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Eidgenössisches Versicherungsgericht 
Tribunale federale delle assicurazioni 
Tribunal federal d'assicuranzas 
 
Sozialversicherungsabteilung 
des Bundesgerichts 
 
Prozess 
{T 7} 
U 47/01 
 
Urteil vom 22. August 2003 
II. Kammer 
 
Besetzung 
Präsident Schön, Bundesrichterin Widmer und Bundesrichter Ursprung; Gerichtsschreiber Scartazzini 
 
Parteien 
K.________, Beschwerdeführerin, vertreten durch Rechtsanwalt Martin Hablützel, Lutherstrasse 4, 8004 Zürich, 
 
gegen 
 
Schweizerische Unfallversicherungsanstalt, Fluhmattstrasse 1, 6004 Luzern, Beschwerdegegnerin 
 
Vorinstanz 
Versicherungsgericht des Kantons Aargau, Aarau 
 
(Entscheid vom 13. Dezember 2000) 
 
Sachverhalt: 
A. 
Die 1974 geborene K.________ arbeitete als kaufmännische Angestellte bei der Firma X.________ SA und war damit bei der Schweizerischen Unfallversicherungsanstalt (SUVA) gegen die Folgen von Berufs- und Nichtberufsunfällen versichert. Am 24. August 1995 erlitt sie einen Auffahrunfall. Der am folgenden Tag konsultierte Dr. med. A.________ diagnostizierte Prellungen im rechten oberen Thoraxbereich, ein traumatisches HWS-Syndrom mit Ausstrahlungen in den rechten Arm und eine traumatische ISG-Blockierung. Die Versicherte war bis zum 17. Oktober 1995 zu 100 %, danach zu 50 % arbeitsunfähig. Seit dem 7. November 1995 war sie wegen psychischer Beschwerden in ärztlicher Behandlung. Nach Auflösung des Arbeitsverhältnisses auf den 8. Dezember 1995 war sie ab 15. Dezember 1995 mit einem 50 %-Pensum, welches ab 1. April 1996 auf 100 % erhöht wurde, bei der Firma Y.________ angestellt. Anlässlich eines Spitalaufenthaltes vom 5. bis zum 14. Juli 1996 wurde eine Exazerbation von Nacken- und Schulterschmerzen bei Status nach HWS-Schleudertrauma festgestellt. Nach der Spitalentlassung wurden Physiotherapie, verbunden mit psychiatrischen Sitzungen wegen depressiver Begleiterscheinungen weitergeführt. Am 7. August 1996 nahm die Versicherte ihre Tätigkeit beim früheren Arbeitgeber wieder zu 50 % auf und war seit 1. September 1996 bei neuen Arbeitgebern zu einem 100 %-Pensum angestellt. 
 
Mit Verfügung vom 18. April 1997 lehnte die SUVA die Übernahme weiterer Heilungskosten mit Wirkung ab gleichem Datum ab und verweigerte den Anspruch auf die Ausrichtung einer Invalidenrente, einer Integritätsentschädigung oder weiterer Taggeldleistungen. Im Rahmen eines hiegegen geführten Einspracheverfahrens wurde festgestellt, dass die Versicherte von August 1998 bis April 1999 versucht hatte, berufsbegleitend eine kaufmännische Lehre nachzuholen, die wegen Konzentrationsproblemen jedoch wieder abgebrochen wurde. In einem Begutachtungsbericht vom 5. Mai 1999 diagnostizierte Dr. med. B.________, Chefarzt für Rheumatologie am Zentrum Z.________, im Wesentlichen ein mässiges cervico-brachiales Schmerzsyndrom bei Status nach Heck-Auffahrkollision vom 24. August 1995 ohne neurologische Ausfälle und mit leicht bis mittelstark beeinträchtigtem neuropsychologischem Profil. Mit Entscheid vom 10. November 1999 wies die SUVA die Einsprache ab. 
B. 
Hiegegen liess K.________ beim Versicherungsgericht des Kantons Aargau Beschwerde erheben und beantragen, in Aufhebung des angefochtenen Entscheides sei die SUVA zu verpflichten, ab 18. April 1997 die Pflege- und Heilungskosten weiterhin zu übernehmen, Taggeldleistungen zu gewähren und ihr eine Rente sowie eine angemessene Integritätsentschädigung auszurichten. Mit der Replik wurde ein Bericht der Rehaklinik R.________ vom 27. Juni 2000 eingereicht. 
 
Das kantonale Gericht wies die Beschwerde mit Entscheid vom 13. Dezember 2000 ab. 
C. 
K.________ lässt Verwaltungsgerichtsbeschwerde führen und die vorinstanzlichen Rechtsbegehren erneuern. Sie beantragt zudem, die SUVA sei zu verpflichten, unter Wahrung des rechtlichen Gehörs ein interdisziplinäres Gutachten zur Beurteilung der Arbeitsfähigkeit und zur Bemessung der Integritätsentschädigung einzuholen. 
 
Die SUVA schliesst auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde, während das Bundesamt für Sozialversicherung auf eine Vernehmlassung verzichtet. 
 
Mit Schreiben vom 29. August 2002 hat die Beschwerdeführerin unaufgefordert einen aktualisierten medizinischen Bericht der Rehaklinik R.________ vom 14. August 2002 ins Recht gelegt, welcher eine 70 %ige Arbeitsfähigkeit attestiert. 
 
Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung: 
1. 
Streitig und zu prüfen ist, ob die SUVA mit Einspracheentscheid vom 10. November 1999 zu Recht weitere Leistungen für die Zeit ab dem 18. April 1997 abgelehnt hat. Sie begründete dies damit, bezüglich der Schleudertrauma-Folgen fehle es an der Adäquanz des Kausalzusammenhangs mit dem versicherten Unfall. Dabei bejahte sie den natürlichen Kausalzusammenhang und prüfte die Adäquanz nach den in BGE 115 V 140 Erw. 6c/aa erstellten Grundsätzen. 
2. 
Im kantonalen Entscheid werden die gesetzlichen Voraussetzungen über die Gewährung von Versicherungsleistungen bei Unfällen, namentlich den Anspruch auf Taggeldleistungen (Art. 16 Abs. 1 und 2 in Verbindung mit Art. 19 Abs. 1 UVG) und Heilbehandlung (Art. 10 UVG) unter Hinweis auf den Einspracheentscheid vom 10. November 1999 dargelegt. Darauf wird verwiesen. Die Vorinstanz hat jedoch die für die Adäquanzprüfung zu berücksichtigenden Kriterien von BGE 115 V 139 f., statt von BGE 117 V 359 ff. dargestellt, obwohl sie erwogen hat, es sei im vorliegenden Fall die Adäquanzprüfung nach BGE 117 V 359 ff. vorzunehmen. Zudem ist zu berücksichtigen, dass für die richterliche Beurteilung grundsätzlich die tatsächlichen Verhältnisse zur Zeit des Erlasses des strittigen Einspracheentscheids massgebend sind (RKUV 2001 Nr. U 419 S. 101 Erw. 2 mit Hinweisen). 
 
Zu ergänzen ist, dass das am 1. Januar 2003 in Kraft getretene Bundesgesetz über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts (ATSG) vom 6. Oktober 2000 im vorliegenden Fall nicht anwendbar ist, da nach dem massgebenden Zeitpunkt des Erlasses des streitigen Einspracheentscheids (hier: 10. November 1999) eingetretene Rechts- und Sachverhaltsänderungen vom Sozialversicherungsgericht nicht berücksichtigt werden (BGE 127 V 467 Erw. 1, 121 V 366 Erw. 1b). 
3. 
3.1 Die Vorinstanz hat auf die einschlägigen Arztberichte abgestellt und daraus gefolgert, insbesondere auf Grund des umfassenden Gutachtens von Dr. med. B.________ vom 5. Mai 1999 seien die muskuläre Dysbalance des Schultergürtels als sekundäre, die neuropsychologischen Defizite mit grösster Wahrscheinlichkeit als direkte Folgen und die stark neurotische Depression als Folge des Unfalls zu bezeichnen. Der natürliche Kausalzusammenhang zwischen den geklagten Beschwerden und dem Unfallereignis vom 24. August 1995 war somit zu bejahen. Zum adäquaten Kausalzusammenhang führte das kantonale Gericht aus, der Begründung der SUVA, wonach die Dauerbeschwerden nicht unfallkausal, sondern ausschliesslich durch vorbestandene psychische Defizite bedingt wären, könne nicht ohne weiteres gefolgt werden. Da im konkreten Fall die typischen Beschwerden von Schleudertraumaverletzungen vorlagen und eindeutige Hinweise auf eine psychische Überlagerung fehlten, ist sie zu Recht von einem Schleudertrauma ausgegangen und hat für die Beurteilung der Adäquanz BGE 117 V 359 ff. angewendet. Die Vorinstanz ordnete das Geschehen als mittleres Unfallereignis im Grenzbereich zu den leichten Unfällen ein und kam zum Schluss, nach erfolgter Gesamtwürdigung der Umstände seien nur der schwierige Heilungsverlauf sowie die Dauerbeschwerden und somit lediglich eine Minderheit der zu berücksichtigenden unfallbezogenen Kriterien erfüllt. Die massgebenden Faktoren lägen nicht in gehäufter oder auffallender Weise vor, weshalb der adäquate Kausalzusammenhang zu verneinen sei. 
3.2 Demgegenüber macht die Beschwerdeführerin geltend, die Vorinstanz hätte den Unfall als Ereignis mittlerer Schwere bezeichnen sollen, ohne ihn mit dem gewählten Zusatz "im Grenzbereich zu den leichten Unfällen" zu ergänzen. Eine weitergehende Qualifikation des Unfalls, der unstreitig im mittleren Bereich liege, sei nicht erforderlich, da die geforderten Kriterien ohnehin in gehäufter und teilweise sehr ausgeprägter Art erfüllt seien. Dabei beanstandet sie, das Kriterium des Ausmasses und der Dauer der Arbeitsunfähigkeit sei zu Unrecht unberücksichtigt geblieben. Ab Oktober 1999 sei es zu einer Exazerbation der Beschwerden gekommen, welche auf Anfang Februar 2000 zu einer ärztlich attestierten Reduktion der Arbeitsfähigkeit auf 75 % und auf Anfang Dezember 2000 auf 70 % geführt habe. Zudem sei das Kriterium der ungewöhnlich langen Dauer der ärztlichen Behandlung als erfüllt zu betrachten. 
3.3 Die Vorinstanz hat zu Recht festgehalten, das Geschehen vom 24. August 1995 sei als mittleres Unfallereignis im Grenzbereich zu den leichten Unfällen einzuordnen. Ebenfalls zutreffend hat sie im angefochtenen Entscheid berücksichtigt, dass Dr. med. B.________ in seinem am 5. Mai 1999 verfassten Gutachten festgestellt hatte, die Beschwerdeführerin sei ab September 1996 zu höchstens 10 % in ihrer beruflichen Tätigkeit als Sekretärin beeinträchtigt gewesen, dass ihre berufliche Situation damit als optimal bezeichnet werden konnte und dass offenbar auch eine Erhöhung des Pensums auf 100 % geplant gewesen war. Hingegen trifft es zu, dass die Ärzte der Rehaklinik R.________ in einem Gutachten vom 27. Juni 2000 ab Februar 2000 eine Arbeitsfähigkeit von lediglich 75 % attestiert hatten und im kantonalen Entscheid nicht geprüft wurde, ob das Kriterium der ungewöhnlich langen Dauer der ärztlichen Behandlung erfüllt war. 
3.4 Trotz dieser Beanstandungen sind die in Frage kommenden Kriterien im vorliegenden Fall nicht in der erforderlichen Weise erfüllt. Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin kann das Kriterium des Grades und der Dauer der Arbeitsunfähigkeit bei einer höchstens 10 %igen Einschränkung nicht entscheidend ins Gewicht fallen. Zudem ist zu beachten, dass sich die im Gutachten vom 27. Juni 2000 attestierte Arbeitsunfähigkeit von 25 % auf die tatsächlichen Verhältnisse nach Erlass des strittigen Einspracheentscheids bezieht. Nachdem im kantonalen Entscheid zutreffend festgehalten wurde, der Unfall vom 24. August 1995 sei als mittleres Ereignis im Grenzbereich zu den leichten Unfällen einzuordnen, könnte unter diesen Umständen auch die Erfüllung des von der Vorinstanz nicht geprüften Kriteriums der ungewöhnlich langen Dauer der ärztlichen Behandlung nicht ausschlaggebend sein. Denn für die Bejahung der Adäquanz wären nach dem Ausscheiden des Kriteriums des Ausmasses und der Dauer der Arbeitsunfähigkeit ohnehin ungenügende in gehäufter oder auffallender Weise erforderliche Kriterien gegeben. 
 
Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht: 
1. 
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen. 
2. 
Es werden keine Gerichtskosten erhoben. 
3. 
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Versicherungsgericht des Kantons Aargau und dem Bundesamt für Sozialversicherung zugestellt. 
Luzern, 22. August 2003 
Im Namen des Eidgenössischen Versicherungsgerichts 
Der Präsident der II. Kammer: Der Gerichtsschreiber: