Wichtiger Hinweis:
Diese Website wird in älteren Versionen von Netscape ohne graphische Elemente dargestellt. Die Funktionalität der Website ist aber trotzdem gewährleistet. Wenn Sie diese Website regelmässig benutzen, empfehlen wir Ihnen, auf Ihrem Computer einen aktuellen Browser zu installieren.
Zurück zur Einstiegsseite Drucken
Grössere Schrift
 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
{T 0/2} 
1B_166/2007 /fun 
 
Urteil vom 21. August 2007 
I. öffentlich-rechtliche Abteilung 
 
Besetzung 
Bundesrichter Féraud, Präsident, 
Bundesrichter Aeschlimann, Reeb, 
Gerichtsschreiber Forster. 
 
Parteien 
X.________, Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsanwalt Alexander Prechtl, 
 
gegen 
 
Staatsanwaltschaft IV des Kantons Zürich, Molkenstrasse 15/17, Postfach 1233, 8026 Zürich, 
Bezirksgericht Zürich, Haftrichter, 
Wengistrasse 28, Postfach, 8026 Zürich. 
 
Gegenstand 
Anordnung Untersuchungshaft, 
 
Beschwerde in Strafsachen gegen die Verfügung des Bezirksgerichts Zürich, Haftrichter, vom 27. Juli 2007. 
 
Sachverhalt: 
Die Staatsanwaltschaft IV des Kantons Zürich führt eine Strafuntersuchung gegen X.________ wegen des Verdachtes der mehrfachen Vergewaltigung, begangen am 25. August 1999. Am 27. Juli 2007 verfügte der Haftrichter des Bezirksgerichtes Zürich auf Antrag der Staatsanwaltschaft die Anordnung von Untersuchungshaft gegen den Angeschuldigten. Dagegen gelangte X.________ mit Beschwerde in Strafsachen vom 8. August 2007 an das Bundesgericht. Er beantragt seine sofortige Haftentlassung. Die Staatsanwaltschaft und der kantonale Haftrichter haben am 13. bzw. 16. August 2007 (Posteingang) je auf Stellungnahmen verzichtet. 
 
Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 
1. 
Die Sachurteilsvoraussetzungen von Art. 78 ff. BGG geben zu keinen Bemerkungen Anlass. 
2. 
Untersuchungshaft darf nach Zürcher Strafprozessrecht nur angeordnet werden, wenn der Angeschuldigte eines Verbrechens oder Vergehens dringend verdächtigt wird und ausserdem ein besonderer Haftgrund vorliegt, namentlich Fluchtgefahr (§ 58 Abs. 1 Ziff. 1 StPO/ZH). 
2.1 Der Beschwerdeführer bestreitet den allgemeinen Haftgrund des dringenden Tatverdachtes der Vergewaltigung nicht. Er wendet sich jedoch gegen die Annahme von Fluchtgefahr. Er macht geltend, er lebe in stabilen sozialen Verhältnissen und verfüge über einen festen Wohnsitz in der Schweiz. Seit 2001 sei er mit einer Schweizerin verheiratet. Daran ändere auch das vorübergehende Getrenntleben des Ehepaars nichts. Zwar sei er in einem separaten Fall erstinstanzlich wegen Vergewaltigung verurteilt worden. Dagegen habe er jedoch Berufung eingelegt. Die Ansicht des kantonalen Haftrichters, es drohe ihm der Vollzug einer Freiheitsstrafe von 2½ Jahren sei willkürlich und aktenwidrig. Auch der Ausgang des fremdenpolizeilichen Verfahrens sei offen. Er habe sich freiwillig gestellt und allen Vorladungen Folge geleistet. Aus dem früheren Strafverfahren dauerten noch Ersatzmassnahmen für Haft (Pass- und Schriftensperre) gegen ihn an. Die Erwägung des Haftrichters, der Beschwerdeführer habe in seinem Heimatland Gambia noch Angehörige (Eltern und Geschwister) sei willkürlich. Die Annahme von Fluchtgefahr verstosse insbesondere gegen den verfassungsmässigen Anspruch auf persönliche Freiheit. 
2.2 Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtes braucht es für die Annahme von Fluchtgefahr eine gewisse Wahrscheinlichkeit, dass sich der Angeschuldigte, wenn er in Freiheit wäre, der Strafverfolgung und dem Vollzug der Strafe durch Flucht entziehen würde. Die Schwere der drohenden Strafe darf als ein Indiz für Fluchtgefahr gewertet werden. Sie genügt jedoch für sich allein nicht, um den Haftgrund zu bejahen. Vielmehr müssen die konkreten Umstände des betreffenden Falles, insbesondere die gesamten Lebensverhältnisse des Angeschuldigten, in Betracht gezogen werden (BGE 125 I 60 E. 3a S. 62; 117 Ia 69 E. 4a S. 70, je mit Hinweisen). So ist es zulässig, die familiären und sozialen Bindungen des Häftlings, dessen berufliche Situation und Schulden sowie Kontakte ins Ausland und Ähnliches mitzuberücksichtigen. Auch bei einer befürchteten Ausreise in ein Land, das den Angeschuldigten grundsätzlich an die Schweiz ausliefern bzw. stellvertretend verfolgen könnte, ist die Annahme von Fluchtgefahr nicht ausgeschlossen (BGE 123 I 31 E. 3d S. 36 f.). 
 
Bei Beschwerden, die gestützt auf das Recht der persönlichen Freiheit (Art. 10 Abs. 2, Art. 31 BV) wegen der Ablehnung eines Haftentlassungsgesuches erhoben werden, prüft das Bundesgericht im Hinblick auf die Schwere des Eingriffes die Auslegung und Anwendung des entsprechenden kantonalen Rechtes frei. Soweit jedoch reine Sachverhaltsfragen und damit Fragen der Beweiswürdigung zu beurteilen sind, greift das Bundesgericht nur ein, wenn die tatsächlichen Feststellungen des kantonalen Haftrichters willkürlich sind (vgl. BGE 132 I 21 E. 3.2.3 S. 24 mit Hinweisen). 
2.3 Wie sich aus den Akten ergibt, wurde der Beschwerdeführer bereits wegen einer anderen mutmasslichen Vergewaltigung (vom 9. September 1999 zum Nachteil einer weiteren Frau) erstinstanzlich schuldig gesprochen. Am 2. November 2006 hat ihn das Bezirksgericht Zürich, 4. Abteilung, wegen Vergewaltigung und Drogendelikten zu 2½ Jahren Zuchthaus verurteilt. Dagegen hat der Beschwerdeführer Berufung an das Obergericht erhoben. Die Verurteilung ist somit noch nicht rechtskräftig. 
 
Was das in zweiter Instanz bereits gerichtshängige Verfahren wegen Vergewaltigung und Drogendelikten betrifft, droht dem Beschwerdeführer (bei rechtskräftigem Schuldspruch) ein längerer Freiheitsentzug. Im Falle einer strafrechtlichen Verurteilung bezüglich der zweiten untersuchten mehrfachen Vergewaltigung hat er mit einer zusätzlichen empfindlichen Freiheitsstrafe zu rechnen. Der drohende mehrjährige Strafvollzug bildet im vorliegenden Fall ein erhebliches Indiz für Fluchtgefahr. Hinzu kommt, dass der Beschwerdeführer vor seiner Verhaftung ohne feste Arbeitsstelle und ohne klar geregelten Wohnsitz war: Nach eigenen Aussagen (anlässlich seiner Einvernahme vom 26. Juli 2007) habe er "zur Zeit keine Stelle"; er bemühe sich um einen temporären Arbeitsplatz. Nach Angaben der Ehefrau des Beschwerdeführers wohne er seit längerem nicht mehr bei ihr. Wie sich aus den Akten ergibt, musste die Polizei denn auch einige Zeit nach dem Aufenthaltsort des Beschwerdeführers fahnden. Seine fremdenpolizeiliche Aufenthaltsbewilligung B ist abgelaufen. Nach eigenen Aussagen pflegt er ausserdem Kontakte zu seinen Familienangehörigen in seinem Heimatland Gambia, wo er sich letztmals 2002 aufgehalten habe. 
2.4 Bei dieser Sachlage bestehen ausreichend konkrete Anhaltspunkte für Fluchtgefahr. Es kann offen bleiben, ob hier darüber hinaus auch noch der separate besondere Haftgrund der Wiederholungsgefahr erfüllt wäre. 
3. 
Nach dem Gesagten ist die Beschwerde abzuweisen. 
 
Der Beschwerdeführer stellt ein Gesuch um unentgeltliche Prozessführung und Rechtsverbeiständung. Die finanzielle Bedürftigkeit des Gesuchstellers ergibt sich aus den Akten. Zwar drängen sich gewisse Bedenken auf, was die Anspruchsvoraussetzung der Nichtaussichtslosigkeit der Beschwerde betrifft (Art. 64 Abs. 1 BGG). Die gesetzlichen Voraussetzungen von Art. 64 BGG können hier jedoch noch als erfüllt angesehen werden, weshalb dem Gesuch zu entsprechen ist. 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht: 
1. 
Die Beschwerde wird abgewiesen. 
2. 
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird gutgeheissen: 
2.1 Es werden keine Kosten erhoben. 
2.2 Dem Rechtsbeistand des Beschwerdeführers, Rechtsanwalt Alexander Prechtl, wird für das Verfahren vor Bundesgericht aus der Bundesgerichtskasse eine Entschädigung von Fr. 1'200.-- ausgerichtet. 
3. 
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, der Staatsanwaltschaft IV des Kantons Zürich und dem Bezirksgericht Zürich, Haftrichter, schriftlich mitgeteilt. 
Lausanne, 21. August 2007 
Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber: