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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
{T 0/2} 
 
6B_776/2013  
   
   
 
 
 
Urteil vom 22. Juli 2014  
 
Strafrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Mathys, Präsident, 
Bundesrichter Denys, Oberholzer, 
Gerichtsschreiber Faga. 
 
Verfahrensbeteiligte 
X.________, 
vertreten durch Rechtsanwalt Matthias Becker, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen  
 
Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Aargau,  
Frey-Herosé-Strasse 20, Wielandhaus, 5001 Aarau, 
Beschwerdegegnerin. 
 
Gegenstand 
Strafzumessung, 
 
Beschwerde gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Aargau, Strafgericht, 1. Kammer, vom 4. Juli 2013. 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
 
 Das Bezirksgericht Baden erklärte X.________ am 8. November 2011 der mehrfachen ungetreuen Geschäftsbesorgung, der Misswirtschaft und der Unterlassung der Buchführung schuldig. Vom Vorwurf der Veruntreuung sprach es ihn frei. Das Bezirksgericht verurteilte X.________ zu einer bedingten Freiheitsstrafe von 16 Monaten bei einer Probezeit von zwei Jahren. 
 
 X.________ legte Berufung ein. Das Obergericht des Kantons Aargau hiess diese am 4. Juli 2013 teilweise gut und sprach X.________ vom Vorwurf der Misswirtschaft, begangen durch übermässigen Personalaufwand, frei. Im Übrigen bestätigte es die Schuldsprüche der mehrfachen ungetreuen Geschäftsbesorgung, der Misswirtschaft und der Unterlassung der Buchführung. Das Obergericht verurteilte X.________ zu einer bedingten Freiheitsstrafe von 16 Monaten bei einer Probezeit von zwei Jahren. 
 
B.  
 
 X.________ führt Beschwerde in Strafsachen. Er beantragt sinngemäss, das Urteil des Obergerichts des Kantons Aargau sei im Strafpunkt aufzuheben. Die Sache sei zur Neubeurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen. Eventualiter sei er mit einer bedingten Freiheitsstrafe von 12 Monaten bei einer Probezeit von zwei Jahren zu belegen. 
 
C.  
 
 Das Obergericht des Kantons Aargau liess sich mit Schreiben vom 27. Juni 2014 zur Beschwerde vernehmen. Die Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Aargau hat auf Vernehmlassung verzichtet. Mit Eingabe vom 15. Juli 2014 na hm der Beschwerdeführer sein Recht zur Replik wahr. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.   
 
1.1. Der Beschwerdeführer wendet sich gegen die Strafzumessung. Die Vorinstanz habe den erstinstanzlichen Freispruch vom Vorwurf der Veruntreuung bestätigt und ihn zusätzlich vom Vorwurf der Misswirtschaft, begangen durch übermässigen Personalaufwand, freigesprochen. Gleichzeitig habe die Vorinstanz die durch das Bezirksgericht ausgesprochene Freiheitsstrafe von 16 Monaten übernommen. Eine Begründung, weshalb trotz zusätzlichen Freispruchs das Strafmass nicht herabgesetzt wurde, fehle. Aus dem Freispruch resultiere eine um Fr. 434'500.-- reduzierte Deliktssumme. Dadurch verringere sich sein Verschulden, weshalb das Strafmass reduziert werden müsse. Der Beschwerdeführer rügt eine Verletzung der Begründungspflicht unter Hinweis auf Art. 50 StGB und Art. 29 Abs. 2 BV sowie einen Verstoss gegen Art. 47 StGB (Beschwerde S. 5 ff.).  
 
1.2. Die Vorinstanz erwägt, der Beschwerdeführer fechte die erstinstanzliche Strafzumessung "nur im Zusammenhang mit den beantragten Freisprüchen von den Vorwürfen der Misswirtschaft gemäss Art. 165 Ziff. 1 StGB und der Unterlassung der Buchführung gemäss Art. 166 StGB an. Nachdem diese zu bestätigen sind, erübrigen sich Ausführungen zu der im Übrigen unbestritten gebliebenen vorinstanzlichen Strafzumessung" (Entscheid S. 22).  
 
1.3. Das Bundesgericht hat die Grundsätze der Strafzumessung nach Art. 47 ff. StGB und die an sie gestellten Begründungsanforderungen wiederholt dargelegt (BGE 136 IV 55 E. 5.4 ff. S. 59 ff. mit Hinweisen). Entsprechendes gilt für die Bildung der Einsatzstrafe und der Gesamtstrafe nach Art. 49 Abs. 1 StGB in Anwendung des Asperationsprinzips (BGE 132 IV 102 E. 8 f. S. 104 ff.; 127 IV 101 E. 2b S. 104; je mit Hinweis; Urteil 6B_460/2010 vom 4. Februar 2011 E. 3.3.4 mit Hinweis, nicht publ. in: BGE 137 IV 57). Darauf kann verwiesen werden.  
 
 Nach Art. 50 StGB hat das Gericht die für die Zumessung der Strafe erheblichen Umstände und deren Gewichtung festzuhalten. Es muss die Überlegungen, die es bei der Bemessung der Strafe vorgenommen hat, in den Grundzügen wiedergeben, so dass die Strafzumessung nachvollziehbar ist (BGE 134 IV 17 E. 2.1 S. 20 mit Hinweisen). 
 
 Entscheide, die der Beschwerde an das Bundesgericht unterliegen, müssen unter anderem die massgebenden Gründe tatsächlicher und rechtlicher Art, insbesondere die Angaben der angewendeten Gesetzesbestimmungen, enthalten (Art. 112 Abs. 1 lit. b BGG). Das Bundesgericht kann einen Entscheid, der diesen Anforderungen nicht genügt, an die kantonale Behörde zur Verbesserung zurückweisen oder aufheben (Art. 112 Abs. 3 BGG). 
 
1.4.   
 
1.4.1. Die erste Instanz hatte dem Beschwerdeführer unter dem Titel Misswirtschaft unter anderem zur Last gelegt, als Verwaltungsrat und Mitglied der Geschäftsleitung einer Aktiengesellschaft einen unverhältnismässigen Personalaufwand betrieben zu haben. Über die Gesellschaft wurde am 2. Juli 2007 der Konkurs eröffnet. Sie beschäftigte in den Jahren 2004 bis 2007 sechs Personen und erzielte Einnahmen von lediglich ein paar hundert Franken. Einen Gewinn generierte sie nicht. Der Personalaufwand von ca. Fr. 434'500.-- (zuzüglich Spesen und Boni) habe, so der erstinstanzliche Vorwurf, in keinem Verhältnis zum finanziellen Zustand der Gesellschaft gestanden. Der Beschwerdeführer habe sich der Misswirtschaft schuldig gemacht, weil er zugeschaut habe, wie Personen angestellt wurden, ohne dass die finanziellen Mittel vorhanden gewesen wären (erstinstanzlicher Entscheid S. 32 f.).  
 
1.4.2. Mit Berufungserklärung vom 15. Oktober 2012 verlangte der Beschwerdeführer einen Freispruch von den Vorwürfen der Misswirtschaft und der Unterlassung der Buchführung. Den Schuldspruch wegen mehrfacher ungetreuer Geschäftsbesorgung akzeptierte er und beantragte eine bedingte Geldstrafe von 150 Tagessätzen zu Fr. 30.-- (vorinstanzliche Akten, nicht pag.).  
 
1.4.3. Die Vorinstanz spricht den Beschwerdeführer in teilweiser Gutheissung seiner Berufung vom Vorwurf der Misswirtschaft, begangen durch übermässigen Personalaufwand, frei. Sie gelangt zur Überzeugung, dass dem Beschwerdeführer der eingeklagte Sachverhalt, einen unverhältnismässigen Personalaufwand zu Lasten der späteren Konkursitin generiert zu haben, nicht vorgeworfen werden kann (Entscheid S. 19 f.).  
 
1.5. Der Beschwerdeführer focht das erstinstanzliche Urteil im Schuld- (mit Ausnahme einer Verurteilung) und Strafpunkt an. In diesem Umfang wurde der erstinstanzliche Entscheid nicht rechtskräftig, blieb er im kantonalen Berufungsverfahren Prozessthema und hatte ihn die Vorinstanz zu überprüfen.  
 
 Die Strafe ist in erster Linie nach dem Verschulden des Täters zu bemessen, das sich auf den gesamten Unrechts- und Schuldgehalt der Straftat bezieht und damit das wesentliche Strafzumessungskriterium bildet. Die Vorinstanz bestätigt das erstinstanzliche Strafmass, obgleich sie im Vergleich zur ersten Instanz den Vorwurf der Misswirtschaft weniger weit fasst. Dies ist nicht von vornherein ausgeschlossen, verlangt indessen nach einer ausreichenden Begründung. 
 
 Die Vorinstanz bringt in ihren Erwägungen zum Ausdruck, dass mit der Bestätigung der Schuldsprüche eine mildere Strafe von vornherein nicht zur Diskussion steht. Der Beschwerdeführer habe einen vollständigen Freispruch vom Vorwurf der Misswirtschaft sowie der Unterlassung der Buchführung verlangt und (nur) in diesem Zusammenhang eine tiefere Strafe beantragt, wobei er mit den Freisprüchen nicht vollständig durchgedrungen sei. Deshalb erübrigen sich, so die Vorinstanz, Ausführungen zum Strafmass. In diesem Sinne äussert sich die Vorinstanz auch in ihrer Vernehmlassung (act. 11). Diese Annahme widerspricht dem Grundsatz der Rechtsanwendung von Amtes wegen. An die Begründung in der Berufungserklärung ist die Vorinstanz nicht gebunden (Art. 391 Abs. 1 StPO). Es wäre an ihr gewesen, die Strafe zu bemessen und den fallengelassenen Vorwurf der Misswirtschaft durch unverhältnismässigen Personalaufwand zum Vorwurf der Misswirtschaft durch nachlässige Berufsausübung (vgl. Entscheid S. 15 ff.) sowie zu den bestätigten respektive unangefochtenen Schuldsprüchen (Unterlassung der Buchführung und mehrfache ungetreue Geschäftsbesorgung) in Relation zu setzen. Die Vorinstanz hätte prüfen und darlegen müssen, ob der genannte Freispruch einen vergleichsweise eher untergeordneten Anklagepunkt darstellt oder aber das Verschulden des Beschwerdeführers in einem günstigeren Licht erscheinen lässt. Daran ändert die Möglichkeit, im Rechtsmittelverfahren auf die Begründung der Erstinstanz zu verweisen (Art. 82 Abs. 4 StPO), nichts. 
 
 Die vorinstanzlichen Überlegungen sind in den Grundzügen nicht verständlich. Der knappe Hinweis auf die zu bestätigenden erstinstanzlichen Schuldsprüche (wenngleich sie im Umfang reduziert wurden) mit dem blossen Verweis auf die erstinstanzliche Strafzumessung genügt im Hinblick auf eine transparente, in den Grundzügen nachvollziehbare und überprüfbare Strafzumessung nicht. Die Vorinstanz kommt ihrer Begründungspflicht im Sinne von Art. 50 StGB nach dem zutreffenden Vorbringen des Beschwerdeführers nicht nach. Ihr Entscheid genügt den Anforderungen von Art. 112 Abs. 1 lit. b BGG nicht. 
 
1.6. Es erübrigt sich, auf die Rüge des Beschwerdeführers zur Strafzumessung näher einzugehen. Die Vorinstanz wird diese unter Berücksichtigung der wesentlichen Strafzumessungsfaktoren neu vorzunehmen und nachvollziehbar darzulegen haben, weshalb sie eine bestimmte Strafe ausspricht.  
 
2.  
 
 Die Beschwerde ist gutzuheissen. Der angefochtene Entscheid ist aufzuheben und die Sache zur neuen Beurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen. 
 
 Bei diesem Ausgang des Verfahrens sind keine Kosten aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 4 BGG). Der Kanton Aargau hat dem Beschwerdeführer eine angemessene Parteientschädigung auszurichten (Art. 68 Abs. 1 und 2 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.   
Die Beschwerde wird gutgeheissen. Das Urteil des Obergerichts des Kantons Aargau vom 4. Juli 2013 wird aufgehoben und die Sache zur neuen Entscheidung an die Vorinstanz zurückgewiesen. 
 
2.   
Es werden keine Kosten erhoben. 
 
3.   
Der Kanton Aargau hat den Beschwerdeführer für das bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 2'000.-- zu entschädigen. 
 
4.   
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Aargau, Strafgericht, 1. Kammer, schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 22. Juli 2014 
 
Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Mathys 
 
Der Gerichtsschreiber: Faga