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Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
{T 0/2} 
4C.14/2003 /rnd 
 
Urteil vom 22. April 2003 
I. Zivilabteilung 
 
Besetzung 
Bundesrichter Corboz, Präsident, 
Bundesrichterinnen Klett, Rottenberg Liatowitsch, 
Gerichtsschreiber Huguenin. 
 
Parteien 
A.________, 
Beklagter und Berufungskläger, vertreten durch Rechtsanwalt Rudolf von Hospenthal, Dufourstrasse 56, Postfach, 8032 Zürich, 
 
gegen 
 
B.________, 
Kläger und Berufungsbeklagten, vertreten durch Rechtsanwalt Bernhard Lötscher, Hottingerstrasse 21, Postfach 526, 8024 Zürich. 
 
Gegenstand 
Ausweisung, 
 
Berufung gegen den Beschluss des Obergerichts des Kantons Zürich, II. Zivilkammer, vom 10. Dezember 2002. 
 
Sachverhalt: 
A. 
B.________ ist schweizerischer Staatsangehöriger und hat Wohnsitz im Kanton Zürich. Er erwarb mit Kaufvertrag vom 12. November 1998 ein mit einem Einfamilienhaus überbautes Grundstück in Buchs, Kanton Zürich, zu einem Kaufpreis von Fr. 1'650'000.--. Dieses Haus samt Garage vermietete er mit Vertrag vom 22. September 1999 für einen monatlichen Mietzins von Fr. 5'500.-- an A.________. 
 
Im Rahmen von Ermittlungen der Stadtpolizei Zürich ergaben sich Anhaltspunkte dafür, dass B.________ die Liegenschaft als Strohmann für einen in Moskau wohnhaften russischen Staatsangehörigen erworben hatte. Darauf wurde B.________ vom Bezirksrat Dielsdorf mit Beschluss vom 4. Februar 2000 aufgefordert, ein Gesuch um Grunderwerb gemäss dem Bundesgesetz über den Erwerb von Grundstücken durch Personen im Ausland vom 16. Dezember 1983 (BewG; SR 211.412.41) einzureichen. Da er kein solches Gesuch einreichte, erklärte der Bezirksrat Dielsdorf mit Beschluss vom 9. Mai 2001 den Erwerb der Liegenschaft gestützt auf das BewG für bewilligungspflichtig und verweigerte die Bewilligung mit der Begründung, die Voraussetzungen von Art. 8 BewG seien nicht erfüllt. 
B. 
B.________ erklärte mit Schreiben vom 26. Juni 2000 gegenüber A.________, das Mietverhältnis auf den 30. September 2000 ordentlich zu kündigen. Er begründete die Kündigung damit, dass er die vermietete Liegenschaft in Missachtung von Vorschriften des BewG erworben habe und die deshalb notwendige Rückabwicklung des Kaufes die Beendigung des Mietverhältnisses voraussetze. Im vom Mieter eingeleiteten Kündigungsschutzverfahren erklärte die Schlichtungsbehörde des Bezirkes Dielsdorf die Kündigung mit Beschluss vom 28. Februar 2001 für gültig und wies das Erstreckungsbegehren ab. Der Mieter reichte darauf beim Mietgericht Dielsdorf Klage ein. Dieses Verfahren wurde am 13. Juli 2001 aufgrund eines aussergerichtlichen Vergleichs der Parteien als erledigt abgeschrieben. Im Vergleich vereinbarten die Parteien unter anderem eine einmalige und definitive Erstreckung des Mietverhältnisses bis zum 31. März 2002. Nach einer weiteren einvernehmlichen Verlängerung des Mietverhältnisses bis 16. April 2002 teilte der Mieter dem Vermieter am 15. April 2002 mit, die Hausabnahme könne am folgenden Tag nicht durchgeführt werden, da der Vermieter nicht rechtmässiger Besitzer der Mietliegenschaft sei. 
C. 
Auf Begehren von B.________ vom 24. April 2002 befahl der Einzelrichter im summarischen Verfahren des Bezirkes Dielsdorf A.________ mit Verfügung vom 21. Juni 2002, das gemietete Wohnhaus sofort zu räumen und ordnungsgemäss gereinigt zu verlassen, unter Androhung der Zwangsvollstreckung im Unterlassungsfall. Der Beklagte rekurrierte an das Obergericht des Kantons Zürich, das mit Beschluss vom 10. Dezember 2002 das Rechtsmittel abwies, die angefochtene Verfügung bestätigte und den Ausweisungsbefehl erneuerte. 
D. 
Mit Berufung beantragt der Beklagte dem Bundesgericht, den Beschluss des Obergerichts vom 10. Dezember 2002 aufzuheben und das Ausweisungsbegehren abzuweisen; eventualiter die Sache zur Abweisung des Ausweisungsbegehrens und zur Regelung der Kosten- und Entschädigungsfolgen an die Vorinstanz zurückzuweisen. Der Kläger schliesst in der Berufungsantwort auf Abweisung der Berufung und Bestätigung des angefochtenen Entscheides. 
 
Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 
1. 
1.1 Durch den Mietvertrag verpflichtet sich der Vermieter, dem Mieter eine Sache zum Gebrauch zu überlassen, und der Mieter, dem Vermieter dafür einen Mietzins zu leisten (Art. 253 OR). Die Hauptverpflichtung des Vermieters - die Gebrauchsüberlassung - beinhaltet neben der vertraglichen auch eine dingliche Komponente, nämlich jene, dem Mieter den Besitz am Mietgegenstand zu verschaffen. Voraussetzung der Erfüllung der mietvertraglichen Hauptverpflichtung ist somit, dass der Vermieter im Zeitpunkt des Mietantritts durch den Mieter im Besitz des Mietgegenstands und damit fähig ist, dem Mieter diesen Gegenstand zum Gebrauch zu überlassen. Nicht notwendig ist dagegen eine Eigentümerstellung des Vermieters (Higi, Zürcher Kommentar, N. 12 Vorbemerkungen zu Art. 253-274g OR; SVIT-Kommentar Mietrecht II, N. 9 Vorbemerkungen zu Art. 253-274g OR; Lachat, Le bail à loyer, Lausanne 1997, S. 47 und 50). 
1.2 Die Übergabe der Mietsache durch den Vermieter an den Mieter gestützt auf den Mietvertrag begründet einen obligatorischen Anspruch des Vermieters auf Rückgabe der Mietsache im Fall gültiger Beendigung des Mietvertrages. Dieser Anspruch stellt inhaltlich die Umkehr der Übergabepflicht des Vermieters gemäss Art. 253 OR dar. Ist der Vermieter zugleich Eigentümer der Mietsache, konkurriert sein vertraglicher Rückgabeanspruch mit dem dinglichen Eigentumsanspruch aus Art. 641 ZGB, wobei der Vermieter frei wählen kann, ob er sich auf sein Eigentumsrecht oder den mietvertraglichen Rückgabeanspruch abstützen will (Higi, a.a. O., N. 14 f. zu Art. 267 OR). Sind Vermieter und Eigentümer der Mietsache nicht identisch, konkurriert der dingliche Anspruch des Eigentümers mit dem vertraglichen Rückgabeanspruch des Vermieters. Darauf kann sich der Mieter indessen dem Vermieter gegenüber grundsätzlich nicht berufen. Aufgrund seiner vertraglichen Verpflichtung hat er dem Vermieter die Mietsache zurückzugeben (Higi, a.a.O., N. 10 zu Art. 267 OR). 
1.3 Der Beklagte stellt die Geltung der erwähnten Rechtsregeln nicht in Frage. Er bestreitet auch nicht, dass das Mietverhältnis mit dem Kläger seit dem 16. April 2002 beendet ist. Er hält jedoch an seiner bereits vor dem Obergericht vertretenen Auffassung fest, dass er nicht verpflichtet sei, den Mietgegenstand dem Kläger zurückzugeben, weil dieser gemäss den Vorschriften des BewG keinen Besitz an der vermieteten Liegenschaft haben dürfe. Mit der Berufung wird zudem gerügt, dass die Vorinstanz zu Unrecht Art. 261 Abs. 1 OR nicht angewendet habe, und ihr schliesslich vorgeworfen, den Zweck von Art. 27 Abs. 2 letzter Satz BewG missachtet zu haben. 
2. 
2.1 Das BewG verfolgt gemäss seinem Art. 1 das Ziel, die Überfremdung des einheimischen Bodens zu verhindern. Es soll sicherstellen, dass der Boden in erster Linie den Einwohnern der Schweiz vorbehalten bleibt und der Umfang des ausländischen Grundeigentums dauerhaft auf einem tragbaren Mass stabilisiert wird (Botschaft vom 16. September 1981 zu einem Bundesgesetz über den Erwerb von Grundstücken durch Personen im Ausland und zur Volksinitiative "gegen den Ausverkauf der Heimat"; BBl 1981 III S. 585 ff., S. 619). Bewilligungspflichtig ist primär der Erwerb des Eigentums an einem Grundstück im Sinne von Art. 655 ZGB (Art. 4 Abs. 1 lit. a BewG). Zur Verhinderung von Umgehungsmöglichkeiten sind aber auch verwandte Tatbestände der Bewilligungspflicht unterstellt. Solche werden im Gesetz beispielhaft aufgezählt (Art. 4 Abs. 1 lit. a - f BewG). Der Grundgedanke wird in Art. 4 Abs. 1 lit. g BewG verdeutlicht. Danach gilt als "Erwerb eines Grundstücks" jeder Erwerb von Rechten, die dem Erwerber eine ähnliche Stellung wie dem Eigentümer eines Grundstücks verschaffen, wobei auf eine wirtschaftliche Betrachtungsweise abzustellen ist (Mühlebach/Geissmann, Kommentar zum Bundesgesetz über den Erwerb von Grundstücken durch Personen im Ausland, N. 60 f. zu Art. 4; Adrian Urwyler, Bewilligungsgesetz und Privatrecht, Diss. Freiburg 1990, S. 85; Geissmann/Huber/Wetzel, Grundstückerwerb in der Schweiz durch Personen im Ausland, Rz. 52; BGE 107 Ib 12 E. 4 mit Hinweisen). 
2.2 Aus diesen Ausführungen ergibt sich, dass der blosse Besitz des Klägers an der Mietliegenschaft nicht widerrechtlich im Sinne des BewG ist. Unzulässig und daher von der Unwirksamkeit bzw. Nichtigkeit gemäss Art. 26 BewG betroffen ist der Erwerb des Eigentums an der Liegenschaft durch den Kläger, wobei die Nichtigkeit des Erwerbsgeschäfts auf das Verpflichtungsgeschäft durchschlägt, obschon Letzteres an sich nicht bewilligungspflichtig ist (BGE 101 II 235 E. 2a S. 240; Schwager, Die privatrechtlichen Bestimmungen der Lex Friedrich - Grundzüge, Grundprobleme und Ungereimtheiten, ZBGR 1987 S. 139). Soweit der Beklagte aus den Folgen der Nichtbewilligung des Eigentumserwerbs sowie der Möglichkeit der Behördenklage zur Beseitigung des rechtswidrigen Zustandes etwas zu seinen Gunsten ableiten will, ist ihm ebenfalls nicht zu folgen. Er hat nicht beachtet, dass die Feststellung der Nichtigkeit lediglich den zuvor herrschenden Schwebezustand beendet und die am nichtbewilligten Erwerbsgeschäft beteiligten Parteien in ein Rückabwicklungsverhältnis zur Wiederherstellung des ursprünglichen Zustandes treten (Art. 26 Abs. 4 lit. b BewG). An den Besitzverhältnissen ändert diese Regelung vorerst nichts. Das gilt auch für die Möglichkeit der Behördenklage im Sinne von Art. 27 BewG bzw. die Möglichkeit der Anordnung vorsorglicher Massnahmen durch das Bundesamt für Justiz gestützt auf Art. 23 Abs. 1 BewG. Der Beklagte behauptet nicht, dass eine Behördenklage bereits hängig ist und im entsprechenden Verfahren bzw. unabhängig von einem solchen Verfahren vom Bundesamt für Justiz Massnahmen gegenüber dem Kläger bezüglich der Besitzverhältnisse getroffen worden sind. Die Vorinstanz verneinte unter diesen Umständen zu Recht, dass der Besitz des Klägers an der Liegenschaft im Widerspruch zu den Vorschriften des BewG steht. 
2.3 Art. 261 OR regelt den Sachverhalt des Eigentümerwechsels nach Abschluss des Mietvertrages. Im vorliegenden Fall steht aufgrund des Beschlusses des Bezirksrats Dielsdorf vom 9. Mai 2001 fest, dass das Rechtsgeschäft, mit welchem der Kläger das Eigentum an der vermieteten Liegenschaft erwerben wollte, nichtig ist und er nicht Eigentümer geworden ist. Ein Eigentümerwechsel hat nicht stattgefunden, womit die direkte Anwendung von Art. 261 OR ausser Betracht fällt. Soweit der Beklagte sodann die analoge Anwendung dieser Bestimmung mit dem Hinweis auf die Gefährdung der Interessen des Eigentümers befürwortet, verkennt er, dass dieser mit Blick auf die Zielsetzung des BewG nicht schutzwürdiger ist als der Erwerber und dass auch Art. 261 Abs. 1 OR nicht dem Schutz des Veräusserers dient (SVIT-Kommentar, N. 1 zu Art. 261 - 261a OR). Eine die analoge Anwendung von Art. 261 Abs. 1 OR rechtfertigende Interessenlage ist somit nicht gegeben. Davon abgesehen darf eine Ausnahmeregelung, wie sie Art. 261 OR darstellt, grundsätzlich nicht auf andere Tatbestände ausgedehnt werden. Schliesslich hat Art. 27 Abs. 2 letzter Satz BewG, auf den sich der Beklagte in diesem Zusammenhang ebenfalls beruft, mit der hier interessierenden Frage nichts zu tun. Daraus lässt sich nichts zu Gunsten der vom Beklagten vertretenen Auffassung ableiten. Die Vorinstanz hat demnach zutreffend entschieden, dass Art. 261 Abs. 1 OR im vorliegenden Fall - auch analog - nicht zur Anwendung kommt. 
 
3. 
Aus diesen Gründen ist die Berufung abzuweisen. 
 
Dem Ausgang des Verfahrens entsprechend ist die Gerichtsgebühr dem Beklagten aufzuerlegen (Art. 156 Abs. 1 OG). Dieser hat den Kläger für das bundesgerichtliche Verfahren zu entschädigen (Art. 159 Abs. 1 und 2 OG). 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht: 
1. 
Die Berufung wird abgewiesen. 
2. 
Die Gerichtsgebühr von Fr. 2'000.-- wird dem Beklagten auferlegt. 
3. 
Der Beklagte hat den Kläger für das bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 2'500.-- zu entschädigen. 
4. 
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Zürich, II. Zivilkammer, schriftlich mitgeteilt. 
Lausanne, 22. April 2003 
Im Namen der I. Zivilabteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber: