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Eidgenössisches Versicherungsgericht 
Tribunale federale delle assicurazioni 
Tribunal federal d'assicuranzas 
 
Sozialversicherungsabteilung 
des Bundesgerichts 
 
Prozess 
{T 7} 
C 235/03 
 
Urteil vom 22. Dezember 2003 
III. Kammer 
 
Besetzung 
Präsident Borella, Bundesrichter Meyer und Lustenberger; Gerichtsschreiber Signorell 
 
Parteien 
Öffentliche Arbeitslosenkasse Baselland, Bahnhofstrasse 32, 4133 Pratteln, Beschwerdeführerin, 
 
gegen 
 
F.________, 1945, Beschwerdegegnerin 
 
Vorinstanz 
Kantonsgericht Basel-Landschaft, Liestal 
 
(Entscheid vom 30. Juli 2003) 
 
Sachverhalt: 
Mit Verfügung vom 15. Januar 2003 verneinte die Öffentliche Arbeitslosenkasse Baselland (nachfolgend: Kasse) einen Anspruch von F.________ auf Arbeitslosenentschädigung ab 5. November 2002, woran sie im Einspracheentscheid vom 20. März 2003 festhielt. 
Auf Beschwerde hin hob das Kantonsgericht Basel-Landschaft mit Entscheid vom 30. Juli 2003 die Verfügung und den Einspracheentscheid auf und wies die Angelegenheit zur Prüfung der Anspruchsvoraussetzungen für Arbeitslosenentschädigung an die Verwaltung zurück. 
 
Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde beantragt die Kasse die Aufhebung des kantonalen Entscheides. 
 
Während F.________ sich ohne konkrete Antragstellung zur Sache äussert, verzichtet das Staatssekretariat für Wirtschaft (seco) auf eine Vernehmlassung. 
 
Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung: 
1. 
Das kantonale Gericht hat die gesetzliche Bestimmung über den Ausschluss von Personen in arbeitgeberähnlicher Stellung vom Anspruch auf Kurzarbeitsentschädigung (Art. 31 Abs. 3 lit. c AVIG) und die Rechtsprechung zur analogen Anwendung dieser Vorschrift auf die Arbeitslosenentschädigung (BGE 123 V 234) richtig dargelegt. Darauf wird verwiesen. 
2. 
Streitig und zu prüfen ist der Anspruch der Beschwerdegegnerin auf Arbeitslosenentschädigung ab 5. November 2002. 
Die Vorinstanz hat erwogen, dass die Beschwerdegegnerin zwar auch nach der Entlassung durch die C.________ GmbH (nachfolgend: Firma), auf den 31. Oktober 2002 als Gesellschafterin im Handelsregister eingetragen blieb und somit in dieser Unternehmung weiterhin eine arbeitgeberähnliche Stellung bekleidete. Aus den Akten gehe indessen hervor, dass die Firma ihre Geschäftstätigkeit per 1. Oktober (recte: November) 2002 eingestellt und die Aktiven einer Drittfirma verkauft habe. Ende Januar 2003 sei beim Kantonsgericht Basel-Landschaft um Gewährung einer Nachlassstundung für 6 Monate ersucht worden. Mit Entscheid vom 1. April 2003 sei diese für 4 Monate bewilligt worden. Es sei unter diesen Umständen nicht vorstellbar, dass die Firma aufgrund der hohen Verschuldung die Geschäftstätigkeit wieder aufnehmen könnte. Das Ausscheiden der Beschwerdegegnerin aus der Firma sei daher als definitiv zu betrachten. Damit liege kein Missbrauchstatbestand vor, der die Versicherte zum Vornherein vom Anspruch auf Arbeitslosenentschädigung ausschlösse. 
3. 
Zunächst ist die Bedeutung der bewilligten Nachlassstundung näher darzustellen. 
3.1 Das SchKG kennt drei verschiedene Grundtypen von Nachlassverträgen. Unter Art. 314 ff. SchKG fallen einerseits der Stundungsvergleich und anderseits der Prozent- oder Dividendenvergleich. Während bei Ersterem eine vollständige Schuldentilgung nach einem bestimmten Zeitplan angestrebt wird, werden bei Zweiterem nur Teile der Forderungen im gleichen Verhältnis für alle Gläubiger bezahlt und der Rest durch die Gläubiger erlassen. Grundsätzlich anders ausgestaltet ist der Liquidationsvergleich gemäss Art. 317 ff. SchKG. Hier überlässt der Schuldner sein ganzes Vermögen oder wenigstens einen Teil davon den Gläubigern. Während der Stundungs- und der Prozentvergleich die Sanierung des Schuldners anstreben, steht beim Nachlassvertrag mit Vermögensabtretung die wirtschaftliche Liquidation im Vordergrund (Amonn/Walther, Grundriss des Schuldbetreibungs- und Konkursrechts, 7. Aufl., S. 441 f.). 
3.2 Gewährt der Nachlassrichter einem Schuldner eine Nachlassstundung, so ernennt er gleichzeitig einen Sachwalter. Dieser hat im Nachlassverfahren während der Stundungsphase die Interessen des Schuldners und der Gläubiger zu wahren (Art. 295 SchKG). Die Wirkungen einer bewilligten Nachlassstundung sind bei allen drei Typen der Nachlassstundung die gleichen (Art. 297 f. SchKG). Anders als beim Konkurs (Art. 204 Abs. 1 SchKG) verliert der Schuldner hier sein Verfügungsrecht über das Vermögen nicht, sondern es wird nur eingeschränkt (Art. 298 SchKG und Art. 295 Abs. 2 SchKG; Amonn/Walther, a.a.O., S. 451 N. 37). Dem Schuldner bleibt möglich, während der Stundungsphase neue Verbindlichkeiten einzugehen, welche nicht in die Masseverbindlichkeiten fallen. Diese Regelung erlaubt ihm einen Betrieb weiterzuführen (Amonn/Walther, a.a.O., S. 453 N 45-47). 
 
4. 
Mit Entscheid vom 1. April 2003 bewilligte das Kantonsgericht Basel-Landschaft der Firma Nachlassstundung für die Dauer von vier Monaten und setzte einen Sachwalter ein. Der Schuldenruf erfolgte im SHAB Nr. 73 vom 16. April 2003. Die Gläubigerversammlung wurde auf den 28. Oktober 2003 angesetzt (SHAB Nr. 185 vom 26. September 2003). Im massgeblichen Zeitpunkt des Einspracheentscheides (20. März 2003) war daher offen, ob überhaupt und allenfalls in welcher Form ein Nachlassvertrag zustande kommen wird. Es stand damit insbesondere nicht fest, ob der Betrieb definitiv geschlossen werden wird. 
 
Damit hält die Beschwerdegegnerin sich die Möglichkeit offen, den Geschäftsgang während des laufenden Verfahrens zu beeinflussen, oder aber auch beispielsweise nach einer Sanierung mittels Stundungs- oder Prozentvergleich (Wegfall der Schulden) erneut eine Geschäftstätigkeit im gleichen oder einem neuen Betrieb aufzunehmen und sich gegebenenfalls wieder anzustellen. Sie hat somit diejenigen Eigenschaften nicht aufgegeben, welche sie zur arbeitgeberähnlichen Person machten und sie rechtsprechungsgemäss auch vom Anspruch auf Arbeitslosenentschädigung ausschlossen. Dass die GmbH seit einiger Zeit keinen Umsatz mehr erzielt, hindert die Versicherte nicht daran, die Firma allenfalls zu reaktivieren. Eine vorübergehende Stilllegung des Betriebs beendet die arbeitgeberähnliche Stellung ebenso wenig wie die blosse Absichtsäusserung, die Unternehmung zu liquidieren. Eine neue Betrachtungsweise ergibt sich erst, wenn ein Nachlassvertrag mit Vermögensabtretung gerichtlich genehmigt oder über die Firma der Konkurs eröffnet worden ist. Dieses Ergebnis mag hart erscheinen, entspricht aber der Rechtsprechung, welche nicht nur ein missbräuchliches Beanspruchen der Arbeitslosenversicherung, sondern darüber hinaus auch die Gefahr eines Missbrauches verhindern will (Urteil F. vom 14. April 2003 [C92/02] Erw. 4). 
5. 
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde ist nach dem Gesagten, wenn auch mit einer anderen Begründung, gutzuheissen. 
 
Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht: 
1. 
In Gutheissung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird der Entscheid des Kantonsgerichts Basel-Landschaft vom 30. Juli 2003 aufgehoben. 
2. 
Es werden keine Gerichtskosten erhoben. 
3. 
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Kantonsgericht Basel-Landschaft, Abteilung Sozialversicherungsrecht, dem Kantonalen Amt für Industrie, Gewerbe und Arbeit Baselland und dem Staatssekretariat für Wirtschaft, zugestellt. 
Luzern, 22. Dezember 2003 
Im Namen des Eidgenössischen Versicherungsgerichts 
Der Präsident der III. Kammer: Der Gerichtsschreiber: