet werden könnten, müssten diese zudem aus dem der C.________ AG entzogenen Geld finanziert worden sein (Entscheid S. 5 f. E. III.2b). Es lasse sich zwar belegen, dass die Wohnungen mit deliktisch erlangtem Geld finanziert worden seien. Aus welcher Gesellschaft es jeweils gestammt habe oder in welchem Verhältnis die entzogenen Gelder der jeweiligen Gesellschaften in die Liegenschaften geflossen seien, lasse sich hingegen nicht nachweisen. Angesichts der Höhe der Zahlungen von den Konten der D.________ sei davon auszugehen, dass ausschliesslich, zumindest aber grossmehrheitlich der D.________ entzogenes Geld zur Finanzierung der Liegenschaften verwendet worden sei. Ob mindestens eine der Wohnungen mit aus der C.________ AG entzogenen Geldern finanziert worden sei, lasse sich nicht bestimmen. Der doppelte Konnex könne somit nicht erstellt werden. Es sei nicht auszuschliessen, ja liege gar nahe, dass die Liegenschaften ausschliesslich mit Geld finanziert worden seien, das aus dem Schaden der Gläubiger der D.________ stamme. Da Art. 73 StGB keine Solidarität unter den Geschädigten vorsehe, komme eine Verwendung zu Gunsten der Beschwerdeführerin nicht in Betracht (Entscheid S. 8 f. E. III.2.c/cc).  
 
2.3. Gemäss Art. 73 Abs. 1 StGB ("Verwendung zu Gunsten des Geschädigten") spricht das Gericht dem Geschädigten, der durch ein Verbrechen oder Vergehen einen Schaden erleidet, welcher nicht durch eine Versicherung gedeckt ist, auf dessen Verlangen bis zur Höhe des Schadenersatzes bzw. der Genugtuung, die gerichtlich oder durch Vergleich festgesetzt wurden, unter anderem die vom Verurteilten bezahlte Geldstrafe oder Busse (lit. a), die eingezogenen Gegenstände und Vermögenswerte oder deren Verwertungserlös unter Abzug der Verwertungskosten (lit. b) oder die Ersatzforderungen (lit. c) zu, wenn anzunehmen ist, dass der Täter den Schaden nicht ersetzen oder eine Genugtuung nicht leisten wird.  
 
 Der Anspruch des Geschädigten auf Verwendung zu seinen Gunsten nach Art. 73 StGB beschlägt nur Vermögenswerte, die das Ergebnis einer gegen ihn gerichteten Straftat darstellen (BGE 122 IV 365 E. III.2b S. 375; NIKLAUS SCHMID [Hrsg.], a.a.O., N. 24 zu Art. 73 StGB; Florian Baumann, in: Basler Kommentar, Strafrecht I, 3. Aufl. 2013, N. 12 zu Art. 73 StGB). Diese Bestimmung sieht keine Solidarität zwischen den geschädigten Personen vor (BGE 122 IV 365 E. III.2b S. 375; Urteil 6B_659/2012 vom 8. April 2013 E. 3.1 mit Hinweis). 
 
2.4. Soweit die Beschwerdeführerin geltend macht, ihr Anspruch auf rechtliches Gehör sei verletzt (Beschwerde S. 11 Ziff. 13), ist die Rüge unbegründet. Die Vorinstanz geht hinreichend auf ihre wesentlichen Ausführungen ein. Es ist nicht erforderlich, dass sie sich mit all ihren Vorbringen einlässlich auseinandersetzt und jedes ausdrücklich widerlegt (vgl. BGE 138 IV 81 E. 2.2; 137 II 266 E. 3.2; je mit Hinweisen).  
 
2.5. Die vorinstanzliche Sachverhaltsfeststellung kann nur gerügt werden, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht und wenn die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1 BGG). Offensichtlich unrichtig ist die Sachverhaltsfeststellung, wenn sie willkürlich ist (BGE 137 III 226 E. 4.2 S. 234; zum Begriff der Willkür BGE 138 I 49 E. 7.1; 136 III 552 E. 4.2; je mit Hinweisen). Eine entsprechende Rüge muss klar und substanziiert begründet werden (Art. 42 Abs. 2 und Art. 106 Abs. 2 BGG; BGE 137 IV 1 E. 4.2.3; 136 I 65 E. 1.3.1; je mit Hinweisen). Auf eine rein appellatorische Kritik am angefochtenen Entscheid tritt das Bundesgericht nicht ein (BGE 137 IV 1 E. 4.2.3; 136 II 489 E. 2.8; je mit Hinweisen).  
 
 Soweit die Beschwerdeführerin die tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz rügt, legt sie nicht dar, weshalb diese schlechterdings unhaltbar sind. Sie beschränkt sich darauf, diese zu ergänzen und ihre Sicht der Dinge vorzutragen. Darauf ist nicht einzutreten. Namentlich begründet sie ihr Vorbringen, die deliktischen Finanzierungsmittel seien der C.________ AG zuzurechnen, indem sie Erwägungen aus den Urteilen des Kreisgerichts und des Kantonsgerichts St. Gallen im ursprünglichen Strafverfahren gegen A.________ zitiert (Beschwerde S. 7-9 Ziff. 12). Anfechtungsobjekt der Beschwerde an das Bundesgericht ist vorliegend aber der selbstständige nachträgliche Entscheid des Kantonsgerichts St. Gallen über die Verwendung des Verwertungserlöses vom 10. September 2013. 
 
2.6. Nach den tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz wurden die deliktischen Mittel zum Erwerb der beschlagnahmten Liegenschaften hauptsächlich der D.________ entzogen. Ob mindestens eine der Wohnungen mit der C.________ AG entwendeten Vermögenswerten finanziert worden ist, kann gemäss Vorinstanz nicht klar festgestellt werden. Der Umstand, dass die Beschwerdegegnerin im ursprünglichen Strafverfahren ausführte, die Beschwerdeführerin habe auf den zu erwartenden Verwertungserlös einen Anspruch, ist nicht relevant. Mangels Konnex entfällt die Grundlage für die Beurteilung der Frage, ob der Erlös der Verwertung der eingezogenen Eigentumswohnungen der Beschwerdeführerin zugewiesen werden kann. Art. 73 StGB gewährt zwar einen Anspruch des Geschädigten gegen den Staat auf Zusprechung eingezogener Vermögenswerte, allerdings nur, soweit die darin genannten Voraussetzungen erfüllt sind (Urteil 6B_53/2009 vom 24. August 2009 E. 2.5 mit Hinweisen). Damit kann offenbleiben, ob die Beschwerdeführerin entgegen der Auffassung der Vorinstanz über einen Forderungstitel im Sinne von Art. 73 StGB verfügt.  
 
3.   
Die Beschwerde ist abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden kann. Bei diesem Ausgang trägt die Beschwerdeführerin die Kosten des bundesgerichtlichen Verfahrens (Art. 66 Abs. 1 Satz 1 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.   
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist. 
 
2.   
Die Gerichtskosten von Fr. 4'000.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt. 
 
3.   
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Kantonsgericht St. Gallen, Strafkammer, schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 21. Juli 2014 
 
Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Mathys 
 
Die Gerichtsschreiberin: Pasquini